Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten auf Grundlage der Datenschutzgrundverordnung

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Transkript:

Ausarbeitung Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten auf Grundlage der Datenschutzgrundverordnung 2017 Deutscher Bundestag PE 6-3000 - 092/17

Ausarbeitung Seite 2 PE 6-3000 - 092/17 Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten auf Grundlage der Datenschutzgrundverordnung Aktenzeichen: PE 6-3000 - 092/17 Abschluss der Arbeit: 11. Dezember 2017 Fachbereich: PE 6 Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen.

Ausarbeitung Seite 3 1. Fragestellung Die Ausarbeitung setzt sich mit den Fragen auseinander, auf welche privaten Einrichtungen im Gesundheitswesen die Regelungen der ab dem 25. Mai 2018 geltenden Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DGVO) 1 über die Benennung eines Datenschutzbeauftragten Anwendung finden und in welchen Fällen eine Bestellpflicht gemäß Art. 37 Abs. 1 lit. b) oder c) DGVO besteht. Im Fokus dieser Ausarbeitung steht der auslegungsbedürftige Begriff der Kerntätigkeit gemäß Art. 37 Abs. 1 DGVO als Voraussetzung der Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten für Unternehmen und andere nicht-öffentliche Stellen. Diesbezüglich wird die Frage aufgeworfen, welche Unternehmen von dieser Regelung erfasst werden. Als Beispiel für das Vorliegen einer Kerntätigkeit wird in dem dieser Ausarbeitung zugrundeliegenden Auftrag auf die Verarbeitung von Gesundheitsdaten durch Krankenhäuser verwiesen. Danach sei die Gesundheitsversorgung die Kerntätigkeit eines Krankenhauses; diese könne jedoch nicht ohne die Verarbeitung von personenbezogenen Gesundheitsdaten gewährleistet werden. 2 Unklar bleibe jedoch, welche sonstigen Unternehmen wie bspw. kleine ambulante Arztpraxen von der Regelung des Art. 37 Abs. 1 DGVO erfasst werden. Vor diesem Hintergrund beziehen sich die folgenden Ausführungen auf die unionsrechtliche Auslegung der Bestellpflicht gemäß Art. 37 Abs. 1 lit. b) oder c) DGVO. Nicht erfasst werden Fragen zur Auslegung des nationalen Rechts zur Umsetzung der DGVO bzw. zur Ergänzung der Bestellpflicht gemäß Art. 37 Abs. 4 DGVO für private Einrichtungen jenseits der in Art. 37 Abs. 1 lit. b) oder c) DGVO genannten Gründe. 3 2. Bestehen einer Bestellpflicht gemäß Art. 37 Abs. 1 DGVO Art. 37 Abs. 1 DGVO zählt abschließend die zwei Fälle auf, in denen private Verantwortliche und Auftragsverarbeiter (Art. 4 Nr. 7 und 8 DGVO) nach der DGVO zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten verpflichtet sind. Einerseits besteht für Private nach Art. 37 Abs. 1 lit. b) DGVO dann eine Verpflichtung zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten, wenn deren Kerntätigkeit in Verarbeitungsvorgängen besteht, die eine umfangreiche, regelmäßige und systematische Überwachung betroffener Personen mit sich bringen. Alternativ besteht nach Art. 37 Abs. 1 lit. c) DGVO dann eine Bestellpflicht, 1 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/txt/pdf/?uri=celex:32016r0679&from=de. 2 Vgl. Hessischer Datenschutzbeauftragter, Der behördliche und betriebliche Datenschutzbeauftragte nach neuem Recht, Juni 2017, S. 6 f., abrufbar unter https://www.datenschutz.hessen.de/download.php?download_id=373. 3 Vgl. 38 Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU - DSAnpUG-EU), BGBl. I 2017 S. 2097; zur Öffnungsklausel vgl. Kühling, Neues Bundesdatenschutzgesetz Anpassungsbedarf bei Unternehmen, NJW 2017, S. 1985 (1986).

Ausarbeitung Seite 4 wenn die Kerntätigkeit in einer umfangreichen Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten besteht. Hierzu zählen gemäß Art. 9 Abs. 1 DGVO Gesundheitsdaten, deren Verarbeitung u.a. für Zwecke der Gesundheitsvorsorge zulässig sein kann (Art. 9 Abs. 2 lit. h) DGVO). 3. Kriterien zur Feststellung einer Bestellpflicht 3.1. Begriff der Kerntätigkeit Maßgeblich für das Bestehen einer Bestellpflicht ist in beiden Fällen der Begriff der Kerntätigkeit. Gemäß Erwägungsgrund 97 der DGVO bezieht sich der Begriff der Kerntätigkeit im privaten Sektor auf die Haupttätigkeit und nicht auf die Verarbeitung personenbezogener Daten als Nebentätigkeit eines Unternehmens. Diese Differenzierung lässt darauf schließen, dass die in Art. 37 Abs. 1 lit. b) und c) DGVO genannten Gründe den Geschäftsgegenstand des Unternehmens ausmachen müssen und nicht nur Tätigkeiten bei Gelegenheit der Geschäftstätigkeit darstellen. 4 Kerntätigkeiten sind mithin Geschäftsbereiche, die für die Umsetzung der Unternehmensstrategie entscheidend sind und nicht bloß routinemäßige Verwaltungsaufgaben darstellen. 5 3.2. Weitere Kriterien zur Feststellung einer Bestellpflicht Jenseits der Auslegung des Begriffs der Kerntätigkeit stellt sich die Frage nach weiteren Kriterien zur Feststellung einer Bestellpflicht. Ausweislich der Entstehungsgeschichte der Norm ist die Betriebsgröße selbst, die sich bspw. aus einer bestimmten Mitarbeiterzahl ableitet, für das Bestehen einer Bestellpflicht kein Kriterium. 6 Vielmehr folgt die Bestellpflicht gemäß Art. 37 Abs. 1 lit. b) und c) DGVO einem risikobasierten Ansatz, der sich an dem datenschutzrechtlichen Gefahrenpotential der konkreten Verarbeitung orientiert. 7 Dem entspricht der mit Art. 37 Abs. 1 DGVO verfolgte den Zweck der Bestellpflicht, dass Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter bei der Überwachung der internen Einhaltung der Bestimmungen der DGVO gezielt von einer weiteren Person unterstützt werden soll, die über Fachwissen auf dem Gebiet des Datenschutzrechts und der Datenschutzverfahren verfügt (vgl. Erwägungsgrund 97 DGVO). Danach ist der Datenschutzbeauftragte als Instrument der betrieblichen Selbstkontrolle in Ergänzung zur behördlichen Aufsicht bei besonders datensensiblen Tätigkeiten angelegt. 4 Vgl. Marschall/Müller, Der Datenschutzbeauftragte im Unternehmen zwischen BDSG und DS-GVO - Bestellung, Rolle, Aufgaben und Anforderungen im Fokus europäischer Veränderungen, ZD 2016, 415 (417); Dammann, Erfolge und Defizite der EU-Datenschutzgrundverordnung, ZD 2016, S. 307 (308); Niklas/Faas, Der Datenschutzbeauftragte nach der Datenschutz-Grundverordnung, NZA 2017, S. 1091 (1092); Moos, in: Wolff/Brink (Hrsg.), Datenschutzrecht, 21. Edition, Art. 37 DGVO Rn. 5. 5 Vgl. Klug, Der Datenschutzbeauftragte in der EU - Maßgaben der Datenschutzgrundverordnung, ZD 2016, S. 315 ff.; Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, 1. Aufl. 2017, Art. 37, Rn. 8. 6 Vgl. dementsprechend Art. 35 Abs. 1 lit. b) des ursprünglichen Vorschlags der Kommission, KOM(2012) 11 endg. sowie zur Kritik Hoeren, Der betriebliche Datenschutzbeauftragte, ZD 2012, S. 355 (356 f.); Eckhart/Kramer/Mester, Auswirkungen der geplanten EU-DS-GVO auf den deutschen Datenschutz, DuD 2013, S. 623 (628). 7 Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, 1. Aufl. 2017, Art. 37, Rn. 4.

Ausarbeitung Seite 5 4. Handlungen privater Einrichtungen im Gesundheitswesen als Kerntätigkeit im Sinne von Art. 37 Abs. 1 lit. b) und c) DGVO Vor diesem Hintergrund liegt die Annahme nahe, dass Verarbeitungsvorgänge im Sinne des Art. 37 Abs. 1 lit. b) DGVO, die eine Bestellpflicht auslösen, nach Art, Umfang und Zielen der Verarbeitungstätigkeit eine umfangreiche, regelmäßige und systematische Überwachung von betroffenen Personen voraussetzen. 8 Eine solche Tätigkeit erscheint insbesondere bei kleine ambulante Arztpraxen fernliegend. Auf Grundlage der oben genannten Maßstäbe ist fraglich, wann bei privaten Einrichtungen im Gesundheitswesen von einer umfangreichen Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten im Sinne des Art. 37 Abs. 1 lit. c) DGVO auszugehen ist, so dass die Verarbeitungsvorgänge eine Bestellpflicht nach der DGVO auslösen. Diesbezüglich wird in der Literatur vertreten, dass hierfür die Verarbeitung von Daten im Sinne des Art. 9 DGVO das übliche Maß bei Weitem übersteigen muss, was insbesondere auf Krankenhäuser sowie Labors und Arztpraxen, die genetische Daten verarbeiten, zutrifft. 9 Eine Bestellpflicht gemäß Art. 37 Abs. 1 lit. c) DGVO wird hingegen in solchen Fällen abgelehnt, wenn der Verantwortliche bzw. Auftragsverarbeiter im Rahmen seiner Kerntätigkeit allenfalls zufällig oder nur gelegentlich mit den angesprochenen Kategorien von Daten in Kontakt kommt. 10 Für diese Ansicht streiten die Erläuterungen im 91. Erwägungsgrund der DGVO, wonach umfangreiche Verarbeitungsvorgänge dazu dienen, große Mengen personenbezogener Daten auf regionaler, nationaler oder supranationaler Ebene zu verarbeiten, eine große Zahl von Personen betreffen könnten und beispielsweise aufgrund ihrer Sensibilität wahrscheinlich ein hohes Risiko mit sich bringen und bei denen entsprechend dem jeweils aktuellen Stand der Technik in großem Umfang eine neue Technologie eingesetzt wird, sowie für andere Verarbeitungsvorgänge, die ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen mit sich bringen, insbesondere dann, wenn diese Verarbeitungsvorgänge den betroffenen Personen die Ausübung ihrer Rechte erschweren. Bei privaten Einrichtungen im Gesundheitswesen, namentlich kleinen ambulanten Praxen, liegt die Annahme nahe, dass deren Kerntätigkeit im Sinne des 97. Erwägungsgrundes der DGVO nicht in der geschäftsmäßigen Verarbeitung von Daten im Sinne des Art. 9 DGVO liegt, so dass in diesen Fällen keine Bestellpflicht besteht. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass sich das Bestehen einer Bestellpflicht insbesondere im Rahmen von Art. 37 Abs. 1 lit. c) DGVO aufgrund des zentralen Merkmals der Kerntätigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff nicht abschließend bestimmen lässt. Insbesondere ist keine Auslegungspraxis hierzu ersichtlich. Insofern bleibt eine Entscheidung über die konkrete Auslegung 8 Für eine dementsprechende Bestellpflicht für Scoring-Unternehmen, Werbenetzwerken oder Versicherungsunternehmen vgl. Jaspers/Reif, Der Datenschutzbeauftragte nach der Datenschutzgrundverordnung: Bestellpflicht, Rechtsstellung und Aufgaben, RDV 2016, S. 66 ff.; Dammann, Erfolge und Defizite der EU-Datenschutzgrundverordnung, ZD 2016, S. 307 ff. 9 Jaspers/Reif, Der Datenschutzbeauftragte nach der Datenschutzgrundverordnung: Bestellpflicht, Rechtsstellung und Aufgaben, RDV 2016, S. 61 (62); Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, 1. Aufl. 2017, Art. 37, Rn. 9. 10 Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, 1. Aufl. 2017, Art. 37, Rn. 9.

Ausarbeitung Seite 6 des Anwendungsbereichs von Art. 37 Abs. 1 lit. b) und c) DGVO durch den Gerichtshof der Europäischen Union abzuwarten.