Predigt am 22.5.16; Sonntag Trinitatis; Thema: Lobpreis der irrwitzigen Menschenliebe



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Transkript:

Predigt am 22.5.16; Sonntag Trinitatis; Thema: Lobpreis der irrwitzigen Menschenliebe Gottes; Michael Paul Röm.11, 32-36 32Gott hat alle in das Gefängnis des Ungehorsams eingesperrt, damit er sich aller erbarme. 33O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! 34Denn»wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen«? (Jesaja 40,13) 35Oder»wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm vergelten müsste«? (Hiob 41,3) 36Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen. Liebe Gemeinde, warum?, fragt Paulus. Wer kann Gott verstehen? Ach, der Apostel spricht ja vielen von uns aus dem Herzen, nicht wahr? Warum? : Das scheint die Frage aller Fragen in Bezug auf Gott. Warum lässt Gott das Böse in dieser Welt zu? Warum?, so fragt nun auch der Apostel Paulus. Aber wenn wir jetzt genau auf seine Worte achten, werden wir gewahr, dass seine Warum- Frage in eine geradezu gegensätzliche Richtung geht. Er, Paulus, der so viel auf seinen Glaubenswegen zu leiden hatte, und sich so sehr darüber grämte, dass Israel, Gottes auserwähltes Volk, das Heil nicht ergriff, das Gott ihm in Jesus schenkte, er fragt trotz seiner Leiden und inneren Schmerzen über Israels Blindheit genau das Gegenteil: Warum meint Gott es so unendlich gut mit uns? Denn Paulus sieht mitten in allem Dunkel dieser Welt, mitten in aller Abwendung der Menschen und der Juden von Gott das helle, alles Dunkel verschlingende Gnadenlicht Gottes leuchten. Und wir werden hier erinnert an die Frage aus Psalm 8: was ist der Mensch, dass du, Gott, seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? (Ps.8,5) Paulus staunt, Ihr Lieben, er staunt über die unerforschliche, unbegreifliche, geradezu wahnsinnige Menschenliebe Gottes. Und er will Sie und mich heute mitnehmen in dieses Staunen über die unbegreiflichen Wege Gottes mit uns Menschen, in dieses Staunen über Gottes irrwitzige, ja: irrwitzige Menschenliebe. O ruft Paulus aus, O welch eine Tiefe des Reichtums Ein Stammeln, ein Staunen! Gott ist unermesslich reich und, was noch viel wunderbarer ist, Gott macht reich, Heiden und Juden, reicher, als je wir erhoffen durften. Was ist das für ein herrlicher Reichtum, von dem Paulus hier redet? Paulus schreibt zu Beginn unseres Textes: Gott hat alle in das Gefängnis des Ungehorsams eingesperrt, damit er sich aller erbarme. Gott erbarmt sich allen,-

Juden und Heiden. Keiner ist hier ausgenommen, niemand muss in seinem Gefängnis sitzen bleiben. Aber zunächst heißt es: Eingeschlossen, eingesperrt! Waren Sie schon einmal eingeschlossen, ohne die Chance zu haben, sich selbst befreien zu können? Vor einigen Tagen sah ich das Interview mit einem Strafgefangenen. Er wurde gefragt, warum er sich von den Gefängniswärtern so vieles gefallen lasse und wie er sich dabei fühle, so herumkommandiert, so unmündig gemacht zu werden? Der Strafgefangene antwortete: Ich habe mir das selbst zuzuschreiben, dass ich in diesem Gefängnis gelandet bin. Jetzt muss ich mit dieser Situation der Unfreiheit leben. Gibt es etwas Erschütternderes: Hier hat sich einer in die Situation seiner Unfreiheit gefügt. Selbst daran schuld, sagt er. Ist die Gefängnisexistenz nun unser Los, dem wir uns ergeben müssen? Wie viele Menschen ergeben sich in ihre Gefangenschaft, Ihr Lieben? Selbst dran schuld, sagen sie, denken sie, fühlen sie. Dass ich nicht mehr frei leben kann, dass ich keinen Frieden mehr in mir habe, dass meine Partnerschaft zerbrochen ist und es so viel Probleme gibt mit den Kindern: Selbst dran schuld. Und man fügt sich in seine Fesseln, erwartet nicht mehr das Leben, die Freiheit, den tiefen Frieden, den Segen Gottes. Schrecklich, sich so in die eigene Unerfülltheit, in das eigene Gefängnis fügen zu müssen! Und andere sagen vielleicht: Gott ist schuld! Heißt es nicht hier auch im Text: Gott hat alle in das Gefängnis des Ungehorsams eingesperrt. Gott trägt die Schuld an meiner bedrückenden Lebenssituation. Er ist verantwortlich für meine innere Leere. Er hat mich nicht bewahrt vor meiner törichten Tat, meinem Abfall vom rechten Weg. Gott ist verantwortlich, dass ich nicht herauskomme aus meinen Abhängigkeiten, meiner Unfähigkeit zu lieben, zu vergeben. Warum gibt er mir nicht mehr Kraft? Und gehen wir noch ein Stückchen tiefer: Manche können sagen, - und bei solchen Aussagen spüren wir unsere ganze Ohnmacht, - Gott hat mich in diesem Elternhaus aufwachsen lassen. Hier konnte nichts aus mehr werden. Oder: Gott hat mir so wenig gute Gaben geben, hat meine Einschränkungen zugelassen. Wie sollte ich da aus meinem Leben etwas machen können? Oder noch schlimmer: Gott hat die Gewalttat an mir zugelassen. Wie soll ich jetzt noch die Freiheit leben können?! Es gibt 1000 Gründe, Gott die Schuld für unser Gefängnis, unser Misstrauen, unseren Unglauben zu geben. Aber Paulus meint es nicht so, wenn er sagt: Gott hat alle in das Gefängnis des Ungehorsams eingesperrt. Der Apostel gibt nicht Gott die Schuld daran, dass wir Menschen nicht mehr nach Gott fragen, uns von ihm abwenden, in den Ketten unserer Angst leben, uns gefangen nehmen lassen von Dingen, die uns nicht helfen können. Eigentlich geht es dem Apostel gar nicht um die Schuldfrage. Er handelt in seinem Römerbrief vielmehr von einer Macht, die uns alle in der Tiefe bestimmt. Und diese Macht nennt die Bibel Sünde. Die Sünde hat nicht Gott in die Welt gebracht. Sie entspringt vielmehr der Abwendung des Menschen von Gott. Und weil Gott uns Menschen seine Gegenwart und seine Liebe nicht aufzwingt, weil er uns die Freiheit auch

zur Abwendung von Gott, zum Ungehorsam lässt, darum hat er uns nun dieser Macht überlassen, die uns so bedrängt. Darum hat er es zugelassen, dass diese Macht der Sünde uns die Augen verblendet, sodass wir das Gute für schlecht und das Böse für gut ansehen. Darum hat Gott es zugelassen, dass diese Macht unsere Beziehungen zerstört, Misstrauen zwischen Menschen sät. Und darum ist uns die Freiheit zur Liebe, zur Hoffnung und zum Glauben geraubt. Eingeschlossen, Ihr Lieben! Und wir können uns aus diesem Gefängnis nicht befreien, nicht mit Religion oder Yoga, nicht mit Arbeit oder Studieren und nicht mit unserem besten Willen und unseren guten Vorsätzen. Es muss einer kommen, Ihr Lieben, der uns befreit. Und genau das geschieht, Ihr Lieben: Gott selbst kommt. Gott hat uns ja nicht eingeschlossen, damit er uns verderbe, uns richte, sondern um uns zu retten, sich aller, Sie hören richtig ALLER! - zu erbarmen. Du denkst vielleicht in Deiner großen Schuld, Du seist verloren. Ist es nicht oft unser größtes Problem, dass wir dem Erbarmen Gottes nicht vertrauen? Selbst schuld! : Kennen wir diese resignierenden Worte? Und wir finden uns ab mit dem halben Segen, der halben Vergebung, der halben Liebe Gottes zu uns. Beten Sie für mich!, sagte jemand zu mir. Und ich hörte die Zweifel aus den Worten dieser Person: Auf meine Worte wird Gott nicht mehr achten. Ich habe den Segen verwirkt. Aber Ihr Lieben: Paulus sagt das Ungeheure: Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme. Aller! Auch Deiner! Und erbarmen, das heißt: Er geht nicht an Dir vorüber, hört nicht an Deinem Rufen vorbei. Du musst Dich nicht einrichten in Deinem Gefängnis, musst nicht die Ketten tragen, in die Du selbstverschuldet oder durch Schicksal oder Menschengewalt gekommen bist. Zacharias betete das, als er auf Jesus blickte: Gott hat uns geschenkt, dass wir, aus Feindeshand befreit, ihm furchtlos dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinem Angesicht all unsere Tage. (Lk.1,74-75) Keine Furcht mehr, kein Zweifel mehr, dass Gott es gut mit Dir meint. Jesus Christus ist da! Nicht der drittbeste, nicht der zweitbeste, der beste Weg ist für Dich nun vorgesehen. Du darfst in der Freiheit Gottes leben, denn er hat DIR Jesus geschenkt, hat Dir mit ihm alles gegeben ohne Rückhalt. Und wie tief die Liebe Gottes geht, zeigt sich doch gerade daran, dass er für uns das Kreuz getragen hat, keine Tiefe und kein Leid scheute, um uns zu befreien. So sagt Jesus auch: Niemand hat größere Liebe als der, der sein Leben hingibt für seine Freunde. (Joh.15,13). O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Paulus vermag nur noch zu staunen über Gottes Güte. Was ist das für ein Gericht, das Gott über uns hält, Ihr Lieben? Der Richter, der das Urteil über uns sprechen müsste, trägt plötzlich selbst unsere Last und wir sind frei. Was ist das für ein Gericht, das Gott da hält, was ist das für ein Weg, den Gott mit uns geht? Können Sie den verstehen? Stehen wir Pfarrerinnen und Pfarrer nicht immer wieder stammelnd auf der Kanzel, wenn wir an Karfreitag das in Worte fassen sollen,

was auf Golgatha geschehen ist? Wie vergilt Dir Gott Dein egoistisches Drehen um Dich selbst, Deine Selbstgerechtigkeit, Deinen Neid und Deinen Kleinglauben? Wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Diese Frage spitzt sich an dieser Stelle des Römerbriefes zu. Die Heiden, die nicht nach Gott und seinem Willen gefragt haben, werden nicht gerichtet, sondern in unfasslicher Weise geliebt und in Christus gerettet. Wer hätte Gott solches geraten? Der Jünger haben Jesus geraten, dass er Feuer vom Himmel fallen lassen solle angesichts der Bosheit dieser Welt. Und was tut Gott? Und dann die Juden, Ihr Lieben! In den Kapiteln 9-11 im Römerbrief handelt Paulus gerade von ihnen. Sie sind es, die immer wieder trotz ihrer Erwählung Gottes Wege verlassen haben, seiner Treue mit ihrer Untreue dankten. Sie sind es, die seinen Christus, der doch zuerst zu ihnen gesandt war, nicht aufnahmen. Sie sind es, die die Stunde der Gnade nicht erkannten, das Heil Gottes, seine unfassbare Liebe in Christus ausschlugen. Und nun sagt Paulus das Ungeheure: Die Juden, die Jesus nicht angenommen haben, die in ihrem Ungehorsam eingeschlossen sind wie in einem Gefängnis, sie werden am Ende auch das Erbarmen Gottes empfangen. Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam auch die Juden- damit er sich aller erbarme. An dieser Stelle des Römerbriefes wird die ungeheure Barmherzigkeit Gottes in besonderer Weise offenbar. Nicht einmal das ist die Bedingung unseres Heils, dass wir wie wir es bei dem Volk Israel sehen Jesus als unseren Heiland von uns aus annehmen. Dieses reformatorische Allein aus Glauben bedeutet nicht, dass wir selbst es glauben müssen, unseren Zweifel besiegen sollen, unser Nicht- Verstehen überwinden sollen. Nicht einmal von uns aus aus eigener Kraft, aus eigener Weisheit heraus - glauben und das Heil annehmen müssen wir, damit wir gerettet werden. Denn wer von uns kann das aus eigener Weisheit oder Kraft: glauben? Die Juden waren gefangen in ihren Vorstellungen vom Messias, waren in ihren Dogmen und Vorstellungen blind für Gottes Heil. Und wir? Sind wir nicht auch gefangen in unseren Bildern von Gott? Da fragte die Frau mich vor Jahren: Wozu brauche ich Jesus? Ihr leuchtete der Weg Gottes mit seinem Sohn Jesus Christus, ihr leuchtete Karfreitag und Ostern nicht ein. Warum das alles?, fragte sie. Ich kann meinem Gott mit gutem Gewissen gegenübertreten, brauche keinen, der für mich den Himmel verlässt und das Kreuz trägt., sagte sie. Unsere Sinne sind verblendet, unser Herz ist verhärtet, unser Stolz ist zu groß, unsere Angst, uns und unser Eigenes, Selbstgemachtes, zu verlieren, ist zu mächtig, als dass wir glauben könnten. Wenn da Gott nicht wirkt durch seinen Heiligen Geist, unsere Augen und Ohren öffnet, unsere harten Herz erweicht, unseren Stolz überwindet und das Eigene, scheinbar Sichere fraglich macht, dann können wir nicht glauben. Durch Gottes Geist erst erkennen wir, wer wir wirklich sind und wie sehr wir Christus brauchen. Manchmal muss uns Gott blind machen wie einen Paulus vor Damaskus, uns alles entziehen, worauf wir uns verlassen haben, damit wir offen werden für Gottes Licht.

Wir feiern heute den Sonntag Trinitatis, den Sonntag der Dreieinigkeit, Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Was bedeutet denn das Bekenntnis zum dreieinigen Gott? Damit bekennen wir, dass wir alles von ihm empfangen, dass alles, alles Gnade ist, alles Gottes Erbarmen. Paulus schließt deshalb mit einem herrlichen Gotteslob: Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Wir sind seine Geschöpfe, unser Leben, unseren Atem, verdanken wir ihm. Er ist die Ursache unseres Heils, kam in Jesus auf diese Welt, trug unsere Last. Und er zieht uns durch seinen Heiligen Geist, erleuchtet unsere Augen, schließt auf unsere Herzen, damit wir ihn erkennen und ihn zu lieben vermögen. Alles ist uns in Gott geschenkt: Leben, Heil und Glauben. Wo können wir noch vor Gott stolz sein? Paulus fragt: Wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm vergelten müsste? Und die Antwort ist klar. Niemand hat Gott etwas zu geben. Wir alle treten vor ihn mit leeren Händen. Der Benediktinerpater Anselm Grün deutet die Worte Jesu: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder so: Vor Gott sind wir klein. Wer sich vor Gott aufbläht, hat nichts vom Menschen und nichts von Gott verstanden. Alles ist Gnade! Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Darum hört auf zu zagen und zu zweifeln und lebt Gott in Christus. Er hat Euch erwählt und befreit und den Glauben geschenkt. Seid mutig, und lasst das Alte, das Eure Wege lähmt, hinter Euch und lebt ihm ganz. Amen.