Abplatzverhalten von selbstverdichtendem

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Berichte Frank Dehn Peter Nause Sebastian Hauswaldt Frank Abel Michael Willmes DOI: 10.1002/best.200608192 Brand- und Abplatzverhalten von selbstverdichtendem Beton (SVB) für den Tunnelbau Der Citytunnel Malmö als Beispiel Selbstverdichtender Beton (SVB) wurde schon mehrfach erfolgreich im Tunnelbau eingesetzt. Eine mit diesem Anwendungsfeld zusammenhängende Fragestellung stellt grundsätzlich das Brand- und Abplatzverhalten von SVB bei den im Tunnelbau spezifisch angesetzten Brandszenarien dar. Nachfolgender Bericht fasst Untersuchungen an unterschiedlichen selbstverdichtenden Tunnelbetonen im Rahmen eines Forschungsvorhabens sowie großmaßstäbliche belastete Bauteilversuche für die Errichtung des Citytunnels Malmö (CTM) zusammen. 1 Brand- und Abplatzverhalten von selbstverdichtendem Beton (SVB) für den Tunnelbau Zum Brand- und Abplatzverhalten von Normalbeton gab es in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Untersuchungen, so dass man heute in der Lage ist, durch konstruktive Maßnahmen einen Tragfähigkeitsverlust entsprechender Bauteile für die Dauer eines Brandes zu vermeiden. Als Hauptursache für den Tragfähigkeitsverlust werden meist explosionsartige Betonabplatzungen infolge eines erhöhten Wasserdampfdrucks genannt. Daneben zählen insbesondere der Zementgehalt, aber auch zahlreiche andere Faktoren, wie beispielsweise die petrographische, d. h. die chemische und mineralogische Zusammensetzung der Gesteinskörnungen, die Bauteilabmessungen, die Lage der Bewehrung und insbesondere die vorherrschende Belastung zu den Einflussgrößen für Betonabplatzungen. Die Entstehung von explosionsartigen Abplatzungen bei Beton wird vielfach mit der Aggregatzustandsänderung des Porenwassers infolge der Erwärmung des Betonkörpers erklärt. Bei der Erwärmung strömt Wasserdampf zur beflammten Seite des Bauteils als auch ins Betoninnere, um in kälteren Zonen des Betonkörpers zu kondensieren und die dort vorhandenen Poren (insbesondere Kapillarporen) bis zur vollständigen Sättigung zu füllen. Das Weiterströmen des Wassers in den Querschnitt kommt dadurch zum Erliegen; eine Durchströmung dieser Kondensationszone ist nicht möglich. Die Verdampfung des Wassers kann nun nur in Richtung der beflammten Oberfläche erfolgen. Dabei kommt es zu einem sukzessiven Anstieg des Sättigungsdampfdrucks in den Poren. Wird dabei die Zugfestigkeit des Betons erreicht, kommt es zu explosionsartigen Abplatzungen. Explosionsartige Betonabplatzungen können in Brandversuchen auch bei selbstverdichtenden Betonen beobachtet werden. Versuche, die speziell das Brandund Abplatzverhalten von selbstverdichtendem Beton (SVB) zum Gegenstand hatten, sind bisher kaum veröffentlicht. In [1] ist der Einfluss der Temperatur auf mechanische Kennwerte von SVB dargestellt. Boström beschreibt in [2] Versuche an SVB-Stützen, bei denen bei einer allseitigen Brandbeanspruchung heftige Abplatzungen zu verzeichnen waren. Die Versuche zeigten auch, dass die Stärke der Abplatzungen durch die Zugabe von synthetischen Fasern vorrangig Polypropylenfasern verringert werden konnte. Eine weitere Versuchsreihe zum Brandverhalten von SVB wurde an der Universität Stuttgart durchgeführt [3]. Die Würfelprüfkörper wurden dort jedoch einer Brandbeanspruchung nach der Einheits-Temperatur-Zeit-Kurve (ETK) der DIN 4102-4 ausgesetzt und sind somit in Bezug auf den Tunnelbau nicht repräsentativ. Die bislang umfangreichste Studie zum Brand- und Abplatzverhalten von selbstverdichtenden Tunnelbetonen ist in [4] zusammengefasst. Im Rahmen des durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)/Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) finanzierten Forschungsvorhabens sollte verifiziert werden, welche konstruktiven und betontechnologischen Maßnahmen erforderlich sind, um den Anforderungen der ZTV-ING, Teil 5, Tunnelbau, an Straßentunnel zu genügen. Für die Untersuchungen wurden insgesamt 30 selbstverdichtende Betone des Mehlkorn- und des Kombinations-Typs entwickelt, die sich im Wesentlichen durch die Art und den Gehalt des verwendeten Zementes (CEM I 32,5 R, CEM II / A-LL 32,5 R und CEM III / A 32,5 N; 330 bis 360 kg/m 3 ), die Art und den Gehalt der verwendeten Betonzusatzstoffe (Kalksteinmehl und Steinkohlenflugasche), die Art und den Gehalt der Gesteinskörnung (quarzitisch und kalzitisch) sowie durch den Fasergehalt und die Fasergeometrie unterschieden. Die Rezepturentwicklung erfolgte unter Berücksichtigung der Anforderungen an Tunnelinnenschalenbetone nach ZTV-ING, Teil 3, Massivbau, und Teil 5, Tunnelbau. Für eine möglichst breite Anwendung im Tunnelbau wurden die selbstverdichtenden Betone so konzipiert, dass sie den Beanspruchungen im Einfahrtsbereich von Tunneln in geschlossener und offener Bauweise entsprachen (Expositionsklassen XF2 und XD2). Zur besseren Beurteilung des Brand- und Abplatzverhaltens 44 2007 Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin

06_044-049.qxd 21.12.2006 13:50 Uhr Seite 45 F. Dehn/P. Nause/S. Hauswaldt/F. Abel/M. Willmes Brand- und Abplatzverhalten von selbstverdichtendem Beton (SVB) für den Tunnelbau Bild 1. Situation im Kopfbalkenbereich der Stützen (Quelle: Malmö Citytunnel Group, MCG) der SVB wurden zusätzlich sechs konventionelle Rüttelbetone (Referenzbetone) für Tunnelinnenschalen nach ZTV-ING, Teil 5, Tunnelbau, untersucht. Die Rüttelbetone konnten den Konsistenzbereichen F4 bis F5 zugeordnet werden. Eine Verifizierung des Brandund Abplatzverhaltens erfolgte sowohl an klein- wie auch an großmaßstäblichen Probekörpern sowie an einem Gewölbeversuch. Die Probekörper wurden im belasteten und im unbelasteten Zustand einer Brand- beanspruchung ausgesetzt. Es ließ sich feststellen, dass das Brand- und Abplatzverhalten von selbstverdichtenden Betonen nicht einheitlich ist. Es unterscheidet sich sehr stark je nach Zusammensetzung des SVB. Dabei haben neben den äußeren Ein- 45

Bild 2. Einbau der Schalung für die Stützen aus SVB, Station Triangeln (Foto: Malmö Citytunnel Group, MCG) wirkungen insbesondere der eingesetzte Zement und die verwendeten Gesteinskörnungen einen wesentlichen Einfluss. 2 Projekt Citytunnel Malmö (CTM) Das Citytunnel-Projekt im schwedischen Malmö verbindet mit einer rd. 17 Kilometer langen Eisenbahnstrecke den Hauptbahnhof Malmö mit der Öresund-Brücke. Dadurch soll eine Bündelung des schienenbezogenen Verkehrs in Südschweden erreicht und gleichzeitig dem zu erwartenden Aufkommen für den Eisenbahnverkehr in der Zukunft Rechnung getragen werden. Die Baumaßnahmen unter Tage umfassen insgesamt rd. sechs Kilometer, davon wird auf einer Länge von 4,5 Kilometern ein bergmännischer Tunnel aufgefahren, der aus zwei parallelen Röhren besteht. Daneben werden verschiedene unterirdische Stationen errichtet, die die Eisenbahnstrecke mit der Stadt verbinden sollen, z. B. im Herzen von Malmö die Station Triangeln. Aufgrund der zum Teil komplizierten Einbausituation, insbesondere im Bereich der Kopfbalken der Stützen (Bild 1), wurde entschieden, im Stationsbereich einen selbstverdichtenden Beton einzubauen. Bild 2 zeigt die Situation vor dem Einbau. 2.1 Konzeption der Versuche und Versuchsaufbau Aufgrund ihrer Erfahrung mit großmaßstäblichen Brandprüfungen (z. B. in [5]) und selbstverdichtenden Betonen im Tunnelbau (z. B. [6]) wurde durch die Malmö Citytunnel Group (MCG) im Frühjahr 2006 der MFPA Leipzig der Auftrag erteilt, durch Versuche zu verifizieren, ob Konstruktion und Beton der Stützen im Stationsbereich des oben beschriebenen Bauprojekts geeignet seien, eine ausreichende Standsicherheit bei einem definierten Brandereignis zu gewährleisten. Hierfür wurden Brandprüfungen an so genannten panels durchgeführt. Aus Vergleichszwecken wurden neben den SVB-panels auch Probekörper aus Rüttelbeton untersucht. Die quaderförmigen, axial belasteten, bewehrten Elemente repräsentieren einen Ausschnitt aus dem Randbereich der zu untersuchenden Stützen (Bild 3a, 3b). Insbesondere die Untersuchung des Abplatzverhaltens bei einem definierten Brandereignis wurde zur Bewertung der Standsicherheit im Brandfall berücksichtigt. Eine mittlere Abplatztiefe des Betons von maximal 40 mm und ein Anteil von maximal zehn Prozent der Untersuchungsstellen mit Abplatztiefen von > 100 mm wurden in diesem Zusammenhang als zu erreichende a) b) Bild 3. a) Stützenbereich, b) Stützenausschnitt Schutzziele definiert. Das Brandereignis war durch eine Temperatur- Zeit-Kurve definiert, die sich über fünf Stunden erstreckt und ihre Höchsttemperatur von 1300 C nach drei Stunden erreicht (Bild 4). Um die panels einer gleichmäßigen einseitigen Brandbeanspruchung bei gleichzeitiger axialer Belastung aussetzen zu können, wurden sie horizontal auf die Öffnung eines eigens konzipierten, jedoch unterschiedlichen Geometrien genügenden Prüfofens gelegt (Bild 5) und über einen horizontalen Belastungsrahmen und hydraulische Pressen belastet (Bilder 6 und 7). 2.2 Probekörpergeometrie, Betontechnologie und Prüfprogramm Betonrezeptur, Bewehrung, Verdichtungs- und Schalungstechnik der panels entsprachen jenen der geplanten Stützen. Die panels wurden vor Ort auf der Baustelle der MCG mit Abmessungen von B L D = 1200 mm 2200 mm 400 mm hergestellt. Folgende Betone wurden der Brandbeanspruchung unterzogen: Typ 1: Zwei Prüfungen an panels aus selbstverdichtendem Beton mit der Zugabe von Polypropylenfasern (1,2 kg/m 3 ), CEM I 42,5-NW-HS-NA, Kalkstein- 46

Bild 4. Brandraumtemperatur Bild 5. Brandofen mit Belastungsrahmen mehl, Silikastaub, w/z-wert: 0,37. Das Betonieren erfolgte in stehenden Schalungskästen mit unten liegenden Füllstutzen. Als Polypropylenfaser wurde die IFT Polyloc 2,8 dtex / 6 mm eingesetzt. Typ 2: Eine Prüfung an einem panel aus Rüttelbeton ohne Polypropylenfasern, jedoch mit 20 mm dicken CaSi-Platten beplankt und ansonsten vergleichbarer Rezeptur. Für die Bestimmung der Temperaturprofile wurde vor dem Betoneinbau eine umfangreiche Anzahl von Temperaturmessfühlern in den Probekörpern eingebaut. Der Transport der Probekörper von Malmö nach Leipzig fand eine Woche nach dem Betoniervorgang statt. Dort wurden die panels zwei Monate bei konstant 20 C unter Wasser konditioniert und einen weiteren Monat bis zu ihrer Prüfung witterungsgeschützt unter PE-Folien gelagert (20 C, 65% rel. Luftfeuchte). 2.3 Versuchsdurchführung und -ergebnisse Der Eintrag der Belastung erfolgte kraftgesteuert über drei hydraulische Pressen. Die infolge der Temperatureinwirkung entstehenden Eigenspannungen konnten durch das gewählte statische System entkoppelt aufgenommen werden. Die Lasten wurden vor dem Eintrag der Brandeinwirkung stufenweise aufgebracht und über die Versuchsdauer konstant gehalten. Die Belastung der panels des Typs 1 betrug 8,6 N/mm 2, die des panels des Typs 2 11,6 N/mm 2,die entsprechenden Auflasten betrugen 4,8 MN und 6,5 MN. Die Beflammung erfolgte durch acht Ölbrenner, die einzeln anhand der Brandraumtemperaturen angesteuert wurden. Die panels wurden zweiseitig auf einer Breite von je 200 mm aufgelagert und auf einer Fläche von 1800 mm 1400 mm (Bilder 6 und 7) beflammt. Zur Untersuchung des Brandverhaltens wurden während der Versuche die Temperaturen innerhalb der panels und im Brandraum, die Abplatzgeräusche, die Verformungen sowie die eingeleiteten Kräfte aufgezeichnet und nach dem Erkalten der panels der Materialverlust bestimmt. Aufgrund der aufwändigen Anforderungen in Bezug auf Temperatur und Kraftfluss im Belastungsrahmen der Prüfkonstruktion musste auf die Möglichkeit einer visuellen Überwachung der beflammten Oberfläche während des Versuchs verzichtet werden. Um dennoch den zeitlichen Verlauf der Abplatzungen verifizieren zu können, wurden akustische Aufnahmen während des gesamten Prüfvorgangs durchgeführt. Diese erfolgten über ein Mikrofon, das mittig auf den panels positioniert war. Die Aufnahmen wurden anschließend gefiltert, um die Hintergrundgeräusche der Brenner zu entfernen. Die Aufnahmetechnik wie auch die Einstellungen der benutzen Filter war bei allen Tests identisch, so dass die grafische Auswertung der Wellenformen Bild 6. Aufsicht des Prüfaufbaus Bild 7. Schnitt des Prüfaufbaus 47

Bild 8. Panels nach den Versuchen Bild 9. Abplatzauswertungen (in [mm]) ein vergleichbares Ergebnis abbildeten. Anhand der Wellenform konnte man erkennen, ob und wann es zu Abplatzungen gekommen war. Die Temperaturen in den panels wurden jeweils mittels 26 Temperaturmessfühlern aufgezeichnet, die vor dem Betonieren in Abständen von 10, 50, 100, 200, 300 und 400 mm von der beflammten Oberfläche an den Bewehrungskörben montiert worden waren. Die Brandraumtemperaturen zeichneten sechs Raumtemperaturmessfühler im Abstand von 200 mm unter der beflammten Fläche der panels auf. Aufgrund der hohen Temperaturen kamen neben den üblichen Ni-Cr-Ni-Temperaturmessfühlern auch Messfühler aus Platin zur Steuerung der definierten Brandraumkurve zum Einsatz. Die Verformungen wurden in axialer Lastrichtung und quer zur Lastrichtung mit Wegaufnehmern aufgezeichnet. Nach den Brandversuchen wurden im Anschluss an eine definierte Abkühlphase des Ofens und der panels die Abplatztiefen auf der beflammten Oberfläche an einem Raster von 50 mm x 50 mm ermittelt (Bilder 8 und 9). Mittels der Temperatursensoren innerhalb der panels und der akustischen Auswertung war zu erkennen, dass es bei den panels des Typs 1 hauptsächlich im Zeitraum zwischen 14. und 32. Minute der Brandeinwirkung zu Abplatzungen gekommen ist. Die Abplatztiefen der visuellen Prüfung sind in Tabelle 1 dargestellt. Es fällt auf, dass die Abplatzungen an panel 1 um einiges stärker ausgefallen sind als bei panel 2. Dies ist durch Schädigungen nach Beendigung der Brandversuche zu erklären (Abplatzen von Betonschichten infolge chemischer Reaktionen des Betons mit der Luftfeuchte). Durch diese Schädigungen kam es zu großflächigen Abplatzungen zwischen Beendigung der Brandversuche und der visuellen Untersuchung an panel 1. Die so nachträglich freigelegte Oberfläche zeigt daher auch keine direkte Beflammung (Bild 8: panel 1). Es ist daher davon auszugehen, dass die tatsächliche mittlere Abplatztiefe direkt nach Beendigung des Brandversuchs geringer war als in Tabelle 1 angegeben. Eine schnellere visuelle Prüfung war aufgrund der Temperaturen im Ofen nicht möglich. An panel 2 kam es dagegen nicht zu Materialverlusten zwischen Brandprüfungsende und der Untersuchung der Abplatzungen. Beim Brandversuch des panels vom Typ 2 kam es zu keinen prüfungsrelevanten Abplatzungen. 3 Interpretation der Ergebnisse und Fazit Betrachtet man die Ergebnisse der Prüfungen der panels des Typs 1 unter Berücksichtigung der Temperaturdurchgangskurven und der akustischen Auswertungen, so erkennt man ein identisches Schadensbild. Unter diesem Aspekt ist die Abplatzneigung des panels 2 für diesen Typ am aussagekräftigsten. Eine mittlere Abplatztiefe von 11 mm liegt bei 27,5% des als Grenzwert festgelegten Schutzziels. Abplatzungen über 100 mm wurden nicht erreicht. Alle Untersuchungen zeigten im Mittel eine geringere Abplatztiefe als die als Schutzziel definierten 40 mm. Die maximale Abplatztiefe nach Durchführung der Brandversuche war bei allen panels Tabelle 1. Bestimmte Abplatztiefen an den einzelnen panels Panel-Nr. Prüftyp Mittel Maximum [mm] [mm] panel 1 Typ 1 37 65 panel 2 Typ 1 11 45 panel 3 Typ 2 keine Abplatzungen geringer als 100 mm. Bei der Untersuchung des mit Brandschutzplatten bekleideten panels (Typ 2) kam es zu keinen Abplatzungen; der Wärmeeintrag in den Beton war gering. Eine ausreichende Standsicherheit beider Typen konnte für das Projekt Citytunnel Malmö nachgewiesen werden und ist bei einem Brandereignis bei entsprechender Ausführung gewährleistet. Literatur [1] Persson, B.: Self-compacting concrete at fire temperatures, Lund Institute of Technology, Lund University, Lund, Schweden 2003. [2] Boström, L.: The performance of self-compacting concretes when exposed to fire, SP Swedish National Testing and Research Institute, SP Report 2002-23, Borås, Schweden 2002. [3] Reinhardt, H.-W. und Stegmaier, M.: Brandverhalten von selbstverdichtendem Beton (SVB), Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben DAfStb V 433, Stuttgart 2004. [4] Dehn, F., Sint, C. und Orgass, M.: Brandschutzverhalten von selbstverdichtendem Beton (SVB) im Straßentunnelbau, Schlussbericht zum Forschungsvorhaben FE-Nr. 15.0391/ 2003/ERB, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)/Bundesministerium für 48

Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW), Leipzig 2005. [5] Dehn, F., Werther, N. und Knitl, J.: Großbrandversuche für den Citytunnel Leipzig, Beton- und Stahlbetonbau 101 (2006), Heft 8, S. 631 635. [6] Dehn, F. und Orgass, M.: Untersuchungsbericht zur Erlangung einer Zustimmung im Einzelfall (ZiE): Anwendung von selbstverdichtendem Beton (SVB) für den Schlossbergtunnel Dillenburg, MFPA Leipzig GmbH, Leipzig, 2005 (unveröffentlicht). Dr.-Ing. Frank Dehn dehn@mfpa-leipzig.de Dipl.-Ing. Sebastian Hauswaldt hauswaldt@mfpa-leipzig.de Gesellschaft für Materialforschung und Prüfungsanstalt für Materialforschung Leipzig mbh (MFPA Leipzig GmbH) Hans-Weigel-Straße 2B 04319 Leipzig Dipl.-Ing. Michael Willmes mwil@bilfinger.de Dr.-Ing. Frank Abel frank.abel@malmotunnel.se Bilfinger Berger AG Carl-Reiß-Platz 1-5 68165 Mannheim Dr.-Ing. Peter Nause nause@mfpa-leipzig.de Aktuelles Braune Wanne dichte Keller und trockene Bauwerke In Sichtweite des Sylter Flughafens entsteht ein Gebäude zur Einlagerung hochwertiger Güter von privater und gewerblicher Kundschaft. Zur Sicherstellung eines absolut trockenen Kellers wurde die Bodenplatte zusätzlich abgedichtet. Als zusätzliche äußere Flächenabdichtung bietet die Braune Wanne bemerkenswerte Vorteile. Die Voltex- Systemabdichtung ist eine geotextile Bentonitabdichtung, die die hohe Quellwirkung des natürlichen Natriumbentonits nutzt. Bei Wasserzutritt entwickelt Bentonit im freien Zustand ein Quellvermögen bis zum 10 15fachen des Ausgangsvolumens. Wird Bentonit in seiner Ausdehnung behindert, so entsteht ein hydraulischer Quelldruck mit hoch abdichtender Wirkung. Der Durchlässigkeitsbeiwert ist ca. 100fach höher als für WU-Beton. 5 mm Bentonit sind im Vergleich so dicht wie 50 cm WU-Beton. Ob drückendes Grundwasser oder aufgestautes Sickerwasser, beide Lastfälle gilt es bei Gründungsbauwerken abzuwehren (Foto: contec) Der besondere Vorteil liegt in der aktiven Dichtwirkung mit Selbstheilungseffekt. Ein bauaufsichtliches Prüfzeugnis bescheinigt eine rissüberbrückende Wirkung bis zu 2 mm. Oftmals bleibt bei Planung von druckwasserbelasteten Gründungsbauwerken unberücksichtigt, dass es sich dabei nicht um einen Baustoff, sondern um eine Konstruktionsart handelt. Nur durch das Zusammenwirken von Betonrezeptur, rissbreitenbeschränkender Bewehrung ( Weiße Wanne ) oder einer äußeren Abdichtung ( Braune Wanne ) sowie durch Beachtung konstruktiver Maßnahmen für die Ausbildung von Arbeitsfugen, Gebäudefugen und Sollrissfugen entsteht das gewünschte wasserundurchlässige Bauwerk. Ob drückendes Grundwasser oder aufgestautes Sickerwasser, beide Lastfälle gilt es abzuwehren. Auf Sylt ist der Grundwasserspiegel sehr hoch. 49