Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Dr. Martina Sambale
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- Werner Albert
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1 Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Dr. Martina Sambale 24. September 2016
2 Definition der Pflegebedürftigkeit 14 Abs. 1 SGB XI Pflegebedürftig sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Pflegebedürftig sind Personen, die körperliche, kognitive oder psychische Belastungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate und mit mindestens der in 15 SGB XI festgelegten Schwere, bestehen. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 2
3 Neuer Maßstab für Pflegebedürftigkeit ist der Grad der Selbstständigkeit bei der Durchführung von Aktivitäten oder der Gestaltung von Lebensbereichen, die Abhängigkeit von personeller Hilfe und zwar nicht nur bei einigen Verrichtungen der Grundpflege, sondern in allenrelevanten Bereichen der elementaren Lebensführung. Neuer Maßstab ist der Grad der Selbstständigkeit und nicht mehr der Zeitaufwand des Hilfebedarfs. Der ressourcenorientierte Ansatz ermöglicht zudem eine systematische Erfassung von Präventions-und Rehabilitationsbedarf. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 3
4 5 Grade der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrade) Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 4
5 Das NBA ist Teil des Begutachtungsverfahrens Angaben zur Person und Begutachtungssituation Anamnese Wohn- und Lebenssituation Versorgungssituation Befunderhebung zu Schädigungen und Beeinträchtigungen N E U E S B E G U T A C H T U N G S A S SE S SM E N T Ergebnisse und Empfehlungen Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 5
6 Die Module des NBA im Überblick Sechs Lebensbereiche ( Module ) werden betrachtet und gewichtet. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 6
7 Das NBA Modul 1: Mobilität selbstständig überwiegend selbstständig überwiegend unselbstständig unselbstständig Positionswechsel im Bett Halten einer stabilen Sitzposition Umsetzen Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs Treppensteigen Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 7
8 Beispiel: F Treppensteigen Treppensteigen ist unabhängig von der individuellen Wohnsituation zu bewerten. Selbständig: Die Person kann ohne Hilfe durch andere Personen in aufrechter Position eine Treppe steigen. Überwiegend selbständig: Die Person kann eine Treppe alleine steigen, benötigt aber Begleitung wegen eines Sturzrisikos. Überwiegend unselbständig: Treppensteigen ist nur mit Stützen oder Festhalten der Person möglich. Unselbständig: Person muss getragen oder mit Hilfsmitteln transportiert werden, keine Eigenbeteiligung. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 8
9 Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten vorhanden/ unbeeinträchtigt größtenteils vorhanden Die Fähigkeit ist: in geringem Maße vorhanden nicht vorhanden Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld Örtliche Orientierung Zeitliche Orientierung Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 9
10 Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten vorhanden/ unbeeinträchtigt größtenteils vorhanden Die Fähigkeit ist: in geringem Maße vorhanden nicht vorhanden Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben Verstehen von Sachverhalten und Informationen Erkennen von Risiken und Gefahren Mitteilen von elementaren Bedürfnisse Verstehen von Aufforderungen Beteiligen an einem Gespräch Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 10
11 Beispiel: F Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen Fähigkeit, zielgerichtete Handlungen des Lebensalltags, die eine Abfolge von Teilschritten umfassen, zu steuern Die Betonung liegt in diesem Fall auf dem Begriff Alltagshandlungen. Gemeint sind zielgerichtete Handlungen, die diese Person täglich oder nahezu täglich im Lebensalltag durchführt oder durchgeführt hat, wie z. B. das komplette Ankleiden. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 11
12 Beispiel: F Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen Fähigkeit vorhanden:die Person ist in der Lage, die erforderlichen Handlungsschritte selbständig in der richtigen Reihenfolge auszuführen oder zu steuern, so dass das angestrebte Ergebnis der Handlung erreicht wird. Fähigkeit größtenteils vorhanden: Die Person verliert manchmal den Faden und vergisst, welcher Handlungsschritt der nächste ist. Erhält sie dabei eine Erinnerungshilfe, kann sie die Handlung aber selbständig fortsetzen. Fähigkeit in geringem Maße vorhanden: Die Person hat erhebliche Schwierigkeiten. Sie verwechselt regelmäßig die Reihenfolge der einzelnen Handlungsschritte oder vergisst einzelne, notwendige Handlungsschritte. Fähigkeit nicht vorhanden: MehrschrittigeAlltagshandlungen werden erst gar nicht begonnen oder nach den ersten Versuchen aufgegeben. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 12
13 Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen Wie oft muss eine Pflegeperson eingreifen/unterstützen? nie oder sehr selten selten ein-bis dreimal innerhalb von zwei Wochen häufig zweimal bis mehrmals wöchentlich, aber nicht täglich täglich Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten Nächtliche Unruhe Selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten Beschädigen von Gegenständen Physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen Verbale Aggression Andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 13
14 Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen Wie oft muss eine Pflegeperson eingreifen/unterstützen? nie oder sehr selten selten ein-bis dreimal innerhalb von zwei Wochen häufig zweimal bis mehrmals wöchentlich, aber nicht täglich täglich Abwehr pflegerischer oder anderer unterstützender Maßnahmen Wahnvorstellungen Ängste Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage Sozial inadäquate Verhaltensweisen Sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 14
15 Beispiel: F Wahnvorstellungen Wahnvorstellungen beziehen sich z. B. auf die Vorstellung, mit Verstorbenen oder imaginären Personen in Kontakt zu stehen oder auf die Vorstellung, verfolgt, bedroht oder bestohlen zu werden. Wie oft muss eine Pflegeperson eingreifen/unterstützen? Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 15
16 Modul 4: Selbstversorgung selbstständig überwiegend selbstständig überwiegend unselbstständig unselbstständig Unterschiedliche Bewertung Waschen des vorderen Oberkörpers Körperpflege im Bereich des Kopfes Waschen des Intimbereichs Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare An-und Auskleiden des Oberkörpers An- und Auskleiden des Unterkörpers Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 16
17 Modul 4: Selbstversorgung selbstständig überwiegend selbstständig überwiegend unselbstständig unselbstständig Unterschiedliche Bewertung Essen Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken Trinken Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 17
18 Modul 5: Umgang mit Krankheit Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen in Bezug auf: Häufigkeit der Hilfe (Anzahl eintragen) entfällt selbstständig pro Tag pro Woche pro Monat Medikation Injektionen Versorgung intravenöser Zugänge (Port) Absaugen und Sauerstoffgabe Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen Messung und Deutung von Körperzuständen körpernahe Hilfsmittel Verbandwechsel und Wundversorgung Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 18
19 Modul 5: Umgang mit Krankheit Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen in Bezug auf: Häufigkeit der Hilfe (Anzahl eintragen) entfällt selbstständig pro Tag pro Woche pro Monat Versorgung mit Stoma Regelmäßige Einmalkatheterisierungund Nutzung von Abführmethoden Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung Zeit-und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung Arztbesuche Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen (bis zu 3 Std.) Zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen (länger als 3 Std.) Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 19
20 Modul 5: Umgang mit Krankheit entfällt/ nicht erforderlich selbstständig überwiegend selbstständig überwiegend unselbstständig unselbstständig Bereitstellen einer Diät reicht aus Erinnerung/ Anleitung ist mindestens einmal täglich notwendig benötigt meistens Anleitung/ Beaufsichtigung, mehrmals täglich benötigt immer Anleitung/ Beaufsichtigung Einhalten einer Diät oder anderer krankheits-oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 20
21 Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte selbstständig überwiegend selbstständig überwiegend unselbstständig unselbstständig Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen Ruhen und Schlafen Sich beschäftigen Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen Interaktion mit Personen im direkten Kontakt Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfeldes Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 21
22 Beispiel: F Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen Längere Zeitabschnitte überschauend über den Tag hinaus planen. Dies kann beispielsweise anhand der Frage beurteilt werden, ob Vorstellungen oder Wünsche zu anstehenden Festlichkeiten wie Geburtstag oder Jahresfeste bestehen, ob die Zeitabläufe eingeschätzt werden können, z. B. vorgegebene Strukturen wie regelmäßige Termine nachvollzogen werden können oder ob die körperlichen Fähigkeiten vorhanden sind, um eigene Zukunftsplanungen mit anderen Menschen kommunizieren zu können. Es ist auch zu berücksichtigen, wenn stark ausgeprägte psychische Problemlagen (z. B. Ängste) es verhindern, sich mit Fragen des zukünftigen Handelns auseinanderzusetzen. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 22
23 Beispiel: F Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen Selbständig: Die Person kann die beschriebene Aktivität ohne personelle Hilfe durchführen. Überwiegend selbständig: Die Person nimmt sich etwas vor, muss aber erinnert werden, dies auch durchzuführen. Oder sie benötigt infolge körperlicher Beeinträchtigungen regelmäßig Hilfe im Bereich der Kommunikation, um sich mit anderen Menschen verabreden zu können. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 23
24 Beispiel: F Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen Überwiegend unselbständig: Die Person plant von sich aus nicht, entscheidet aber mit Unterstützung durch andere Personen. Sie muss an die Umsetzung der eigenen Entscheidungen erinnert werden oder benötigt bei der Umsetzung emotionale oder körperliche Unterstützung. Überwiegend unselbständig ist daher auch eine Person, die zwar kognitiv in der Lage ist, selbständig zu planen und zu entscheiden, die aber so stark somatisch beeinträchtigt ist, dass sie für alle Umsetzungsschritte personelle Hilfe benötigt. Unselbständig:Die Person verfügt nicht über Zeitvorstellungen für Planungen über den Tag hinaus, auch bei Vorgabe von Auswahloptionen wird weder Zustimmung noch Ablehnung signalisiert. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 24
25 Module 7 und 8 Diese Module fließen nicht in die Bewertung des Pflegegrads ein. Sie können jedoch für die weitere Hilfeplanung genutzt werden. Modul 7: Außerhäusliche Aktivitäten z. B. selbstständiges Verlassen der Wohnung oder des Wohnbereichs sich außerhalb des Wohnbereichs oder der Einrichtung selbstständig fortbewegen öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder in einem Pkw mitfahren Modul 8: Haushaltsführung z. B. Einkaufen für den täglichen Bedarf Zubereiten einfacher Mahlzeiten Aufräum- und Reinigungsarbeiten Regelung finanzieller oder behördlicher Angelegenheiten Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 25
26 Die Bewertungssystematik im Überblick Die Einzelpunkte der Module und deren Gewichtung führt zur Ermittlung des Pflegegrades Module und Gewichtung Schweregrad der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten keine geringe erhebliche schwere schwerste Summe der Einzelpunkte und der daraus resultierende gewichtete Punktwert des Moduls Modul 1 (10 Prozent) Summe der Punkte im Modul 1 0 2,5 5 7,5 10 Gewichtete Punkte im Modul 1 Modul Summe der Punkte im Modul 2 Modul Summe der Punkte im Modul 3 Höchster Wert aus Modul 2 oder Modul 3 (15 Prozent) Modul 4 (40 Prozent) Modul 5 (20 Prozent) Modul 6 (15 Prozent) 0 3,75 7,5 11,25 15 Gewichtete Punkte für die Module 2 und Summe der Punkte im Modul Gewichtete Punkte im Modul Summe der Punkte im Modul Gewichtete Punkte im Modul Summe der Punkte im Modul 6 0 3,75 7,5 11,25 15 Gewichtete Punkte im Modul 6 Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 26
27 Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff Seite 27
Modul 1 Mobilität. Modul 2 Kognitive und kommunikative Fähigkeiten. überwiegend selbständig. überwiegend unselbständig unselbständig.
Modul 1 Mobilität Positionswechsel im Bett Halten einer stabilen Sitzposition Umsetzen Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs Treppensteigen un un Kriterium ja Besondere Bedarfskonstellation Gebrauchsunfähigkeit
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