AG 3: Indikativer Behandlungsschwerpunkt Depression Jahrestagung der AHG Klinik Wilhelmsheim am 10.12.2008 Dipl. Psych. Astrid Erdmann
Zum Rahmen der IG Depression Seit Mai 2007 8 Sitzungen à 1,5 Stunden 2 mal wöchentlich Einstieg alle 2 Wochen möglich Eingebettet in das übliche Klinikprogramm Zuweisung über BezugstherapeutInnen Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Konzept
Weshalb eine neue IG? Rehaleitlinien der DRV: Wunsch nach störungsspezifischen Angeboten ( evidenzbasierte Therapiemodule ) Hohe Komorbidität von Alkoholabhängigkeit mit Depression Prävalenz deutlich höher als in der Normalbevölkerung
Prävalenz FK Wilhelmsheim: Entlassjahrgang 2007 26,6% depressive Zusatzdiagnose Männer 22%, Frauen 38% Soyka & Lieb (2004): Life-time Diagnosen Depression: Männer 24,3%, Frauen 48,5% bei Alkoholabhängigen Allgemeinbevölkerung: Life-time Diagnose Männer 5-12%, Frauen 18-25%
Für wen ist die IG gedacht? Für PatientInnen mit unipolar depressiver Diagnose depressiver Verarbeitung (ohne entsprechende Diagnose) nach Rücksprache mit Pat.
Aufbau der Gruppe 2 Teile: Teil I: Psychoedukation, Aktivitätsaufbau, Achtsamkeit Teil II: Bearbeitung kognitiver Verzerrungen, Selbstwert
Psychoedukation Was ist Depression? Was sind Ursachen? Vulnerabilitäts-Stress-Modell Depressionsspirale DFH-Dreieck Antidepressiva Biologisches Modell
Haupt- und Nebenkriterien nach ICD-10 Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit Agitiertheit oder Hemmung Suizidgedanken und Suizidale Handlungen Verminderter Antrieb Depressive Stimmung Verlust von Interesse und Freude Verlust von Selbstwertgefühl Schlafstörungen Unbegründete Selbstvorwürfe/ Schuldgefühle Appetitminderung oder -steigerung
Abwärtsgerichtete Depressionsspirale
Aufwärtsgerichtete Depressionsspirale
3 Ansatzpunkte für die Behandlung Fühlen Denken Handeln/ Verhalten
Aktivitätsaufbau Hinweis auf Biologisches Stressmodell nach Berking Erfahrungsorientiert: - Tastübung - Stimmungsprotokoll führen lassen und auswerten - Liste angenehmer Aktivitäten - angenehme Aktivitäten planen + konkrete Übungen / Ausprobieren
Antrieb Aktion Motivation verstärkte Aktion Tagesplan / Aktivitätenplan Imagination: wie geht`s mir, wenn ich es gemacht habe? Hilfreiche Selbstinstruktionen einüben Balance: Pflichten und Angenehmes (WAAGE) Selbstfürsorge
Achtsamkeit Wichtig vor allem, wenn bereits mehrere depressive Episoden durchlebt wurden Frühwarnsymptome erkennen Konzentration Achtsamkeit gegenüber Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen und darüber auch Distanzierung ( Ich bin mehr als meine Gedanken und Gefühle ) Bewertungsfreie Wahrnehmung: Akzeptieren der Gefühle Hinführung über Rosinenübung, Reise durch den Körper
Teil II: Bearbeitung kognitiver Verzerrungen Hinführung Verdeutlichen des Zusammenhangs von Gedanken und Gefühlen Bearbeitung eigener Beispiele v. PatientInnen anhand des ABC-Schemas Hinterfragen der eigenen Bewertungen Erarbeiten möglicher hilfreicherer Sichtweisen (realistisch) Anti-Grübelstrategien
Selbstwert Zusammenhang der dysfunktionalen Kognitionen und Selbstwert Fokus auf eigene Stärken und Ressourcen - z.b. 10 positive Verhaltensweisen oder Eigenschaften sammeln - Positiv-Tagebuch - Bohnen-Übung
Rückmeldungen von PatientInnen Von spontan geäußerter Begeisterung bis naja, ist die Theorie, aber in der Praxis Wichtig war: Zu sehen, dass ich nicht allein dieses Problem habe Endlich mal zu verstehen, was da mit mir passiert (Depressionsspirale, Hirnmodell ) Viele Anregungen bekommen, was ich selbst tun kann Konkrete Vorsätze, was sie künftig anders machen möchten
Fortsetzung Rückmeldungen Wieder Hoffnung geschöpft, dass man was tun kann und es wieder besser wird Guter Überblick Hat mir konkret in Situation xy weitergeholfen, dass wir das besprochen haben Wiederholung, was ich schon kannte (aus Psychosomatik etc.), aber immer wieder neue Erfahrung durch andere Pat.beispiele und -erfahrungen
Erfahrungen Am besten profitieren noch nicht chronifizierte PatientInnen, die auf eigenen Wunsch in die Gruppe kommen Am schlechtesten profitieren chronifizierte Pat. mit offenem oder heimlichem Rentenwunsch Gratwanderung zwischen Anerkennen von Leid und Validierung sowie Beibehalten von Lösungsorientierung (Falle: Problemtrance) Pausen und Abwechslung bzw. Bewegung wichtig (Auflockerungsspiele) Zshg. Konzentration Aktivierung, ins Handeln bringen, ist entscheidend
Fortsetzung Erfahrungen Ressourcenaktivierung Immer wieder Thema: Vermeidung unangenehmer Gefühle, Grübeln als Problemlösungsversuch Abbrüche vor allem dann, wenn Pat. Gruppe als narzisstische Kränkung erleben ( Da gehöre ich nicht dazu ) Verzerrte Wahrnehmungen immer wieder erlebbar (Bsp. Pat., die meinte jeder müsse Lebensgeschichte erzählen)
Literatur Beck, A. et al. (1999): Kognitive Therapie der Depression. Weinheim: Beltz. Berking, M. (2008): Training emotionaler Kompetenzen. Heidelberg: Springer. Hautzinger, M. (1997): Kognitive Verhaltenstherapie der Depressionen. Weinheim: Beltz PVU. Pitschel-Walz, Bäuml & Kissling (2003): Psychoedukation Depressionen. München: Urban & Fischer. Segal, Williams & Teasdale (2008): Die achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie der Depression. Tübingen: dgvt-verlag. Soyka, M. & Lieb, M.: Depression und Alkoholabhängigkeit - Neue Befunde zur Komorbidität, Neurobiologie und Genetik. J Neurol Neurochir Psychiatry 2004: 5, 37-46.