Fälle 12 und 13: Fälle zu Hypothek und Grundschuld
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- Kristin Bachmeier
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1 TUTORIUM SACHENRECHT WS 2017/2018 Fälle 12 und 13: Fälle zu Hypothek und Grundschuld Fall 1 eine Hypothek zugunsten des G. Bei der Hypothekenbestellung war E unerkannt geisteskrank. G verlangt von E Duldung der Zwangsvollstreckung. Lösung Fall 1 des E zustünde. Erforderlich für die Entstehung einer Hypothek wären gemäß 873 I Var. 2, 1113 I, 1116 I, 1117 I 1 BGB eine Einigung zwischen G und E, die Eintragung der Hypothek und die Übergabe des Briefes. Vorliegend fehlt es bereits an einer wirksamen Einigung. Denn E war bei Abgabe der Einigungserklärung unerkannt geisteskrank, sodass seine Einigungserklärung gemäß 104 Nr. 2, 105 I BGB unwirksam ist. G steht somit keine Hypothek am Grundstück des E zu und G hat keinen Anspruch gemäß 1147 BGB gegen E. Fall 2 eine Hypothek zugunsten des G. Das Darlehen wird jedoch nicht an S ausgezahlt. G verlangt von E Duldung der Zwangsvollstreckung. Lösung Fall 2 des E zustünde. Zwar liegen die Voraussetzungen einer wirksamen Hypothekenbestellung (Einigung, Eintragung und Übergabe des Hypothekenbriefes) nach 873 I Var. 2, 1113 I, 1116 I, 1117 I 1 BGB vor. Allerdings wurde das Darlehen niemals an S ausgezahlt, sodass die von der Hypothek zu sichernde Forderung von G gegen S gemäß 488 I 2 BGB niemals zur Entstehung gelangt ist. Gemäß 1163 I 1, 1177 I 1 BGB steht die Hypothek deshalb dem E an seinem Grundstück als Eigentümergrundschuld zu.
2 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 7 G hat keinen Anspruch gemäß 1147 BGB gegen E. Fall 3 eine Hypothek zugunsten des G. S zahlt das Darlehen vollständig zurück. G verlangt von E Duldung der Zwangsvollstreckung. Lösung Fall 3 des E zustünde. Zwar liegen die Voraussetzungen einer wirksamen Hypothekenbestellung (Einigung, Eintragung und Übergabe des Hypothekenbriefes) nach 873 I Var. 2, 1113 I, 1116 I, 1117 I 1 BGB vor. S hat das Darlehen jedoch vollständig zurückgezahlt, sodass die von der Hypothek zu sichernde Forderung von G gegen S nach 488 I 2 BGB gemäß 362 I BGB erloschen ist. Gemäß 1163 I 2, 1177 I 1 BGB steht die Hypothek deshalb dem E an seinem Grundstück als Eigentümergrundschuld zu. G hat keinen Anspruch gemäß 1147 BGB gegen E. Fall 4 eine Hypothek zugunsten des G. G stundet dem S die Darlehensforderung. G verlangt von E Duldung der Zwangsvollstreckung. Lösung Fall 4 BGB haben. Voraussetzung dafür wäre, dass dem G eine Hypothek am Grundstück des E zustünde und dass dem E keine Einrede zusteht. 1. Die Hypothek wurde dem G von E wirksam gemäß 873 I Var. 2, 1113 I, 1116 I, 1117 I 1 BGB bestellt und die zu sichernde Forderung von G gegen S nach 488 I 2 BGB besteht ebenfalls, sodass auch keine Eigentümergrundschuld nach 1163 I, 1177 I 1 BGB entstanden ist. 2. Gemäß 1137 I 1 BGB kann E als Eigentümer jedoch die Einreden gegen die Hypothek geltend machen, die dem persönlichen Schuldner S gegen die Forderung zustehen. Da G dem S die Forderung gestundet hat, steht dem S die Einrede der Stundung gegen die Forderung zu, sodass E diese Einrede gemäß 1137 I 1 BGB auch gegen die Hypothek geltend machen kann. 2
3 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 3 VON 7 G hat keinen Anspruch gemäß BGB gegen E. Fall 5 eine Hypothek zugunsten des G. G und E vereinbaren die Stundung der Hypothek. Gleichwohl verlangt G wenig später von E Duldung der Zwangsvollstreckung. Lösung Fall 5 des E zustünde und dass dem E keine Einrede zusteht. 1. Die Hypothek wurde dem G von E wirksam gemäß 873 I Var. 2, 1113 I, 1116 I, 1117 I 1 BGB bestellt und die zu sichernde Forderung von G gegen S nach 488 I 2 BGB besteht ebenfalls, sodass auch keine Eigentümergrundschuld nach 1163 I, 1177 I 1 BGB entstanden ist. 2. G und E haben jedoch die Stundung der Hypothek vereinbart, sodass der E diese Einrede als pfandrechtsbezogene Einrede dem Anspruch aus 1147 BGB direkt entgegenhalten kann. G hat keinen Anspruch gemäß 1147 BGB gegen E. Fall 6 eine Hypothek zugunsten des G. Bei der Hypothekenbestellung war E unerkannt geisteskrank. G tritt Forderung und Hypothek an X ab. X verlangt von E Duldung der Zwangsvollstreckung. Lösung Fall 6 X könnte gegen E einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß 1147 BGB haben. Voraussetzung dafür wäre, dass dem X eine Hypothek am Grundstück des E zustünde. E hat keine Hypothek zugunsten des X bestellt, X könnte die Hypothek jedoch von G erworben haben. 1. Voraussetzung für den Erwerb gemäß 1153 I, 1154 I 1 BGB wäre, dass G dem X gemäß 1154 I 1 BGB die Forderung übertragen hat und dass gemäß 1153 I BGB die Hypothek mit der Forderung auf X übergegangen ist. 3
4 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 4 VON 7 Zwar haben G und X einen Abtretungsvertrag nach 398 S. 1 BGB geschlossen, welcher der Form des 1154 I 1 BGB genügt. Auch ist die Übergabe des Briefes erfolgt und G stand ein Anspruch nach 488 I 2 BGB gegen S zu, G war also hinsichtlich der Forderung verfügungsberechtigt. Auch wenn die Abtretung der Forderung wirksam vorgenommen wurde, kann eine Hypothek nach 1153 I BGB der Forderung indes nur dann folgen, wenn die Hypothek tatsächlich existiert. Dem G stand aber keine Hypothek am Grundstück des E zu, da die nach 873 I Var. 2 BGB erforderliche Einigungserklärung des E gemäß 104 Nr. 2, 105 I BGB unwirksam war und eine Hypothek somit niemals entstanden ist. Der Forderung konnte deshalb auch keine Hypothek nach 1153 I BGB folgen. 2. X könnte die Hypothek jedoch gutgläubig gemäß 1153 I, 1154 I 1, 892 I 1 BGB erworben haben. Die Hypothek war ungeachtet ihrer fehlenden Existenz im Grundbuch eingetragen, welches den G fälschlicherweise als Hypothekengläubiger auswies. Auch war weder ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen, noch kannte X die Unrichtigkeit des Grundbuchs. Auch ein Erwerb durch Rechtsgeschäft isd 892 I 1 BGB liegt vor, obwohl unmittelbar rechtsgeschäftlich nicht die Hypothek, sondern nur die Forderung abgetreten werden sollte, da die Übertragung der Hypothek zwar aus 1153 I BGB und somit aus dem Gesetz folgt, sie aber auf einen rechtsgeschäftlichen Vorgang, nämlich die Übertragung der Forderung zurückgeht und ohne diesen nicht durchgeführt werden kann. Die Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs nach 892 I 1 BGB liegen somit vor. X hat die Hypothek am Grundstück des E gutgläubig gemäß 1153 I, 1154 I 1, 892 I 1 BGB erworben. Dem X steht somit eine Hypothek am Grundstück des E zu und X hat gegen E einen Anspruch auf die Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß 1147 BGB. Fall 7 eine Hypothek zugunsten des G. Das Darlehen wird jedoch nicht an S ausgezahlt. G tritt Forderung und Hypothek an X ab. X verlangt von E Duldung der Zwangsvollstreckung. Lösung Fall 7 X könnte gegen E einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß 1147 BGB haben. Voraussetzung dafür wäre, dass dem X eine Hypothek am Grundstück des E zustünde. E hat keine Hypothek zugunsten des X bestellt, X könnte die Hypothek jedoch von G erworben haben. 4
5 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 5 VON 7 1. Voraussetzung für den Erwerb gemäß 1153 I, 1154 I 1 BGB wäre, dass G dem X gemäß 1154 I 1 BGB die Forderung übertragen hat und dass gemäß 1153 I BGB die Hypothek mit der Forderung auf X übergegangen ist. Zwar haben X und G einen formwirksamen Abtretungsvertrag nach 398 S.1, 1154 I BGB geschlossen G hatte das Darlehen jedoch niemals an S ausgezahlt, sodass ihm kein Anspruch nach 488 I 2 BGB zustand, den er an X hätte abtreten können. Und ein gutgläubiger Forderungserwerb des X kommt nicht in Betracht, da ein solcher im BGB vorbehaltlich der in 405, 2366 BGB geregelten Konstellationen nicht vorgesehen ist. 2. Gemäß 1138 Alt. 1 BGB findet für die Hypothek jedoch 892 I 1 BGB auch in Ansehung der Forderung entsprechende Anwendung. Daraus folgt, dass wenn die Voraussetzungen des 892 I 1 BGB in Ansehung der Forderung vorliegen, die Existenz der Forderung insoweit fingiert wird, als dies für den Erwerb der Hypothek erforderlich ist. Die Voraussetzungen des 892 I 1 BGB lägen in Ansehung der Forderung vor, wenn das Grundbuch in Ansehung der Forderung unrichtig war und G als Veräußerer legitimierte und wenn X gutgläubig war und kein Widerspruch im Grundbuch eingetragen war. a) Das Grundbuch war in Ansehung der Forderung unrichtig und legitimierte G. Denn aus dem Grundbuch ergab sich nicht, dass die gesicherte Forderung niemals zur Entstehung gelangt war und deshalb eigentlich eine Eigentümergrundschuld nach 1163 I 1, 1177 I 1 BGB vorlag. Vielmehr erweckte das Grundbuch den Anschein, als stünde die Forderung dem G in voller Höhe zu. b) X war gutgläubig und im Grundbuch war kein Widerspruch eingetragen. c) Die Voraussetzungen des 1138 Alt. 1 BGB liegen somit vor, sodass der Bestand der Forderung fingiert wird, soweit dies für den Übergang der Hypothek erforderlich ist. Die Hypothek kann daher gemäß 1153 I BGB mitlaufen, sofern sie tatsächlich besteht. Zwar stand dem G keine Hypothek zu aufgrund der Nichtexistenz der Forderung bestand gemäß 1163 I 1, 1177 I 1 BGB vielmehr lediglich eine Eigentümergrundschuld am Grundstück des E. Die Funktion des 1138 Alt. 1 BGB besteht jedoch gerade darin, den Mangel der Forderung zu überwinden somit muss 1138 Alt. 1 BGB auch den Mangel des Grundpfandrechts insofern überwinden, als dieser auf einem Mangel der Forderung beruht. Da die Voraussetzungen einer wirksamen Hypothekenbestellung nach 873 Var. 2, 1113 I, 1116 I, 1117 I 1 BGB vorlagen und lediglich die gesicherte Forderung nicht bestand, hat X somit gemäß 1153 I, 1154 I 1, 1138 Alt. 1 BGB die Hypothek als sog. forderungsentkleidete Hypothek erworben. X hat somit gegen E einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß 1147 BGB. 5
6 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 6 VON 7 Fall 8 eine Hypothek zugunsten des G. S zahlt das Darlehen vollständig zurück. G tritt Forderung und Hypothek an X ab. X verlangt von E Duldung der Zwangsvollstreckung. Lösung Fall 8 X könnte gegen E einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß 1147 BGB haben. Voraussetzung dafür wäre, dass dem X eine Hypothek am Grundstück des E zustünde. E hat keine Hypothek zugunsten des X bestellt, X könnte die Hypothek jedoch von G erworben haben. 1. Voraussetzung für den Erwerb gemäß 1153 I, 1154 I 1 BGB wäre, dass G dem X gemäß 1154 I 1 BGB die Forderung übertragen hat und dass gemäß 1153 I BGB die Hypothek mit der Forderung auf X übergegangen ist. Zwar haben X und G einen formwirksamen Abtretungsvertrag nach 398 S.1, 1154 I BGB geschlossen S hatte das Darlehen jedoch vollständig zurückgezahlt, sodass die Forderung nach 488 I 2 BGB von G gegen S bereits gemäß 362 I BGB erloschen war. Und ein gutgläubiger Forderungserwerb des X kommt nicht in Betracht, da ein solcher im BGB vorbehaltlich der in 405, 2366 BGB geregelten Konstellationen nicht vorgesehen ist. 2. Gemäß 1138 Alt. 1 BGB findet für die Hypothek jedoch 892 I 1 BGB auch in Ansehung der Forderung entsprechende Anwendung. Daraus folgt, dass wenn die Voraussetzungen des 892 I 1 BGB in Ansehung der Forderung vorliegen, die Existenz der Forderung insoweit fingiert wird, als dies für den Erwerb der Hypothek erforderlich ist. Die Voraussetzungen des 892 I 1 BGB lägen in Ansehung der Forderung vor, wenn das Grundbuch in Ansehung der Forderung unrichtig war und G als Veräußerer legitimierte und wenn X gutgläubig war und kein Widerspruch im Grundbuch eingetragen war. a) Das Grundbuch war in Ansehung der Forderung unrichtig und legitimierte G. Denn aus dem Grundbuch ergab sich nicht, dass die gesicherte Forderung bereits erloschen war und deshalb eigentlich eine Eigentümergrundschuld nach 1163 I 2, 1177 I 1 BGB vorlag. Vielmehr erweckte das Grundbuch den Anschein, als stünde die Forderung dem G nach wie vor in voller Höhe zu. b) X war gutgläubig und im Grundbuch war kein Widerspruch eingetragen. c) Die Voraussetzungen des 1138 Alt. 1 BGB liegen somit vor, sodass der Bestand der Forderung fingiert wird, soweit dies für den Übergang der Hypothek erforderlich ist. Die Hypothek kann daher gemäß 1153 I BGB mitlaufen, sofern sie tatsächlich besteht. Zwar stand dem G keine Hypothek zu aufgrund des Erlöschens der Forderung bestand 6
7 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 7 VON 7 gemäß 1163 I 2, 1177 I 1 BGB vielmehr lediglich eine Eigentümergrundschuld am Grundstück des E. Die Funktion des 1138 Alt. 1 BGB besteht jedoch gerade darin, den Mangel der Forderung zu überwinden somit muss 1138 Alt. 1 BGB auch den Mangel des Grundpfandrechts insofern überwinden, als dieser auf einem Mangel der Forderung beruht. Da die Voraussetzungen einer wirksamen Hypothekenbestellung nach 873 Var. 2, 1113 I, 1116 I, 1117 I 1 BGB vorlagen und lediglich die gesicherte Forderung nicht bestand, hat X somit gemäß 1153 I, 1154 I 1, 1138 Alt. 1 BGB die Hypothek als sog. forderungsentkleidete Hypothek erworben. X hat somit gegen E einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß 1147 BGB. 7
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