Geld, Geldschöpfung, Preise und die Rolle der Nationalbank



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Transkript:

Geld, Geldschöpfung, Preise und die Rolle der Nationalbank iconomix-fachtagung Bern, 7. September 2013 Carlos Lenz, Leiter Inflationsprognosen, SNB Zürich

Was ist Geld? Wer schöpft Geld? Was hat Geldschöpfung mit Preisen zu tun? Welche Rolle spielt bei all dem die Nationalbank?

Was ist Geld? Irgendetwas, was allgemein als Tauschmittel akzeptiert wird 3

Wie sieht Geld heute aus? Ein bedrucktes Stück Papier, das keinen Stoffwert hat und von einer Notenbank ausgegeben wird, die ein staatliches Monopol zur Schöpfung von Notenbankgeld hat gesetzliches Zahlungsmittel innerhalb eines Landes ist dessen Nutzen sich aus seinen Eigenschaften als Zahlungsmittel, Wertaufbewahrungsmittel und Recheneinheit ableitet Geld braucht nicht unbedingt physisch vorhanden zu sein, es gibt auch Giroguthaben der Banken bei der Nationalbank, sie sind so gut wie Banknoten Buchgeld als Konten bei Geschäftsbanken, das zu Zahlungszwecken genutzt werden kann 4

Der Wert des Geldes Papiergeld hat keinen Stoffwert, der Wert des Geldes wird nur durch seine Kaufkraft bestimmt. Die Kaufkraft des Geldes hängt, von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der verfügbaren Menge an Geld im Verhältnis Gütermenge. Es hat sich in der Geschichte wiederholt gezeigt, dass eine unkontrollierte Zunahme der Geldmenge zu Preiserhöhungen auf breiter Front und nachhaltigem Verlust der Kaufkraft führen kann. Die relevante Geldmenge ist der Geldbestand in der Hand von Nichtbanken, also das Geld, das für Zahlungszwecke zur Verfügung steht. Dieser Geldbestand wird je nach Liquiditätsgrad als Geldmenge M1, M2 oder M3 bezeichnet. 5

Wer schöpft Geld? Notenbankgeld kann nur durch die Notenbank, d.h. die Schweizerische Nationalbank geschöpft werden Bundesverfassung, Art. 99/1: Geld- und Währungspolitik Nationalbankgesetz, Art. 4: Notenmonopol Notenbankgeldmenge = Notenumlauf + Giroguthaben (= Geldmenge M0) Notenbankgeld ist gesetzliches Zahlungsmittel Banken sind gezwungen eine Mindestreserve an Notenbankgeld zu halten Giroguthaben können jederzeit in Noten umgetauscht werden (und umgekehrt) Giroguthaben werden nicht verzinst 7

Wer schöpft Geld? Geschäftsbanken schöpfen Geld durch Kreditvergabe Wenn eine Bank einen Kredit vergibt, schreibt sie dem Kunden den entsprechenden Betrag als Einlage auf seinem Konto gut Um etwas zu kaufen, kann sich der Kunde dann den Betrag bar auszahlen lassen oder ihn dem Verkäufer überweisen Die Kreditvergabe durch Banken unterliegt Beschränkungen Einerseits wollen sie, dass die Kredite zurückbezahlt werden können Andererseits müssen sie einen Teil der Kundeneinlagen mit Reserven hinterlegen Die Notenbank beeinflusst die Kreditvergabe massgeblich über ihre Zinspolitik 8

Drei vereinfachte und zusammengefasste Bilanzen A Nationalbank P A Geschäftsbanken P A Nichtbanken P Gold Repos Devisen Notenumlauf Giro Notenbankgeldmenge (M0) Bargeld Giro Kredite Wertschriften Repos Einlagen Geldmenge M1, M2, M3 Bargeld Einlagen Immobilien Wertschriften Die Notenbankgeldmenge (Notenumlauf plus Giroguthaben) erscheint auf der Passivseite der Nationalbankbilanz; sie ist eine Verpflichtung der Nationalbank. Bargeld und Einlagen (je nach Geldmengendefinition: Sichteinlagen, Spargelder, Termineinlagen) bilden die Geldmenge (M1, M2, M3), die den Nichtbanken für Zahlungszwecke zur Verfügung steht. Kredite 9

Bilanz der SNB: Aktivseite 10

Bilanz der SNB: Passivseite 11

Die Nationalbank schöpft Notenbankgeld: 2 Möglichkeiten A Nationalbank P A Geschäftsbanken P A Nichtbanken P Gold Repos Devisen Notenumlauf Giro Bargeld Giro Kredite ausl. WS Repos Einlagen Bargeld Einlagen Immobilien Wertschriften Kredite Die Nationalbank schliesst mit Geschäftsbanken Repogeschäfte ab: Faktisch gibt sie einen besicherten, kurzfristigen Kredit und legt den entsprechenden Zins fest. Der Erlös wird den Giroguthaben gutgeschrieben, die Liquidität wird erhöht. Die Nationalbank kauft von den Geschäftsbanken Devisen gegen Schweizer Franken, die den Giroguthaben gutgeschrieben werden. 12

Notenbankgeldmenge seit 2007 13

Abschöpfung von Notenbankgeld durch SNB Bills A Nationalbank P A Geschäftsbanken P A Nichtbanken P Gold Repo Devisen Notenumlauf Giro SNB Bills Bargeld Giro Kredite SNB Bills Repo Einlagen Bargeld Einlagen Immobilien Wertschriften Kredite Die Nationalbank verkauft eigene Schuldverschreibungen (SNB Bills) an Geschäftsbanken; die Notenbankgeldmenge wird dadurch reduziert. Banken haben einen Anreiz SNB Bills zu kaufen, weil sie sicher und verzinslich sind. 14

Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken A Nationalbank P A Geschäftsbanken P A Nichtbanken P Gold Repos Devisen Notenumlauf Giro Bargeld Giro Kredite WS Repos Einlagen Bargeld Einlagen Immobilien WS Kredite Geschäftsbanken vergeben Kredite an Haushalte oder Firmen und schreiben den entsprechenden Betrag deren Konto gut. Dies erhöht die Geldmenge, die für Zahlungszwecke zur Verfügung steht. Die Höhe der Kreditvergabe richtet sich nach Angebot und Nachfrage, die ihrerseits von Zinsniveau, Konjunkturlage, Risikobereitschaft etc. abhängen 15

Geldmengen M1, M2 und M3 seit 2007 16

Geldschöpfung und Preise Ist zu befürchten, dass das kräftige Geldmengenwachstum in den letzten Jahren zu einem Anstieg der Teuerung führt? Die Finanzkrise und ihre Folgen (weltweite Rezession, Eurokrise, Frankenstärke, ungenutzte Produktionskraft) haben in der Schweiz stark preisdämpfend gewirkt. Der Anstieg der Notenbankgeldmenge ist die Folge einer erwünschten expansiven Geldpolitik. Die Zinssenkungen, die Einführung des Mindestkurses zum Euro und der Kauf von Devisen waren Reaktionen auf die Krise und ihre Auswirkungen. Mit dem Abklingen der Krise muss die Situation irgendwann wieder normalisiert werden. Die Zunahme der Geldmengen M1, M2 und M3 hat sich nicht in einer höheren Teuerung geäussert. Im Gegenteil: Seit der Finanzkrise ist die Teuerung rückläufig, seit Ende 2011 sogar negativ. Auch die Inflationsprognosen zeigen für die Schweiz auf absehbare Zeit keine Teuerungsgefahr. 17

Die Rolle der Nationalbank: Transmission der Geldpolitik auf Konjunktur und Preise Langfristige Zinsen Kurzfristiger Zins Wechselkurs Konjunktur Investitionsausgaben, Exporte,... Konsumentenpreise 18

Transmission und geldpolitisches Konzept der SNB Kurzfristiger Zins Langfristige Zinsen Wechselkurs Konjunktur Investitionsausgaben, Exporte,... Definition der Preisstabilität: LIK-Teuerung unter 2% (aber positiv) Konsumentenpreise Operatives Ziel: Zielband für 3M Libor Seit Sept. 2011 Zusätzliches operatives Ziel: Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro Hauptindikator: Bedingte Inflationsprognose 19

Wechselkurs und Konsumentenpreise seit 2000 20

Teuerungsaussichten: die Einschätzung der SNB im Juni 2013 21