Batterietechnologien - jenseits von Lithium und Blei DR. CHRISTIAN DOETSCH, DR. JENS BURFEIND FRAUNHOFER UMSICHT ENERGIE-EFFIZIENZ-TECHNOLOGIEN LEOPOLDINA-SYMPOSIUM ENERGIESPEICHER - DER FEHLENDE BAUSTEIN DER ENERGIEWENDE 06. FEBRUAR 2014 HALLE With new Energy Folie 1
Elektrische Speicher: Realisierte Projekte State-of-the-art 100,0000 Discharge Period rating [h] 10,0000 1,0000 0,1000 0,0100 0,0010 0,0001 Redox flow Lithium-Ionen Redox Flow Flywheel NaS Double layer capacitor Lead Acid Battery SMES CAES Pumped Hydro 0,001 0,01 0,1 1 10 100 1000 10000 Power ratings [MW] Pu CA PS VR Zn Na Fly Le NiC Li Do SM Folie 2
Elektrische Speicher: Realisierte Projekte State-of-the-art 100,0000 Discharge Period rating [h] 10,0000 1,0000 0,1000 0,0100 0,0010 0,0001 Redox flow Lithium-Ionen Redox Flow Flywheel NaS Double layer capacitor Lead Acid Battery SMES CAES Pumped Hydro 0,001 0,01 0,1 1 10 100 1000 10000 Power ratings [MW] Pu CA PS VR Zn Na Fly Le NiC Li Do SM Folie 3
Elektrische Speicher: Beispielhafte Einsatzgebiete Abbildung zeigt Einsatzgebiete wie sie am Beispiel Australien auch in anderen Energiesystemen existieren. http://reneweconomy.com.au/20 13/the-missing-link-why- australia-needs-energy-storage- 46236 Folie 4
Entwicklungskriterien für Batterien Energiedichte (gravimetrisch) Wh/kg Energiedichte (volumetrisch) Wh/L Wirkungsgrad (round-trip) % Max. Lade-/Entladung: C Selbstentladung %/Tag Kalendarische Lebensdauer: Jahre Zyklenlebensdauer Zyklen Kosten pro Leistung /kw Kosten pro Kapazität /kwh Eigensicherheit Temperatureinsatzbereich C Folie 5
Bsp: PV-Eigenstromnutzung Speicher-Anforderungen Energiedichte (gravimetrisch) - Energiedichte (volumetrisch) - Wirkungsgrad (round-trip) +/- Max. Lade-/Entladung: +/- Selbstentladung - Kalendarische Lebensdauer: + Zyklenlebensdauer + Kosten pro Leistung + Kosten pro Kapazität + Eigensicherheit + Temperatureinsatzbereich - Folie 6
Weitere potenzielle Anwendungen PV-Eigenstromnutzung Unterbrechungsfreie Stromversorgung Traktionsbatterien (Mobilität) Portable Anwendungen Sonderanwendungen (bspw. Weltraum, Tiefsee) Große Netzspeicher/Netzentlastung Peak-Shaving bei Industriekunden Insel -Anwendungen Flicker-Kompensation / Power-Quality im Netz Strom-Arbitrage (Handel) Ramping-Power Folie 7
Unterschiede am Beispiel der Energiedichte Ragone-Diagramm -> Entwicklungskriterien sind teilweise technologisch gegenläufig Folie 8 http://de.wikipedia.org/wiki/ragone-diagramm
Klassische wässrige Batteriespeicher (Sekundärzellen) System: Motivation: Status: F&E: klassische Systeme Blei NiCd, NiMH, NiZn, AgZn kostengünstige, etablierte Batteriesysteme industrielle Massenproduktion Energiedichte verbessern, Zyklenstabilität Wässriges System bedingt kleines Potentialfenster kleiner als Zersetzungsspannung von Wasser Durch geeignete Elektrodenwahl und Überspannungen sind Spannungen von bis zu 1,6 V möglich, ansonsten entsteht Wasserstoff bzw. Sauerstoff Folie 9
Zink-Luft-Batterien (Sekundärelement) System: Motivation: Status: F&E: Zink-Luft preiswerte Materialien, hohe Energiedichten Forschung &Entwicklung Zyklenstabilität; bifunktionale, poröse Gasdiffusionselektrode Aktuell wird wieder verstärkt an Zink Luft Batterie geforscht kostengünstige, gut verfügbare Materialien sehr hohe Speicherdichte, theoretisch bis 700 Wh/kg Dendritenbildung des Zink Stabilität reversibler Sauerstoffelektroden Abbildung zeigt die funktionsweise einer wiederaufladbaren Zink-Luft Batterie wie von der ESA erläutert. http://www.electricitystorage.org/esa/technologies/ [Zugriff 2011-01-09] Folie 10
Neue, wässrige Batteriespeicher mit Polymeranode System: Motivation: Status: F&E: Folie 11 Aqueous alkali ion Battery with polyimide anode kostengünstige, metallfreie Aktivmassen, höhere Zyklenstabilität, schnelle Reaktion, sicheres System erste universitäre Testzellen zyklenstabile Herstellung, größere Testzellen Neues Konzept der Anode, Alkali-Ion lagert sich an eine konjugierte Carbonylgruppe an, die als funktionelle Gruppe an einem Polymer (Polyimid) gebunden ist (Stoffbeispiel siehe Abb.) Als Kathode LiCoO 2 Anode ist stabil über 200 Zyklen Hoher elektrischer Wirkungsgrad (80 %) Energiedichte 75 Wh/kg Einfache Herstellung Nicht brennbar / ungiftig Beispiel: Reaktionsschema einer wässrigen auf Polyimid basierenden polymeren Anode. (H. Qin, Z.P. Song, H.Zhan, Y.H. Zhou Journal of Power sources 249, 2014 367-372)
Organische Elektrolytlösungen: Lithium-Batterien System: Motivation: Status: F&E: Lithium - cobalt,- mangan, -eisenphosphat, -titanat hohe Energiedichte, hohe Zellspannung, hochlastfähig, Industrielle Fertigung für Consumerbereich (Handy/Laptop) neue nicht brennbare Elektrolyte, kostengünstigere Aktivmassen, Produktion von großflächigen Zellen, Temperaturstabilität Anderes Funktionsprinzip: Intercalationsverbindungen Lithium reagiert nicht mit Reaktionspartner sondern lagert sich nur ein ; sehr schnelle Reaktion, deshalb extrem hohe Effizienz Hohe Spannung (ca. 3,3-3,8 V) pro Zelle (größere Potenzialfenster < 5 V) Energiedichten von 200 Wh/kg möglich (klass. Aktivmassen) Relativ teure und zum Teil schädliche Aktivmassen Leicht brennbarer Elektrolyt Batteriesysteme benötigen komplexe Batteriemanagementsystem Folie 12
Organische Elektrolytlösungen: Lithium-Schwefel System: Motivation: Status: F&E: Lithium / Schwefel sehr hohe Energiedichte, geringe Kosten, gut verfügbar erste kommerzielle Anbieter weiterer F&E Bedarf hinsichtlich Stabilität Sehr hohe Energiedichten bis zu 600 Wh/kg Zyklenstabilität bisher noch nicht ausreichend Forschungsbedarf vor allem auf Seiten des Kathodenmaterials (z.b. werden Nanostrukturierte Kohlenstoffe als Trägermaterials für die Schwefelkathoden eingesetzt IWS-Dresden) Leicht brennbarer Elektrolyt Abbildung zeigt Nanostrukturierte Kohlenstoffe als Kathodenmaterial des Fraunhofer IWS Fraunhofer IWS Dresden Folie 13
Flow-Batterien: Prinzipielle Funktionsweise Leistungseinheit (Stack) und Speichereinheit unabhängig skalierbar Wandlereinheit bestimmt Leistung Tankgröße bestimmt speicherbare Energiemenge Stackaufbau ähnlich Brennstoffzelle Pumpbarer, flüssiger Elektrolyt Abbildung zeigt Prinzipschaltbild einer Redox-Flow-Batterie mit dem Elektrolyten Vanadium Folie 14
Scale-up versus Numbering up Vanadium Redox-Flow Batterie System: Motivation: Status: F&E: Pro: Folie 15 Vanadiumsalze im schwefelsauren Elektrolyt gelöst etabliertes, einfaches Stoffsystem; skalierbar erste kommerzielle Anbieter am Markt Scale-Up der Zelle/Stack, Stackdesign, Produktion, Kosten Gute Effizienz (>75 %), Lange Lebensdauer flexibles, modulares Design (scale up oder numbering up, siehe Abb.) ( ms Schnelle Ansprechzeiten (µs Tiefentladefähig, geringe Selbstentladung Unschädliches cross-over Contra Geringe Energiedichte Hohe Investitionskosten Abbildung zeigt modularen Aufbau von kleineren Stacks (3-10 kw) der Firma Prudent Prudent. Abbildung zeigt Scale-up Konzept von Fraunhofer UMSICHT mit 0,5 m² Zellgröße Fraunhofer
Wässrige Flow-Batterien mit suspendierter Aktivmasse System: Motivation: Status: F&E: Zink-Luft Flow Zelle sehr hohe Energiedichte, kostengünstige Materialien, Verfügbarkeit erste Startup Firmen, Prototypen an wissenschaftlichen Einrichtungen zyklenstabile, bifunktionale, kohlenstofffreie Gasdiffusionselektroden, Zinkabscheidung Zink als Zinkpulver suspendiert in Kalilauge Hohe Energiedichte nur mit hohem Zinkanteil im Elektrolyten Stabilisator im Elektrolyt notwendig um Zink stabil zu suspendieren Reaktionsprodukt ZnO 40 % höhere Dichte als Zink schwierig zu pumpen (siehe Abbildung der Flowsimulation) Abbildung zeigt die Flowsimulation eines tubulären Zink- Luft-Batterie Arrays, wie es an westfälischen Hochschule untersucht wird (Bild: C. Schröder; J. Lilienhof, Westfälische Hochschule, Gelsenkirchen.) Folie 16
Wässrige Flow Batterien mit organischen Redox-Molekülen Nature 9.01. 2014 Vol 505 S. 195-198 System: organische, im wässrigen Elektrolyt gelösten redox-aktive Moleküle Motivation: kostengünstiges Speicherfluid keine limitierten Ressourcen, Skalierbar Status: Universitäre Forschung F&E: Scale-Up der Zelle /Stack, Stackdesign, Energiedichte, Langzeitstabilität Organische Moleküle, die leicht oxidiert und reduziert werden können gelöst in Schwefelsäure. Kostengünstig gut verfügbar Moleküle können durch Funktionalisierung für die Anode sowie für die Kathode maßgeschneidert werden Bsp. Anthrachinone/Hydrochinone (siehe Abbildung) Abbildung zeigt den Versuchsaufbau in Harvard als Prototyp einer Redox-Flow-Batterie ohne gelöste Metallsalze. Es werden lösliche organische Chinon-Verbindungen eingesetzt. (Bild: E. Grinnell, Harvard U.) Folie 17
Flow Batterien mit organischem Elektrolyt und suspendierter Aktivmasse System: Motivation: Status: F&E: Lithium suspendiert in organischem Elektrolyt Trennung der Aktivmassen in separaten Tanks, höhere Sicherheit Vorteile der Flow-Batterie Erstes Start-Up, Universitäre Forschung Scale-Up der Zelle/Stack, Stackdesign, Viskosität Lithium Aktivmassen zusammen mit Leitfähigkeitszusätzen suspendiert in organischem Lösemittel Hohe Energiedichte Kombiniert Vorteile einer klassischen Batterie mit denen einer Flow-Batterie Unabhängige Skalierbarkeit von Leistungseinheit und Speicher (siehe Abbildung) Trennung der Aktivmassen Höhere Sicherheit Abbildung zeigt die schematische Darstellung einer Flow-Batterie mit suspendierten Aktivmaterialien (Doduta, M.; Ho, B. Advanced Energy Materials 1 (4), 511 (2011 Folie 18
Hochtemperatur Batterien NaNiCl (Zebra), NaS System: Salzschmelze, geschmolzenes Alkalimetall Motivation: kostengünstiges Materialien, hohe Energiedichte, gute Verfügbarkeit Status: Kommerzielle Anbieter am Markt F&E: Sicherheit, Thermische Zyklen, Korrosion, Absenken der Temperatur Temperaturbereich 250 C 350 C Speichereinheit Flüssige Salzschmelze mit keramischen Natriumionenleiter Günstige Materialien, Hohe Effizienz Nachteil: hohe Temperatur, korrosiver Elektrolyt Abbildung zeigt den schematischen Aufbau und das Reaktions-schema einer Natrium Schwefel Batterie von NGK Insulators NGK Insulators Ltd. www.ngk.co.jp/english/products/power/nas/principle// Sicherheitsaspekt Natrium/Schwefel hochbrennbar (NaNiCl jedoch nur geringes Risiko) neue Entwicklungen hin zu Elektrolyten mit niedrigerem Schmelzpunkt Folie 19
Radikal anders? Organic radical battery The Electrochemical Society Interface Winter 2005 System: an Polymer gebundene stabilisierte Radikale (für Anode und Kathode) Motivation: kostengünstiges Materialien, hohe Energiedichte, schnelle Reaktion Status: universitäre Forschung F&E: bisher nur Grundlagenforschung Organische Radikale besitzen ein aktives ungepaartes Elektron, welches sehr reaktiv ist (Beispiele siehe Abbildung) Stabilisiert z.b. durch Ankopplung an ein Polymer kann dieses Elektron sehr schnell ein bzw. ausgekoppelt werden Abbildung zeigt die Funktionsweise einer organischen Radikalbatterie und hierfür mögliche Radikalmoleküle wie sie von Nishide und Suga vorgeschlagen wird (H. Nishide, T. Suga The Electrochemical Society Interface Winter 2005) Folie 20
Radikal anders? Organic radical battery Günstige überall verfügbare Ausgangsmaterialien (Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff) Sehr große Möglichkeiten Zielmoleküle zu designen Radikal Reaktionen verlaufen extrem schnell hohe Stromdichten hohe Energiedichten Grundlagenforschungsbereich! Abbildung zeigt die erwartete Performance einer Radikalbatterie im Vergleich zu konventionellen Batterietechnologien ((H. Nishide, T. Suga The Electrochemical Society Interface Winter 2005) Folie 21
Technisches Fazit Klassische Batterien Kurzfristig: Verbesserung existierender Technologien, vor allem Kostensenkung und Lebensdauer/Zyklenfestigkeit. Mittelfristig höhere Energiedichte und/oder Sicherheit durch bspw. Lithium-Schwefel oder bspw. Lithium-Titanat Flow-Batterien Kurzfristig: Kostensenkung bei Vanadium-Redox-Flow Batterien Mittelfristig: Neue /verbesserte Aktivmaterialien -> bessere Verfügbarkeit, geringere Kosten Hochtemperaturbatterien Kurzfristig: geringe Kostensenkung, Sicherheitsverbesserungen Langfristig: neuartige Salzschmelzen mit deutlich geringeren Temperaturen Folie 22
Systemisches Fazit Hohes Innovationspotenzial Längere Flaute in der Batterieforschung international überwunden, aber national weitere Anstrengungen notwendig! Viele neue (und alte) Ideen im neuen Umfeld Vielfalt vs. Einfalt Keine Silver-Bullet erkennbar/erwartbar Die Anzahl erfolgreicher Batteriesysteme wird sich jedoch reduzieren auf max. 1-2 bestgeeignete Systeme für jede Anwendung Anforderungen der Anwendungen sind sehr unterschiedlich -> häufig spezielle Batterietypen erforderlich Konkurrenz zu anderen Speichersystemen (mechanisch, chemisch etc). Folie 23 bei sehr großen (stationären) Anwendungen bei sehr langen Speicherdauern (bis saisonaler Speicherung) oder bei extrem kurzen Speicherdauern
QR-Code: Business Card.besuchen Sie uns auf der Hannovermesse 2010 Halle 13, Stand D??? Folie 24 Dr. Christian Doetsch Tel.: +49 208 8598 1195 christian.doetsch@umsicht.fraunhofer.de www.umsicht.fraunhofer.de