Unfallprävention durch Sport: Einflussfaktoren Gleichgewicht / Kraft und Kognition

Ähnliche Dokumente
Transkript:

Universität Potsdam Humanwissenschaftliche Fakultät Forschungsschwerpunkt Kognitionswissenschaften Abteilung für Trainings- und Bewegungswissenschaft Unfallprävention durch Sport: Einflussfaktoren Gleichgewicht / Kraft und Kognition THOMAS MÜHLBAUER, KATHLEEN GOLLE, URS GRANACHER

Inhalt Hintergrund und Problematik - Häufigkeit und Ursachen von Unfällen Trainingswirkungen - Personenbezogene (intrinsische) Sturzrisikofaktoren Kognition und Motorik - Einfach- vs. Doppeltätigkeit

Hintergrund & Problematik 20 25 % aller Kinder und Jugendlichen verunfallen mind. 1 x Jahr, wobei 60 % Sturz-Rutsch-Stolper-Unfälle sind (Kahl et al., 2007) 1. Beschreibung der Sturzproblematik (Epidemiologie) 2. Ermittlung von Sturzfaktoren und Sturzmechanismen (Ätiologie) eigene Forschungsaktivität 4. Überprüfung der Effektivität der Maßnahmen 3. Einführung potentiell präventiver Maßnahmen Van Mechelen et al. (1992)

Hintergrund & Problematik extrinsische Faktoren (umweltbezogen) intrinsische Faktoren (personenbezogen) Gleichgewicht Kraft Entwicklungsbedingt statisch Entwicklungsbedingt isometrisch Entwicklungsbedingt dynamisch Entwicklungsbedingt dynamisch Granacher et al. (2011)

Runhaar et al. (2010) Hintergrund & Problematik = Zunahme Vertikalsprung Klimmzug = unverändert Rumpfbeuge Tapping Jungen Mädchen = Abnahme Beinheben 10x-5-m-Lauf Klimmzughang Abnahme Zunahme: 1980 vs. 2006

Zielstellung Personenbezogene Sturzrisikofaktoren Gleichgewichtsdefizite Kraftdefizite Gleichgewichtstraining Krafttraining Potentielle Trainingsmaßnahmen

Wirkungen von Krafttraining Personen Tests Training 15 Mädchen 13 Jungen 16 17 Jahre n=14 Training n=14 Kontrolle 8 Wochen 2 x / Woche je 90 Minuten 30 40 % EWM Granacher et al. (2011). J Strength Cond Res 25: 940-9

Wirkungen von Krafttraining Maximalkraft (N) 2400 2000 1600 1200 800 400 Zeit x Gruppe: p = 0,001; d = 0,60 Zeit x Gruppe: p < 0,001; d = 0,80 +17% Vorher Krafttraining führt zu einer bedeutsamen Nachher 35 Steigerung der Maximal- und Schnellkraft +8% Sprunghöhe (cm) 40 30 25 20 15 Vorher Nachher 0 1 2 TRA KON Veränderung der Maximalkraft infolge des Krafttrainings 10 1 2 TRA KON Veränderung der Sprunghöhe infolge des Krafttrainings

Wirkungen von Gleichgewichtstraining Personen Tests Training 8 Mädchen 12 Jungen 11 12 Jahre n=10 Training n=10 Kontrolle 4 Wochen 2 x / Woche je 90 Minuten statisch/dynamisch (Gerade, Kurve, Stoppen) Muehlbauer et al. (2013). Percept Mot Skills 117: 665-81

Wirkungen von Gleichgewichtstraining Reichweite (%) Zeit x Gruppe: p < 0,001; d = 1,14 100 +36% 80 60 40 20 Vorher 40 Gleichgewichts Nachher und der Schnellkraft +8% 30 Sprunghöhe (cm) 20 10 Zeit x Gruppe: p < 0,05; d = 0,48 Gleichgewichtstraining führt zu einer bedeutsamen Steigerung des dynamischen Vorher Nachher 0 TRA INT KON CON Veränderung des Gleichgewichts infolge des Inline Trainings 0 TRA INT KON CON Veränderung der Muskelkraft infolge des Inline Trainings

1. Zwischenfazit Sturz-Rutsch-Stolper-Unfälle treten relativ häufig im Kindes- und Jugendalter auf Sturz-Rutsch-Stolper-Unfälle werden durch umwelt- (u. a. unebener, glatter Boden) und personenbezogene (u. a. Kraft-/ Gleichgewichtsdefizite) Risikofaktoren verursacht Kraft und Gleichgewicht lassen sich im Sportunterricht bedeutsam fördern

Kognition und Motorik Mens sana in corpore sano Juvenal Be smart, exercise your heart Hillman et al., 2008, Nature, 9, 58-65 Motorische Leistung vs. Motorische Leistung + Kognitive Leistung Schule ist toll!

Kognition und Motorik Personen Tests Variablen 10 Mädchen 10 Jungen Single Task Dual Task 100, 97, 94 Gehgeschwindigkeit Schrittdauer, -länge 8 10 Jahre Beinmagermasse 10 m Beurskens et al. (2015). BMC Pediatr 15: 2

Kognition und Motorik Gehgeschwindigkeit (m/s) Schrittdauer (s) Defizite im Gangverhalten unter Doppeltätigkeit Kinder mit geringer Beinmagermasse zeigen größere Defizite beim Gehen unter Doppeltätigkeit Beinmagermasse (kg) 1,4 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 r = -0,56; p = 0,07 0,8 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 Schrittdauer (s) unter Dual Task

Kognition und Motorik Personen Tests Variablen 15 Mädchen 13 Jungen Single Task Dual Task 100, 97, 94 Gehgeschwindigkeit Schrittdauer, -länge 8 10 Jahre 10 m Dual Task Beurskens et al. (eingereicht). BMC Pediatr

Kognition und Motorik Personen Tests Training 9 Mädchen 17 Jungen 9 11 Jahre n=12 Training n=14 Kontrolle Single Task Dual Task 100, 97, 94 10-m-Gehgeschwindigkeit Dual Task 12 Wochen 3 x / Woche je 60 Minuten 3 x Single-Task Training 2 x Single-Task + 1 x Dual- Task Training 50 47 44

Kognition und Motorik 1,4 Gehgeschwindigkeit (m/s) 1,2 +28 % 1 +9 % Dual 0,8 Task Training führt zu einer bedeutsamen Steigerung des dynamischen Gleichgewichts 0,6 unter Doppeltätigkeit Vorher Nachher 0,4 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 ST DT-CI DT-MI ST DT-CI DT-MI DT Training ST Training Veränderung der Gehgeschwindigkeit infolge des Dual- vs. Single Task Trainings ST=Single Task; DT = Dual Task; CI=geistige Störaufgabe; MI=motorische Störaufgabe

2. Fazit Doppeltätigkeit (geteilte Aufmerksamkeit aber nicht zusätzliche Last) ist mit schlechteren Gleichgewichtsleistungen bei Kindern verbunden und kann somit einen Sturzrisikofaktor darstellen Gleichgewicht unter Doppeltätigkeit lässt sich durch die Kombination von körperlichen und geistigen Training bei Kindern bedeutsam fördern Vielen Dank!