Fall 12: Anwalt hinter der Ladentheke. Gliederung
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- Regina Haupt
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1 Fall 12: Anwalt hinter der Ladentheke Gliederung Anspruch der K gegen A auf Übergabe und Übereignung der Uhr gem. 433 I 1 BGB Möglicherweise besteht ein Anspruch der K gegen A auf Übergabe und Übereignung der Uhr gem. 433 I 1 BGB. A. Anspruch entstanden I. Einigung Unterschreiben von verbindlicher Bestellung durch E und K als Einigung über einen KV gem. 433 BGB? 1. Rechtsbindungswille von E und K? = Wille sich rechtlich abschließend zu binden = Bezugspunkt ist verkehrsobjektivierte Sicht des Geschäftspartners Unterschrift beider auf dem Dokument Aushändigung des Durchschlag des unterschriebenen Dokuments ( Legitimationspapier ) Anzahlung geleistet / angenommen Interesse am Zustandekommen der RGL (+) Rechtsbindungswille (+) 1
2 2. Konkreter Geschäftswille bzgl. KV? Auslegung: objektive Empfängersicht, 133, 157 BGB analog Einigung über Kaufvertrag? Vordruck verbindliche Bestellung? Nicht nur am Wortlaut haften Aber: Einigung über essentialia negotii (+) Geschäftswille (+) 3. Zwischenergebnis Einigung (+) II. Zurechenbarkeit der Einigung (Stellvertretung) Eigene WE der A (-) Eigene WE der K (+) aber: abgegebene Erklärung des E wirkt möglicherweise für und gegen A gem. 164 I 1 BGB 1. Eigene WE des Stellvertreters Auftreten des E wie ein Verkäufer mit Beratung und Verhandlung Ausnutzung eines gewissen Entscheidungsspielraum nicht nur fremde WE übermittelt (Abgr.: Bote) aus Sicht des Erklärungsempfängers: eigene WE (+) 2. Handeln im fremden Namen (Offenkundigkeitsprinzip) Handeln im Namen der A? Nicht ausdrücklich Aber: sog. unternehmensbezogenes Geschäft 2
3 Ein unternehmensbezogenes Geschäft liegt bei Erklärungen, die zum Betriebs- und Geschäftsbereich eines Unternehmens gehören vor, soweit der Erklärende für den Empfänger erkennbar im Namen des Unternehmensinhabers handelt und nicht im eigenen Namen nach h.m. Ausnahme vom Offenkundigkeitsgrundsatz Daher Handeln im fremden Namen (+) 3. Handeln mit und innerhalb der Vertretungsmacht Keine ausdrückliche Bevollmächtigung des E a. Konkludente Bevollmächtigung durch bewusstes Gewährenlassen des Vertreters (E) durch die Vertretene (A)? (Lit.) Verhalten des E aus Sicht eines objektiven Dritten: konkludent erteilte rechtsgeschäftliche Vollmacht, vgl. 167 I Alt. 2 BGB Verhalten der A aus Sicht des E: Annahme, dass A das Auftreten des E als Ladenangestellter bemerkt (mithört) Im Gewährenlassen konkludente Bevollmächtigung, vgl. 167 I Alt. 1 BGB b. Zurechnung über Rechtsinstitut der Duldungsvollmacht (Rspr.) Dogmatische Entwicklung über gesetzliche Regeln der Rechtsscheinhaftung gemäß BGB sowie 56 HGB 3
4 Voraussetzungen der Duldungsvollmacht 1. Rechtsscheintatbestand Auftreten wie ein Vertreter (= Abgabe einer eigenen WE im fremden Namen) 2. Zurechenbarkeit Vertretene kennt und duldet dieses Auftreten 3. Gutgläubigkeit 173 BGB analog 4. Kausalität des Rechtsscheins für das rechtsgeschäftliche Verhalten des Vertragspartners (1) E hat sich wie ein Ladenangestellter und daher wie ein bevollmächtigter Vertreter der A verhalten. (2) A hat das Verkaufsgespräch des E mitgehört. Sie wusste also davon und ist nicht dagegen eingeschritten. (3) Für K gab es keinen Grund, daran zu zweifeln, dass es sich bei E um einen bevollmächtigten Ladenangestellten der A handelt. Der Ausschlussgrund des 173 BGB analog greift nicht ein. (4) K verhält sich dementsprechend da sie davon ausgeht, dass E mit Vertretungsmacht handelt c. Zwischenergebnis: i.e. jedenfalls Rechtsfolge des 164 I BGB (+) 4
5 III. Unwirksamkeit der Einigung wegen Anfechtung? Rückwirkende Nichtigkeit der Willenserklärung des E durch Anfechtung, 142 I BGB? 1. Anfechtung der Bevollmächtigung a. bei konkludenter Vollmachtserteilung, 167 I BGB Anfechtung der Bevollmächtigung würde Vertretungsmacht des E ex tunc entfallen lassen, sodass A niemals gem. 164 I BGB verpflichtet worden wäre [Beachte: Anfechtbarkeit einer Vollmachtserteilung nach deren Gebrauch umstritten] Hier: Kein Irrtum im Zusammenhang mit konkludenter Bevollmächtigung des E, d.h. keine Anfechtung der Bevollmächtigung möglich b. beim Institut der Duldungsvollmacht (Rspr.) Hier: Anfechtung (-) mangels Irrtums bezüglich Vollmachtserteilung [Beachte: Anfechtbarkeit einer Rechtsscheinvollmacht, Duldungsvollmacht umstritten] 2. Anfechtung des Vertretergeschäfts Anfechtung wegen Irrtums im Zusammenhang mit dem von E vorgenommenen Vertretergeschäft a. Anfechtungsgrund: 119 I Alt. 2 BGB Gem. 166 I BGB auf Irrtum des Vertreters (E) abstellen Erklärungsirrtum gem. 119 I Alt. 2 BGB 5
6 Irrtum bei der Willensäußerung Bsp.: Versprechen, Verschreiben oder Vergreifen Schreibfehler bei Preisangabe; anstatt des eigentlich gemeinten Preises von 520 EUR notierte E lediglich 250 EUR b. Anfechtungsberechtigung Anfechtungsberechtigt ist derjenige, der die anfechtbare Willenserklärung abgegeben hat oder für den sie durch einen Vertreter (mit Vertretungsmacht) abgegeben worden ist. Hier: anfechtbare Willenserklärung des E mit Vertretungsmacht für A abgegeben. A ist anfechtungsberechtigt. Anmerkung: handelt ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, ist nur er zur Anfechtung berechtigt, da ihn wegen 179 BGB die Wirkungen des Rechtsgeschäfts treffen. c. Anfechtungserklärung gem. 143 BGB Anfechtungserklärung = formfreie empfangsbedürftige WE Erklärung muss erkennen lassen, dass Partei das Geschäft wegen eines Willensmangels nicht gelten lassen will; ggf. mittels Auslegung gem. 133, 157 BGB analog zu ermitteln Wort Anfechtung nicht erforderlich Rückforderung des Geleisteten oder das Bestreiten der Verpflichtung ausreichend genauer Anfechtungsgrund nicht anzugeben; aber für Anfechtungsgegner muss erkennbar sein, auf welchen tatsächlichen Grund Anfechtung gestützt wird hier: Bestreiten der Verpflichtung mit Begründung, E hätte sich verschrieben, daher (+) 6
7 d. Richtiger Anfechtungsgegner gem. 143 I, II BGB K als richtige Anfechtungsgegnerin e. Anfechtungsfrist, 121 I BGB gem. 121 I 1 BGB unverzüglich Legaldefinition: ohne schuldhaftes Zögern; nachdem Anfechtungsberechtigter vom Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat mit Erklärung der A direkt am nächsten Tag erfolgte Anfechtung jedenfalls unverzüglich i.s.d. 121 I 1 BGB f. Rechtsfolge: ex tunc-nichtigkeit des Vertretergeschäfts, gem. 142 I BGB B. Ergebnis Anspruch aus 433 I 1 BGB (-) 7
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