Tracer in der aquatischen Umwelt Isotope Geohydromodellierung Institut für Geowissenschaften Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 5-1
Die Isotopenhydrologie ist ein vergleichsweise junges Feld in der Hydrologie. Sie ist entstanden, als man in den 1950 ger Jahren bemerkte, dass die Bestimmung von Isotopen nützliche Aussagen über hydrologische Prozesse liefert. Am Anfang standen dabei die Isotope des Wassers sowie des Kohlenstoff. Die Isotopenhydrologie ist interdisziplinär angelegt, als Kombination von physikalischen Methoden mit hydrologischen Anwendungen. Daher treffen sich auf diesem Gebiet Physiker und Hydrologen, Ingenieure, Geologen, Ozeanographen, Meteorologen, Limnologen,..., die je mit einem fachspezifischen Hintergrund die physikalischen Methoden und Grundgesetze nutzen. Parallele und eng verwandte Felder sind daher auch die Isotopengeologie und Isotopengeochemie. 5-2
Aufgaben für die Isotopenhydrologie Herkunft von Wassermassen und Bildungsbedingungen Identifizierung und Separation von Wasserkomponenten Identifizierung von Neubildungsgebieten, Fließpfaden und Mischung Herkunft von Verunreinigungen Paleoklima, Paleotemperaturen Verweilzeit des Wassers im System Strömungsgeschwindigkeiten, Mischung Flüsse, Neubildungsraten, Austauschraten Transport und Abbau von Kontaminationen 5-3
Isotope Atomkerne bestehen aus Protonen und Neutronen. - Z = Anzahl der Protonen (Ordnungszahl) - N = Anzahl der Neutronen - A = N + Z = Anzahl der Nukleonen (Kernmasse, Massenzahl) Dabei bestimmt Z, zu welchem Element das Atom gehört, und ist gleichzeitig die Anzahl der Elektronen des neutralen Atoms. Die Anzahl der Elektronen wiederum bestimmt die chemischen Eigenschaften des Atoms. Ein Nuklid ist eine Atomsorte X, die durch Z und N beschrieben ist. Notation: A Z X N bzw A X Die volle Notation mit Z und N ist nicht notwendig, da Z durch X, also das Element, schon gegeben ist, und N = A-Z. 5-4
Die verschiedenen Nuklide eines chemischen Elements mit derselben Ordnungszahl Z aber unterschiedlicher Anzahl von Neutronen nennt man Isotope. (von griechisch: iso topos = am selben Platz (im Periodensystem)). Nuklide mit gleicher Massenzahl A aber unterschiedlicher Anzahl an Protonen Z nennt man Isobare (gleich schwer). Nuklide mit gleichem N aber unterschiedlichem Z nennt man Isotone. 5-5
Die Nuklide sind alle in der sog. Nuklidkarte aufgeführt, die die wesentliche Grundlage für das Arbeiten mit Isotopen bildet, da sie grundsätzlich aufzeigt, welche Isotope existieren. Dabei wird die Ordnungszahl Z gegen die Anzahl der Neutronen N aufgetragen. Isotope befinden sich damit in einer Zeile. Unterster Teil der Nuklidkarte H bis O 5-6
Die stabilen Isotope der leichten Elemente fallen ungefähr auf die 1:1 Linie (Z=N). Für schwerere Nuklide gibt es zunehmend mehr Neutronen pro Proton. Nuklidkarten beinhalten Informationen über die Nuklide (Masse, Zerfallsmodus, Halbwertszeit,...) Schwarz = stabile Isotope, alle Farben: radioaktive Isotope Zahlen = magische Zahlen, hier sind die Nuklide besonders stabil 5-7
Die Isotope können stabil oder radioaktiv (= nicht stabil) sein. Daumenregel: - leichte Elemente: Nuklide mit N = Z ( 12 C, 14 N, 16 O) oder einem leichten Neutronenüberschuss ( 13 C, 15 N, 18 O) sind stabil - schwere Elemente: Stabil nur bei deutlichem Neutronenüberschuss ( 208 Pb mit Z = 82 und N = 126) Besonders stabil sind Nuklide bei den magischen Zahlen 2, 8, 20, 28, 50, 82, 126. Insbesondere, wenn N und Z magische Zahlen sind. Nuklide mit geradem Z sind stabiler als mit ungeradem. Die Häufigkeit der Nuklide und Elemente stammt noch vom Urknall und den entsprechenden Stabilitätsverhältnissen. 5-8
Die meisten Nuklide sind nicht stabil. Viele haben nur sehr kurze Halbwertszeiten, von praktischer Bedeutung sind Nuklide mit langen ( passenden ) Halbwertszeiten (e.g. 3 H, 14 C). Arten des radioaktiven Zerfalls und Verlauf in der Nuklidkarte: α-zerfall: Abstrahlung eines α-teilchens, d.h. des sehr stabilen 4 He-Kerns. β -Zerfall: Abstrahlung eines Elektrons (β -Teilchens) nach Umwandlung eines Neutrons n in ein Proton p β + -Zerfall: Umwandlung p zu n und Abstrahlung eines Positrons n: Neutronenemission p: Protonenemission 5-9
Die Radioaktiver Zerfall: T 1/2 = Halbwertszeit λ = Zerfallskonstante τ = Mittlere Lebensdauer ln(2) = 0.693 = 0.7 Beispiel: Bevölkerungswachstum von 2% pro Jahr: Verdoppelung der Bevölkerung in T 1/2 = ln(2)/λ = 0.7 / (2/100) = 35 a 5-10
Radioaktive Isotope können nur in der Natur auftreten, wenn sie entweder sehr langlebig sind ( primordial, uranfänglich, d.h. seit der Entstehung des Sonnensystems) oder ständig produziert werden (kosmogen, geogen, anthropogen). Primordiale Isotope: EC = Electron capture, SF = spantaneous fission 5-11
Beispiel: Zerfallsreihe von 235 U (spaltbar, Kernkraftwerke) 5-12
Kosmogene, geogene und anthropogene Produktion: 5-13
Isotope, die in der Isotopenhydrologie verwendet werden. 5-14
Die vier grundlegenden Datierungsmethoden in der Hydrologie 5-15
Die Zeitskalen der Datierung, möglich mit den einzelnen Stoffen 5-16
Stabile Isotope Die verwendeten stabilen Isotope sind hauptsächlich Isotope der Elemente: - Wasserstoff H, Kohlenstoff C, Stickstoff N und Sauerstoff O Seltener verwendet: - Schwefel, Bor, Chlorid, - hauptsächlich ein häufiges Isotop ( 1 H, 12 C, 14 N, 16 O) - ein oder zwei stabile schwerere Isotope ( 2 H, 13 C, 17 O, 18 O) - ein radioaktives Isotop ( 3 H, 14 C) Verwendet werden die Verhältnisse der Isotope und deren Veränderung aufgrund natürlicher Prozesse. 5-17
Stabile Isotope Definition Isotopenverhältnis: R = = Häufigkeit des seltenen Isotops Häufigkeit des häufigen Isotops Häufigkeit des schweren Isotops Häufigkeit des leichten Isotops Anteile der einzelnen Isotope (Summe Anteile = 1) 5-18
Stabile Isotope Die δ Notation Isotopenverhältnisse werden gegen einen Standard gemessen und auch auf diesen bezogen angegeben: δ-werte sind kleine, dimensionslose Zahlen, die typischerweise in Promille angegeben werden (ohne explizite Angabe des Faktors 10-3 ). Beispiel: und δ 18 O[ ] = 3 bedeutet δ 18 O = 0.003 5-19
Stabile Isotope Die Referenzstandards sind international und werden zentral durch die IAEA (International Atomic Energy Association) ausgegeben. VSMOW = Vienna Standard Mean Ocean Water VPDB = Vienna Pee Dee Belemnite (marines kreidezeitliches Fossil, South Caroline, USA; Karbonat) 5-20
Fraktionierung Die Isotope eines Elements verhalten sich alle sehr ähnlich (chemisch fast identisch), da sie dieselbe Ordnungszahl besitzen. Die geringen Unterschiede im Verhalten, die auf den unterschiedlichen Nuklidmassen beruhen, bezeichnet man als Fraktionierung. Fraktionierung kommt vor bei Phasenübergängen (Wasser Wasserdampf), bei der Stoffumwandlung (CO 2 zu organischem Kohlenstoff), bzw. bei Gleichgewicht. Aus der Massendifferenz der einzelnen Isotope ergibt sich: 1) Die schwereren Isotope sind weniger beweglich (da höhere Masse). Kinetische Energie: kt = ½ m v² Bei gleicher Temperatur sind die schweren Isotope also langsamer. - schwerere Isotope diffundieren langsamer - die Kollisionsfrequenz für schwere Isotope ist geringer, daher reagieren diese in geringerem Masse. Daher haben z.b. H218O und HDO einen geringeren Dampfdruck als H2O und verdampfen daher langsamer. 2) Bindungsenergie: Moleküle, die die schweren Isotope beinhalten, haben gewöhnlich eine höhere Bindungsenergie. 5-21
Fraktionierung Eigenschaften von Wasser für unterschiedliche isotopische Zusammensetzungen: Generell: Schwerere Isotope benötigen eine höhere Temperatur (= Energie) um zu schmelzen bzw. zu verdampfen. Daher reichern sich diese typischerweise in der kondensierten Phase an. 5-22
Fraktionierung Fraktionierung verursacht durch physikalische, chemische und biologische Umwandlungen/Übergänge zwischen zwei Phasen oder zwei Stoffen A und B. Gleichgewichtsfraktionierung: - reversible Reaktion im Gleichgewicht: A B - Hin- und Rückrate gleich im Gleichgewicht - Beispiele: chemisches Gleichgewicht, Phasengleichgewicht Kinetische Fraktionierung: - irreversible Reaktion A => B - Beispiele: Reaktionsprodukte, Diffusion 5-23
Mathematik der Fraktionierung Der Isotopeneffekt bei einem Übergang bzw. einer Reaktion der Form A => B oder A <=> B wird durch den Fraktionierungsfaktor beschrieben: α B/A = R(B) / R(A) = R B /R A Der Fraktionierungsfaktor beschreibt also das Isotopenverhältnis in B relativ zum Isotopenverhältnis in A. Oft wird nur α geschrieben. Effekte durch Fraktionierung sind typischerweise klein (α 1). Daher wird auch die Abweichung von α von 1 angegeben und als Anreicherungsfaktor bezeichnet: ε B/A = α B/A 1 = R B /R A -1 ε wird ebenfalls oft in angegeben. 5-24
Zusammenhänge Die folgenden Zusammenhänge gelten: 5-25
Terminologie ε > 0: Anreicherung des seltenen Isotops ε < 0: Abreicherung des seltenen Isotops δ A > δ B : A ist im seltenen/schweren Isotop angereichert relativ zu B A ist schwerer als B B ist im schwere Isotop abgereichert im Vergleich zu A B ist leichter als A δ[ ] 0-10 positiver mehr schwere Isotope Achtung: -10 > -20-30 negativer mehr leichte Isotope 5-26
Additivität der isotopischen Zusammensetzung bei A => B: Annähernd lineare Mischung: 5-27
Gleichgewichtsfraktionierung: Gleichgewichtsreaktion: A h + B l A l + B h (h= heavy, l = light) Der Fraktionierungsfaktor entspricht der Gleichgewichtskonstante. Beispiele: Wasser / Wasserdampf mit Isotopenaustausch H 2 18 O(liq) + H 2 16 O (vap) H 2 16 O(liq) + H 2 18 O(vap) 18 R(vap) = 0.00198567, 18 R(liq) = 0.00200520 18 ε(vap/liq) = 18 R(vap)/ 18 R(liq) - 1 = -9.74 Wasser / CO 2 Isotopenaustausch: H 2 O + CO 2 = H 2 CO 3 H 2 18 O + C 16 O 2 H 2 C 18 O 16 O 2 H 2 16 O + C 18 O 16 O 5-28
Kinetische Fraktionierung Nicht reversible Reaktion A -> B Zerlegen in A l -> B l und A h -> B h mit den Reaktionsraten r l = k l [A l ] und r h = k h [A h ] (k = Reaktionsratenkonstante) Das Isotopenverhältnis des Produkts B ist dann R B = R(B) = Beispiel: Verdampfen von Wasser und Absaugen des Dampfes H 2 16 O(liq) -> H 2 16 O(vap) und H 2 18 O(liq) -> H 2 18 O(vap) 5-29
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