Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers
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- Benedict Albrecht
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1 R E C ü I V E D ) 9 FEV International Labour Office ILO B1BL BIT Internationale Arbeitskonferenz 79. Tagung 1992 Bericht IV (2B) Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers Vierter Punkt der Tagesordnung Internationales Arbeitsamt Genf
2 ISBN ISSN Erste Auflage 1992 Die in Veröffentlichungen des IAA verwendeten, der Praxis der Vereinten Nationen entsprechenden Bezeichnungen sowie die Anordnung und Darstellung des Inhalts sind keinesfalls als eine Meinungsäußerung des Internationalen Arbeitsamtes hinsichtlich der Rechtsstellung irgendeines Landes, Gebietes oder Territoriums oder dessen Behörden oder hinsichtlich der Grenzen eines solchen Landes oder Gebietes aufzufassen. Die Verantwortung für Meinungen, die in Artikeln, Untersuchungen und sonstigen Beiträgen unter dem Namen des Autors zum Ausdruck gebracht werden, liegt ausschließlich bei dem betreffenden Autor, und die Veröffentlichung bedeutet nicht, daß das Internationale Arbeitsamt diesen Meinungen beipflichtet. Die Nennung von Firmen und gewerblichen Erzeugnissen und Verfahren bedeutet nicht, daß das Internationale Arbeitsamt sie billigt, und das Fehlen eines Hinweises auf eine bestimmte Firma oder ein bestimmtes Erzeugnis oder Verfahren ist nicht als Mißbilligung aufzufassen. Veröffentlichungen des IAA können bei größeren Buchhandlungen, den Zweigämtern des IAA in zahlreichen Ländern oder direkt beim Internationalen Arbeitsamt, ILO Publications, CH-1211 Genf 22, Schweiz, bestellt werden. Diese Stelle versendet auch kostenlos Kataloge oder Verzeichnisse neuer Veröffentlichungen. Gedruckt in der Schweiz HEL
3 INHALTSVERZEICHNIS EINLEITUNG VORGESCHLAGENE TEXTE A. Entwurf eines Übereinkommens über den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers B. Entwurf einer Empfehlung betreffend den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers Doc.536
4 EINLEITUNG Die erste Beratung über die Frage "Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers" fand auf der 78. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz (1991) statt. Im Anschluß an diese Aussprache hat das Internationale Arbeitsamt gemäß Artikel 39 der Geschäftsordnung der Konferenz einen Bericht 1 verfaßt, der die Entwürfe eines Übereinkommens und einer Empfehlung enthielt, die auf den von der Konferenz auf ihrer 78. Tagung angenommenen Schlußfolgerungen beruhten. Das Amt hat die Regierungen ersucht, ihm etwaige Änderungsanträge oder Bemerkungen bis spätestens 30. November 1991 zu übermitteln oder ihm bis zum gleichen Zeitpunkt mitzuteilen, ob die vorgeschlagenen Texte ihrer Ansicht nach eine geeignete Grundlage für die Beratung auf der 79. Tagung (1992) bilden. Zum Zeitpunkt der Abfassung des vorliegenden Berichts lagen dem Amt die Antworten der folgenden 57 Mitgliedstaaten vor: Ägypten, Algerien, Argentinien, Äthiopien, Australien, Belarus, Belgien, Benin, Burundi, Chile, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Honduras, Irak, Island, Italien, Japan, Kamerun, Kanada, Katar, Kuba, Kuwait, Malta, Mexiko, Myanmar, Neuseeland, Nicaragua, Niederlande, Norwegen, Österreich, Pakistan, Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Sambia, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Spanien, Sudan, Swasiland, Tschad, Tschechoslowakei, Tunesien, Türkei, Uganda, Ukraine, Ungarn, Uruguay, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich und Zypern. Gemäß Artikel 39 Absatz 6 der Geschäftsordnung der Konferenz in der auf der 73. Tagung (1987) geänderten Fassung wurden die Regierungen ersucht, vor der endgültigen Abfassung ihrer Antworten die maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zu befragen und anzugeben, welche Verbände sie befragt haben. IAA: Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers. Internationale Arbeitskonferenz, 79. Tagung, 1992, Bericht IV (1). Doc.536 1
5 Die Regierungen von 31 Mitgliedstaaten (Ägypten, Argentinien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Honduras, Island, Japan, Kanada, Katar, Kuwait, Malta, Mexiko, Myanmar, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechoslowakei, Türkei, Ukraine, Uruguay, Vereinigte Staaten und Vereinigtes Königreich haben mitgeteilt, daß ihre Antworten nach Befragung der maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer abgefaßt worden sind oder haben die Stellungnahmen von Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer getrennt übermittelt. Dem Amt sind ferner Stellungnahmen von Arbeitgeberverbänden der folgenden Länder direkt zugegangen: Brasilien, Gabun, Surinam, Venezuela. Um sicherzustellen, daß die Entwürfe des Übereinkommens und der Empfehlung über den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers den Regierungen innerhalb der in Artikel 39 Absatz 7 der Geschäftsordnung der Konferenz vorgesehenen Frist zugehen, wird Bericht IV (2) in zwei Bänden veröffentlicht 1. Der vorliegende Band (Bericht IV (2B)) enthält die Entwürfe des Übereinkommens und der Empfehlung, die auf Grund der Bemerkungen der Regierungen sowie der Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und aus den in den Kommentaren des Amtes, die in Bericht IV (2A) enthalten sind, angegebenen Gründen geändert worden sind. Falls die Konferenz dies beschließt, werden diese Texte auf ihrer 79. Tagung (1992) als Grundlage für die zweite Beratung über die Frage des Schutzes der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers dienen. Die Regierungen werden Bericht IV (2A) mit den Zusammenfassungen der eingegangenen Antworten und den Kommentaren des Amtes etwa einen Monat nach dem vorliegenden Band erhalten. 2 Doc.536
6 VORGESCHLAGENE TEXTE Nachstehend werden A) der Entwurf eines Übereinkommens über den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers und B) der Entwurf einer Empfehlung betreffend den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers wiedergegeben, die der Konferenz auf ihrer 79. Tagung als Grundlage für die Beratung des vierten Punktes ihrer Tagesordnung dienen sollen. A. ENTWURF EINES ÜBEREINKOMMENS ÜBER DEN SCHUTZ DER FORDERUNGEN DER ARBEITNEHMER BEI ZAHLUNGSUNFÄHIGKEIT IHRES ARBEITGEBERS Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 3. Juni 1992 zu ihrer neunundsiebzigsten Tagung zusammengetreten ist, unterstreicht die Bedeutung des Schutzes der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers und verweist auf die einschlägigen Bestimmungen des Artikels 11 des Übereinkommens über den Lohnschutz, 1949, und des Artikels 11 des Übereinkommens über die Entschädigung bei Betriebsunfällen, 1925, stellt fest, daß seit der Annahme des Übereinkommens über den Lohnschutz, 1949, größeres Gewicht auf die Sanierung zahlungsunfähiger Unternehmen gelegt worden ist und daß wegen der sozialen Folgen der Zahlungsunfähigkeit nach Möglichkeit Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Unternehmen zu sanieren und die Beschäftigung zu sichern, stellt fest, daß seit der Annahme der genannten Normen bedeutende Entwicklungen in der Gesetzgebung und Praxis zahlreicher Mitgliedstaaten eingetreten sind, die eine Verbesserung des Schutzes der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers bewirkt haben, und ist der Auffassung, daß es angebracht wäre, daß die Konferenz neue Normen betreffend die Forderungen der Arbeitnehmer annimmt, Doc.536 3
7 hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen. Die Konferenz nimmt heute, am... Juni 1992, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers, 1992, bezeichnet wird. TEIL I. ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN Artikel 1 1. Im Sinne dieses Übereinkommens findet der Ausdruck "Zahlungsunfähigkeit" auf Fälle Anwendung, in denen gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis ein Verfahren über das Vermögen eines Unternehmens zur kollektiven Befriedigung seiner Gläubiger eröffnet worden ist. 2. Im Sinne dieses Übereinkommens können die Mitglieder den Ausdruck "Zahlungsunfähigkeit" auf andere Fälle ausdehnen, in denen die Forderungen der Arbeitnehmer wegen der finanziellen Lage des Arbeitgebers nicht befriedigt werden können, beispielsweise wenn die Vermögensmasse des Arbeitgebers als nicht ausreichend anerkannt wird, um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu rechtfertigen. 3. Der Ausdruck "Zahlungsunfähigkeit" kann auch auf Fälle ausgedehnt werden, in denen eine Regierung beschließt, ein staatliches Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen zu schließen. Artikel 2 Die Bestimmungen dieses Übereinkommens sind durch die Gesetzgebung oder durch andere den innerstaatlichen Gepflogenheiten entsprechende Mittel, wie gerichtliche Entscheidungen oder Gesamtarbeitsverträge, durchzuführen. Artikel 3 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, hat in einer seiner Ratifikation beigefügten Erklärung anzugeben, ob es die Verpflichtungen des Teils II, der den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer durch ein Vorrecht vorsieht, oder die Verpflichtungen des Teils III, der den Schutz der Forderungen der 4 Doc.536
8 Arbeitnehmer durch eine Garantieeinrichtung vorsieht, oder die Verpflichtungen beider Teile übernimmt. 2. Jedes Mitglied, das zunächst nur den Teil II oder den Teil III dieses Übereinkommens angenommen hat, kann in der Folge auch den anderen Teil annehmen. 3. Jedes Mitglied, das die Verpflichtungen der beiden Teile dieses Übereinkommens übernimmt, kann nach Anhörung der maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer die Anwendung des Teils III auf bestimmte Arbeitnehmergruppen und bestimmte Wirtschaftszweige beschränken. Diese Beschränkungen sind in der Annahmeerklärung anzugeben. 4. Jedes Mitglied, das seine Übernahme der Verpflichtungen des Teils III gemäß Absatz 3 beschränkt hat, hat in seinem ersten Bericht, den es gemäß Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegen hat, die Gründe anzugeben, weshalb es seine Übernahme der Verpflichtungen beschränkt hat. In seinen nachfolgenden Berichten hat es Auskunft über die eventuelle Ausdehnung des sich aus Teil III dieses Übereinkommens ergebenden Schutzes auf weitere Arbeitnehmergruppen oder weitere Wirtschaftszweige zu erteilen. 5. Jedes Mitglied, das die Verpflichtungen der Teile II und III dieses Übereinkommens übernommen hat, kann nach Anhörung der maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer die gemäß Teil III geschützten Forderungen von der Anwendung des Teils II ausnehmen. 6. Mit der Übernahme der Verpflichtungen des Teils II dieses Übereinkommens durch ein Mitglied enden dessen Verpflichtungen auf Grund des Artikels 11 des Übereinkommens über den Lohnschutz, 1949, ohne weiteres. 7. Jedes Mitglied, das nur die Verpflichtungen des Teils III dieses Übereinkommens übernommen hat, kann durch eine an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gerichtete Erklärung seine Verpflichtungen auf Grund von Artikel 11 des Übereinkommens über den Lohnschutz, 1949, in bezug auf die gemäß Teil III geschützten Forderungen beenden. Artikel 4 1. Vorbehaltlich der in Absatz 2 vorgesehenen Ausnahmen und der gegebenenfalls gemäß Artikel 3 Absatz 3 angegebenen Beschränkungen gilt dieses Übereinkommen für alle Arbeitnehmer und alle Wirtschaftszweige. 2. Die zuständige Stelle kann nach Anhörung der maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestimmte Gruppen Doc.536 5
9 von Arbeitnehmern, insbesondere die öffentlichen Bediensteten, von Teil II, Teil III oder beiden Teilen dieses Übereinkommens ausnehmen, entweder wegen der besonderen Art ihres Arbeitsverhältnisses oder wenn es andere Arten von Garantien gibt, die ihnen einen Schutz bieten, der dem sich aus dem Übereinkommen ergebenden Schutz gleichwertig ist. 3. Jedes Mitglied, das die in Absatz 2 vorgesehenen Ausnahmen für sich in Anspruch nimmt, hat in seinen Berichten gemäß Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation Auskunft über diese Ausnahmen zu erteilen und diese zu begründen. TEIL II. SCHUTZ DER FORDERUNGEN DER ARBEITNEHMER DURCH EIN VORRECHT GESCHÜTZTE FORDERUNGEN Artikel 5 Bei Zahlungsunfähigkeit eines Arbeitgebers sind die Forderungen der Arbeitnehmer auf Grund ihrer Beschäftigung durch ein Vorrecht zu schützen, damit sie aus dem Vermögen des zahlungsunfähigen Arbeitgebers befriedigt werden, bevor den nichtbevorrechtigten Gläubigern ihr Anteil ausgezahlt werden kann. Artikel 6 Das Vorrecht hat sich mindestens auf die Forderungen der Arbeitnehmer zu erstrecken: a) in bezug auf Löhne und Gehälter für einen vorgeschriebenen Zeitraum von mindestens drei Monaten vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses und b) in bezug auf bezahlten Urlaub und sonstige bezahlte Fehlzeiten für einen vorgeschriebenen Zeitraum von mindestens drei Monaten vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. BEGRENZUNGEN Artikel 7 1. Die innerstaatliche Gesetzgebung kann den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer durch ein Vorrecht auf einen vorgeschriebenen Betrag begrenzen, der eine sozial annehmbare Schwelle nicht unterschreiten darf. 6 Doc.536
10 2. Falls das Vorrecht der Forderungen der Arbeitnehmer auf diese Weise begrenzt wird, ist der vorgeschriebene Betrag bei Bedarf anzupassen, um seinen Wert zu erhalten. RANG DES VORRECHTS Artikel 8 Die innerstaatliche Gesetzgebung hat den Forderungen der Arbeitnehmer einen höheren Vorrechtsrang zuzuerkennen als den meisten anderen bevorrechtigten Forderungen. TEIL III. SCHUTZ DER FORDERUNGEN DER ARBEITNEHMER DURCH EINE GARANTIEEINRICHTUNG ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE Artikel 9 Die Befriedigung der Forderungen der Arbeitnehmer gegen ihren Arbeitgeber auf Grund ihrer Beschäftigung ist durch eine Garantieeinrichtung zu gewährleisten, wenn der Arbeitgeber diese Forderungen wegen seiner Zahlungsunfähigkeit nicht befriedigen kann. Artikel 10 Bei der Durchführung dieses Teils des Übereinkommens kann ein Mitglied nach Anhörung der maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer geeignete Maßnahmen treffen, um mögliche Mißbräuche zu vermeiden. Artikel 11 Die Organisation, die Verwaltung, die Arbeitsweise und die Finanzierung der Garantieeinrichtungen sind gemäß Artikel 2 zu bestimmen. DURCH EINE GARANTIEEINRICHTUNG GESCHÜTZTE FORDERUNGEN Artikel 12 Die gemäß diesem Teil des Übereinkommens geschützten Forderungen der Arbeitnehmer haben mindestens zu umfassen: a) die Forderungen in bezug auf Löhne und Gehälter für einen vorgeschriebenen Zeitraum von mindestens acht Wochen vor Doc.536 7
11 Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses und b) die Forderungen in bezug auf bezahlten Urlaub und sonstige bezahlte Fehlzeiten für einen vorgeschriebenen Zeitraum von mindestens acht Wochen vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Artikel Die gemäß diesem Teil des Übereinkommens geschützten Forderungen können auf einen vorgeschriebenen Betrag begrenzt werden, der eine sozial annehmbare Schwelle nicht unterschreiten darf. 2. Falls die geschützten Forderungen auf diese Weise begrenzt werden, ist der vorgeschriebene Betrag bei Bedarf anzupassen, um seinen Wert zu erhalten. GEMEINSAME BESTIMMUNGEN DER TEILE II UND III Artikel 14 Die Arbeitnehmer sind in bezug auf Insolvenzverfahren rechtzeitig zu informieren und sind diesbezüglich anzuhören. SCHLUSSBESTIMMUNG Artikel 15 Durch dieses Übereinkommen wird das Übereinkommen über den Lohnschutz, 1949, in dem in Artikel 3 Absätze 6 und 7 vorgesehenen Ausmaß neugefaßt, doch kann das letztgenannte Übereinkommen weiterhin ratifiziert werden. B. ENTWURF EINER EMPFEHLUNG BETREFFEND DEN SCHUTZ DER FORDERUNGEN DER ARBEITNEHMER BEI ZAHLUNGSUNFÄHIGKEIT IHRES ARBEITGEBERS Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 3. Juni 1992 zu ihrer neunundsiebzigsten Tagung zusammengetreten ist, 8 Doc.536
12 unterstreicht die Bedeutung des Schutzes der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers und verweist auf die einschlägigen Bestimmungen des Artikels 11 des Übereinkommens über den Lohnschutz, 1949, und des Artikels 11 des Übereinkommens über die Entschädigung bei Betriebsunfällen, 1925, stellt fest, daß seit der Annahme des Übereinkommens über den Lohnschutz, 1949, größeres Gewicht auf die Sanierung zahlungsunfähiger Unternehmen gelegt worden ist und daß wegen der sozialen Folgen der Zahlungsunfähigkeit nach Möglichkeit Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Unternehmen zu sanieren und die Beschäftigung zu sichern, stellt fest, daß seit der Annahme der genannten Normen bedeutende Entwicklungen in der Gesetzgebung und Praxis zahlreicher Mitgliedstaaten eingetreten sind, die eine Verbesserung des Schutzes der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers bewirkt haben, und ist der Auffassung, daß es angebracht wäre, daß die Konferenz neue Normen betreffend die Forderungen der Arbeitnehmer annimmt, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form einer Empfehlung zur Ergänzung des Übereinkommens über den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers, 1992, erhalten sollen. Die Konferenz nimmt heute, am... Juni 1992, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers, 1992, bezeichnet wird. I. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND DURCHFÜHRUNGSMETHODEN 1. (1) Im Sinne dieser Empfehlung findet der Ausdruck "Zahlungsunfähigkeit" auf Fälle Anwendung, in denen gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis ein Verfahren über das Vermögen eines Unternehmens zur kollektiven Befriedigung seiner Gläubiger eröffnet worden ist. (2) Im Sinne dieser Empfehlung können die Mitglieder den Ausdruck "Zahlungsunfähigkeit" auf weitere Fälle ausdehnen, in denen die Forderungen der Arbeitnehmer wegen der finanziellen Lage des Arbeitgebers nicht befriedigt werden können, insbesondere auf die folgenden Fälle: Doc.536 9
13 a) wenn das Unternehmen geschlossen worden ist oder seine Tätigkeit eingestellt hat; b) wenn die Vermögensmasse des Arbeitgebers nicht ausreicht, um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu rechtfertigen; c) wenn im Zuge eines Verfahrens zur Beitreibung der Forderung eines Arbeitnehmers auf Grund seiner Beschäftigung festgestellt wird, daß der Arbeitgeber über kein Vermögen verfügt oder daß das Vermögen zur Begleichung der betreffenden Schuld nicht ausreicht; d) wenn der Arbeitgeber verstorben ist, sein Vermögen einem Verwalter anvertraut worden ist und die geschuldeten Beträge aus seinem Nachlaß nicht bezahlt werden können; e) wenn das Unternehmen freiwillig liquidiert wird. 2. Die Bestimmungen dieser Empfehlung können durch die Gesetzgebung oder durch andere den innerstaatlichen Gepflogenheiten entsprechende Mittel, wie gerichtliche Entscheidungen oder Gesamtarbeitsverträge, durchgeführt werden. II. DURCH EIN VORRECHT GESCHÜTZTE FORDERUNGEN GESCHÜTZTE FORDERUNGEN 3. Der durch ein Vorrecht gewährte Schutz sollte die folgenden Forderungen umfassen: a) die Löhne und Gehälter, die Überstundenvergütung, die Provisionen und die sonstigen Formen des Arbeitsentgelts für die während eines bestimmten Zeitraums vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses geleistete Arbeit; dieser Zeitraum sollte durch die innerstaatliche Gesetzgebung festgesetzt werden und sollte zwölf Monate nicht unterschreiten; b) für mindestens die letzten zwölf Dienstmonate die Vergütung des bezahlten Urlaubs und sonstiger bezahlter Fehlzeiten, die Jahresprämien und sonstige Prämien, die durch die innerstaatliche Gesetzgebung, durch Gesamtarbeitsverträge oder individuelle Arbeitsverträge vorgesehen sind; c) die anstelle der Kündigungsfrist fälligen Zahlungen; d) die Abgangsentschädigungen, die Entschädigungen wegen ungerechtfertigter Entlassung und die sonstigen Zahlungen, auf die die Arbeitnehmer bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses Anspruch haben; 10 Doc.536
14 e) die unmittelbar vom Arbeitgeber zu zahlenden Entschädigungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten; f) die fälligen Beiträge zu den innerstaatlichen gesetzlichen Systemen der Sozialen Sicherheit, falls die Nichtzahlung dieser Beiträge sich nachteilig auf die Ansprüche der Arbeitnehmer auswirkt; g) die fälligen Beiträge zu privaten, beruflichen, überberuflichen oder betrieblichen Sozialschutzsystemen, die unabhängig von den innerstaatlichen gesetzlichen Systemen der Sozialen Sicherheit bestehen, falls die Nichtzahlung dieser Beiträge sich nachteilig auf die Ansprüche der Arbeitnehmer auswirkt; h) die Leistungen, auf die die Arbeitnehmer vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit auf Grund ihrer Beteiligung an betrieblichen Sozialschutzsystemen Anspruch hatten und die vom Arbeitgeber zu zahlen sind; i) die Löhne und Gehälter oder sonstigen Formen des Arbeitsentgelts, die mit dem Vorstehenden vereinbar sind und die einem Arbeitnehmer durch eine gerichtliche Entscheidung oder einen Schiedsspruch binnen drei Monaten vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gegebenenfalls zuerkannt werden. BEGRENZUNGEN 4. Falls der Betrag der durch ein Vorrecht geschützten Forderung durch die innerstaatliche Gesetzgebung begrenzt wird, sollte dieser Betrag, damit er eine sozial annehmbare Schwelle nicht unterschreitet, variablen Größen Rechnung tragen wie dem Mindestlohn, dem unpfändbaren Teil des Lohns, dem Lohn, der zur Berechnung der Beiträge zur Sozialen Sicherheit herangezogen wird, oder dem durchschnittlichen Lohn in der Industrie. NACH DER ERÖFFNUNG DES INSOLVENZVERFAHRENS FÄLLIG WERDENDE FORDERUNGEN 5. Wenn ein Unternehmen, gegen das ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung zur Weiterführung seiner Tätigkeit ermächtigt wird, so sollten die Forderungen der Arbeitnehmer für die ab dem Zeitpunkt des Weiterführungsbeschlusses geleistete Arbeit nicht dem Verfahren unterworfen und bei Fälligkeit aus den verfügbaren Mitteln befriedigt werden. Doc
15 VERMÖGENSGEGENSTÄNDE, IN BEZUG AUF DIE DAS VORRECHT AUSGEÜBT WERDEN KANN 6. Bei Zahlungsunfähigkeit eines Arbeitgebers sollten die durch ein Vorrecht geschützten Forderungen der Arbeitnehmer aus dem Vermögen des zahlungsunfähigen Arbeitgebers, das nicht mit einer dinglichen Sicherheit belastet ist, befriedigt werden, bevor den nichtbevorrechtigten Gläubigern ihr Anteil ausgezahlt werden kann. RANG DES VORRECHTS 7. Falls die Forderungen der Arbeitnehmer nicht durch eine Garantieeinrichtung geschützt werden, wie sie in Teil III des Übereinkommens über den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers, 1992, vorgesehen ist, sollten die Mitglieder ihnen einen höheren Vorrechtsrang zuerkennen als den meisten anderen bevorrechtigten Forderungen und insbesondere als denjenigen des Staates und des Systems der Sozialen Sicherheit. VERFAHREN DER BESCHLEUNIGTEN BEFRIEDIGUNG 8. (1) Wenn es das Insolvenzverfahren nicht gestattet, eine rasche Befriedigung der bevorrechtigten Forderungen der Arbeitnehmer sicherzustellen, sollte ein Verfahren der beschleunigten Befriedigung bestehen, damit die Forderungen aus den verfügbaren oder eingehenden Mitteln befriedigt werden können, ohne das Ende des Verfahrens abzuwarten, es sei denn, daß die rasche Befriedigung der Forderungen der Arbeitnehmer durch eine Garantieeinrichtung sichergestellt wird. (2) Die beschleunigte Befriedigung der Forderungen der Arbeitnehmer kann wie folgt sichergestellt werden: a) die mit der Verwaltung des Vermögens des Arbeitgebers beauftragte Person oder Einrichtung sollte die betreffenden Forderungen befriedigen, sobald ihre Echtheit und Fälligkeit festgestellt worden ist; b) falls eine Forderung bestritten wird, sollte der Arbeitnehmer ihre Gültigkeit durch ein Gericht oder irgendeine andere sachlich zuständige Stelle anerkennen lassen können, um ihre Befriedigung gemäß Buchstabe a) zu erlangen. (3) Das Verfahren der beschleunigten Befriedigung sollte der Gesamtheit der durch ein Vorrecht geschützten Forderung zugute kommen oder zumindest einem Teil davon, der durch die innerstaatliche Gesetzgebung festzulegen ist. 12 Doc.536
16 III. SCHUTZ DER FORDERUNGEN DER ARBEITNEHMER DURCH EINE GARANTIEEINRICHTUNG ANWENDUNGSBEREICH 9. Der Umfang des Schutzes der Forderungen der Arbeitnehmer durch eine Garantieeinrichtung sollte so groß wie möglich sein. ARBEITSWEISE 10. Die Garantieeinrichtungen könnten nach den folgenden Grundsätzen arbeiten: a) sie sollten in administrativer, finanzieller und rechtlicher Hinsicht vom Arbeitgeber unabhängig sein; b) die Arbeitgeber sollten zur Finanzierung dieser Einrichtungen beitragen, es sei denn, daß diese in vollem Umfang durch die öffentliche Hand sichergestellt wird; c) sie sollten ihre Verpflichtungen gegenüber den geschützten Arbeitnehmern erfüllen, auch wenn der Arbeitgeber seiner gegebenenfalls bestehenden Verpflichtung, Beiträge zu ihrer Finanzierung zu leisten, nicht nachgekommen ist; d) sie sollten die Verpflichtungen der zahlungsunfähigen Arbeitgeber in bezug auf die durch die Garantie geschützten Forderungen subsidiär übernehmen und in die Rechte der Arbeitnehmer eintreten können, an die sie Leistungen gezahlt haben. DURCH DIE GARANTIE GESCHÜTZTE FORDERUNGEN 11. Die Garantie könnte die folgenden Forderungen schützen: a) die Löhne und Gehälter, die Überstundenvergütung, die Provisionen und die sonstigen Formen des Arbeitsentgelts für die während eines bestimmten Zeitraums, der drei Monate nicht unterschreiten sollte, vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses geleistete Arbeit; b) für mindestens die letzten zwölf Dienstmonate die Vergütung des bezahlten Urlaubs und sonstiger bezahlter Fehlzeiten, die Jahresprämien und sonstigen Prämien, die durch die innerstaatliche Gesetzgebung, durch Gesamtarbeitsverträge oder individuelle Arbeitsverträge vorgesehen sind; c) die anstelle der Kündigungsfrist fälligen Zahlungen; Doc
17 d) die Abgangsentschädigungen, die Entschädigungen wegen ungerechtfertigter Entlassung und die sonstigen Zahlungen, auf die die Arbeitnehmer bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses Anspruch haben; e) die unmittelbar vom Arbeitgeber zu zahlenden Entschädigungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten; f) die fälligen Beiträge zu den innerstaatlichen gesetzlichen Systemen der Sozialen Sicherheit, falls die Nichtzahlung dieser Beiträge sich nachteilig auf die Ansprüche der Arbeitnehmer auswirkt; g) die fälligen Beiträge zu privaten, beruflichen, überberuflichen oder betrieblichen Sozialschutzsystemen, die unabhängig von den innerstaatlichen gesetzlichen Systemen der Sozialen Sicherheit bestehen, falls die Nichtzahlung dieser Beiträge sich nachteilig auf die Ansprüche der Arbeitnehmer auswirkt; h) die Leistungen, auf die die Arbeitnehmer vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit auf Grund ihrer Beteiligung an betrieblichen Sozialschutzsystemen Anspruch hatten und die vom Arbeitgeber zu zahlen sind; i) die Löhne und Gehälter oder sonstigen Formen des Arbeitsentgelts, die mit dem Vorstehenden vereinbar sind und die einem Arbeitnehmer durch eine gerichtliche Entscheidung oder einen Schiedsspruch binnen drei Monaten vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gegebenenfalls zuerkannt werden. BEGRENZUNGEN 12. Falls der Betrag der durch eine Garantieeinrichtung geschützten Forderung begrenzt wird, sollte dieser Betrag, damit er eine sozial annehmbare Schwelle nicht unterschreitet, variablen Größen Rechnung tragen wie dem Mindestlohn, dem unpfändbaren Teil des Lohns, dem Lohn, der zur Berechnung der Beiträge zur Sozialen Sicherheit herangezogen wird, oder dem durchschnittlichen Lohn in der Industrie. 14 Doc.536
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