Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP)

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP)"

Transkript

1 Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) Wem nutzt ein transatlantisches Freihandelsabkommen? Teil 1: Makroökonomische Effekte

2

3 Inhalt Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) Wem nutzt ein transatlantisches Freihandelsabkommen? Teil 1: Makroökonomische Effekte Prof. Gabriel Felbermayr, Ph.D. Benedikt Heid Sybille Lehwald Inhalt 1. Einleitung 4 2. Bemerkungen zur Untersuchungsmethode 5 3. THIP-Szenarien 9 4. Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? Effekte auf den deutschen Außenhandel Effekte auf den Handel der EU Effekte in Nordamerika Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Effekte in der EU Auswirkungen auf die USA und Drittländer Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Sucharbeitslosigkeit und Außenhandel Zwei Millionen neue Arbeitsplätze Zusammenfassung 42 Literatur 45 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 47 Global Economic Dynamics (GED) 48 Impressum 50 3

4 Einleitung 1. Einleitung Dieser erste Teil der Studie widmet sich den makroökonomischen Effekten einer transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) zwischen der Europäischen Union und den USA. 1 Dabei werden unter Zuhilfenahme von empirischen Modellen der Weltwirtschaft zwei grundlegende Szenarien beleuchtet: (i) die Abschaffung von Zöllen im Handel zwischen der EU und den USA und (ii) eine über Zolleliminierung deutlich hinausgehende Liberalisierung in jener Größenordnung, die für vergleichbare und real existierende Freihandelsabkommen gemessen werden können. Unser Ansatz unterscheidet sich von der traditionellen Herangehensweise dadurch, dass sich das umfassende Szenario (ii) über die messbare Erfahrung mit ähnlichen Abkommen definiert und nicht über Vermutungen hinsichtlich des politisch vermeintlich Machbaren. Unsere Ergebnisse zeigen daher Potenziale auf, an denen der Erfolg des Abkommens ex post gemessen werden kann. Der Ansatz in diesem ersten Teil der Studie ist makroökonomischer Natur. Das heißt, die Analyse befasst sich mit aggregierten Daten auf Länderebene. Es geht dabei um die Veränderungen der weltweiten Handelsströme, der realen Pro-Kopf-Einkommen oder der Arbeitslosigkeit. Damit werden Länder identifiziert, die von THIP gewinnen, und solche, die verlieren würden. Der zweite Teil der Studie ist mikroökonomischer Natur und beleuchtet disaggregierte Effekte im Detail für Deutschland. Zum Beispiel werden Schätzungen zur Wirkung von THIP auf einzelne Regionen, Wirtschaftszweige, Bildungsklassen oder Berufsgruppen präsentiert. Nach einer Diskussion der verwendeten Methoden und einer genaueren Beschreibung der Szenarien betrachten wir die Effekte von THIP auf die Struktur des Welthandels. Wir beantworten die Frage Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? Danach lenken wir das Augenmerk auf die Effekte von THIP auf die realen Pro-Kopf-Einkommen, das heißt auf das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf. Damit lassen sich die weltweiten Wohlfahrtseffekte beziffern. Schließlich berichten wir die Ergebnisse einer Modellsimulation, die eine Quantifizierung der Effekte auf die Arbeitslosen erlaubt. 1 Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP). 4

5 Bemerkungen zur Untersuchungsmethode 2. Bemerkungen zur Untersuchungsmethode Um belastbare Zahlen der BIP-Wirkung eines transatlantischen Handelsabkommens für alle EU- Mitgliedsländer zu erhalten, braucht es im Wesentlichen (a) einen geeigneten modelltheoretischen Rahmen und (b) sinnvolle Szenarien. Wir verwenden dazu ein rechenbares Modell des allgemeinen Gleichgewichts, das am ifo Institut für die Analyse von Freihandelsabkommen entwickelt wurde. 2 Die Grundinnovation des Modells besteht in einer Zusammenführung von ökonometrischen und simulationstechnischen Methoden. Dabei wird sichergestellt, dass die Handelskosten, um deren Absenkung es letztlich in jedem Freihandelsabkommen geht, richtig geschätzt und auf konsistente Weise in die Berechnung von Wohlfahrtsmaßen eingesetzt werden. Dabei werden tatsächlich beobachtete Handelsflüsse und empirische Proxies der Determinanten von Handelskosten verwendet. Die Stärke der Modellierung liegt darin, dass das Basisszenario vom Modell exakt repliziert wird: Das betrifft im Wesentlichen die bilateralen Handelsflüsse zwischen einer Vielzahl von Ländern, die Realeinkommen und die Arbeitslosen. In der Simulation von Liberalisierungsszenarien werden dann bestimmte Elemente der geschätzten Handelskosten verändert und die Veränderungen der Handelsflüsse, Realeinkommen und Arbeitslosen berechnet. Der Ansatz unterscheidet sich damit von den kommerziell verfügbaren CGE-Modellen ( computable general equilibrium ), die üblicherweise zur Abschätzung der Effekte von Handelsliberalisierungsszenarien eingesetzt werden und wurden. Die meisten existierenden Studien zu THIP verwenden ebenfalls CGE-Methoden. 3 In diesen Studien sind die Handelskosten typischerweise nicht in einer modellkonsistenten Weise geschätzt. Weitere Modellierungsunterschiede bestehen in der Länderauflösung und in der Behandlung von Arbeitslosigkeit. In unserer Herangehensweise betrachten wir alle Länder, für die bilaterale Handelsdaten verfügbar sind. Eine Aggregation in Regionen erfolgt nicht oder nur im Nachhinein zur besseren Illustration der Ergebnisse. In manchen Modellvarianten unterstellen wir außerdem friktionelle Arbeitslosigkeit, die durch die explizite Modellierung des Suchprozesses von Arbeitnehmern und Arbeitgebern entsteht. Diese Modellierung wurde 2010 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet und hat den Vorteil, dass sich die wichtigsten Charakteristika der Arbeitsmarktinstitutionen von Ländern gut abbilden lassen. Auf dieser Basis wird das Ausgangsgleichgewicht für 126 Länder so kalibriert, dass das Modell die im Jahr 2007 (vor der Wirtschaftskrise) beobachteten bilateralen Handelsflüsse zwischen allen Länderpaaren (von denen es in unserem Datensatz gibt) und alle für dieses Jahr gemessenen Bruttoinlandsprodukte reproduziert. 4 Das Modell wird also für das Basisjahr genau eingeeicht ; dabei umfasst es nicht nur die 27 EU-Mitgliedsstaaten, sondern beinahe alle ökonomisch relevanten Länder der Welt. 2 Dieses Modell wird in Felbermayr et al.2013 eingehend erklärt. 3 Dies trifft auf die CGE-Studien zu THIP für Schweden (Kommerskollegium 2013), Österreich (Francois und Pindyuk 2013), Frankreich (Fontagne und Gourdon 2013) und für die Studie der Europäischen Kommission (Francois et al. 2013) zu. Diese Studien wurden in der Vergangenheit häufig kritisiert, weil sich die Ex-ante-Prognosen hinsichtlich der Handels- und Wohlfahrtseffekte in der Ex-post-Evaluierung typischerweise als deutlich zu gering herausgestellt hatten. Hosny (2013) beschreibt das Design der üblichen CGE-Modelle; Ackermann bietet eine Kritik (2006). 4 Leider ist die Modellierung von Sucharbeitslosigkeit nur für jene Länder möglich, für die vergleichbare Daten zu Arbeitslosenraten und zur Regulierung der Arbeitsmärkte vorliegen; siehe dazu Abschnitt 6. 5

6 Bemerkungen zur Untersuchungsmethode Ein weiterer Vorteil dieser strukturellen, das heißt eine explizite ökonomische Theorie unterstellenden, ökonometrischen Methoden im Gegensatz zu herkömmlichen ökonometrischen Methoden, die auf eine fundierte theoretische Modellierung verzichten (sogenannte reduzierte Form- Schätzungen), liegt in der Möglichkeit, ex ante die Folgen einer kontrafaktischen Einführung zum Beispiel eines THIP-Abkommens zu analysieren, bevor dieses in der Realität passiert ist. Dies wird durch die zusätzliche Struktur des zugrunde liegenden ökonomischen Modell ermöglicht. Reduzierte-Form-Schätzungen erlauben in der Regel nur Analysen ex post, also nach der Umsetzung, sodass wirtschaftspolitische Maßnahmen immer erst im Nachhinein konzipiert werden können, um auf bestimmte schon aufgetretene, zum Teil negative Begleiterscheinungen reagieren zu können. Schließlich erlaubt die strukturelle Modellierung eine Analyse von THIP, ohne auf eine zentrale Annahme fast aller reduzierten Form-Schätzungen rekurieren zu müssen: allgemeine Gleichgewichtseffekte zu vernachlässigen. 5 Gerade für Abkommen wie THIP, deren genuines Ziel die Veränderung des allgemeinen Gleichgewichts ist (Änderung der Handelsströme zwischen allen beteiligten Partnern, Erhöhung der Wohlfahrt in den beteiligten Ländern), ist die Verwendung struktureller Methoden deshalb essenziell. Ein Verständnis der Modellierung der bilateralen Handelskosten ist für die weitere Diskussion in dieser Studie von großer Bedeutung. Die moderne Literatur weist auf einen sehr klaren und wichtigen Punkt hin: Zölle und andere handelspolitische Barrieren sind für den Welthandel im Vergleich zu natürlichen Friktionen wie zum Beispiel die schiere geographische Distanz zwischen zwei Handelspartnern von relativ geringer Bedeutung. 6 Und die quantitative Rolle der Zollbarrieren ist im Vergleich zu anderen Handelskosten gerade im transatlantischen Verhältnis geradezu vernachlässigbar. 7 Die exakte Messung der bestehenden Handelskosten ist aber für die Berechnung der Effekte von Liberalisierungsszenarien von großer Bedeutung: Felbermayr et al. (2013) zeigen, dass die Wohlfahrtsgewinne durch Handelsliberalisierung überproportional höher sind, wenn die Handelskosten bereits im Ausgangsgleichgewicht niedrig sind. Abbildung 1 zeigt auf schematische Weise, wie die Handelskosten zwischen zwei Ländern in einzelne Kategorien aufgeteilt werden können. Zum einen sind da die Zölle, die, wie schon erwähnt, nur eine geringe Rolle relativ zu den anderen Handelsbarrieren spielen. Die restlichen Handelskosten sind konsequenterweise unter der Rubrik nicht tarifäre Handelsbarrieren zu verbuchen. Diese umfassen eine Vielzahl potenziell sehr unterschiedlicher Elemente. Zum einen gibt es protektionistische handelspolitische Maßnahmen, die den Zugang ausländischer Anbieter auf den heimischen Markt erschweren. Das umfasst klassische Instrumente wie zum Beispiel Importquoten, aber auch administrative und regulatorische Hürden, die ausländische Firmen diskriminieren. Dazu kann die Notwendigkeit gehören, Produkte separat für beide Märkte zulassen zu müssen, und zwar häufig unter Zugrundelegung unterschiedlicher Zulassungsbedingungen und -prozeduren, unterschiedlicher Standards der Umwelt-, Gesundheits- oder Konsumentenschutzpolitik 5 Diese Annahme wird in der ökonometrischen Literatur als SUTVA (Stable Unit Treatment Value Assumption) bezeichnet. Sie ist Bestandteil der etablierten reduzierten Form-Methoden, die standardmäßig zur Politikevaluierung herangezogen werden. 6 Siehe dazu Baier und Bergstrand Siehe dazu die in Fußnote 2 erwähnten Studien und Felbermayr et al

7 Bemerkungen zur Untersuchungsmethode unterschiedlicher Industrienormen, Verpackungsvorschriften und Informationspflichten, der Regulierung des Zugangs zu öffentlichen Beschaffungsvorgängen oder wirtschaftspolitischen Förderprogrammen wie zum Beispiel der staatlichen Exportkreditversicherung und so weiter. Abbildung 1: Modellierung der Handelskosten Handelskosten gesamt Zölle Nichttarifäre Barrieren Handelspolitik Andere Politiken Natürliche Barrieren Quelle: Schematische Darstellung des ifo Institutes Neben handelspolitischen nicht tarifären Barrieren gibt es weitere Handelskosten, die zwar politisch induziert sind, aber nichts mit Handelspolitik im engeren Sinn zu tun haben. Zum Beispiel können mit Instrumenten der Infrastruktur-, Bildungs- oder Arbeitsmarktpolitik oder mit industriepolitischen Maßnahmen die Handelskosten verändert werden. Man denke an den Ausbau von Verkehrswegen oder an die Prominenz von Fremdsprachen in den Curricula der Schulen. Die letzte Kostenkategorie in Abbildung 1 beschreibt die sogenannten natürlichen Barrieren. Diese sind auf geographische Distanz, das Fehlen (oder Vorhandensein) gemeinsamer Sprache, gemeinsamer kolonialer Vergangenheit, gemeinsamer Rechtssprechungstraditionen, einer gemeinsamen Währung etc. zurückzuführen. Empirisch wird die Schätzung der gesamten Handelskosten zwischen 126 Ländern untereinander so durchgeführt, dass eine Handelsflussgleichung (Gravitationsgleichung) aus dem später verwendeten Simulationsmodell strukturell abgeleitet wird. Unter Zugrundelegung von Handelselastizitäten lässt sich damit die Matrix der bilateralen Handelskosten (126 Länder mal 126 Länder) schätzen. Gemeinsam mit sogenannten multilateralen Handelskostenvariablen und den Bruttoinlandsprodukten der Länder repliziert diese Matrix dann im Erwartungswert den tatsächlich beobachteten Handel zwischen allen Ländern. 7

8 Bemerkungen zur Untersuchungsmethode Eine ausführliche Darstellung des empirischen Modells würde diese Studie sprengen. An dieser Stelle sei lediglich darauf verwiesen, dass die ökonometrische Schätzung der Gravitationsgleichung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat. Dazu haben bahnbrechende Arbeiten von Anderson und van Wincoop (2003; 2004) beigetragen. In diesen wurde gezeigt, dass für die korrekte Schätzung der Handelskosten innerhalb eines Länderpaares auch die Handelskosten innerhalb anderer Länderpaare wichtig sind. Wie stark zum Beispiel geographische Distanz den Handel zwischen zwei Ländern restringiert, hängt auch davon ab, welche durchschnittliche Entfernung diese beiden betrachteten Länder zu ihren anderen Handelspartnern haben. Ein weiteres Problem, für das es nunmehr gute Lösungsansätze gibt, ist das Vorliegen von Länderpaaren, in denen kein Handel stattfindet. In der älteren Literatur war dies ein Problem; Egger et al. (2011) und Felbermayr et al. (2013) verwenden daher nicht lineare Verfahren für die Schätzung der Gravitationsgleichung. Dieselben ökonometrischen Verfahren sind auch den Schätzungen in der vorliegenden Studie zugrunde gelegt. Schließlich ist noch Vorsorge dafür zu treffen, dass Handelskosten selbst von Handelsvolumina abhängen können. Dies betrifft in besonderer Weise die Wahrscheinlichkeit, dass zwischen zwei bestimmten Ländern eine Freihandelszone eingerichtet wird. Um dennoch korrekte Schätzergebnisse zu erhalten, müssen sogenannte Instrumentenvariablen verwendet werden. 8 Die Schätzung liefert dann zwei wichtige Dinge: erstens eine Matrix von Handelskosten zwischen allen Länderpaaren und zweitens den durchschnittlichen Effekt einer Freihandelszone auf den bilateralen Handel. 8 Wenn die Handelskosten selbst von den Handelsvolumina getrieben werden, dann können sie nicht als exogen behandelt werden. Dies hat Implikationen für die ökonometrische Strategie; siehe dazu beispielsweise die Arbeit von Egger et al

9 THIP-Szenarien 3. THIP-Szenarien Wie wirkt ein Freihandelsabkommen im Allgemeinen und eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) im Speziellen? Solche Abkommen haben einen unmittelbaren Effekt auf die Handelskosten zwischen den betroffenen Ländern, weil sie die Zollbarrieren und gewisse nicht tarifäre Handelsschranken reduzieren. Weil die Größenordnungen der Effekte auf die interessierenden makroökonomischen Variablen von der Höhe der totalen Handelskosten abhängen, ist es auch wichtig, die zugrunde liegende Handelskostenmatrix richtig zu schätzen. Mittelbare Effekte ergeben sich dann im allgemeinen Gleichgewicht durch Rückkoppelungen über Preise und Einkommen. Die zentrale Frage ist in diesem Zusammenhang also: Wie verändert sich die Handelskostenmatrix durch THIP? Wir betrachten zwei Szenarien: Zollszenario: Hier nehmen wir an, dass die oben beschriebene Handelskostenmatrix so verändert wird, dass die Handelskosten zwischen den USA und den europäischen Ländern um das Ausmaß der in diesen bilateralen Verhältnissen aktuell angewandten Zölle vermindert wird. Einzelne Ausnahmen für spezielle Güter mögen bestehen bleiben, aber eine Absenkung auf null oder nahe null im Durchschnitt über alle Güter scheint vernünftig. Der durchschnittliche Zollsatz im transatlantischen Handel beträgt etwa 3,5 Prozent. Um dieses Ausmaß sinken im Zollszenario die Handelskosten zwischen EU und USA, während die Handelskosten in anderen Länderpaaren unverändert bleiben. Szenario umfassender Liberalisierung: Hier passen wir die Handelskostenmatrix so an, dass die daraus entstehende simulierte Veränderung der Handelsströme mit der ökonometrisch gemessenen Handelsschaffung durch beobachtete Freihandelsabkommen zusammenfällt. Das Zollszenario bedarf keiner weiteren Beschreibung. Das Szenario der umfassenden Liberalisierung ist deutlich komplexer. Der Abbau der genannten Barrieren setzt reale Ressourcen frei, die für nutzenstiftende Aktivitäten verwendet werden können. Daraus resultieren direkte Wohlstandsgewinne für die betroffenen Volkswirtschaften. Das gilt unabhängig davon, wie die nicht tarifären Barrieren letztendlich gesenkt werden: durch die gegenseitige Anerkennung von unterschiedlichen Standards oder durch eine Harmonisierung oder durch die Eliminierung von Maßnahmen, die einen reinen diskriminierenden Charakter haben. Im Vergleich zum Szenario umfassender Liberalisierung bedeutet Zollabbau hauptsächlich, dass der Transfer von Einkommen von den Konsumenten zum Staat rückabgewickelt wird. Zwar verursachen Zölle neben diesem Verteilungseffekt auch einen Wohlfahrtsverlust, dieser ist aber sehr niedrig, wenn die Zölle so niedrig sind, wie das im gegenständlichen Fall der Fall ist. 9 9 Siehe dazu etwa Felbermayr, Jung und Larch

10 THIP-Szenarien Um unsere Herangehensweise zu anderen Studien abzugrenzen, verwenden wir Abbildung 2. Diese zeigt durch leere Flächen an, in welchen Handelskostenkategorien das transatlantische Abkommen zu einer Absenkung der Handelskosten führen wird. Zum einen würden die zwischen der EU und den USA geltenden Importzölle wegfallen. Dies ist genauso wie im Zollszenario. Wie kann die Veränderung nicht tarifärer Barrieren modelliert werden? Hier hat die wirtschaftswissenschaftliche Literatur ein Problem, denn die Definition und Quantifizierung nicht tarifärer Barrieren ist nach wie vor strittig. 10 Ein Umstand bereitet besondere Schwierigkeiten: Auch wenn es gelingt, nicht tarifäre Barrieren von tarifären Barrieren sauber zu trennen, bleibt es unklar, welche Komponenten nicht tarifärer Barrieren durch Freihandelsabkommen überhaupt beeinflusst werden können. In diesem Zusammenhang spricht die Literatur von actionability und versucht, im Dickicht verschiedenster handelspolitischer Maßnahmen jene zu identifizieren, die unter Umständen veränderbar sind. Dafür existiert keine systematische und allgemein anerkannte Vorgehensweise. In einem zweiten Schritt muss dann geklärt werden, in welchem Ausmaß ein Abkommen die nicht tarifären Barrieren absenken könnte. Auch hier existiert keine anerkannte Schätzmethode; die Studien verwenden Expertenschätzungen. Unser Ansatz ist anders und vermeidet jegliche Spekulation. Aus genau jener Gravitationsgleichung, die wir schon für die Quantifizierung der Handelskostenmatrix verwenden, erhalten wir eine ökonometrische Schätzung der Handelsschaffung durch existierende Freihandelsabkommen wie zum Beispiel die Europäische Union oder das North American Free Trade Agreement (NAFTA). Über alle Sektoren hinweg und im Durchschnitt über alle beteiligten Länder, zeigen die Daten, dass die existierenden Abkommen den Handel im Aggregat um etwa 80 Prozent erhöhen. 11 Diese Zahl reflektiert den Status quo von 2007, ist aber stabil im Zeitablauf. Sie berücksichtigt die Tatsache, dass Handelsabkommen nicht zwischen zufälligen Länderpaaren oder Regionen abgeschlossen werden. Vielmehr ist es so, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Abkommen zu beobachten, höher ist, wenn bereits relativ viel Handel innerhalb eines Länderpaares stattfindet. 12 Sie berücksichtigt darüber hinaus auch Drittlandeffekte sowie jene Handelsschaffung, die sich nicht indirekt über eine Veränderung der Bruttoinlandsprodukte aller Länder ergibt. Die ökonometrische Schätzung erlaubt also nicht nur die korrekte Parametrisierung eines Basisgleichgewichts für eine Vielzahl von Ländern, sie gibt auch ein vernünftiges Szenario vor. Die genannte Handelsschaffung von 80 Prozent aus bereits existierenden umfassenden Abkommen stellt aus unserer Sicht auch eine realistische Größenordnung für die aggregierten Effekte eines transatlantischen Abkommens dar. Es zeigt sich, dass die Absenkung der noch zwischen EU und USA existierenden Zölle niemals in der Lage wäre, eine Handelsschaffung dieser Größenordnung 10 Siehe dazu Anderson et al Siehe Egger et al Es könnte sein, dass Abkommen immer dann abgeschlossen werden, wenn eine Belebung des Handels zwischen zwei Ländern aus Gründen, die mit Handelspolitik nichts zu tun haben (z. B. Wirtschaftswachstum), erwartet wird. Dann würde man eine posi-tive Korrelation zwischen dem Handelsvolumen und dem Vorliegen eines Abkommens erhalten, die aber nicht als kausaler Zusammenhang zu interpretieren ist. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Scheinkorrelation. 10

11 THIP-Szenarien zu generieren. Vielmehr zeigen die Zahlen, dass der Löwenanteil der Handelsschaffung aus einer Absenkung nicht tarifärer Barrieren kommen muss. Abbildung 2: Veränderung der Handelskosten durch THIP Handelskosten gesamt Zölle Nichttarifäre Barrieren Handelspolitik Andere Politiken Natürliche Barrieren Quelle: Schematische Darstellung des ifo Institutes Dies lässt sich anhand eines einfachen Zahlenbeispiels nachvollziehen: Im Gravitationsmodell existiert ein partialanalytischer multiplikativer Zusammenhang zwischen der Veränderung des bilateralen Handels und der Veränderung der gesamten variablen Handelskosten, wobei der Multiplikator die sogenannte Handelselastizität ist. Wenn nun der Handel um 80 Prozent zulegt und die Handelselastizität 5 beträgt, 13 dann müssen die Handelskosten um 80 % : 5 = 16 % gefallen sein. Die Zölle außerhalb von Freihandelsabkommen betragen 3,5 Prozent. Das heißt, die nicht tarifären Barrieren müssen um 16 % 3,5 % = 12,5 % gefallen sein. Das Zahlenbeispiel vereinfacht natürlich; es macht aber klar, dass unser Ansatz keine Aussagen über die actionability von Barrieren und keinerlei Spekulation über die Größenordnung der Absenkung der Kosten erfordert. Stattdessen machen wir die Annahme, dass THIP ungefähr jene Handelskosteneffekte haben wird wie andere Freihandelsabkommen auch. Dabei sind auch die besonders schwer zu quantifizierenden Effekte, die in Abbildung 2 unter der Rubrik andere Politiken verbucht sind, abgebildet. Außerdem spiegelt unsere Szenariodefinition wider, dass die Belebung des Handels durch Absenkung handelspolitischer Barrieren zu Zweit- und Drittrundeneffekten durch verstärkte öffentliche und private Investitionen in weitere Verbesserungen der Handelsinfrastruktur führt. 13 Anderson und van Wincoop (2004) liefern einen Überblick über Schätzungen der Handelselastizität. 11

12 THIP-Szenarien Der durchschnittliche handelsschaffende Effekt von Freihandelsabkommen wird in unserer Studie mit circa 80 Prozent bemessen. Dies ist deutlich mehr, als andere Studien errechnen. 14 Der Unterschied kommt hauptsächlich aus der unterschiedlichen Definition des Szenarios: Weil wir unser tiefes Liberalisierungsszenario an den gemessenen Effekten in den realen Daten anlehnen, fallen unsere Ergebnisse höher aus. Zwei weitere Unterschiede sind aber ebenfalls wichtig: Erstens, der Fokus auf Handelskosten erlaubt es, mit einer sehr sparsamen Formulierung der Nachfrageseite des Modells den Status quo des Ausgangsgleichgewichts zu reproduzieren. Weil aber Handelskostenänderungen auf nicht lineare Weise zu Veränderungen in Handelsströmen beitragen, ist unser Modell reagibler als andere, die das Ausgangsgleichgewicht durch das Einstellen von länderspezifischen Konsumgewichten realisieren. 15 Zweitens, unsere Herangehensweise erlaubt es, tatsächlich 126 Länder in die Analyse aufzunehmen. Das heißt, wir müssen keine regionalen Aggregationen durchführen, innerhalb derer friktionsfreier Warenaustausch unterstellt wird. Zum Beispiel ist in unserem Ansatz, wie auch in der Realität, der Handel innerhalb der EU von Handelskosten betroffen. Auch dies führt zu einer stärkeren Reaktion des Modells angesichts einer transatlantischen Handelsliberalisierung. In allen Szenarien unterstellen wir also das folgende Gedankenexperiment. Wir kennen die Welt, wie sie im Ausgangsgleichgewicht in den Daten abgebildet ist. Nun passen wir die Handelskostenmatrix so an, dass die Handelskosten zwischen den EU-Staaten und den USA um jenes Ausmaß sinken, das den dadurch induzierten Handelsgewinn zwischen den beteiligten Ländern im Durchschnitt dem empirisch gemessenen Effekt bereits existierender Abkommen entspricht. Weil diese existierenden Abkommen im Durchschnitt schon eine ganze Weile Bestand haben, hat unsere Herangehensweise zur Folge, dass die simulierten Effekte von THIP die volle Entfaltung aller direkten und indirekten Effekte abbilden. In dem verwendeten Simulationsmodell besteht ein relativ einfacher Zusammenhang zwischen den Wohlfahrtsgewinnen eines Landes durch das neue Abkommen, der durch das Abkommen induzierten Veränderung der Offenheit eines Landes im Aggregat und der sogenannten Handelselastizität. Das Modell folgt dabei der aktuellen Forschung. 16 Zusammenfassend lässt sich sagen: Je stärker ein Abkommen handelsschaffend wirkt, umso mehr nimmt das reale Pro-Kopf-Einkommen zu; je höher die Handelselastizität, umso mehr verändert die neue relative preisliche Wettbewerbsfähigkeit zwar die Handelsströme, umso geringer fallen aber die Pro-Kopf-Einkommensgewinne aus. Die Höhe der Handelselastizität spiegelt nämlich wider, wie leicht Güter unterschiedlicher Länder gegeneinander substituiert werden können. Je leichter dies ist, umso weniger wertvoll ist internationaler Handel. 14 Vgl. Fußnote Mithilfe solcher Gewichte bilden die herkömmlichen Modelle die beobachteten Handelsströme ab. In unserem Ansatz wird dies durch die Handelskostenmatrix bewerkstelligt. 16 Arkolakis et al. (2012) präsentieren eine einfache Formel, die zur Quantifizierung der Handelsgewinne verwendet werden kann und die minimale Informationserfordernisse aufweist. 12

13 Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? 4. Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? THIP wird zu einer deutlichen Veränderung der Handelsstruktur in der Welt führen. Wir gehen in unserem ambitionierten Szenario davon aus, dass der Handel zwischen den USA und den EU-Mitgliedsstaaten im Durchschnitt um genau das Ausmaß steigt, das wir für vergleichbare existierende Abkommen in den Daten messen. Die Verflechtung von Nationen durch Handel ist ein wichtiger Indikator für Kooperation, nicht nur in der Handelspolitik, sondern in vielen anderen Politikbereichen. Zum Beispiel könnte man eine Abschwächung der Handelsbeziehungen der EU-Mitgliedsstaaten untereinander als kritisch sehen, weil sie das Interesse der einzelnen Länder am europäischen Einigungsprojekt relativieren könnte. 4.1 Effekte auf den deutschen Außenhandel Tabelle 1 zeigt die berechneten Veränderungsraten der bilateralen Handelsvolumina zwischen Deutschland und seinen wichtigsten Handelspartnern in Europa und in der Welt. Die Zahlen geben an, wie sich das Handelsvolumen im Vergleich zum tatsächlich beobachteten Volumen dargestellt hätte, wenn es im Jahr 2010 bereits ein Abkommen zwischen EU und USA gegeben hätte. Wir vergleichen also die faktische, wirklich beobachtete Realität des Jahres 2010 mit einer konterfaktischen Gegenrealität, in der wir unterstellen, das Abkommen würde bereits existieren. Damit vermeiden wir, dass wir Prognosen zu den Handelsvolumina (das heißt den Mengen und Preisen) der Zukunft anstellen müssen; dies wäre mit Prognosefehlern verbunden. Und wir vermeiden die Modellierung von bestimmten Phase-in-Pfaden. Dies wäre ebenfalls hochgradig spekulativ. Die erste Zeile von Tabelle 1 zeigt, dass die Exporte Deutschlands in die USA im Zollszenario um 1,13 Prozent und die Importe um 1,65 Prozent zulegen. Das heißt, der bilaterale Handelsüberschuss Deutschlands von etwa 30 Milliarden Dollar würde geringfügig zurückgehen. Wenn hingegen das Szenario einer umfassenden Liberalisierung betrachtet wird, so ergeben sich für die Exporte und die Importe sehr ähnliche Anpassungen, die jeweils bei mehr als 90 Prozent liegen. Wir finden also eine starke Zunahme der Handelsströme zwischen Deutschland und den USA. Dieser hohe Zuwachs ist vor dem Hintergrund des unterstellten Szenarios zu verstehen. Wie oben erläutert, umfasst es sowohl die Eliminierung der Zölle als auch die Reduktion politisch direkt beeinflussbarer nicht tarifärer Handelsbarrieren und die sich aus der Absenkung der politischen Barrieren ergebenden Effekte auf weitere handelsschaffende Variablen wie zum Beispiel den Direktinvestitionen. 13

14 Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? Am Beispiel Deutschland USA zeigt sich also in aller Deutlichkeit, dass ein Abkommen, das nur die Absenkung der Zölle zum Inhalt hat, keine wesentlichen handelsschaffenden Effekte entfalten kann. Im Gegensatz dazu hat ein umfassendes, tiefes Abkommen sehr viel stärkere Effekte. Tabelle 1: Veränderung des deutschen Außenhandels mit traditionellen Partnerländern Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD) Umfassende Liberalisierung in Prozent Zollszenario in Prozent DEU USA ,54 1,13 USA DEU ,56 1,65 DEU GBR ,91 0,70 GBR DEU ,93 0,57 DEU FRA ,34 0,38 FRA DEU ,34 0,24 DEU ITA ,45 0,37 ITA DEU ,45 0,55 DEU JPN ,81 2,40 JPN DEU ,76 1,68 DEU CHN ,68 2,19 CHN DEU ,71 2,94 DEU = Deutschland, GBR = Großbritannien, FRA = Frankreich, ITA = Italien, JPN = Japan, CHN = China. Quelle: ifo Institut Tabelle 1 zeigt ebenfalls sehr eindringlich, dass der Handel Deutschlands mit seinen anderen Handelspartnern teilweise sehr stark zurückgehen könnte. Die Vorzeichen der Handelseffekte sind sowohl im Zoll- als auch im umfassenden Liberalisierungsszenario durchwegs negativ. Grundsätzlich ist es so, dass durch THIP die in der EU bestehenden Handelsumlenkungseffekte deutlich revidiert werden. Diese haben sich in der Vergangenheit dadurch ergeben, dass der Handel der EU-Länder untereinander barrierenfrei ist, während der Handel der EU-Staaten mit den USA tarifären und nicht tarifären Barrieren unterliegt. Die Einebnung der Barrieren mit den USA führt daher zu einer Rückabwicklung von Handel, der durch die präferenzielle Behandlung von intraeuropäischen Handelsströmen zustande gekommen ist. Am stärksten ist dies für Großbritannien ausgeprägt, das relativ niedrige natürliche Handelsbarrieren (Sprache, Kultur) mit den USA aufweist, sodass eine Absenkung der politischen Friktionen zu einer starken Handelsschaffung und -umlenkung führt. Interessanterweise führt THIP zu einer Ausweitung der Exporte Deutschlands nach Japan, und zwar in beiden unterstellten Szenarien. Dies hat damit zu tun, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exporteure durch die Verfügbarkeit günstigerer Vorprodukte aus den USA zunimmt. Außerdem kommt es zu einer Reduktion des Wettbewerbsdrucks im japanischen Markt, weil die Exporte dorthin aus den USA zurückgehen. Der Effekt auf den Handel Deutschlands mit China ist 14

15 Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? allerdings negativ, jedenfalls wenn man das tiefe Liberalisierungsszenario betrachtet. Es ist mit einem Rückgang sowohl der Exporte als auch der Importe um jeweils etwa 13 Prozent zu rechnen. Als Nächstes betrachten wir den deutschen Außenhandel mit den sogenannten GIIPS-Ländern (Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien). Dies ist vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Krise in der Europäischen Union von Interesse. Die Daten in Tabelle 2 bestätigen, was schon in Tabelle 1 sichtbar war: Die GIIPS stellen keine Ausnahme dar ihr Handel mit Deutschland wird durch THIP sinken. Die Effekte sind sehr klein, wenn man das Zollszenario betrachtet, sie sind aber beträchtlich, wenn man das ambitionierte Szenario unterstellt. Tabelle 2: Veränderung des deutschen Außenhandels mit der EU-Peripherie (GIIPS) Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD) Umfassende Liberalisierung in Prozent Zollszenario in Prozent DEU GRC ,94 0,14 GRC DEU ,93 0,95 DEU IRL ,87 0,64 IRL DEU ,85 0,16 DEU ITA ,45 0,37 ITA DEU ,45 0,55 DEU PRT ,90 0,31 PRT DEU ,88 0,55 DEU ESP ,71 0,47 ESP DEU ,71 0,57 DEU GIIPS ,96 0,39 GIIPS DEU ,22 0,52 DEU = Deutschland, GRC = Griechenland, IRL = Irland, ITA = Italien, PRT = Portugal, ESP = Spanien, GIIPS = Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien. Quelle: ifo Institut Schließlich betrachten wir noch die Veränderung des Handels Deutschlands mit den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika). Wie Tabelle 3 zeigt, nehmen durch die Eliminierung der Zölle zwischen EU und USA die Exporte Deutschlands in die BRICS in der Regel leicht zu. Der Grund ist in der verstärkten preislichen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands durch günstigere Importe von Vorprodukten aus den USA zu suchen. Die Importe aus den BRICS nehmen hingegen ab, weil der Wettbewerbsdruck in Deutschland durch die verstärkte Präsenz amerikanischer Unternehmen zunimmt. Wenn man ein tiefes Liberalisierungsszenario unterstellt, überwiegt sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen die Handelsumlenkung: Deutsche Exporte, die vormals in die BRICS gingen, gehen nun in die USA, und Deutschland ersetzt Importe aus den BRICS durch Importe aus den USA. Dies findet statt, obwohl sich die Handelsbarrieren gegenüber den BRICS nominell nicht verändert haben. Die Handelsumlenkung wird allein durch die Veränderung der relativen Handelskosten getrieben. 15

16 Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? Tabelle 3: Veränderung des deutschen Außenhandels mit den BRICS-Staaten Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD) Umfassende Liberalisierung in Prozent Zollszenario in Prozent DEU BRA ,58 2,41 BRA DEU ,92 3,67 DEU RUS ,51 1,64 RUS DEU ,17 1,20 DEU IND ,96 2,36 IND DEU ,26 2,30 DEU CHN ,68 2,19 CHN DEU ,71 2,94 DEU ZAF ,96 1,24 ZAF DEU ,73 1,20 DEU BRICS ,06 2,03 BRICS DEU ,93 2,61 DEU = Deutschland, BRA = Brasilien, CHN = China, RUS = Russland, IND = Indien, ZAF = Südafrika, BRICS = Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika. Quelle: ifo Institut 4.2 Effekte auf den Handel der EU Als Nächstes blicken wir auf die Veränderung des Handels der EU mit Ländern in der näheren geographischen Umgebung. Wir betrachten vor allem die Maghreb-Staaten, mit denen die EU ein Freihandelsabkommen unterhält (Mittelmeerabkommen), und die beiden Nachfolgestaaten der Sowjetunion, für die wir Daten haben (Russland und Weißrussland). Tabelle 4 zeigt, dass im Zollszenario die Exporte der EU in die Mittelmeeranrainerstaaten (Marokko, Tunesien, Algerien und Ägypten) oder in die Nachfolgestaaten der Sowjetunion zunehmen, während die Importe aus diesen Ländern abnehmen würden. Dies spiegelt wiederum den Anstieg der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen wider. Betrachtet man allerdings das umfassende Liberalisierungsszenario, so überwiegen die klassischen Handelsumlenkungseffekte: Exporte und Importe der EU in die Maghreb-Staaten oder nach Osteuropa nehmen ab. Die Effekte sind allerdings, gegeben der massiven Absenkung der Barrieren zwischen EU und USA in unserem Szenario, jedoch überschaubar. 16

17 Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? Tabelle 4: Veränderung des Handels der EU mit EU-Nachbarstaaten Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD) Umfassende Liberalisierung in Prozent Zollszenario in Prozent EU MAR ,14 0,94 MAR EU ,39 0,38 EU TUN ,75 1,33 TUN EU ,41 0,82 EU DZA ,33 4,11 DZA EU ,98 0,98 EU EGY ,81 1,35 EGY EU ,67 0,15 EU RUS ,83 1,57 RUS EU ,75 1,15 EU BLR ,91 2,59 BLR EU ,34 0,42 EU = Europäische Union, MAR = Marokko, TUN = Tunesien, DZA = Algerien, EGY = Ägypten, RUS = Russland, BLR = Weißrussland. Quelle: ifo Institut Als Nächstes zeigen wir noch, dass der Handel der GIIPS-Staaten mit den USA in allen Fällen stark zunimmt. Tabelle 5 zeigt, dass dies vor allem bei einer umfassenden Liberalisierung der Fall ist. Die Zuwachsraten sind, mit Ausnahme Irlands, wo der transatlantische Handel bereits sehr stark ausgeprägt ist, in derselben Größenordnung wie im bilateralen Verhältnis der USA mit Deutschland. Tabelle 5: Veränderung des Handels der GIIPS-Staaten mit USA Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD) Umfassende Liberalisierung in Prozent Zollszenario in Prozent USA GRC ,43 1,95 GRC USA ,45 0,60 USA IRL ,03 1,44 IRL USA ,06 1,40 USA ITA ,77 1,71 ITA USA ,75 1,00 USA PRT ,56 1,78 PRT USA ,59 1,01 USA ESP ,18 1,62 ESP USA ,16 0,99 GRC = Griechenland, IRL = Irland, ITA = Italien, PRT = Portugal, ESP = Spanien. Quelle: ifo Institut 17

18 Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? Als Letztes betrachten wir noch die Veränderung der Handelsbeziehungen Großbritanniens. Dies ist deshalb von besonderem Interesse, weil Großbritannien im Vergleich zu anderen Mitgliedern der Europäischen Union schon jetzt mit den USA einen sehr hohen Grad der wirtschaftlichen Integration aufweist und die Diskussion um eine Neudefinition der Rolle Großbritanniens in der EU häufig unter Verweis auf die starken Beziehungen zu den USA diskutiert wird. Tabelle 6 zeigt, dass sowohl die Exporte in die USA als auch die Importe Großbritanniens aus den USA im Falle eines transatlantischen Abkommens stark zulegen würden. Dies wird vor allem für das umfassende Liberalisierungsszenario deutlich. Der Handel mit Kanada wäre nur sehr schwach betroffen. Im Vergleich dazu zeigt sich, dass die Integration Großbritanniens in die EU teilweise deutlich schwächer würde. Mit anderen Worten: Durch das transatlantische Abkommen wäre sowohl für Großbritannien selbst als auch für die anderen EU-Mitgliedsstaaten ein Verbleib Großbritanniens in der europäischen Zollunion weniger wertvoll. Die Diskussion um einen Austritt Großbritanniens aus der EU könnte vor diesem Hintergrund eine zusätzliche Dynamik entfalten. Tabelle 6: Veränderung der Handelsbeziehungen Großbritanniens Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD) Umfassende Liberalisierung in Prozent Zollszenario in Prozent GBR USA USA GBR GBR CAN CAN GBR GBR DEU DEU GBR GBR FRA FRA GBR GBR ITA ITA GBR GBR ESP ESP GBR GBR IRL IRL GBR GBR JPN JPN GBR GBR CHN CHN GBR GBR = Großbritannien, CAN = Kanada, DEU = Deutschland, FRA = Frankreich, ITA = Italien, ESP = Spanien, IRL = Irland, JPN = Japan, CHN = China. Quelle: ifo Institut 18

19 Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? 4.3 Effekte in Nordamerika Tabelle 7 betrachtet die Veränderung des Handels in Nordamerika und zwischen den USA und den BRICS. Einige wichtige Erkenntnisse stechen hierbei ins Auge. Erstens, THIP führt zu Handelsumlenkungseffekten innerhalb der nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) zwischen USA, Mexiko und Kanada. Im umfassenden Liberalisierungsszenario sinken sowohl die Exporte als auch die Importe der NAFTA-Partnerstaaten innerhalb der Region. Die beiden Länder in NAFTA, die durch THIP nicht weiter bessergestellt werden, Mexiko und Kanada, verstärken ihren Handel deutlich. Dies ist ein eindrucksvolles Beispiel von Handelsumlenkungseffekten zwischen Staaten, die von THIP direkt in keiner Weise berührt sind: Der Zugang dieser Länder vor allem in den US- Markt wird durch verstärkte Konkurrenz aus der EU weniger attraktiv; dies führt zu einem deutlichen Anstieg des Handels zwischen ihnen. Der Effekt ist deshalb so stark, weil zwischen Mexiko und Kanada bekanntermaßen die Handelsbarrieren bereits abgebaut sind. Interessanterweise führt THIP aber zu einer Ausweitung des Handels zwischen der EU und Kanada. Für dieses Resultat sind die geographischen Umstände ausschlaggebend: Kanada ist aufgrund der hohen Nähe zu den USA in besonderem Ausmaß von Handelsumlenkungseffekten betreffend die USA betroffen. Dieser Effekt führt zu Handelsschaffung mit den EU-Staaten, die geographisch weiter entfernt sind, sodass die Transportkosten geringer sind und die Veränderung relativer Kostenstrukturen zu einer Substitution des amerikanischen Marktes durch die EU führt. Dieser Umstand bedeutet, dass die Finalisierung eines Abkommens der EU mit Kanada, das sich derzeit in Verhandlung befindet, zwar den Handel der besagten Länder miteinander verstärken, nicht jedoch die negativen Handelsumlenkungseffekte beheben wird. 19

20 Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel? Tabelle 7: Veränderung des Handels der USA und Kanadas Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD) Umfassende Liberalisierung in Prozent Zollszenario in Prozent EU CAN ,53 2,82 CAN EU ,07 0,00 USA MEX ,99 0,82 MEX USA ,04 1,33 USA CAN ,32 0,55 CAN USA ,32 1,61 MEX CAN ,53 3,10 CAN MEX ,63 3,11 USA BRA BRA USA USA RUS RUS USA USA IND IND USA USA CHN CHN USA USA ZAF ZAF USA USA BRICS ,78 1,17 BRICS USA ,69 1,38 EU = Europäische Union, CAN = Kanada, MEX = Mexiko, BRA = Brasilien, RUS = Russland, IND = Indien, CHN = China, ZAF = Südafrika. Quelle: ifo Institut 20

21 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? 5. Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Die bisher präsentierten Effekte von THIP auf die Handelsströme resultieren im Wesentlichen, wie schon weiter oben betont, aus einer Anpassung der Handelskosten und der daraus resultierenden Veränderung der Produktionskosten, Faktorpreise, und Einkommenspositionen der Länder. 5.1 Effekte in der EU Welchen Effekt hat eine Eliminierung der Handelsbarrieren im transatlantischen Warenaustausch auf die realen Einkommen pro Kopf in der EU? Führt THIP zu einem Auseinanderdriften der Lebensbedingungen in Europa oder fördert es die Konvergenz? Zur Beantwortung dieser Fragen betrachten wir zunächst das unambitionierte Zollszenario und beschreiben danach die Effekte einer tief greifenden Liberalisierung. Zollszenario Die Modellsimulationen zeigen, dass ein transatlantisches Freihandelsabkommen nicht zu einem Auseinanderdriften der Lebensbedingungen in Europa beitragen würde. Es ist eher das Gegenteil der Fall. Die Abbildung 3 zeigt die Veränderung der realen Pro-Kopf-Einkommen (gemessen durch das reale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf) in allen EU-Mitgliedsstaaten, wenn die Zölle zwischen der EU und den USA vollständig eliminiert werden. Die Veränderung der realen Pro-Kopf-Einkommen liegt zwischen 0,03 Prozent (Luxemburg) und 0,58 Prozent (Litauen). Für Deutschland ist der Wert 0,24 Prozent. Im ungewichteten EU27-Mittel liegt der Gewinn bei 0,27 Prozent, die Standardabweichung ist 0,13 Prozent. Diese Effekte sind klein, weil die noch existierenden Zölle zwischen EU und USA bereits niedrig sind (der gewichtete Durchschnitt beträgt 2,8 Prozent). Das Bild macht folgende Punkte klar: Erstens, alle Mitgliedsländer der EU profitieren von der Handelsliberalisierung. Im Zollszenario müsste das nicht so sein, weil die EU auf Zolleinnahmen verzichten muss. Damit ist weniger Einkommen zur Umverteilung vorhanden. 17 Zweitens, wie stark die Ökonomien profitieren, hängt von der real existierenden Handelsstruktur der einzelnen Länder, von deren Größe und der geographischen Lage ab. Wer schon relativ viel exportiert, erhält relativ höhere Gewinne. Dies erklärt die etwas höheren Gewinne beispielsweise in Großbritannien. Höhere Einkommen in diesen Ländern führen wiederum zu vermehrter Nachfrage nach Gütern aus anderen Ländern in der EU. Wie sich diese Effekte in Europa verteilen, hängt maßgeblich von den innereuropäischen Transportwegen und mithin von der geographischen Lage der Länder ab. 17 Es wird angenommen, dass die Zolleinnahmen der EU gleichmäßig auf alle EU-Länder verteilt werden. Das ist zwar de facto nicht der Fall, aber die Zolleinnahmen aus Handel mit der USA machen insgesamt weniger als 0,1 Prozent des EU-Bruttoinlandsproduktes aus, sodass eine schwerwiegende Verzerrung der Ergebnisse nicht zu erwarten ist. 21

22 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Schließlich zeigt es sich außerdem, dass kleinere Länder tendenziell mehr profitieren als große. Das Beispiel des Baltikums ist hierbei besonders einprägsam. Kleinere Länder sind tendenziell stärker in die internationale Arbeitsteilung eingebunden und profitieren daher auch stärker von fallenden Handelskosten. Die in der Abbildung 3 ausgewiesenen Effekte fassen diese Aspekte zusammen. Abbildung 3: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens in der EU27, Zollszenario 0,40 0,30 0,50 0,19 0,49 0,58 0,22 0,31 0,16 0,11 0,24 0,03 0,17 0,28 0,17 0,12 0,15 0,30 0,17 0,26 0,38 0,23 0,27 0,31 0,37 0,24 0,33 0,00 0,20 0,21 0,50 0,51 1,70 Quelle: ifo Institut 22

23 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Abbildung 4 korreliert den Pro-Kopf-Einkommenszuwachs mit dem Niveau des realen BIP pro Kopf des Jahres Die Punktwolke zeigt einen negativen Zusammenhang an, der sich in der statistischen Analyse auch bestätigt. Die rote Linie ist eine lineare Regressionsgleichung. Man kann sie folgendermaßen lesen: Frankreich hat ein logarithmiertes Pro-Kopf-Einkommen von etwa 10,5. Das statistische Modell prognostiziert für dieses Land einen Zuwachs im realen BIP pro Kopf von 0,23 Prozent (dies ist höher, als die spezifischen Berechnungen für Frankreich zeigen, 0,17 Prozent; das heißt Frankreich profitiert unterdurchschnittlich). Für ein Land mit einem um 50 Prozent niedrigeren Pro-Kopf-Einkommen als Frankreich (wie zum Beispiel Polen oder Ungarn, wo das logarithmiertes Pro-Kopf-Einkommen circa 10,0 beträgt), prognostiziert das statistische Modell einen Zuwachs von 0,33 Prozent. 18 Damit ist gezeigt, dass das transatlantische Abkommen zur Konvergenz in Europa beiträgt: Länder mit einem derzeit niedrigeren Pro-Kopf-Einkommen (wie zum Beispiel Rumänien) profitieren stärker als solche mit hohem Einkommen (wie zum Beispiel Luxemburg). Zwar gibt es ein starkes Maß an Streuung, der statistische Befund ist aber eindeutig. Abbildung 4: Handelsgewinne und Status-quo-Pro-Kopf-Einkommen, Zollszenario 0,6 LTU 0,5 LVA EST Handelsgewinn in Prozent 0,4 0,3 0,2 0,1 ROM BGR Quelle: Berechnungen des ifo Institutes POL HUN SVK GRC PRT MLT CZE SVN CYP ESP ITA FIN GBR FRA BEL SWE DEU IRL DNK NLD 0,0 9,5 10,0 10,5 11,0 11,5 logarithmiertes Pro-Kopf-Einkommen AUT Basisjahr 2011; Linie zeigt gewichtete lineare Regression. LUX 18 Der Koeffizient des logarithmierten Pro-Kopf-Einkommens des Jahrs 2011 in der Regressionsgleichung beträgt 0,21; der dazugehörige Standardfehler ist 0,05. Damit ist die Korrelation statistisch auf dem 1-Prozent-Niveau signifikant. Dieser Befund hängt nicht von der Gewichtung der Daten ab. 23

24 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Tiefe Liberalisierung Geht man vom Zollszenario auf ein ambitioniertes Szenario über, das neben dem Abbau der Zölle auch eine Reduktion der nicht tarifären Barrieren beinhaltet, so erhält man ein modifiziertes Bild. Wie weiter oben erklärt, muss man sich hier vergegenwärtigen, dass das tiefe Szenario neben handelspolitischen Liberalisierungsschritten auch induzierte Effekte (z. B. durch die Ausweitung der Direktinvestitionen oder durch die Reduktion von wirtschaftspolitischer Unsicherheit) umfasst. Abbildung 5: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens in der EU27, tiefe Liberalisierung 6,24 7,30 5,72 5,28 5,44 5,05 6,93 9,70 4,43 3,63 4,68 0,03 2,64 4,92 2,58 2,71 3,31 3,73 4,21 4,43 4,61 4,83 5,03 6,55 5,13 6,24 5,03 0,00 3,00 3,01 6,00 6,01 10,00 Quelle: ifo Institut Abbildung 5 reproduziert Abbildung 1 für den Fall eines tiefen Abkommens. Im Durchschnitt sind die Gewinne etwa 23-mal höher als im Zollszenario. Am höchsten fällt die Abweichung in Luxemburg aus. Dieses Land profitiert in besonders starkem Ausmaß von vermehrtem Handel seiner europäischen Handelspartner mit den USA, ohne selbst hohe Handelsflüsse mit Amerika zu haben. Auch Deutschland zeigt Gewinne, die um den Faktor 20 höher liegen als im Zollszenario. Der europäische Durchschnittsgewinn liegt bei 4,95 Prozent mit einer Standardabweichung von 1,58 Pro- 24

25 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? zent. Ein Land, das relativ wenig profitiert, ist Frankreich (2,64 Prozent). Der Grund hierfür liegt darin, dass Frankreich relativ wenig Güterhandel mit den USA treibt. Aber auch hier liegen die Gewinne im deutlich wahrnehmbaren Bereich. Die größten Profiteure sind durchwegs Länder, die bereits hohe relative Handelsvolumina mit den USA realisieren. Dies erklärt den hohen Gewinn Großbritanniens. Auch die skandinavischen Länder und Spanien profitieren überdurchschnittlich. In diesem Fall ist dies aber darauf zurückzuführen, dass Spanien relativ teure europäische Importe durch Importe aus den USA ersetzt, was wohlfahrtssteigernd wirkt. Abbildung 5 suggeriert, dass vor allem kleinere periphere Länder stärker als der Durchschnitt von der Handelsliberalisierung profitieren. Der Grund hierfür ist derselbe wie im Zollszenario. Allerdings spielt bei den nicht tarifären Barrieren die Stimulierung der innereuropäischen Nachfrage durch Zulieferbeziehungen hin zu großen, relativ stark profitierenden Ländern eine wesentlich größere Rolle. Abbildung 6: Handelsgewinne und Status-Quo-Pro-Kopf-Einkommen, tiefe Liberalisierung 10 GBR 8 Handelsgewinn in Prozent 6 4 BGR ROM LVA MLT EST LTU GRC PRT HUN SVK POL SVN CZE ESP CYP ITA FRA SWE IRL FIN DNK DEU NLD BEL Basisjahr 2011; Linie zeigt gewichtete lineare Regression. LUX AUT 2 9,5 10,0 10,5 11,0 11,5 logarithmiertes Pro-Kopf-Einkommen Quelle: Berechnungen des ifo Institutes 25

26 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Abbildung 6 korreliert wieder den erwarteten Zuwachs im Pro-Kopf-Einkommen mit seinem derzeitigen Niveau. Wiederum zeigt sich eine negative Korrelation. Das Vorzeichen wird aber vollständig von Luxemburg getrieben. Mit oder ohne Luxemburg, es kann allerdings kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen den beiden Größen nachgewiesen werden. 19 Fazit Als Fazit lässt sich festhalten: Die transatlantische Freihandelsinitiative vertieft die Einkommensunterschiede innerhalb Europas nicht. Das bescheidene Zollszenario zeigt sogar, dass das Abkommen zu zusätzlicher Konvergenz führt: Das heißt, die ärmeren, oft peripheren Länder profitieren stärker als die reicheren, zentralen. Allerdings sind in einem solchen Szenario die Durchschnittsgewinne aus dem Abkommen niedrig. Ein Abkommen, das auch die nicht tarifären Barrieren signifikant absenkt, führt zu sehr viel höheren Wohlstandsgewinnen. Auch in diesem Fall deutet sich ein negativer Zusammenhang zwischen dem Status-quo-Einkommen der EU-Mitgliedsländer und ihren Gewinnen an, sodass es zu zusätzlicher Konvergenz kommt. Der Zusammenhang ist hier allerdings unter den üblichen statischen Annahmen nicht belastbar. 5.2 Auswirkungen auf die USA und Drittländer Ein zentraler Kritikpunkt in der Debatte um jedes Freihandelsabkommen betrifft die Wirkung auf Drittländer. Wenn einige wenige Länder untereinander die Handelsschranken abreißen, gegen Länder außerhalb des Abkommens aber weiterhin tarifäre und nicht tarifäre Barrieren bestehen bleiben, kommt es zwar zwischen den Partnern zu wohlfahrtsstiftender Handelsschaffung, mit Drittstaaten kommt es hingegen aber zu Handelsumlenkung. Im Zollszenario kann dies theoretisch sogar dazu führen, dass die Partnerländer von dem Abkommen gar nicht profitieren: Das verlorene Zolleinkommen ist größer als die geldwertig bewerteten Vorteile aus verbessertem Marktzugang. Und typischerweise verlieren jene Länder, die nicht in dem Abkommen teilnehmen. Ja, es ist sogar theoretisch möglich, dass das reale Weltgesamteinkommen fällt: Die Gewinne der Teilnehmer am Abkommen wären kleiner als die Verluste derer, die außen vor bleiben. Die Effekte von niedrigeren nicht tarifären Barrieren sind anders als jene von Zöllen. Dies hat mehrere Gründe: Zölle verteilen Einkommen im Wesentlichen von den Konsumenten zu den Produzenten. Ihr schädlicher Nebeneffekt besteht in der Verzerrung von Konsum- und Produktionsentscheidungen; dadurch entsteht ein volkswirtschaftlicher Schaden, der in der Höhe der Zölle quadratisch ansteigt, für sehr kleine Zölle (nahe Null) aber vernachlässigbar ist. Nicht tarifäre Barrieren führen nicht zu Einkommensumverteilung; sie verursachen stattdessen direkt ökonomische Kosten. Um Produkte für den ausländischen Markt fit zu machen, müssen bürokratische, regulatorische und administrative Regeln eingehalten werden, es kommt zu Verzögerungen, das Marktrisiko steigt. Diese Kosten sind mit dem Verbrauch von Ressourcen verbunden; sie stiften nicht, oder 19 Der Regressionskoeffizient des logarithmierten Pro-Kopf-Einkommens des Jahres 2011 beträgt 0,80 bei einem Standardfehler derselben Größe. 26

27 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? zumindest nicht in vollem Umfang, Nutzen für den Konsumenten. Damit schmälern bereits sehr kleine nicht tarifäre Barrieren die Kaufkraft der Konsumenten und somit deren Realeinkommen. Ein weiterer Unterschied zwischen Zöllen und nicht tarifären Barrieren ist im gegebenen Zusammenhang wichtig. Nicht tarifäre Barrieren nehmen vielerlei Gestalten an. Aber eine wichtige Form ihrer Liberalisierung besteht darin, Produktstandards zu vereinheitlichen oder Produkte, die im Ausland zugelassen sind, automatisch auch im Inland zu akzeptieren. Das kann auch Drittländern helfen: Wenn ein Produkt den Standards eines Mitgliedslandes der Freihandelszone Genüge tut, dann kann es in allen Ländern der Zone zugelassen werden, auch wenn es aus einem Drittstaat stammt. Mit der Übernahme von Standards können Drittstaaten die Handelsumlenkungseffekte, die für sie schädlich sind, minimieren. Um die Effekte auf die Welt zu quantifizieren, greifen wir auf das schon im vorigen Kapitel bemühte Modell zurück. Dieses wurde für 126 Länder kalibriert und simuliert, sodass es zum Auslesen der Effekte verwendet werden kann. Zunächst wenden wir uns dem Zollszenario zu. Zollszenario Abbildung 7 zeigt die Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens in allen betrachteten Ländern. Man sieht, dass das Modell beinahe alle Länder der Welt abdeckt; Lücken gibt es vor allem in Afrika. Länder, die von dem transatlantischen Abkommen profitieren, sind in blauer Farbe, solche, die davon verlieren, in beiger Farbe eingezeichnet. Ein Land mit dunkelblauer Färbung ist die USA. Dort steigt das reale Pro-Kopf-Einkommen um 0,8 Prozent durch eine bloße Zollsenkung. Im Vergleich zu anderen Ländern sind die gesamten Handelsbarrieren der USA relativ niedrig. Das hat mit der Sprache, der Währung und einer generellen Politik der Offenheit zu tun und führt dazu, dass Zollsenkungen eine starke positive Wirkung haben können. Die Abbildung zeigt, dass die Gewinner der Freihandelszone im Wesentlichen auf die USA und die EU-Mitgliedsstaaten beschränkt sind. Daneben gibt es nur vereinzelt Staaten, in denen das durchschnittliche Realeinkommen zunimmt. Dies sind Länder, die durch eine Belebung der Wirtschaft in EU oder USA überproportional durch zusätzliche Exporte profitieren. Beispiele dafür sind Brasilien, Kasachstan und Indonesien, wichtige Rohstofflieferanten für Europa und die USA. Diese Länder stellen Güter her, für die es kaum gute Substitute gibt, zum Beispiel Erdgas oder Baumwolle. Interessanterweise sind die Gewinne Kasachstans oder Brasiliens höher als die durchschnittlichen Realeinkommensgewinne in Europa. Dies zeigt, dass die komplizierte Struktur der internationalen Verflechtung der Warenströme durchaus auch überraschende Effekte zutage bringen kann. Länder wie Norwegen oder Japan sehen keine nennenswerten Veränderungen ihrer Pro-Kopf-Einkommen. 27

28 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Abbildung 7: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens weltweit, Zollszenario 0,7 0,8 1,1 1,2 2,2 1,0 1,4 1,1 1,5 0,2 0,3 0,5 1,1 0,1 0,9 0,4 2,0 0,0 0,2 0,3 0,0 0,4 2,1 0,5 0,4 0,5 0,2 0,2 0,2 0,3 1,3 0,2 0,2 0,2 0,7 0,2 0,10,3 0,3 0,4 0,3 0,0 0,3 0,3 1,3 1,1 0,3 0,2 1,6 2,3 0,9 0,9 2,4 1,7 2,3 1,7 0,8 2,5 3,3 1,1 0,2 4,4 4,1 7,4 6,4 1,9 3,3 4,1 3,0 1,8 0,9 2,2 1,0 0,1 1,7 1,8 2,2 2,3 4,4 4,4 2,1 0,2 0,4 0,0 2,8 3,1 0,6 7,5 bis 4,1 4,0 bis 1,9 1,8 bis 0,1 0,0 bis 0,2 0,3 bis 0,5 0,6 bis 1,7 Quelle: ifo Institut Die großen Verlierer einer Eliminierung der Zölle sind Entwicklungsländer. Diese verlieren durch den verstärkten Wettbewerb auf dem EU- oder US-Markt dramatisch an Marktanteilen. Alternative Märkte mit ähnlichem Marktpotenzial sind geographisch relativ weit entfernt. Dies ist vor allem für Länder in Nord- und Westafrika ein Problem. Diese handeln traditionell intensiv mit Europa, und dort vor allem mit Frankreich und Belgien. Die Liste der Verlierer wird von der Elfenbeinküste und Guinea angeführt. Ihre Exporte nach Europa werden von Gütern aus den USA verdrängt. Westafrika kommt etwas besser davon, vor allem wegen der Nähe zu anderen großen Absatzmärkten wie zum Beispiel China oder Australien/Neuseeland. Doch auch hier gibt es teilweise starke Verluste, zum Beispiel Uganda oder Tansania. Insgesamt zeigt sich, was zu befürchten war: Wenn zwischen USA und EU die Zölle fallen, werden die relativen Marktzutrittsbarrieren für Entwicklungsländer im Durchschnitt höher. Es trifft also gerade die ärmeren Länder, und diese teilweise in deutlichem Ausmaß. Europa und die USA stehen in der Pflicht, diese negativen Effekte durch einen raschen Abschluss eines Doha-light- Kompromisses abzumildern. Mittel dafür stehen im Prinzip bereit: Durch das EU-USA-Abkommen wird, trotz der Verluste in vielen Drittländern, die Welt im Durchschnitt reicher, und zwar um etwa 0,1 Prozent. 28

29 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Tiefe Liberalisierung Abschließend werfen wir einen Blick auf die Effekte einer tief greifenden Liberalisierung zwischen der EU und den USA. Die dadurch ausgelösten Handelsschaffungseffekte sind, wie schon am Beispiel EU27 beschrieben, um Größenordnungen stärker als bei einer reinen Eliminierung der Zölle. Damit fallen zwangsläufig auch die Handelsumlenkungseffekte stärker aus. Die Länder, die außen vor bleiben, verlieren der Tendenz nach noch deutlicher. Allerdings ist klar, dass durch die stärkere Belebung der transatlantischen Wirtschaft auch die Nachfrageeffekte für die Drittstaaten prononcierter ausfallen können. Abbildung 8 zeigt die errechneten Effekte. Wie in den bereits besprochenen Simulationen handelt es sich immer um Ceteris-paribus-Effekte, das heißt, um allein auf das transatlantische Abkommen zurückzuführende Effekte. Im Fall nicht tarifärer Barrieren ist es allerdings sehr wahrscheinlich, dass viele Länder, vor allem die traditionellen Handelspartner der EU und der USA, Standards und Regulierungen übernehmen. Es ist unter Umständen sogar realistisch, dass Länder, die mit der EU oder den USA bereits Freihandelsabkommen unterhalten, indirekt bei den Verhandlungen zwischen der EU und den USA mit am Tisch sitzen und ihre Belange berücksichtigt werden. Dies geht nicht in die Berechnungen ein. Negative Wohlfahrtseffekte könnten daher übertrieben dargestellt sein. Sie geben aber eine Tendenz klar wider und sie zeigen Handlungsbedarf auf. Es zeigt sich mehr noch als im Zollszenario, dass die traditionellen Handelspartner Europas und der USA durch das Abkommen Schaden erleiden. Die Verluste Kanadas, Mexikos, Japans, Australiens, von Chile oder Norwegen sind nun beträchtlich. Diese Länder haben hohe Anreize, den Abbau nicht tarifärer Barrieren zwischen der EU und den USA nachzuvollziehen, beziehungsweise die teilweise bestehenden bilateralen Abkommen mit USA und EU nachzubessern oder solche zu schließen. Vieles deutet darauf hin, dass genau solche Bemühungen nun in Gang kommen. Für die Welt insgesamt bedeutet die tiefe Liberalisierung zwischen EU und USA einen Anstieg des durchschnittlichen realen Einkommens um 3,27 Prozent. Damit liegt genug Geld auf dem Tisch, um die Verlierer zu kompensieren. Man kann hoffen, dass das Abkommen die Bereitwilligkeit von Entwicklungs- und Schwellenländern, Kompromisse in der Doha-Entwicklungsrunde zu schließen, steigert. Gleichzeitig sollten auch die Industriestaaten zu Kompromissen bereit sein, weil eine deutliche Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und der EU die Ressourcen dafür bereitstellt. 29

30 Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Abbildung 8: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens weltweit, tiefe Liberalisierung 9,5 13,4 7,2 4,7 4,4 3,4 4,2 2,7 2,6 2,1 2,2 1,7 1,6 5,6 1,8 3,2 3,9 7,3 3,9 6,2 2,1 5,7 9,7 5,4 5,1 6,9 2,6 4,7 3,7 2,6 2,6 2,6 4,2 2,6 2,74,4 0,5 4,9 4,6 4,8 1,3 5,0 6,6 2,2 1,6 2,5 0,7 0,4 0,7 5,9 2,8 2,7 3,3 1,1 3,5 1,4 0,6 2,8 2,0 0,5 1,7 0,4 0,8 4,0 2,8 2,6 0,2 2,2 2,6 2,6 3,0 2,6 1,5 0,8 0,3 2,2 0,2 1,5 1,3 4,0 3,1 0,6 4,1 1,2 3,2 7,4 9,5 bis 6,1 6,0 bis 3,1 3,0 bis 0,0 0,1 bis 3,0 3,1 bis 6,0 6,1 bis 13,4 Quelle: ifo Institut 30

31 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? 6. Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Während im vorangegangenen Teil der Studie die Handels- und Wohlfahrtseffekte der beiden Szenarien beleuchtet wurden und bewusst von Arbeitsmarkteffekten abstrahiert wurde, legt der folgende Teil sein Augenmerk auf die dezidierten aggregierten Beschäftigungseffekte einer Zolleliminierung sowie eines tief greifenden Liberalisierungsszenarios. Dafür muss die Methodik unseres strukturellen Modells des Außenhandels jedoch um ein explizites Modell für die Arbeitsmärkte in den betroffenen Ländern erweitert werden. 6.1 Sucharbeitslosigkeit und Außenhandel Das bisher verwendete Modell modelliert nicht explizit die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, da es für die Analyse von Handelsströmen entwickelt wurde. In der akademischen Literatur zur Evaluierung von Handelsliberalisierungen hat das Absehen einer expliziten Modellierung des Arbeitsmarktes eine lange Tradition. Ein Grund dafür mag das lange Fehlen eines allgemein akzeptierten Modells für Arbeitsmärkte und die ihnen zugrunde liegenden Arbeitsmarktinstitutionen und -friktionen sein. Spätestens jedoch durch die Auszeichnung Christopher Pissarides, Dale Mortensens und Peter Diamonds für ihre bahnbrechenden Erkenntnisse bei der Modellierung der sogenannten Sucharbeitslosigkeit mit dem Ökonomie-Nobelpreis 2010 wurde auch einer größeren Öffentlichkeit bewusst, dass dieses allgemein akzeptierte Modell gefunden ist. Diese Modelle zeichnen sich dadurch aus, dass sie von der in der klassischen Ökonomie unterstellten Annahme ausgehen, dass sich die Löhne der Arbeitnehmer so lange anpassen, bis alle Arbeitssuchenden einen Arbeitsplatz von einer Firma angeboten bekommen. 20 Offensichtlich widerspricht diese Annahme der empirischen Tatsache der Existenz von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit. Im Gegenteil gehen diese Modelle davon aus, dass Arbeitslose offene Stellen erst suchen müssen und nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Stelle finden. Genauso müssen Arbeitgeber Kosten auf sich nehmen, einen Arbeitnehmer zu finden. Diese reichen von den Kosten einer Anzeige in einer Zeitung oder Online-Plattform bis hin zur Durchführung von Assessmentcentern, Auswahlgesprächen und Einstellungs- und Einlernkosten, die durch den neuen Mitarbeiter entstehen. Die offenen Stellen einer Firma werden ebenfalls nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit besetzt. Diese mit der Suche verbundenen Friktionen führen zu sogenannter Sucharbeitslosigkeit; selbst in einer Phase eines konjunkturellen Booms wird es immer eine bestimmte Anzahl an Arbeitslosen geben, die noch auf der Suche nach einer offenen Stelle sind. Des Weiteren bestimmen natürlich Arbeitsmarktinstitutionen das Niveau der Arbeitslosenrate. Besitzt ein Land eine gute Arbeitsvermittlungsagentur, so werden mehr Arbeitslose eine offene Stelle finden und die Arbeitslosigkeit ist geringer. Auch Lohnersatzleistungen wie das Arbeitslosengeld haben einen Einfluss auf die Arbeitslosenrate. Ein großer Vorteil dieses Modellierungsansatzes ist, dass all diese Arbeitsmarktinstitutionen innerhalb des Modellrahmens abgebildet werden können. Außerdem erklärt der Modellansatz die gleichzeitige Existenz von offenen Stellen und Arbeitslosen. 20 Für eine Einführung in diese Modelle siehe Pissarides

32 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Rezente Arbeiten der Globalisierungsforschung haben sich diese Modellierungsansätze zunutze gemacht, um sie in bestehende Ansätze zur theoretischen Modellierung der Handelsströme zwischen Ländern einzuführen. Als Vorläufer sind hier zum Beispiel Davidson und Matusz (1999) zu nennen. Jüngste Beiträge hierzu sind Helpman und Itskhoki (2010) sowie Felbermayr et al. (2011). Heid und Larch (2013) greifen diese theoretischen Arbeiten auf und machen sie einer empirischen quantitativen Analyse zugänglich. 21 Im Kern besteht dieses empirische strukturelle Modell aus einer Erweiterung der Modelle, die wir für die Analyse der Handelsströme für das Zoll- und THIP-Szenario in den vorangegangen Teilen der Studie um die explizite Modellierung des Arbeitsmarktes verwendet haben. Genau dieser methodische Ansatz liegt den folgenden Ergebnissen zugrunde. Aufgrund der großen Ähnlichkeit wird deshalb im Folgenden nur sehr kurz auf die angepasste Methodik eingegangen. Die empirische Strategie ist analog zu vorher: Wir stellen das Modell mithilfe der beobachteten Daten so ein, dass es im Basisszenario die beobachteten Handelsströme im Erwartungswert repliziert. Der Unterschied ist, dass wir nun darüber hinaus das Modell explizit auf die beobachteten Arbeitslosenraten einstellen. Außerdem berücksichtigen wir, dass in den Ländern unterschiedliche Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung bestehen, die sich durch Unterschiede in den Lohnersatzleistungen (der durchschnittlichen Arbeitslosenhilfe, gemessen als Prozentsatz des Durchschnittslohns) ergeben. 22 Wiederum analysieren wir dann die Auswirkungen des Zollszenarios und einer tief greifenden Liberalisierung. Nun können wir aber explizit die Nettobeschäftigungseffekte dieser Szenarien untersuchen und konkret die Anzahl der Arbeitsplätze berechnen, die durch die Szenarien geschaffen bzw. vernichtet werden. Außerdem können wir uns zusätzlich die Veränderung der Reallöhne betrachten. Aus der Skizzierung der Methodik wird klar, dass der Analyserahmen zwar nun die explizite Untersuchung des Arbeitsmarktes erlaubt, dies jedoch durch eine wesentlich höhere Anforderung an die Datenlage erkauft wird. So benötigen wir über die Länder hinweg vergleichbare Informationen zu Arbeitslosenraten, dem Beschäftigungsniveau sowie den Lohnersatzleistungen. Konkret verwenden wir die Arbeitsmarktdaten des Jahres 2010; die Lohnersatzraten des Jahres sind jedoch von 2009, da diese nur alle zwei Jahre erhoben werden. Diese sind leider nur für einen Datensatz von 28 OECD-Ländern verfügbar. 23 Die Beschränkung auf diese Industrieländer stellt außerdem sicher, dass auch die Arbeitsmärkte zumindest insoweit vergleichbar sind, als dass nicht andere Faktoren wie zum Beispiel informelle Beschäftigung oder Subsistenzwirtschaft, wie sie etwa in Lateinamerika, Afrika und weiten Teilen Asiens verbreitet sind, nicht die Analyse verzerren. Eine Abbildung der Arbeitsmarktstrukturen dieser Länder ist mit dem (nicht) vorhandenen Datenmaterial leider nicht möglich. 21 Die oben genannten Arbeiten stellen keinen vollständigen Überblick über die Literatur dar, siehe hierzu Heid und Larch Dort findet sich auch eine genaue Beschreibung des verwendeten Modellrahmens. 22 Die Berechnung der Lohnersatzleistungen ist komplizierter als hier dargestellt. Wir greifen auf Daten der OECD zurück, die eine durchschnittliche Lohnersatzrate aus einer Kombination verschiedener Lebenssituationen von Arbeitnehmern (Familienstatus, Kinderanzahl etc.) berechnet. Diese Zahlen geben eine gute Approximation der durchschnittlichen Höhe der Arbeitslosenunterstützung für einen Länderquerschnitt; für Details siehe OECD Diese Länder sind: Australien, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Island, Irland, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Slowakei, Spanien, Schweden, Schweiz, Südkorea, Tschechien, Türkei, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten. 32

33 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Tabelle 8 zeigt die verwendeten Arbeitslosenraten. In den Daten für 2010 macht sich deutlich die Auswirkung der anhaltenden Finanz-, Staatsschulden- und Eurokrise bemerkbar: Spanien weist in der OECD die höchste Arbeitslosenrate von über 20 Prozent aus. Deutschland weist im europäischen Vergleich eine relativ niedrige Arbeitslosenrate von 7,46 Prozent aus, wohingegen die Arbeitslosenrate in den USA mit knapp unter 10 Prozent ihren historischen Höchststand erreicht hat. Tabelle 8: Arbeitslosenraten 2010 Land Arbeitslosenrate 2010 in Prozent Australien 5,23 Belgien 8,29 Dänemark 7,46 Deutschland 7,06 Finnland 8,40 Frankreich 9,36 Griechenland 12,53 Irland 13,64 Island 7,56 Italien 8,42 Japan 5,03 Kanada 8,01 Neuseeland 6,53 Niederlande 4,45 Norwegen 3,61 Österreich 4,39 Polen 9,62 Portugal 10,79 Schweden 8,37 Schweiz 4,54 Slowakei 14,37 Spanien 20,06 Südkorea 3,72 Tschechien 7,28 Türkei 11,88 Ungarn 11,16 Vereinigte Staaten 9,63 Vereinigtes Königreich 7,75 Quelle: OECD Labour Force Statistics 2010b. Um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit denen des vorherigen Teils trotz der geringeren Länderabdeckung sicherzustellen, berücksichtigen wir bei der Parameterisierung der Modelle, dass grosso modo dieselben aggregierten Handelsschaffungseffekte zwischen der EU und den USA in 33

34 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? den beiden Szenarien realisiert werden wie im Modell mit den 126 Ländern ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktfriktionen. 6.2 Zwei Millionen neue Arbeitsplätze Welche Auswirkung hat eine Eliminierung der Handelsbarrieren im transatlantischen Warenaustausch auf die Arbeitslosenrate? Wie viele Arbeitsplätze werden geschaffen? Und wie ändern sich die Reallöhne? Zur Beantwortung dieser Fragen betrachten wir zunächst wiederum das unambitionierte Zollszenario und beschreiben danach die Effekte einer tief greifenden Liberalisierung. An dieser Stelle sei der Hinweis angebracht, dass unser Modell bewusst von konjunkturellen Veränderungen der Arbeitslosenrate abstrahiert und nur die langfristigen bzw. akkumulierten Effekte der Handelsliberalisierung auf die Arbeitslosenrate untersucht. Das heißt, die im Folgenden präsentierten Zahlen sind als langfristige Ergebnisse zu betrachten oder äquivalent als Veränderungen der Beschäftigung unabhängig vom Konjunkturzyklus. Dies bedeutet, dass zum Beispiel eine Verringerung der Arbeitslosenrate um einen Prozentpunkt die Arbeitslosenrate sowohl während einer konjunkturellen Aufschwung- als auch Abschwungphase jeweils um einen Prozentpunkt reduziert. Zollszenario Tabelle 9 zeigt die Ergebnisse der Eliminierung der bestehenden Zölle. Die zweite Spalte gibt die prozentuale Veränderung der Beschäftigung an. Spiegelbildlich dazu zeigt Spalte 3 die Veränderung der Arbeitslosenrate. Diese ist jedoch die Veränderung in Prozentpunkten. Konkret bedeutet dies, dass die Zolleliminierung in Deutschland die Arbeitslosenrate um 0,11 Prozentpunkte senken würde. Es wird deutlich, dass die Beschäftigung in allen EU-Ländern wie auch in den USA ansteigt. Allerdings sind die Veränderungen sehr klein und bewegen sich für die EU-Staaten alle um die 0,1 Prozentpunkte. Ausnahme ist das Vereinigte Königreich, das aufgrund seiner schon weiter oben erwähnten besonderen Nähe zu den USA aufgrund von Sprache und Kultur besonders profitiert mit einer Reduktion der Arbeitslosenrate um 0,34 Prozentpunkte. In den Ländern, die nicht von der Zollreduktion profitieren, steigt die Arbeitslosigkeit hingegen leicht an. Dies ist wiederum durch die nun relativ gesehen höheren Handelskosten zwischen diesen Ländern und der EU und den USA zu erklären. Diese relativ höheren Handelskosten führen zu geringeren Handelsvolumina, das heißt geringerer Nachfrage nach Produkten aus diesen Ländern. Dies senkt die Produktion in den betroffenen Ländern. Diese abgeschwächte Nachfrage übersetzt sich nun direkt in eine geringere Arbeitsnachfrage der Firmen in den betroffenen Ländern, was zur Erhöhung der Arbeitslosigkeit führt. Im Umkehrschluss führen die nun relativ niedrigeren Handelskosten in den USA und der EU zu einer verstärkten Nachfrage nach Gütern aus der EU und den USA, was sich in Neueinstellungen und letztendlich in eine geringere Arbeitslosigkeit übersetzt. 34

35 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Wenn wir die einzelnen Veränderungen mit dem Bruttoinlandsprodukt gewichten, ergibt sich über die 28 Länder eine Verringerung der Arbeitslosenrate um 0,11 Prozentpunkte. In einem Handelsmodell ohne aggregierte Beschäftigungseffekte finden alle Anpassungen auf der Seite der Preise und Löhne statt. In unserem Modellrahmen wird ein Teil dieser Effekte in Mengen-, das heißt Beschäftigungseffekte umgelenkt; jedoch ergeben sich auch in diesem Modellrahmen Veränderungen des (Real-)Lohns. Der Reallohn ist in diesem Modellrahmen auch das adäquate Wohlfahrtsmaß. Hier sehen wir, dass in Deutschland die Reallöhne um 0,54 Prozent steigen, in den USA um 0,93 Prozent. Auch hier ist das Vereinigte Königreich der größte Profiteur mit einer Reallohnsteigerung von 1,72 Prozent. Die nicht von der Zollreduktion betroffenen Länder müssen hingegen kleinere Reallohneinbußen in Kauf nehmen. In Summe steigt jedoch der Reallohn um 0,59 Prozent in der OECD, sodass auch unter der Berücksichtigung von aggregierten Beschäftigungseffekten im Prinzip genügend Gewinne erwirtschaftet werden, um die benachteiligten Länder zum Beispiel durch Transferzahlungen zu kompensieren. Auch unter Berücksichtigung der Beschäftigungseffekte zeigt sich jedoch, dass die Gesamteffekte einer reinen Zolleliminierung nur sehr gering und im Vergleich zu konjunkturellen Schwankungen in der Arbeitslosenrate eher als quantité négligeable zu betrachten sind. Abbildung 9 schließlich gibt Aufschluss über die Auswirkungen der Zollreduktion auf die Konvergenz innerhalb der EU: Sie zeigt auf der x-achse die Arbeitslosenrate im Jahr 2010 und auf der y- Achse die Absenkung der Arbeitslosenrate durch die Zollreduktion. Sofort wird klar, dass in allen EU-Mitgliedsländern die Arbeitslosenrate sinkt, das heißt alle Länder profitieren direkt von einer Belebung ihres Arbeitsmarktes. Die eingezeichnete Gerade ist eine Regressionsgerade. Sie hat eine positive Steigung. 24 Dies ist folgendermaßen zu interpretieren: Je höher die Arbeitslosenrate in einem EU-Mitgliedsland, umso höher ist die Reduktion der Arbeitslosenrate durch die Zolleliminierung. Dies bedeutet, dass eine Zolleliminierung zu einer Konvergenz der Arbeitsmarktsituation innerhalb der EU beiträgt: Die Länder mit der prekärsten Arbeitsmarktsituation profitieren am meisten. In der Graphik zeigt sich natürlich wiederum die Ausnahmesituation des Vereinigten Königreichs, das trotz seiner relativ gesehen niedrigen Arbeitslosenrate am meisten profitiert. 24 Der Steigungskoeffizient ist nicht signifikant von 0 verschieden aufgrund des Ausreißers Vereinigtes Königreich. Eine Regressionsgerade ohne diesen Ausreißer ist auf dem 5-Prozent-Signifikanzniveau von 0 verschieden und weist ebenfalls eine klar positive Steigung auf. 35

36 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Tabelle 9: Veränderung der Beschäftigung, der Arbeitslosenrate und des Reallohns, Zollszenario Land Prozentualer Anstieg der Beschäftigung Veränderung Arbeitslosenrate in Prozentpunkten Prozentuale Veränderung des Reallohns Australien 0,12 0,11 0,56 Belgien 0,02 0,02 0,09 Dänemark 0,13 0,12 0,63 Deutschland 0,12 0,11 0,54 Finnland 0,21 0,19 0,97 Frankreich 0,12 0,11 0,54 Griechenland 0,20 0,17 0,93 Irland 0,24 0,21 1,14 Island 0,12 0,11 0,56 Italien 0,16 0,15 0,72 Japan 0,03 0,03 0,14 Kanada 0,15 0,15 0,71 Neuseeland 0,08 0,07 0,37 Niederlande 0,09 0,08 0,40 Norwegen 0,12 0,12 0,55 Österreich 0,07 0,07 0,32 Polen 0,15 0,13 0,69 Portugal 0,22 0,19 1,02 Schweden 0,18 0,16 0,85 Schweiz 0,11 0,10 0,50 Slowakei 0,14 0,12 0,66 Spanien 0,20 0,16 0,92 Südkorea 0,03 0,03 0,15 Tschechien 0,11 0,10 0,53 Türkei 0,11 0,10 0,51 Ungarn 0,15 0,13 0,70 Vereinigte Staaten 0,20 0,18 0,93 Vereinigtes Königreich 0,37 0,34 1,72 Durchschnitt (BIP gewichtet) 0,13 0,11 0,59 Quelle: Berechnungen des ifo Institutes 36

37 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Abbildung 9: Senkung der Arbeitslosenrate und Arbeitslosenrate 2010, Zollszenario 0,35 Vereinigtes Königreich 0,30 Absenkung der Arbeitslosenrate in Prozent 0,25 0,20 0,15 0,10 Dänemark Deutschland Irland Finnland Portugal Niederlande Österreich Schweden Italien Polen Frankreich Tschechien Ungarn Griechenland Slovakei Linie zeigt lineare Regression. Spanien 0,05 Belgien 0, Arbeitslosenrate im Jahr 2010 in Prozent Quelle: Berechnungen des ifo Institutes Tiefe Liberalisierung Betrachten wir nun das tief greifende Liberalisierungsszenario. Tabelle 10 reportiert die entsprechenden Ergebnisse. Es wird sofort deutlich: Die Effekte sind für die EU-Länder circa viermal so groß wie im Szenario der reinen Zollreduktion. Zum Beispiel sinkt in Deutschland die Arbeitslosenrate um 0,43 Prozentpunkte, was einer Beschäftigungszunahme von 0,47 Prozent entspricht. In den USA beträgt der Rückgang der Arbeitslosigkeit 0,71 Prozentpunkte, im Vereinigten Königreich gar 1,27 Prozentpunkte. Besonders profitieren auch die von der Banken- und Staatsschuldenkrise betroffenen Länder: Die Arbeitslosenrate sinkt in Spanien um 0,62 Prozentpunkte, in Griechenland und Portugal um circa 0,7 Prozentpunkte, und in Irland sogar um 0,84 Prozentpunkte. Dass der Effekt für Irland trotz der gemeinsamen Sprache mit den USA geringer ist als im Vereinigten Königreich, ist der relativen Randlage Irlands im Vergleich zum Vereinigten Königreich geschuldet. 37

38 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Auch unter Berücksichtigung der Mengen-, also der Beschäftigungseffekte, sind die Effekte auf die Preise, hier die Reallöhne und somit die Wohlfahrt der Konsumenten, weitaus größer: In Deutschland ist der Reallohn um 2,19 Prozent höher, in den eben genannten, stark von der Krise betroffenen Länder um mindestens 3 Prozent höher. Hier wird deutlich, dass eine tief greifende Liberalisierung neben den höheren positiven Beschäftigungseffekten wesentlich höhere Wohlfahrtseffekte aufweist als eine reine Zolleliminierung. Jedoch gibt es auch in diesem Szenario Verlierer innerhalb der OECD: Die Länder, die nicht Teil des THIP-Abkommens sind. Allerdings gilt auch hier: Im Schnitt beträgt die Reallohnsteigerung BIP-gewichtet 2,34 Prozent, sodass auch hier genügend Gewinne vorhanden sind, um die unbeteiligten Drittstaaten für ihre Reallohnverluste kompensieren zu können. Im Schnitt sinkt in der OECD die Arbeitslosenrate um 0,45 Prozentpunkte. Dies ist besonders bemerkenswert: Die Umsetzung von THIP ist somit kein Nullsummenspiel, sondern erzeugt reale Wohlfahrtsgewinne durch den Abbau realer Handelskosten, sodass (im Prinzip) alle Länder von dieser Reduktion profitieren können. Der zugrunde liegende Mechanismus ist derselbe wie im Zollszenario: Die durch die Reduktion der Handelskosten ausgelöste Steigerung der Exportnachfrage führt zu mehr Einstellungen bei den Unternehmen, was direkt die Arbeitslosenrate sinken lässt. Gleichzeitig steigt damit der Konsum von Waren im Inland aufgrund der höheren Zahl an Beschäftigten, was wiederum zu mehr Nachfrage nach Importen aus anderen Mitgliedsländern von THIP führt. Diese positiven Spillover- Effekte im allgemeinen Gleichgewicht unter Berücksichtigung der Handelsverflechtungen zwischen den Ländern verstärken die reine Reduktion der Handelskosten. Abbildung 10 liefert uns analog zu Abbildung 9 wieder eine anschauliche Beschreibung der Konvergenz zwischen den EU-Mitgliedsländern: Die Graphiken sehen sich sehr ähnlich, sind jedoch auf der y-achse in einem viel höheren Wertebereich. Auch hier gilt: Je höher die Arbeitslosigkeit in einem EU-Mitgliedsland, umso geringer die Arbeitslosenrate nach der Implementierung eines tiefen THIP-Abkommens Auch für diese Graphik ist der Steigungskoeffizient nicht signifikant von 0 verschieden aufgrund des Ausreißers Vereinigtes Königreich. Eine Regressionsgerade ohne diesen Ausreißer ist auf dem 5-Prozent-Signifikanzniveau von 0 verschieden und weist ebenfalls eine klar positive Steigung auf. 38

39 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Tabelle 10: Veränderung der Beschäftigung, der Arbeitslosenrate und des Reallohns, tiefe Liberalisierung Land Prozentualer Anstieg der Beschäftigung Veränderung Arbeitslosenrate in Prozentpunkten Prozentuale Veränderung des Reallohns Australien 0,47 0,44 2,14 Belgien 0,09 0,08 0,42 Dänemark 0,54 0,50 2,54 Deutschland 0,47 0,43 2,19 Finnland 0,81 0,75 3,84 Frankreich 0,47 0,43 2,22 Griechenland 0,78 0,68 3,68 Irland 0,97 0,84 4,61 Island 0,46 0,42 2,12 Italien 0,62 0,57 2,90 Japan 0,11 0,11 0,53 Kanada 0,60 0,56 2,75 Neuseeland 0,30 0,28 1,40 Niederlande 0,35 0,34 1,65 Norwegen 0,46 0,44 2,12 Österreich 0,28 0,27 1,33 Polen 0,58 0,53 2,75 Portugal 0,85 0,76 4,03 Schweden 0,72 0,65 3,37 Schweiz 0,43 0,41 1,96 Slowakei 0,56 0,48 2,63 Spanien 0,78 0,62 3,65 Südkorea 0,13 0,12 0,58 Tschechien 0,46 0,42 2,14 Türkei 0,42 0,38 1,94 Ungarn 0,60 0,53 2,81 Vereinigte Staaten 0,78 0,71 3,68 Vereinigtes Königreich 1,38 1,27 6,60 Durchschnitt (BIP-gewichtet) 0,50 0,45 2,34 Quelle: Berechnungen des ifo Institutes 39

40 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? Abbildung 10: Senkung der Arbeitslosenrate und Arbeitslosenrate 2010, tiefe Liberalisierung 1,5 Vereinigtes Königreich Absenkung der Arbeitslosenrate in Prozent 1,2 0,9 0,6 0,3 Irland Finnland Portugal Griechenland Schweden Italien Polen Ungarn Dänemark Slovakei Deutschland Frankreich Tschechien Niederlande Österreich Linie zeigt lineare Regression. Spanien Belgien 0, Arbeitslosenrate im Jahr 2010 in Prozent Quelle: Berechnungen des ifo Institutes Fazit: 2 Millionen Arbeitsplätze bei tiefer Liberalisierung Zusammenfassend bestätigt sich das Bild der vorherigen Analysen: Während eine reine Eliminierung von Zöllen zwar positive Wohlfahrts- und Beschäftigungseffekte für die EU und die USA mit sich bringt, sind die positiven Effekte einer tief greifenden Liberalisierung um ein Vielfaches höher. Es wird auch deutlich, dass etwaige Befürchtungen über ein Auseinanderdriften zwischen den EU-Staaten aufgrund der Liberalisierungsbemühungen unbegründet sind; im Gegenteil: Das Abkommen trägt in der Tendenz zu einer Angleichung der Arbeitsmarktsituationen und Lebensverhältnisse innerhalb der EU bei. Dies unterstreicht die besondere Bedeutung einer umfassenden Liberalisierung für einen spürbaren Impuls der Ökonomien auf beiden Seiten des Atlantiks. Abschließend liefern wir in Tabelle 11 eine Übersicht über die netto in den beiden Szenarien geschaffenen zusätzlichen Arbeitsplätze in der OECD, das heißt die Umrechnung der Veränderungen der Arbeitslosenraten in Stellen: Durch eine tiefe Liberalisierung werden circa neue Stellen in Deutschland geschaffen, in den USA über eine Million. In der Gesamtsumme ergibt sich ein Zuwachs der Beschäftigung in allen Staaten der OECD um über 2 Millionen Arbeitsplätze; im weniger ambitionierten Zollszenario von circa einer halben Million. Diese Zahlen führen be- 40

41 Was passiert auf den Arbeitsmärkten? sonders deutlich vor Augen, dass von einer tief greifenden Liberalisierung bedeutende Beschäftigungsimpulse ausgehen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass positive Spillover-Effekte aufgrund psychologischer Erwägungen (Aufschwungsstimmung nach einer umfassenden Liberalisierung) in unserer Modellierung außen vor gelassen werden. Vermutlich würden diese Effekte die Zahlen noch positiv verstärken. Tabelle 11: Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze in den beiden Szenarien Land Tiefe Liberalisierung Zoll-Szenario Australien Belgien Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Irland Island Italien Japan Kanada Neuseeland Niederlande Norwegen Österreich Polen Portugal Schweden Schweiz Slowakei Spanien Südkorea Tschechien Türkei Ungarn Vereinigte Staaten Vereinigtes Königreich in der OECD geschaffene Arbeitsplätze Quelle: Berechnungen des ifo Institutes 41

42 Zusammenfassung 7. Zusammenfassung In dieser Studie haben wir die makroökonomischen Auswirkungen einer transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) zwischen EU und USA untersucht. Es werden zwei Szenarien betrachtet: (i) die Eliminierung von Zöllen im transatlantischen Handel, (ii) eine tief greifende Liberalisierung des Handels, in dem auch regulatorische Marktzutrittsbarrieren abgesenkt werden. Dabei wurde ein empirischer Ansatz gewählt, der für das Abkommen jene Handelsschaffungseffekte unterstellt, die in den Daten für vergleichbare bereits existierende Freihandelsabkommen gemessen werden können. Damit werden die direkte Quantifizierung nicht tarifärer Handelsbarrieren und Spekulationen über deren Absenkung im Zuge des Abkommens vermieden. Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Der Handel zwischen USA und Deutschland wird durch die Abschaffung der Zölle nur unwesentlich gestärkt. Eine darüber hinausgehende Absenkung der nicht tarifären Barrieren im Rahmen eines umfassenden Liberalisierungsszenarios bringt sehr viel höhere Effekte. Die zu erwartenden Zuwächse bewegen sich um 90 Prozent. 2. Für andere EU-Länder sind Handelszuwächse in ähnlicher Größenordnung zu erwarten. In allen Fällen gilt, dass die Zuwächse durch bloße Zolleliminierung vernachlässigbar gering sind. 3. Der Handel Deutschlands mit seinen traditionellen Handelspartnern in Europa geht im umfassenden Szenario teilweise stark zurück (zum Beispiel mit Frankreich: 23 Prozent). Dies ist auf die Rückabwicklung der durch europäische Zollunion und Binnenmarkt verursachten Handelsumleitung zurückzuführen. Ähnliche Effekte existieren auch für die anderen EU-Länder, wie zum Beispiel für Großbritannien. Die handelspolitische Verflechtung der EU-Länder untereinander sinkt also. 4. Der Handel Deutschlands mit den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) würde durch das umfassende Abkommen um etwa 10 Prozent relativ zum Ausgangsgleichgewicht fallen. Gegen die massive Ausweitung des transatlantischen Handels ist dies ein geringer Effekt. Der Handel der USA mit den BRICS-Ländern würde allerdings deutlich stärker zurückgehen (30 Prozent). 5. Der Handel der EU mit den Nachbarstaaten in Nordafrika oder Osteuropa würde durch das umfassende Abkommen um durchschnittlich 5 Prozent zurückgehen. Dies resultiert aus dem Umstand, dass durch THIP die existierenden präferenziellen Abkommen teilweise entwertet würden. 6. Ein Freihandelsabkommen zwischen USA und EU hat wichtige Wohlfahrtswirkungen auf die direkt beteiligten Länder und auf Länder, die von dem Abkommen nur indirekt betroffen sind. 42

43 Zusammenfassung Auch innerhalb der EU ist mit Unterschieden quer über die Länder zu rechnen. Innerhalb Europas profitieren die baltischen Staaten am meisten von einer Eliminierung der Zölle im Handel mit den USA. Relativ hohe Gewinne entstehen auch in Großbritannien und bei den Mittelmeeranrainern. Deutschland hat mit einer Zunahme des realen Pro-Kopf-Einkommens von 0,24 Prozent zu rechnen. Am unteren Ende sind Frankreich, die Benelux-Staaten und Österreich mit seinen Nachbarstaaten angesiedelt. Das Mittel liegt bei 0,27 Prozent. 7. Die Absenkung nicht tarifärer Barrieren hat deutlich höhere Effekte auf die realen Pro-Kopf- Einkommen in Europa als die bloße Eliminierung der Zölle. Nun zeigt sich, dass vor allem Großbritannien von der Initiative profitiert (Zuwachs von 9,70 Prozent). Die skandinavischen Mitgliedsstaaten, die baltischen Länder und Spanien sehen überdurchschnittliche Zuwächse. Deutschland profitiert mit 4,68 Prozent etwas weniger als der Durchschnitt, der bei 4,95 Prozent liegt. Frankreich profitiert mit 2,64 Prozent im Vergleich dazu relativ schwach. 8. Eine Absenkung der transatlantischen Zölle auf null hilft vor allem den ärmeren Mitgliedsstaaten der EU. Mitgliedsländer, deren Pro-Kopf-Einkommen im Jahre 2011 um 50 Prozent unter jenem Frankreichs lagen, haben Wohlfahrtsgewinne zu erwarten, die um etwa 0,1 Prozent höher liegen als jene Frankreichs. Im Falle einer Reduzierung der nicht tarifären Barrieren kann kein Konvergenzeffekt statistisch nachgewiesen werden. 9. Die USA gewinnt deutlich mehr als die EU. Im Zollszenario steigt das reale Pro-Kopf-Einkommen dort um etwa 0,8 Prozent; in einer tief greifenden Liberalisierung der nicht tarifären Barrieren steigt der Gewinn auf 13,4 Prozent. Diese hohen Gewinne ergeben sich aus dem Tatbestand bereits geringer Handelsbarrieren mit großen europäischen Ländern wie Großbritannien, aber auch Deutschland. 10. Die Liberalisierung des Handels zwischen EU und USA führt zu Handelsschaffung zwischen den Partnern, aber zu deutlicher Handelsumlenkung im Handel mit Drittländern. Bei einer reinen Zolleliminierung verlieren Länder Westafrikas, die traditionell viel mit Europa handeln, bis zu 7 Prozent; allerdings gibt es auch Gewinner unter den Drittstaaten. Brasilien, Kasachstan oder Indonesien haben durch positive indirekte Effekte höhere prozentuale Gewinne als Europa. Die Weltwohlfahrt steigt um etwa 0,1 Prozent. 11. Wenn über die Zölle hinaus auch die nicht tarifären Barrieren zwischen EU und USA liberalisiert werden, nimmt das Pro-Kopf-Einkommen im weltweiten Durchschnitt um stolze 3,27 Prozent zu. Die Handelsumlenkungseffekte sind im Vergleich mit dem Zollszenario nur unwesentlich größer, aber in anderer Weise über die Drittstaaten verteilt. Nun sehen traditionelle Handelspartner der USA wie Mexiko, Kanada und Chile substanzielle Verluste; ebenso verlieren Australien, Japan und Israel jeweils zwischen 9,5 und 5,5 Prozent. Diese Länder haben also starke Anreize, die Liberalisierung nicht tarifärer Barrieren mitzugestalten. 43

44 Zusammenfassung 12. Wird Sucharbeitslosigkeit in den Modellrechnungen mitberücksichtigt, so zeigt sich, was allerdings aus Datengründen nur für die OECD Länder möglich ist, dass THIP zu einem Anstieg der Beschäftigung und zu einem Rückgang der Arbeitslosigkeit in den USA, der EU und im Durchschnitt aller OECD-Staaten führt. Im Zollszenario sind die Effekte klein; bei einer tief greifenden Liberalisierung sind sie allerdings deutlich größer. Im OECD-Durchschnitt geht die Arbeitslosenrate um etwa 0,5 Prozentpunkte zurück. 13. THIP führt in manchen Ländern zu Beschäftigungsverlusten. Diese betragen im ambitionierten Szenario bis zu Arbeitsplätze (in Kanada). Im OECD-Durchschnitt werden allerdings insgesamt zwei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Im Zollszenario beträgt der Zuwachs an Arbeitsplätzen immerhin noch eine halbe Million Stellen. 14. Die Reallöhne gehen in den direkt betroffenen Ländern im Durchschnitt nach oben; im OECD- Durchschnitt steigen sie durch eine tief greifende THIP um etwa 2,3 Prozent, wobei die Zuwächse in Großbritannien, Irland oder USA höher ausfallen als zum Beispiel in Deutschland. 15. In Ländern, in denen die Arbeitslosenrate im Ausgangsgleichgewicht überdurchschnittlich hoch ist, führt THIP zu einer überdurchschnittlichen Absenkung der Arbeitslosigkeit. Dies gilt sowohl für eine bloße Absenkung der Zölle als auch für die tiefere Liberalisierung. THIP führt also auch auf den Arbeitsmärkten zu Konvergenz innerhalb der OECD. 44

45 Literatur Literatur [1] Ackerman, Frank. Assessing the Effects of Trade Liberalization: A Critical Examination [in Italian]. Rivista dell Associazone Rossi-Doria [2] Anderson, James E., und Eric van Wincoop. Gravity with Gravitas: A Solution to the Border Puzzle. American Economic Review (93) [3] Anderson, James E., und Eric van Wincoop. Trade Costs. Journal of Economic Literature (42) [4] Anderson, James E., Jeffrey Bergstrand, Peter Egger und Joseph Francois. Non-Tariff Barrier Study Methodology. mimeo, ifo Institut. München [5] Arkolakis, Costas, Costinot Arnaud und Andres Rodriguez-Clare. New Trade Models, Same Old Gains. American Economic Review (102) [6] Baier, Scott L., und Jeffrey H. Bergstrand. The growth of world trade: tariffs, transport costs, and income similarity. Journal of International Economics (53) [7] Baier, Scott L., und Jeffrey H. Bergstrand. Estimating the Effects of Free Trade Agreements on International Trade Flows Using Matching Econometrics. Journal of International Economics (77) [8] Broda, Christian, und David Weinstein. Globalization and the Gains from Variety. Quarterly Journal of Economics (121) [9] Davidson, Carl, Lawrence Martin und Steven Matusz. Trade and Search Generated Unemployment. Journal of International Economics (48) [10] Ecorys. Study on priorities in the context of EU-US trade relations. Ecorys Nederland B.V. Amsterdam [11] Egger, Peter, Mario Larch, Kevin E. Staub und Rainer Winkelmann. The Trade Effects of Endogenous Preferential Trade Agreements. American Economic Journal: Economic Policy (3) [12] Felbermayr, Gabriel, Hans-Jörg Schmerer und Julien Prat. Globalization and labor market outcomes: Wage bargaining, search frictions, and firm heterogeneity. Journal of Economic Theory (146) [13] Felbermayr, Gabriel, Benjamin Jung und Mario Larch. Icebergs versus Tariffs: A Quantitative Perspective on the Gains from Trade. CESifo Working Paper No Tübingen [14] Felbermayr, Gabriel, Mario Larch, Lisandra Flach, Erdal Yalcin und Sebastian Benz. Dimensionen und Auswirkungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA. ifo Studie. München [15] Fontagné, Lionel, und Julien Gourdon. Evaluation of a bilateral trade agreement TAFTA between EU and US. CEPII. Paris [16] Francois, Joseph, Miriam Manchin, Hanna Norberg, Olga Pindyuk und Patrick Tomberger. Reducing Transatlantic Barriers to Trade and Investment: An Economic Assessment. Study for the EC Commission. London

46 Literatur [17] Francois, Joseph, und Olga Pindyuk. Modeling the Effects of Free Trade Agreements between the EU and Canada, USA and Moldova/Georgia/Armenia on the Austrian Economy: Model Simulations for Trade Policy Analysis. FIW Research Reports 2012/13. Wien [18] Heid, Benedikt, und Mario Larch. International Trade and Unemployment: A Quantitative Framework. CESifo Working Paper No Tübingen [19] Helpman, Elhanan, und Oleg Itskhoki. Labour Market Rigidities, Trade and Unemployment. Review of Economic Studies (77) [20] Hosny, Amr Sadek. Survey of recent literature on CGE trade models with special reference to the case of Egypt. Journal of World Economic Research (2) [21] Kommerskolegium. Potential Effects from and EU-US Free Trade Agreement Sweden in Focus, Swedish National Board of Trade. Stockholm [22] OECD. Benefits and Wages. Paris 2010a. Online unter benefitsandwagesoecdindicators.htm, Download [23] OECD. Labour Force Statistics. Paris 2010b. Online unter Download [24] Piermartini, Roberta, und Robert Teh. Demystifying Modeling Methods for Trade Policy. WTO Discussion Paper 10. Genf [25] Pissarides, Christopher. Equilibrium Unemployment Theory. Massachusetts Institute of Technology. Cambridge, MA

47 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildungen Abbildung 1: Modellierung der Handelskosten 7 Abbildung 2: Veränderung der Handelskosten durch THIP 11 Abbildung 3: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens in der EU27, Zollszenario 22 Abbildung 4: Handelsgewinne und Status-quo-Pro-Kopf-Einkommen, Zollszenario 23 Abbildung 5: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens in der EU27, tiefe Liberalisierung 24 Abbildung 6: Handelsgewinne und Status-quo-Pro-Kopf-Einkommen, tiefe Liberalisierung 25 Abbildung 7: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens weltweit, Zollszenario 28 Abbildung 8: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens weltweit, tiefe Liberalisierung 30 Abbildung 9: Senkung der Arbeitslosenrate und Arbeitslosenrate 2010, Zollszenario 37 Abbildung 10: Senkung der Arbeitslosenrate und Arbeitslosenrate 2010, tiefe Liberalisierung 40 Tabellen Tabelle 1: Veränderung des deutschen Außenhandels mit traditionellen Partnerländer 14 Tabelle 2: Veränderung des deutschen Außenhandels mit der EU-Peripherie (GIIPS) 15 Tabelle 3: Veränderung des deutschen Außenhandels mit den BRICS-Staaten 16 Tabelle 4: Veränderung des Handels der EU mit EU-Nachbarstaaten 17 Tabelle 5: Veränderung des Handels der GIIPS-Staaten mit USA 17 Tabelle 6: Veränderung der Handelsbeziehungen Großbritanniens 18 Tabelle 7: Veränderung des Handels der USA und Kanadas 20 Tabelle 8: Arbeitslosenraten Tabelle 9: Veränderung der Beschäftigung, der Arbeitslosenrate und des Reallohns, Zollszenario 36 Tabelle 10: Veränderung der Beschäftigung, der Arbeitslosenrate und des Reallohns, tiefe Liberalisierung 39 Tabelle 11: Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze in den beiden Szenarien 41 47

48 Global Economic Dynamics (GED) Über die Autoren Prof. Gabriel J. Felbermayr, PhD, Leiter des Forschungsbereiches Außenhandel ifo Institut - Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München Sybille Lehwald ifo Institut - Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München Benedikt Heid ifo Institut - Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München Über das Projekt Global Economic Dynamics (GED) Das Projekt Global Economic Dynamics (GED) der Bertelsmann Stiftung soll zu einem besseren Verständnis der wachsenden Komplexität globaler Wirtschaftsentwicklungen beitragen. Durch den Einsatz modernster Werkzeuge und Methoden zur Messung, Vorhersage und Darstellung weltwirtschaftlicher Dynamiken zielt das Projekt darauf ab, Globalisierung, ihre ökonomischen Effekte und ihre politischen Konsequenzen transparenter und fassbarer zu machen. Kontakt Bertelsmann Stiftung GED-Team Programm Nachhaltig Wirtschaften Carl-Bertelsmann-Straße 256 D Gütersloh Telefon Fax ged@bertelsmann-stiftung.de GED-Team Leitung Andreas Esche Director Nachhaltig Wirtschaften Telefon Fax andreas.esche@bertelsmann-stiftung.de 48

49 Global Economic Dynamics (GED) Projektmitarbeiter Dr. Jan Arpe Project Manager Telefon Fax Samuel George Project Manager Telefon Fax Dr. Thieß Petersen Senior Expert Telefon Fax Dr. Ulrich Schoof Project Manager Telefon Fax Kooperationspartner ifo Institut - Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München Poschingerstraße München Ansprechpartner Prof. Gabriel J. Felbermayr, PhD Telefon felbermayr@ifo.de Sybille Lehwald Telefon lehwald@ifo.de Benedikt Heid Telefon heid@ifo.de 49

50 Impressum Impressum 2013 Bertelsmann Stiftung Bertelsmann Stiftung Carl-Bertelsmann-Straße Gütersloh Verantwortlich Dr. Ulrich Schoof Lektorat Rudolf Jan Gajdacz, München Gestaltung Nicole Meyerholz, Bielefeld Bildnachweis Peer Frings/Fotolia.com 50

51

52 Neu! GED Shorts Unsere GED Shorts sind ein neues digitales Informationsformat, in dem wir die Ergebnisse unserer Studien, Simulationen und Prognosen multi-medial und interaktiv aufbereiten, um sie einer breiten Öffentlichkeit und interessierten Medien zur Verfügung zu stellen. Die Inhalte eines GED Shorts werden auf (allen gängigen) Browsern, Tablets und Smartphones ausgespielt und stehen unter Creative Commons Licence direkt zum Download und zur medialen Zweitverwertung bereit. Besuchen Sie uns unter Oder registrieren Sie sich für den Erhalt des GED Short Newsletters unter Demnächst auch als GED Short APP! Adresse Kontakt Bertelsmann Stiftung Carl-Bertelsmann-Straße Gütersloh GED-Team Programm Nachhaltig Wirtschaften Telefon

Die transatlantische Wirtschaftspartnerschaft DYNAMIK DURCH VERTIEFTEN HANDEL?

Die transatlantische Wirtschaftspartnerschaft DYNAMIK DURCH VERTIEFTEN HANDEL? Die transatlantische Wirtschaftspartnerschaft DYNAMIK DURCH VERTIEFTEN HANDEL? Die transatlantische Wirtschaftspartnerschaft DYNAMIK DURCH VERTIEFTEN HANDEL? Handelsbeziehungen zwischen den USA und der

Mehr

Auswirkungen der bilateralen Abkommen auf die Schweizer Wirtschaft

Auswirkungen der bilateralen Abkommen auf die Schweizer Wirtschaft Auswirkungen der bilateralen Abkommen auf die Schweizer Wirtschaft Dr. Roland Aeppli Marc Altenburg Dr. Spyridon Arvanitis Dr. Erdal Atukeren Thomas Bolli Dr. Martin Gassebner PD Dr. Michael Graff Dr.

Mehr

Endbericht zum Projekt "Hochschulen als regionaler Wirtschaftsfaktor"

Endbericht zum Projekt Hochschulen als regionaler Wirtschaftsfaktor Torben Schubert, Henning Kroll Endbericht zum Projekt "Hochschulen als regionaler Wirtschaftsfaktor" Im Auftrag von Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft Unterstützt durch das Ministerium für Wissenschaft

Mehr

Zur Zukunftsfestigkeit der Europäischen Sozialstaaten

Zur Zukunftsfestigkeit der Europäischen Sozialstaaten Analyse Zur Zukunftsfestigkeit der Europäischen Sozialstaaten Von Michael Bräuninger und Christina Benita Wilke, Hamburgisches WeltWirtschafts- Institut 2 Inhaltsverzeichnis Kurzzusammenfassung 4 1 Einleitung

Mehr

Der Beitrag von Ausländern und künftiger Zuwanderung zum deutschen Staatshaushalt. Holger Bonin

Der Beitrag von Ausländern und künftiger Zuwanderung zum deutschen Staatshaushalt. Holger Bonin Der Beitrag von Ausländern und künftiger Zuwanderung zum deutschen Staatshaushalt Holger Bonin Der Beitrag von Ausländern und künftiger Zuwanderung zum deutschen Staatshaushalt Prof. Dr. Holger Bonin ZEW

Mehr

WIE VIEL FAMILIE VERTRÄGT DIE MODERNE GESELLSCHAFT?

WIE VIEL FAMILIE VERTRÄGT DIE MODERNE GESELLSCHAFT? WIE VIEL FAMILIE VERTRÄGT DIE MODERNE GESELLSCHAFT? Jörg Althammer / Michael Böhmer / Dieter Frey / Stefan Hradil / Ursula Nothelle-Wildfeuer / Notburga Ott / Berta van Schoor / Susanne Seyda www.romanherzoginstitut.de

Mehr

Brexit Mögliche wirtschaftliche. britischen EU-Austritts

Brexit Mögliche wirtschaftliche. britischen EU-Austritts Policy Brief # 2015/05 Dr. Ulrich Schoof Programm Nachhaltig Wirtschaften Telefon: +49 5241 81-81384 E-Mail: ulrich.schoof@ bertelsmannstiftung.de Dr. Thieß Petersen Programm Nachhaltig Wirtschaften Telefon:

Mehr

Kein Mindestlohn ohne unabhängige wissenschaftliche Evaluation

Kein Mindestlohn ohne unabhängige wissenschaftliche Evaluation IZA Standpunkte Nr. 65 STANDPUNKTE Kein Mindestlohn ohne unabhängige wissenschaftliche Evaluation Patrick Arni Werner Eichhorst Nico Pestel Alexander Spermann Klaus F. Zimmermann März 2014 Forschungsinstitut

Mehr

Diskriminierung von MigrantInnen am österreichischen Arbeitsmarkt

Diskriminierung von MigrantInnen am österreichischen Arbeitsmarkt Projektbericht Research Report Diskriminierung von MigrantInnen am österreichischen Arbeitsmarkt Helmut Hofer, Gerlinde Titelbach, Doris Weichselbaumer, Rudolf Winter-Ebmer Projektbericht Research Report

Mehr

Sind Nichtregierungsorganisationen die besseren Entwicklungshelfer? Peter Nunnenkamp und Rainer Thiele

Sind Nichtregierungsorganisationen die besseren Entwicklungshelfer? Peter Nunnenkamp und Rainer Thiele Sind Nichtregierungsorganisationen die besseren Entwicklungshelfer? Peter Nunnenkamp und Rainer Thiele Nr. 1484 Februar 2009 Institut für Weltwirtschaft, Düsternbrooker Weg 120, 24105 Kiel Kieler Arbeitspapiere

Mehr

Diskurs. Deutschlands Exportüberschüsse gehen zu Lasten der Beschäftigten. Dezember 2010

Diskurs. Deutschlands Exportüberschüsse gehen zu Lasten der Beschäftigten. Dezember 2010 Dezember 2010 Expertisen und Dokumentationen zur Wirtschafts- und Sozialpolitik Deutschlands Exportüberschüsse gehen zu Lasten der Beschäftigten I II Expertise im Auftrag der Abteilung Wirtschaftsund Sozialpolitik

Mehr

Globalisierung als Galton-Problem: Regionale und temporale Diffusionsschübe

Globalisierung als Galton-Problem: Regionale und temporale Diffusionsschübe Globalisierung als Galton-Problem: Regionale und temporale Diffusionsschübe Detlef Jahn 1 Prolog Als ich die Grundidee hatte, Globalisierung mit den klassischen Lösungen aus der Anthropologie, die für

Mehr

Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung bis 2030 in Bayern und Deutschland

Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung bis 2030 in Bayern und Deutschland Studie Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung bis 2030 in Bayern und Deutschland Franziska Biermann, Michael Bräuninger, Anja Rossen, Friso Schlitte Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Oktober

Mehr

Entwicklung des europäischen Erdgasmarktes bis 2030

Entwicklung des europäischen Erdgasmarktes bis 2030 Trierer Beiträge zur Betriebsund Volkswirtschaftslehre Nr. 2 Entwicklung des europäischen Erdgasmarktes bis 2030 Eine Gegenüberstellung ausgewählter Prognosemodelle und Trends in einzelnen Ländern Anna

Mehr

Gibt es ein europäisches Sozialmodell?

Gibt es ein europäisches Sozialmodell? Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Gibt es ein europäisches Sozialmodell? Norbert Berthold Alexander Brunner Wirtschaftswissenschaftliche Beiträge

Mehr

SCHRIFTENREIHE DER RENTENBANK BAND 29. Sicherung der Welternährung bei knappen Ressourcen

SCHRIFTENREIHE DER RENTENBANK BAND 29. Sicherung der Welternährung bei knappen Ressourcen SCHRIFTENREIHE DER RENTENBANK BAND 29 Sicherung der Welternährung bei knappen Ressourcen Edmund Rehwinkel-Stiftung Die Edmund Rehwinkel-Stiftung wurde 1974 von der Rentenbank in Erinnerung an die Tätigkeit

Mehr

HINTERGRUNDPAPIER ENTWICKLUNG ODER MARKTÖFFNUNG? K RITISCHE A SPEKTE IN DEN W IRTSCHAFTS-

HINTERGRUNDPAPIER ENTWICKLUNG ODER MARKTÖFFNUNG? K RITISCHE A SPEKTE IN DEN W IRTSCHAFTS- HINTERGRUNDPAPIER ENTWICKLUNG ODER MARKTÖFFNUNG? K RITISCHE A SPEKTE IN DEN W IRTSCHAFTS- PARTNERSCHAFTSABKOMMEN ZWISCHEN DER EU UND AFRIKANISCHEN L ÄNDERN Tobias Reichert, Silke Spielmans, Carolin Mengel

Mehr

Das Erreichte nicht verspielen

Das Erreichte nicht verspielen Studie Das Erreichte nicht verspielen Die deutsche Wettbewerbsfähigkeit im Lichte des Koalitionsvertrags Im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft Ansprechpartner Dr. Oliver Ehrentraut Mitarbeiter

Mehr

UNTERSUCHUNGEN ZU EINEM ZUKUNFTSFÄHIGEN STROMMARKTDESIGN. Endbericht, März 2012. www.ewi.uni-koeln.de

UNTERSUCHUNGEN ZU EINEM ZUKUNFTSFÄHIGEN STROMMARKTDESIGN. Endbericht, März 2012. www.ewi.uni-koeln.de UNTERSUCHUNGEN ZU EINEM ZUKUNFTSFÄHIGEN STROMMARKTDESIGN Endbericht, März 2012 www.ewi.uni-koeln.de Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln (EWI) Alte Wagenfabrik Vogelsanger Straße

Mehr

Auswirkungen der Einwanderung auf Arbeitsmarkt und Sozialstaat: Neue Erkenntnisse und Schlussfolgerungen für die Einwanderungspolitik

Auswirkungen der Einwanderung auf Arbeitsmarkt und Sozialstaat: Neue Erkenntnisse und Schlussfolgerungen für die Einwanderungspolitik Auswirkungen der Einwanderung auf Arbeitsmarkt und Sozialstaat: Neue Erkenntnisse und Schlussfolgerungen für die Einwanderungspolitik Herbert Brücker Auswirkungen der Einwanderung auf Arbeitsmarkt und

Mehr

Sind WTO-Konflikte im Bereich des Umwelt- und Verbraucherschutzes eskalationsträchtiger als andere WTO-Konflikte?

Sind WTO-Konflikte im Bereich des Umwelt- und Verbraucherschutzes eskalationsträchtiger als andere WTO-Konflikte? Thomas Bernauer/Thomas Sattler Sind WTO-Konflikte im Bereich des Umwelt- und Verbraucherschutzes eskalationsträchtiger als andere WTO-Konflikte? Dieser Beitrag befasst sich mit der Hypothese, dass WTO-Konflikte

Mehr

Study on Volunteering in the European Union Executive summary DE FREIWILLIGENTÄTIGKEIT IN DER EU

Study on Volunteering in the European Union Executive summary DE FREIWILLIGENTÄTIGKEIT IN DER EU FREIWILLIGENTÄTIGKEIT IN DER EU 1 2 ZUSAMMENFASSUNG Einführung Diese Zusammenfassung präsentiert die wichtigsten Ergebnisse einer Studie zur Freiwilligentätigkeit in der EU. Die Studie wurde von GHK im

Mehr

Thüringer Memos. Gewachsen, aber gefährdet: Eine wirtschaftliche Zwischenbilanz der Deutschen Einheit für Mitteldeutschland und Thüringen, anno 2013.

Thüringer Memos. Gewachsen, aber gefährdet: Eine wirtschaftliche Zwischenbilanz der Deutschen Einheit für Mitteldeutschland und Thüringen, anno 2013. Thüringer Memos Herausgegeben vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie. Gewachsen, aber gefährdet: Eine wirtschaftliche Zwischenbilanz der Deutschen Einheit für Mitteldeutschland

Mehr

Wirtschaftswachstum oder nachhaltige Entwicklung? August 2011 1. Ein BUND-Diskussionspapier

Wirtschaftswachstum oder nachhaltige Entwicklung? August 2011 1. Ein BUND-Diskussionspapier diskussion Wirtschaftswachstum oder nachhaltige Entwicklung? August 2011 1 Ein BUND-Diskussionspapier Inhalt Vorwort 3 Der BUND und das Wirtschaftswachstum 5 Einleitung 6 Fragestellung: Optionen einer

Mehr

Wie wirkungsvoll sind Sanktionen? Das Beispiel Südafrika

Wie wirkungsvoll sind Sanktionen? Das Beispiel Südafrika Wie wirkungsvoll sind Sanktionen? Das Beispiel Südafrika Carsten Hefeker Karl Wolfgang Menck HWWA-Report 220 Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) Hamburg Institute of International Economics 2002

Mehr

Herstellerabgabepreise auf europäischen Arzneimittelmärkten als Erstattungsrahmen in der GKV Arzneimittelversorgung

Herstellerabgabepreise auf europäischen Arzneimittelmärkten als Erstattungsrahmen in der GKV Arzneimittelversorgung de Herstellerabgabepreise auf europäischen Arzneimittelmärkten als Erstattungsrahmen in der GKV Arzneimittelversorgung Zur Problematik des Konzepts internationaler Vergleichspreise Gutachten für den Verband

Mehr

ENERGIEWENDE NEUE IMPULSE FÜR DIE WAS DIE DEUTSCHE ENERGIEPOLITIK AUS DEM INTERNATIONALEN VERGLEICH LERNEN KANN

ENERGIEWENDE NEUE IMPULSE FÜR DIE WAS DIE DEUTSCHE ENERGIEPOLITIK AUS DEM INTERNATIONALEN VERGLEICH LERNEN KANN ENERGIEWENDE NEUE IMPULSE FÜR DIE ENERGIEWENDE WAS DIE DEUTSCHE ENERGIEPOLITIK AUS DEM INTERNATIONALEN VERGLEICH LERNEN KANN 2 NEUE IMPULSE FÜR DIE ENERGIEWENDE ERSTELLT FÜR General Electric 26. März 2014

Mehr