Das Buch vom strahlenden September von Amelie Fried, Karl Ederer, Liane Dirks 1. Auflage sanssouci 2007 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 8363 0041 4 schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
LESEPROBE AUS: Das Buch vom strahlenden September 80 Seiten ISBN: 978-3-8363-0041-4 Sanssouci Verlag, München 2007
wie der september zu seinem namen kam Ach, wie prosaisch, wie schlicht ist sein Name,»September«kommt von lateinisch septimus und heißt»der Siebte«, weiter nichts. Waren die beiden Vormonate noch berühmten Herrschern gewidmet, der Juli dem großen Gaius Julius Cäsar und der August dem mächtigen Kaiser Augustus, so wird dieser Prachtmonat einfach mit einer Ziffer abgespeist. Wahrhaft ungerecht, und dann auch noch verkehrt, er ist ja der Neunte im Jahr. Wie kann das also sein? Die Römer sind schuld. Zwar haben wir ihnen im wesentlichen unseren Kalender zu verdanken, doch für allerhand Unordnung haben sie eben auch gesorgt. Im alten römischen Kalender hatte das Jahr zunächst nur zehn Monate, es begann mit dem März und endete mit dem Dezember. Das Jahr hatte 304 Tage, und der September war danach der siebte Monat im Jahr. Später wurden zwei Monate hinzugefügt, der Januarius und der Februarius, das Jahr hatte nun 355 Tage, aber die Rechnung ging immer noch nicht auf. Und so musste erst Cäsar kommen, der bei den Ägyptern den viel genaueren Sonnenkalender kennen gelernt hatte und diesen dann verbindlich im Jahr 45 v. Chr. in seinem Reich einführte. Auf diesen julianischen Kalender beziehen sich unsere heutigen Monatsnamen noch immer, auch wenn Papst Gregor XIII. im Jahr 1627 noch einmal nachbessern musste, weil es Ungenauigkeiten in der Berechnung der Schaltjahre gab. Die Natur lässt sich nun einmal nicht so leicht einem durchstrukturierten Zahlensystem anpassen, und schon gar nicht der Lauf der Erde um die Sonne. Die Natur ist sympathisch ungenau, weshalb die gefühlte Zeit auch oft so sehr von der gemessenen abweicht. Die Geschichte des Kalenders und der Monatsnamen spiegelt den unbedingten Willen von Kaisern, Königen und anderen Alleinherrschern, der Zeit ihren Stempel und ihren Namen aufzudrücken. Insbesondere die Cäsaren taten sich hervor: Nero, Domitian, Commodus, sie gaben den Monaten ihre Ehrennamen, aber auch Karl der Große versuchte neue Bezeichnungen durchzusetzen, deutsche in diesem Fall.»Herbstmonat«sollte der September daraufhin heißen. Eine Bezeichnung, die dem einfachen Volk eher lag, denn das hat sich schon immer mehr auf die Sinneseindrücke verlassen. Und so kam es, dass der September in altem Deutsch Fulmonat oder auch Vulmant hieß, denn es ist die Zeit der Fülle, der Ernte. Und ganz egal, ob er nun der Siebte oder doch eigentlich der Neunte ist im Jahr, beide Ziffern symbolisieren genau das: Vollendung und Reife. Eine runde Sache eben.»holzmonat«wurde der September ebenfalls genannt, da man jetzt mit dem Holzfällen beginnt; den Namen»Saumonat«12 13
brachte ihm die Eröffnung der Wildschweinjagdsaison ein. Lange hielt sich auch der altdeutsche Begriff Scheiding, der darauf abhebt, dass im Monat der Tagundnachtgleiche, selbige auch wieder deutlicher getrennt werden: Die Nächte werden länger, die Tage kürzer. Noch heute gebräuchlich ist die Bezeichnung»Michaelis-«oder»Michelsmonat«. Ende September ist der Gedenktag des heiligen Michael, und da er der Anführer der himmlischen Heerscharen ist, hieß der September mancherorts auch»engelsmonat«. alle wetter! Frische am Morgen, tagsüber sommerliche Temperaturen und in den Abendstunden klarer Himmel und saubere Luft. Und bei all dem strahlender Sonnenschein. Der September beschert uns ziemlich zuverlässig lang anhaltende Schönwetterperioden. Oft entschädigt er uns sogar für den verregneten Sommerurlaub und tut zumindest in der ersten Hälfte so, als fange der Sommer überhaupt erst an. Und da die Sonne nicht mehr so steil am Himmel steht, lässt es sich im Freien gut aushalten, sogar über Mittag, sogar wenn es noch richtig heiß ist. Weil über dem Festland und dem Meer die Temperaturunterschiede jetzt nicht mehr so groß sind, halten sich die Hochdruckwetterlagen, und weil es sich mit solch einem Wetter trefflich planen lässt, gibt es nun so viele Feste.»September schön in den ersten Tagen, will den ganzen Herbst ansagen«, heißt eine alte Bauernregel. Doch selbst, wenn dies nicht zutrifft und es mit Regen in den Spätsommer geht, in der zweiten Hälfte des Monats werden wir nicht enttäuscht. Denn auf den»altweibersommer«, die fünfte Jahreszeit, wie er oft genannt wird, ist Verlass. Eine»Singularität«nennt man solch ein Phänomen in der Meteorologie, gemeint ist das immer wiederkehrende Auftreten eines Wetterereignisses in einem bestimmten Zeitraum. Die Eisheiligen gehören ebenso zu den Singularitäten wie 14 15
die Siebenschläferregel oder das Tauwetter vor Weihnachten, doch nichts davon ist so bezaubernd wie der Altweibersommer.»Flug-«oder»Frauensommer«wird er auch genannt, in der Schweiz»Witwensömmerli«, in Amerika»Indian Summer«, in Schweden spricht man vom»birgittasommer«. Warme Tage, bedingt durch südöstliche trockene Winde, kühle Nächte und in den Morgenstunden Frühnebel; bis weit in den Oktober hinein kann das Wetter so bleiben. Es sind die hauchdünnen, seidig glitzernden Fäden der Jungspinnen, auf die sich die Tautropfen wie Perlenschnüre reihen. Den Ursprung des Wortes»Altweibersommer«führt man auf das althochdeutsche weiben, weben, zurück. Um eine Beleidigung, eine frauenfeindliche Bezeichnung gar, handelt es sich bei diesem Begriff also nicht, das wurde sogar vor einigen Jahren hochrichterlich festgestellt, als eine Frau wegen Diskriminierung klagte. Mit dem September geht der Sommer zu Ende. Am 22. oder 23. September ist Herbstbeginn. An diesem Tag steht die Sonne über dem Äquator genau im Zenit, überall auf der Erde sind Tag und Nacht gleich lang. Im Vergleich zum Monatsanfang merkt man es nun schon deutlich: Es wird Herbst, es ist bereits eine Stunde früher dunkel und morgens erst nach sieben Uhr hell. Empfindlich kalt kann es in den Morgenstunden nun schon sein, vielleicht sind die milden Mittagsstunden gerade deshalb umso schöner? 16 septembermorgen Im Nebel ruhet noch die Welt, Noch träumen Wald und Wiesen: Bald siehst du, wenn der Schleier fällt, Den blauen Himmel unverstellt, Herbstkräftig die gedämpfte Welt Im warmen Golde fließen. Eduard Mörike 17
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