Nationale Referenzzentrale für Campylobacter
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1 Nationale Referenzzentrale für Campylobacter Jahresbericht 2014 AGES IMED Graz Zentrum für lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten Beethovenstraße 6 A-8010 Graz Ansprechpersonen: Dr. Sandra Jelovcan Dr. Christian Kornschober Tel humanmed.graz@ages.at Zusammenfassung Im Jahr 2014 wurden in Österreich Fälle von Campylobacteriose registriert (EMS, Stand ), was einer Zunahme von 12,7 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Jahresinzidenz betrug 76,7 Erkrankungen pro Einwohnerinnen/Einwohnern. Die beiden Spezies Campylobacter jejuni und Campylobacter coli waren für 99,5 % der Fälle verantwortlich. Die Ciprofloxacin- Resistenzrate von Campylobacter spp. betrug 73,8 %, die Resistenzrate gegenüber Tetrazyklin 36,6 %, jene gegenüber dem Makrolid Erythromycin 1,0 %. Im Berichtsjahr wurde ein C. upsaliensis-ausbruch mit drei Erkrankungsfällen innerhalb einer Familie verzeichnet, wobei die Infektionsquelle nicht identifiziert werden konnte. Summary In 2014, a total of 6,522 cases of campylobacteriosis were reported in Austria (EMS as of February 23 rd 2015) representing an increase of 12.7 % compared to the previous year. The annual incidence was 76.7 per 100,000 population. The two species Campylobacter jejuni and Campylobacter coli accounted for 99.5 % of these cases. Resistance to ciprofloxacin was present in 73.8 % of the Campylobacter spp. isolates. The resistance-rate to tetracyclin was 36.6 % and 1.0 % to the macrolide Erythromycin, respectively. A family outbreak with three cases was caused by C. upsaliensis; the source of infection remains unclear. 1
2 Einleitung Bakterien der Gattung Campylobacter zählen zu den wichtigsten Erregern von bakteriellen Darminfektionen beim Menschen. Bereits geringe Keimzahlen können im Menschen eine Infektion auslösen und leichte bis schwere Durchfallerkrankungen verursachen. In seltenen Fällen treten Folgeerkrankungen wie reaktive Arthritis oder das Guillain-Barré Syndrom auf. Die Übertragung erfolgt primär über den Genuss von kontaminierten Lebensmitteln; die Campylobacteriose stellt in der Europäischen Union seit Jahren neben der Salmonellose die wichtigste lebensmittelassoziierte Infektion dar. Im Jahr 2013 waren EU-weit bestätigte Fälle von Campylobacter-Infektion und bestätigte Fälle von Salmonellose registriert worden [1]. Resultate Häufigkeit des Auftretens und zeitlicher Verlauf: Im Jahr 2014 wurden in Österreich Fälle von Campylobacteriose registriert (Epidemiologisches Meldesystem(EMS)-Daten, Stand ). Die Jahresinzidenz der Campylobacteriose lag österreichweit bei 76,7/ Einwohnerinnen/Einwohnern (Abb. 1) und war damit höher als die durchschnittliche Jahresinzidenz der Jahre 2009 bis 2013 (64,4 Erkrankungen/ EW). 35,9 % der durch Campylobacter spp. erkrankten Personen wurden hospitalisiert; ein Todesfall wurde im Berichtszeitraum registriert. 2
3 Abbildung 1. Gemeldete Fälle und Inzidenz der Campylobacteriose, Österreich, Datenquelle: Meldedaten/Daten der Nat. Referenzzentrale; ab 2009 EMS (Epidemiologisches Meldesystem) Geographische Verteilung: Die höchsten Inzidenzen der Campylobacteriose wurden in Tirol und Salzburg mit 136,3 bzw. 93,6 Erkrankungen/ EW verzeichnet (Abb. 2). Die niedrigsten Inzidenzen wurden in der Steiermark (63,2/ ) und in Kärnten (63,0/ ) registriert. In allen Bundesländern überstieg die Inzidenz den bundesländerspezifischen Jahresmittelwert der Vorjahre, diese Zunahme war am niedrigsten in Wien (1,7 %) und am höchsten in Salzburg (36,8 %). 3
4 Abbildung 2. Inzidenz der Campylobacteriose in Österreich nach Bundesländern, Datenquelle: EMS (Epidemiologisches Meldesystem), Stand Saisonaler Verlauf sowie Alters- und Geschlechtsverteilung: In den Monaten Mai bis September wurde ein vermehrtes Aufkommen von Campylobacter-Infektionen verzeichnet, mit einem Maximum im Monat Juli (Abb. 3). Entsprechend dem langjährigen Trend traten in allen Altersgruppen Erkrankungen durch Campylobacter spp. auf, wobei typischerweise zwei Erkrankungsgipfel zu beobachten waren: bei Kindern unter 5 Jahren und bei jungen Erwachsenen in der Altersgruppe Jahre (Abb. 4). Mit Ausnahme der Altersgruppen 0-4 und 5-14 lag die Jahresinzidenz in den übrigen Altersgruppen deutlich über dem Mittelwert der Vorjahre. Männer (53,8 %) waren häufiger von einer Campylobacteriose betroffen als Frauen (46,2 %). Das mittlere Alter betrug für Männer 34,6 und für Frauen 37,3 Jahre. 4
5 Abbildung 3. Saisonaler Verlauf Monatliche Meldedaten; Datenquelle: EMS (Epidemiologisches Meldesystem), Stand Abbildung 4. Inzidenz der Campylobacteriose nach Altersgruppen, Datenquelle: EMS (Epidemiologisches Meldesystem), Stand
6 Speziesverteilung: Von an die Referenzzentrale eingesandten humanen Erstisolaten wurde eine Speziesdifferenzierung durchgeführt Isolate konnten dem Genus Campylobacter zugeordnet werden, fünf Isolate wurden als Helicobacter spp. und ein Isolat als Arcobacter spp. identifiziert. Von den Campylobacter-Isolaten waren (88,7 %) C. jejuni, 623 C. coli (10,8 %) und 29 (0,5 %) sonstige Campylobacter spp. ("andere") (Abb. 5). Abbildung 5. Differenzierung der Campylobacter-Erstisolate nach Spezies (%), Daten der Nationalen Referenzzentrale 2014 Reiseassoziation: Von den im Jahr 2014 gemeldeten Campylobacter-Infektionen wurden 9,1 % im Ausland erworben (Tab. 1), dies entspricht dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Der prozentuelle Anteil im Ausland erworbener C. coli-infektionen war höher als der Anteil im Ausland erworbener Fälle von C. jejuni-infektionen; die meisten importierten Fälle traten im Monat August auf. Meldungen zu importierten Erkrankungsfällen lagen für 77 verschiedene Länder vor. Die häufigsten Infektionsländer und deren Verteilung sind in Abb. 6 dargestellt. 6
7 Tabelle 1. Verteilung der gemeldeten Campylobacteriose-Fälle nach Erwerb im Inland bzw. Ausland, Datenquelle: EMS (Epidemiologisches Meldesystem), Stand Ngesamt autochtone Fälle % importierte Fälle % C. jejuni ,2% 470 8,8% C. coli ,9% 69 11,1% andere Spezies ,0% 0 0,0% nicht weiter differenziert ,2% 53 9,8% gesamt ,9% 592 9,1% Abbildung 6. Importierte Campylobacteriose-Fälle nach Infektionsland, 2014 (Angaben in Prozent bezogen auf die Gesamtzahl der importierten Erkrankungen) Datenquelle: EMS (Epidemiologisches Meldesystem), Stand Antibiotikaresistenz: 404 Isolate aus einem Sentinel-Programm zur Überwachung der antimikrobiellen Resistenz, davon 360 C. jejuni und 44 C. coli, wurden hinsichtlich Resistenzverhalten untersucht. 36,6 % der Campylobacter spp.-isolate waren resistent gegenüber Tetrazyklin, 73,8 % gegenüber Ciprofloxacin und 1,0 % gegenüber Erythromycin (Analyse mittels klinischer Breakpoints EUCAST, Tab. 2). C. coli-isolate zeigten erwartungsgemäß höhere Resistenzraten als C. jejuni-isolate. 7
8 Tabelle 2. Antibiotika-Resistenzraten von Campylobacter spp. und nach Spezies, Daten der Nationalen Referenzzentrale 2014, klinische Breakpoints EUCAST [2] Spezies N Erythromycin Tetrazykline Ciprofloxacin % resistent [KI 95%] % resistent [KI 95%] % resistent [KI 95%] C. jejuni 360 0,3 [0,1-1,5] 33,1 [28,4-38,1] 72,5 [67,7-76,9] C. coli 44 6,8 [2,5-18,3] 65,9 [51-78,1] 84,1 [70,5-92] Campylobacter spp ,0 [0,4-2,5] 36,6 [32,1-41,4] 73,8 [69,3-77,8] In Abbildung 7 finden sich die Verteilung der MHK-Werte und die Resistenzraten der C. jejuni- bzw. C. coli-isolate (analysiert anhand des jeweiligen "epidemiological cutoff value" (ECOFF) von EUCAST, ausgenommen Imipenem). Neben sehr hohen Resistenzraten für Ciprofloxacin, Nalidixinsäure und Tetrazyklin wurde zudem sowohl bei C. jejuni als auch C. coli eine hohe Ampicillin-Resistenz beobachtet. C. jejuni und C. coli waren gegenüber Chloramphenicol, Gentamicin und Imipenem in der Regel empfindlich. Abbildung 7. Verteilung der MHK-Werte und Resistenz bei C. jejuni und C. coli, Daten der Nationalen Referenzzentrale 2014, ECOFFs EUCAST [3] (AMP = Ampicillin, CHL = Chloramphenicol, CIP = Ciprofloxacin, COL = Colistin, ERY = Erythromycin, GEN = Gentamicin, IMI = Imipenem, NAL = Nalidixinsäure, NEO = Neomycin, STR = Streptomycin, TET = Tetracyclin) C. jejuni N=360 C. coli N=44 MHK-Verteilung (%) AB resistent (%) KI (95%) 0,03 0,06 0,12 0,25 0, AMP 33,3 [ ] 3,3 11,1 30,6 21,7 8,1 6,1 8,6 10,6 CHL 0,0 [ 0-0.8] 60,0 28,9 9,7 1,4 CIP 72,5 [ ] 12,2 13,3 1,7 0,3 0,3 0,8 3,6 44,4 16,7 5,3 1,4 COL ,1 31,4 38,3 15,0 2,2 ERY 0,3 [ ] 6,1 36,7 41,7 14,7 0,6 0,3 GEN 0,0 [ 0-0.8] 55,0 38,3 6,1 0,6 IMI 0,0 [ 0-0.8] 81,4 18,1 0,6 NAL 71,1 [ ] 10,6 14,2 3,6 0,6 1,1 12,2 56,7 1,1 NEO - - 3,6 42,8 34,4 15,0 3,6 0,3 0,3 STR 1,1 [ ] 79,2 18,1 1,4 0,3 0,6 0,6 TET 33,9 [ ] 13,9 37,2 7,5 7,5 0,8 0,3 0,3 1,7 6,9 23,9 AMP 56,8 [ ] 13,6 29,5 27,3 6,8 4,5 18,2 CHL 2,3 [ ] 20,5 56,8 18,2 2,3 2,3 CIP 84,1 [ ] 4,5 11,4 2,3 11,4 31,8 20,5 18,2 COL ,0 34,1 11,4 4,5 ERY 6,8 [ ] 2,3 40,9 11,4 20,5 13,6 4,5 6,8 GEN 0,0 [ 0-6.4] 6,8 54,5 38,6 IMI 0,0 [ 0-6.4] 29,5 68,2 2,3 NAL 84,1 [ ] 15,9 52,3 31,8 NEO 2,3 [ ] 9,1 50,0 29,5 9,1 2,3 STR 20,5 [ ] 15,9 56,8 6,8 2,3 11,4 6,8 TET 65,9 [ ] 6,8 15,9 6,8 2,3 2,3 65,9 Weiß hinterlegt: Messbereich der MHK-Testung; Längsbalken: epidemiologischer Cut-Off (ECOFF) 8
9 Diskussion 2014 wurden Fälle an Campylobacteriose gemeldet. Dies entspricht einer Zunahme um 12,7 % gegenüber dem Vorjahr (N= 5.786). Es wurde ein neuer Höchststand an Meldungen seit Einführung der Meldepflicht 1996 erreicht. Die Inzidenz betrug 76,7 Erkrankungen pro Einwohnerinnen/Einwohnern. Anzahl der gemeldeten Fälle und Inzidenz lagen im Berichtsjahr deutlich über dem Mittelwert der Vorjahre (durchschnittliche Jahresinzidenz : 64,4/ ). Zugleich stieg die Fluorochinolon-Resistenzrate erstmals seit Jahren wieder deutlich an und betrug nunmehr bereits 73,8 % (C. jejuni: 72,5 %, C. coli: 84,1 %). Ebenso erfolgte nach einem Rückgang im Vorjahr nun abermals ein Anstieg der Tetrazyklin- Resistenz in Campylobacter spp. auf 36,6 % (2013: 22,5%). Die im Berichtsjahr für Campylobacter spp. festgestellte Makrolid-Resistenzrate (1,0%) befindet sich seit Jahren unverändert auf sehr niedrigem Niveau. Die Anzahl der von Primärlaboratorien an die Nationale Referenzzentrale übermittelten Erstisolate stieg auf (plus 13 % gegenüber 2013); hiervon konnten 96,2 % erfolgreich rekultiviert, typisiert und für weiterführende Analysen asserviert werden. Im Berichtsjahr wurde zudem ein C. upsaliensis-ausbruch mit drei Erkrankungsfällen innerhalb einer Familie verzeichnet, die Infektionsquelle konnte jedoch nicht identifiziert werden. Danksagung Die Nationale Referenzzentrale dankt allen einsendenden Labors sowie den beteiligten Behörden für die gute Zusammenarbeit. Besonderer Dank gilt den am Sentinel Surveillance Programm beteiligten Laboratorien: LKH Feldkirch Institut für Pathologie (Leiter: Prim. Univ.-Prof. Dr. Felix Offner, Ansprechperson: OA Dr. Ulrike Gruber-Mösenbacher), Medizinische Universität Graz Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin (interimistische Leiterin: Univ.-Prof. Dr. Andrea Grisold, Ansprechperson: Ass. Prof. Dr. Gebhard Feierl), Labor Dr. Richter / Dr. Mustafa Salzburg (Ansprechperson: BMA Alexandra Wojna), sowie AGES Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Wien (Leiter: Privatdozent Dr. Alexandra Indra, Ansprechperson: Dr. Steliana Huhulescu). Literatur [1] EFSA and ECDC (European Food Safety Authority and European Centre for Disease Prevention and Control), The European Union Summary Report on Trends and Sources of Zoonoses, Zoonotic Agents and Food-borne Outbreaks in EFSA Journal 2015;13(1):3991, 162 pp. doi: /j.efsa Available from: [2] European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST). Breakpoint tables for interpretation of MICs and zone diameters. Version 5.0,
10 [3] European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST). Data from the EUCAST MIC distribution website, last accessed
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