60 3-D-geplant und CAD/CAM-gefertigt Verkürzte Behandlungszeiten und rationelle Abläufe Ein Beitrag von Priv.-Doz. Dr. Florian Beuer, München, und Ztm. Gerhard Stachulla, Mühlhausen Die Computertomografie und die digitale Volumentomografie eröffnen bei der Planung von implantatgetragenem Zahnersatz die dritte Dimension. Die dreidimensionale Darstellung der Strukturen des Knochens und des Weichgewebes erlaubt die korrekte Planung der chirurgischen und der prothetischen Therapie. Eine spezielle Software ermöglicht es, das knöcherne Angebot und die prothetischen Bedürfnisse bereits vor dem opera tiven Eingriff zu beurteilen und aufeinander abzustimmen [10]. Einleitung Die schablonengeführte Insertion von Implantaten hat sich in den letzten Jahren schnell entwickelt [6-9]. Wurde noch vor einiger Zeit lediglich die Software für schablonengeführte Pilot- und Erweiterungsbohrungen angeboten, so hat der Anwender heute für die gängigsten Implantatsysteme die Möglichkeit eines full guided Vorgehens [1,2]. Im nachfolgend dargestellten Fall zeigen wir neben der prächirurgischen Planung (ExpertEase) auch die direkte postchirurgische Vorbereitung eines festsitzenden und passgenauen, CAD/CAMgefertigten Zahnersatzes. Die Ausgangssituation Der Patient trägt im Unterkiefer eine teleskopierende Teilprothese, die auf den beiden nicht mehr erhaltungsfähigen Eckzähnen abgestützt ist. Aus Sorge um den Halt einer Totalprothese auf dem (nach Entfernung der Eckzähne) zahnlosen Unterkiefer, kommt der Patient mit dem Wunsch nach einer implantatgetragenen Versorgung in die zahnärztliche Praxis. Nach einem Beratungsgespräch wird eine festsitzende Extensionsbrücke geplant, die auf vier interforaminären Implantaten verankert werden soll. Die dreidimensionale Planung Zunächst werden das Ober- und Unterkiefermodell einartikuliert und die Unterkieferzähne in Wachs aufgestellt. Bei der Einprobe der Zahnaufstellung im Mund werden die funktionellen, phonetischen und ästhetischen Bedürfnisse des Patienten abgeklärt. Die Wachsanprobe zeigt, dass die Weichteile bei einer brückenartigen Gestaltung des Zahnersatzes ausreichend unterstützt werden, sodass aus dieser Sicht die Versorgung mit einer festsitzenden, implantatverankerten Brücke möglich ist. Zur Herstellung einer Röntgenschablone wird die Wachsaufstellung dupliert und in radioopaken Kunststoff umgesetzt (Abb. 1). Beim Radiologen (alternativ in einer spezialisierten zahnärztlichen Praxis) erfolgt bei eingesetzter Röntgenschablone der digitale Scan mit einem CT (alternativ DVT). Die Planung der Implantatpositionen am PC kann der spezialisierte Zahntechniker, nach Absprache mit dem behandelnden Chirurgen via Internet, übernehmen. Diese Absprache ist zur forensischen Absicherung des Zahntechnikers unerlässlich. Im Dentallabor werden die Daten des CT (alternativ DVT) am PC eingelesen und konvertiert. Im ver- Abb. 1: Röntgenschablone Abb. 2: Dreidimensionale Planung am PC auf der Basis eines CT: implantatzentrisches Schnittbild
61 Abb. 3 und 4: Dreidimensionale Planung am PC auf der Basis eines CT: Alle vier Implantate liegen interforaminär. Die beiden distalen Implantate sind zur Vergrößerung der Unterstützungsfläche der geplanten Brücke nach distal geneigt. wendeten Planungsprogramm (ExpertEase basierend auf dem seit 1992 bestehenden SimPlant- Programm) dauert dies etwa zwanzig Minuten. Anschließend wählt der Zahntechniker aus einer Datei die entsprechenden Implantate und positioniert diese gemäß den anatomischen Gegebenheiten. Als besonderes Leistungsmerkmal der verwendeten Software kann ein passendes Abutment im Originaldesign ge wählt werden. Mit dieser Möglichkeit kann die Implantatposition dem zur Verfügung stehenden Knochen, der prothetischen Restauration sowie den Konfektionsteilen des Herstellers angepasst werden (Abb. 2). Um dem Implantologen die Möglichkeit zu bieten, die vier Implantate interforaminär zu inserieren und dennoch eine ausreichende Unterstützungsfläche für die Brücke zu erhalten, werden die posterioren Implantate bei der Planung um zirka 30 Grad nach distal gekippt. Für die okklusale Verschraubung der Suprakonstruktion wählen wir die der Situation angepassten MP-Abutments (Abb. 3 und 4). Die virtuelle Planung wird mit dem Prothetiker und dem Chirurgen abgestimmt, welche letztlich die Planung freigeben. Damit wurden alle zahntechnischen, prothetischen und chirurgischen Be lange im Team abgeklärt. Die nach Maßgabe der Implantatpositionen virtuell entworfene Bohrschablone wird via Internet beim Fräszentrum (Materialise Dental) in Auftrag gegeben. Die vorhandene Radiologieschablone wird im Labor zu einem individuellen Löffel umgearbeitet. Um den Patienten nach dem chirurgischen Eingriff ein Provisorium bieten zu können, kann die vorhandene Prothese entsprechend umgearbeitet werden. rurgischen Eingriff lagerichtig zu positionieren. Sie kann op tional mit Schrauben am Unterkiefer fixiert werden. Die Lage, Länge und Richtung der Schrauben können dazu bereits im Planungsmodul be stimmt werden. Vom Fräszentrum werden dann entsprechende Führungshülsen in die Bohrschablone integriert. Die ExpertEase-Bohrersequenz ist überschaubar. Dennoch ist es wichtig, vor dem Eingriff die Bohrer, welche gemäß Planung nicht benötigt werden, aus dem Set zu nehmen. Bei unserem Patienten werden nach der Extraktion der Eckzähne (Abb. 6) alle Bohrungen für die Implantate dem Bohrprotokoll entsprechend mit Tiefenanschlag vorgenommen. Die Insertion der Implantate erfolgt mit Einbringhilfen (Abb. 7 bis 9). Die inserierten Implantate entsprechen exakt der am PC geplanten Position. Die prothetische Restauration Nachdem die Implantate inseriert sind, werden die Einbringpfosten entfernt, die MP-Aufbauten aufgeschraubt und darauf die Abformpfosten platziert (Abb. 10 und 11). Wegen der Angulation der beiden distalen Implantate wird mit der zum individuellen Löffel umgearbeiteten Radiologie- Die Implantatinsertion Ein Silikonaufbiss (Abb. 5) ermöglicht, die vom Fräszentrum gelieferte Bohrschablone für den chi- Abb. 5: Silikonschlüssel zur späteren Positionierung der Bohrschablone im Mund
62 Abb. 6: Die Eckzähne sind extrahiert. Abb. 7: Bohrsequenz mit dem ExpertEase Sleeve on drill -System Abb. 8 und 9: Implantateinbringhilfen mit Index-Markierung ExpertEase Xive Abb. 10: Einbringpfosten: Die Gingivahöhe wurde bereits in den Planungsdaten definiert. Abb. 11: Abformpfosten: Wegen der Angulation der Implantate sind die distalen Pfosten verschraubt. Abb. 12: Abformung schablone eine offene Abformung vorgenommen (Abb. 12). Der Abformlöffel dient auch zur Kieferrelationsbestimmung, sodass diese gleichzeitig mit der Abformung vorgenommen werden kann. Dieses Vorgehen ist re lativ einfach, effizient und liefert exakte Ergebnisse. Die prothetische Versorgung folgt dem Prinzip einer festsitzenden, auf Implantaten verschraubten Brücke. Nach der Modellherstellung wird das Wax-up auf das einartikulierte Meistermodell aufgepasst (Abb. 13 bis 15). Die Charakteristika der Wachsaufstellung sollen in die Gestaltung des de-
63 Abb. 13 bis 15: Das Meistermodell wird einartikuliert und das Wax-up auf das Modell aufgepasst. Abb. 16 und 17: Der Entwurf des Brückengerüsts kommt via Internet von dem für Dentsply Friadent und DeguDent einheitlich organisierten Compartis Scan&Design-Service. Abb. 18: Das Brückengerüst sitzt spannungsfrei (ohne Nacharbeit). Abb. 19: Die verblendete Extensionsbrücke von oral finitiven Zahnersatzes übernommen werden. Dazu wird das Modell mit der Zahnaufstellung an den zentralen Compartis Scan&Design-Service gesandt. Hier werden das Modell sowie das Wax-up detailgetreu eingescannt. Auf Basis dieser Daten wird ein patientenspezifischer Entwurf für die prothetische Versorgung erstellt. Die virtuell erarbeitete 3-D-Konstruktion des Brückengerüstes geht via Internet zur Kontrolle an den Zahnarzt beziehungsweise das Dentallabor (Abb. 16 und 17). Der Vorschlag wird geprüft und kann gegebenenfalls korrigiert werden. Erst nach einer Freigabe durch das Labor oder den Behandler wird das Gerüst im Fräszentrum individuell und passgenau gefräst (Abb. 18). Da der Entwurf der Konstruktion die vom Techniker vorgegebene Stärke der Verblendung berücksichtigt, ist später eine effiziente Verblendung mit geringem Aufwand und minimalen Materialmengen möglich (Abb. 19). Mit diesem Vorgehen erreicht man präzise Passungen selbst weitspanniger Konstruktionen; ein aufwendiges Nacharbeiten ist nicht nötig. Die Brücke wird im Labor mit Komposit verblendet. Dass im Bereich der distalen Implantate die Schrauben-
64 Abb. 20: Die verblendete Brücke von vestibulär. An den beiden ersten Prämolaren enden die Schraubkanäle der beiden distalen Implantate vestibulär. Die Öffnungen der Schraubenkanäle sind mit provisorisch eingefügten Kompositinlays verschlossen. Die definitive Befestigung der Inlays erfolgt im Mund, nach dem Verschrauben der Brücke auf den Implantaten. Abb. 21: Das periimplantäre Gewebe ist bei Eingliederung des Zahnersatzes reizlos. kanäle an den beiden ersten Prämolaren vestibulär austreten, konnte leider nicht vermieden werden. Die Austrittstellen werden im Mund, nach dem Verschrauben der Brücke, mit vorbereiteten Inlays (aus dem gleichen Komposit wie die Verblendung) verschlossen. Somit erhalten wir trotz dieses kleinen, unvermeidbaren Makels ein gutes ästhetisches Er gebnis (Abb. 20). In der Literatur wird bei derartigen Versorgungsarten eine Einheilzeit der Implantate von bis zu sechs Wochen empfohlen. Daran haben wir uns im vorliegenden Fall gehalten. Nach diesem Zeitraum sind die Implantate stabil osseointegriert und das umgebende Weichgewebe ist reizfrei (Abb. 21). Fazit Bei gewissenhafter Planung mit einem gängigen und bewährten Planungsmodul können die für die Implantation benötigte Zeit verkürzt und die Risiken des Eingriffs minimiert werden [11]. Der Be handler bekommt mehr Sicherheit und für den Zahntechniker sind Implantatpositionen mit optimaler prothetischer Orientierung von Vorteil. Mit der digitalen Umsetzung der mittels Wax-up vorbereiteten Position der Zähne in einem externen Fräszentrum hat das Dentallabor die Möglichkeit, ohne Investitionskosten präzise Gerüste anzubieten. Der Techniker erhält spannungsfreie Kons - truktionen auch bei weitspannigen Brückengerüsten und Stegen. Die Wirtschaftlichkeit für das ganze Behandlungsteam ergibt sich auch durch den vorhersagbaren Erfolg beim Setzen der Implantate. Dank CAD/CAM gelangt man einfach und exakt zum geplanten Ergebnis, in einem kalkulierbaren zeitlichen und finanziellen Rahmen. Korrespondenzadresse: Priv.-Doz. Dr. Florian Beuer Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der LMU München Goethestraße 70 80336 München florian.beuer@med.uni-muenchen.de Literatur bei den Verfassern Anzeige SCHENKEN SIE LEBEN. MIT EINER PATENSCHAFT. Werden Sie Pate bei World Vision und schenken Sie einem Kind eine echte Chance! www.worldvision.de