Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009

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Transkript:

LANDESUNTERSUCHUNGS- ANSTALT FÜR DAS GESUNDHEITS- UND VETERINÄRWESEN Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2009 über erfasste übertragbare Krankheiten im Freistaat Sachsen

Inhaltsverzeichnis Abkürzungen 4 1 Einleitung 5 2 Zu ausgewählten Infektionskrankheiten 6 2.1 Enteritis infectiosa 6 2.1.1 Clostridium difficile-infektion 8 2.1.2 Norovirus-Infektion 9 2.1.3 Salmonellose 10 2.2 Shigellose 13 2.3 Typhus und Paratyphus 13 2.4 Meningitis / Enzephalitis 15 2.4.1 Bakteriell bedingte Meningitis / Enzephalitis 16 2.4.1.1 Meningokokkenmeningitis 16 2.4.1.2 Pneumokokkenmeningitis 17 2.4.1.3 Syphilitische Meningitis / Neurosyphilis 17 2.4.2 Virusbedingte Meningitis 18 2.4.2.1 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) 18 2.5 Impfpräventable Krankheiten (Auswahl) 19 2.5.1 Haemophilus influenzae, invasive Erkrankung 21 2.5.2 Masern 22 2.5.3 Meningokokken, invasive Erkrankung 23 2.5.4 Mumps 25 2.5.5 Pertussis 26 2.5.6 Pneumokokken, invasive Erkrankung 29 2.5.7 Windpocken 31 2.6 Reiseassoziierte Krankheiten (Auswahl) 31 2.6.1 Denguefieber 31 2.6.2 Malaria 32 2.6.3 Virales hämorrhagisches Fieber 34 2.6.3.1 Chikungunya-Fieber 34 2.7 Sexuell übertragbare Krankheiten (Auswahl) 35 2.7.1 Gonorrhoe (Tripper) 36 2.7.2 Lues (Syphilis) 36 2

2.7.2.1 Konnatale Lues 37 2.7.3 Infektion durch Chlamydia trachomatis und Mycoplasma hominis 38 2.7.4 Infektion durch Streptokokken der Gruppe B (S. agalactiae) 39 2.8 Weitere ausgewählte Erkrankungen 40 2.8.1 Borreliose 40 2.8.2 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit 41 2.8.3 Echinokokkose 42 2.8.4 Gasbrand 43 2.8.5 Influenza 43 2.8.6.1 Neue Influenza A/H1N1 43 2.8.6 Legionellose 45 2.8.7 Leptospirose 46 2.8.8 Listeriose 47 2.8.8.1 Konnatale Listeriose 48 2.8.9 MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) - invasive Erkrankung 49 2.8.10 Ornithose 50 2.8.11 Trichinellose 51 2.8.12 Tuberkulose 51 2.8.13 Virushepatitis 54 2.8.13.1 Virushepatitis A 54 2.8.13.2 Virushepatitis B 55 2.8.13.3 Virushepatitis C 56 2.8.13.4 Virushepatitis D 57 2.8.13.5 Virushepatitis E 58 3 Übersicht über erfasste meldepflichtige Infektionskrankheiten im Freistaat Sachsen 59 4 Literaturhinweise, Quellenverzeichnisse 61 3

Abkürzungen A Ausscheider CJK Creutzfeldt-Jakob-Krankheit DB Direktionsbezirk EHEC Enterohämorrhagische Escherichia coli E Erkrankung(en) EW Einwohner FSME Frühsommer-Meningoenzephalitis GBS Gruppe B-Streptokokken HIV Humanes Immundefizienz-Virus HUS Hämolytisch-urämisches Syndrom HSE Humane Spongiforme Enzephalopathien IfSG Infektionsschutzgesetz IgG Immunglobulin G IgM Immunglobulin M KBE Koloniebildende Einheit KBR Komplementbindungsreaktion LK Landkreis LT Lysotyp MMR-Impfung Mumps-Masern-Röteln-Impfung NRZ Nationales Referenzzentrum ÖGD Öffentlicher Gesundheitsdienst PCR Polymerase change reaction RKI Robert-Koch-Institut SIKO Sächsische Impfkommission SK Stadtkreis spp. Spezies (pl.) STIKO Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut SurvStat@RKI Software zur Auswertung von Meldedaten, die das RKI der Fachöffentlichkeit online im Internet zur Verfügung stellt T Tod(esfall) TSS Toxisches Schocksyndrom WHO World Health Organization (Weltgesundheitsorganisation) 4

1 Einleitung Der vorliegende Bericht soll einen umfassenden Überblick über das Infektionsgeschehen im Freistaat Sachsen im Jahr 2009 vermitteln. Hiermit erfolgt eine abschließende Bewertung der im Berichtsjahr 2009 von den Gesundheitsämtern an das Fachgebiet Infektionsepidemiologie übermittelten Daten. Einen Schwerpunkt bilden die Auswertung und der Vergleich der Daten des Freistaates Sachsen mit den für Deutschland erfassten Zahlen. Dies geschieht sowohl in tabellarischer, grafischer wie auch in textlicher Form. Als Grundlage für die Angaben der Bundesdaten diente das Infektionsepidemiologische Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2009 des Robert Koch-Instituts Berlin. Diese umfassende Auswertung zeigt die Notwendigkeit der Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in der Prävention sowie bei der Bekämpfung von einzelnen Infektionskrankheiten und Ausbrüchen. Sie bildet die Grundlage für die Erstellung von Merkblättern, Impfempfehlungen, wissenschaftlichen Studien und Veröffentlichungen u. ä. Weiterhin dient sie als Arbeitsgrundlage für verschiedene Arbeitsgremien und -gruppen, die sich mit dem Thema Infektionsschutz befassen. Nicht zuletzt soll sie Ärzte, medizinisches Personal, Mitarbeiter im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) sowie sonstige Interessierte über das derzeitige Vorkommen und die Entwicklung der wichtigsten übertragbaren Krankheiten aufklären. An dieser Stelle danken wir allen Ärztinnen und Ärzten, Laboratorien und Krankenhäusern, die durch die Erfüllung Ihrer Meldepflicht aktiv zur Überwachung des Infektionsgeschehens beigetragen haben. Ebenso danken wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den sächsischen Gesundheitsämtern, die uns auch im vergangenen Berichtsjahr mit Fachkompetenz und oftmals aufwändiger Recherche unterstützt haben und freuen uns auf eine weitere gute Zusammenarbeit. 5

2 Zu ausgewählten Infektionskrankheiten 2.1 Enteritis infectiosa Unter diesem Sammelbegriff werden alle infektiösen Darmerkrankungen zusammengefasst. Enteritis infectiosa wird meist durch Nahrungsmittel tierischen Ursprungs (bakterielle Erreger, Parasiten), oder Kontaktinfektionen (Viren) übertragen. Die deutliche Häufung von Erkrankungen in der warmen Jahreszeit betrifft alle bakteriellen Erreger, hingegen ist für virale Infektionen ein Herbst/Wintergipfel typisch. Infektiöse Gastroenteritiden sind seit langem die mit Abstand am häufigsten vorkommenden Infektionskrankheiten und nehmen ständig zu. Erreger Erkrankungen Jahr 2009 Jahr 2008 Inzidenz % Anteil Erkrankungen Inzidenz % Anteil Norovirus 21.173 501,7 46,3 21.512 506,2 41,4 Rotavirus 8.016 189,9 17,5 11.296 265,8 21,7 Campylobacter 4.905 116,2 10,7 5.666 133,3 10,9 C. difficile 3.499 82,9 7,7 3.422 80,5 6,6 Adenovirus 2.658 63,0 5,8 3.592 84,5 6,9 Salmonella spp. 2.146 50,9 4,7 3.174 74,7 6,1 Astrovirus 1.108 26,3 2,4 961 22,6 1,9 E. coli 859 20,4 1,9 883 20,8 1,7 Yersinia 541 12,8 1,2 630 14,8 1,2 Giardia lamblia 257 6,1 <1 346 8,1 <1 Cryptosporidium 149 3,5 <1 169 4,0 <1 EHEC 73 1,7 <1 110 2,6 <1 E. histolytica 32 0,8 <1 68 1,6 <1 übrige Erreger 266 6,3 <1 115 2,7 <1 Bacillus cereus 165 3,9 <1 35 0,8 <1 C. perfringens 14 0,3 <1 1 0,0 <1 Aeromonas 7 0,2 <1 22 0,5 <1 S. aureus 5 0,1 <1 8 0,2 <1 sonstige 6 0,1 <1 Insgesamt 45.682 1.082,5 100 51.944 1.222,3 100 Tabelle 1: Gemeldete infektiöse Durchfallerkrankungen nach Erregern sowie ihr Anteil am Gesamtvorkommen im Freistaat Sachsen. Jahresvergleich 2009 und 2008 Zur Übermittlung kamen insgesamt 45.682 Erkrankungsfälle mit 375 Ausscheidern und 4 Todesfällen (3-mal Clostridium difficile, 1-mal Noroviren). Die Inzidenz lag bei 1.081 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und damit um 12 % unter der des Vorjahres mit 1.221 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Dieser Rückgang beruht auf einem Absinken der Erkrankungszahlen bei fast allen Erregern. Lediglich bei den Infektionen durch Clostridium difficile sowie durch Astroviren waren Anstiege zu verzeichnen. 6

75 % aller infektiösen Gastroenteritiden im Jahr 2009 waren viralen Ursprunges; gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um 3 %. Im Berichtsjahr wurde ein leichter Rückgang der Norovirusinfektionen von rund 2 % gegenüber 2008 verzeichnet. Dennoch hatten diese noch immer einen Anteil von 46 % am Gesamtvorkommen der Enteritis infectiosa und nahmen somit deutlich den ersten Platz ein (siehe Kapitel 2.1.2). Auf dem zweiten Rang lagen, wie auch schon in den letzen Jahren, die Rotavirusinfektionen mit einer Inzidenz von 190 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Absolut kamen 8.016 Erkrankungen und 14 Ausscheider zur Meldung. Dies bedeutete einen Rückgang um 29 % gegenüber dem Vorjahr. Über Todesfälle wurde nicht berichtet. Die Sächsische Impfkommission (SIKO) hat ab Januar 2008 ihre öffentlichen Impfempfehlungen um die Rotavirus-Schluckimpfung für alle Säuglinge im ersten Lebenshalbjahr erweitert. Durch eine rechtzeitige Impfung können schwere Rotavirus-Gastroenteritiden bei Säuglingen und Kleinkindern vermieden werden. Geimpft werden kann ab der vollendeten 6. und je nach Impfstoff bis zur vollendeten 26. Lebenswoche. Ob die erwähnte neu eingeführte Impfung bereits Auswirkungen auf das Vorkommen der Rotavirosen bei Säuglingen und Kleinkindern hatte, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Entwicklung der Erkrankungszahlen der nächsten Jahre wird zeigen, ob hier ein konstant rückläufiger Trend einsetzt. Während 2009 die Campylobacterinfektionen deutschlandweit um 3 % leicht rückläufig waren (76,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), sank die Inzidenz in Sachsen deutlich um rund 13 % gegenüber dem Vorjahr auf 116 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (4.905 Erkrankungen sowie 29 Ausscheider). Sie lag damit an 3. Stelle der Erreger der Enteritis infectiosa, nahm jedoch den ersten Rang unter den bakteriellen Erreger ein. Laut WHO gilt der Campylobacter als weltweit häufigster bakterieller Enteritis-Erreger. Schon eine relativ geringe Infektionsdosis kann zur Erkrankung führen. Neben der Infektion (erfolgt fäkal-oral) über Trink- und Badewasser, Rohmilch und Geflügel ist auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich. Auf die Infektionen durch Clostridium difficile, dem zweithäufigsten bakteriellen Erreger der Enteritis infectiosa wird unter Punkt 2.1.1 näher eingegangen. Eine deutliche Zunahme (+15 %) der Erkrankungszahlen gegenüber dem Vorjahr konnte bei den Astrovirusinfektionen beobachtet werden. Die im Berichtsjahr erfasste Inzidenz der Salmonella spp. lag bei 50,9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (absolut 2.146 Erkrankungen und 159 Ausscheider). Es wurden keine Todesfälle gemeldet. (siehe unter 2.1.3 Salmonellen-Infektionen). Infektionen durch Escherichia coli wurden in 1,9 % als Erreger infektiöser Durchfälle gemeldet. Das entsprach einer absoluten Erkrankungszahl von 859 (20,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) und somit einer nur leichten Abnahme gegenüber dem Vorjahr um rund 3 %. Besonders deutlich war der Rückgang bei den Infektionen durch EHEC (enterohämorrhagische E. coli. Es wurden mit 73 Erkrankungen rund 34 % weniger erfasst als im Jahr 2008 (110 E). Weiterhin kamen 25 Ausscheider zur Meldung. EHEC sind E. coli Stämme, die so genannte Shigatoxine bilden und schwere blutige Durchfälle auslösen können. Die höchste Neuerkrankungsrate wurde bei den Kindern im Alter zwischen 1 und 5 Jahren registriert. Hier erkrankten 39,2 Patienten pro 100.000 der Altersgruppe. Dies entsprach einer Absolutzahl von 51 Erkrankungen. An zweiter Stelle rangierten die Säuglinge unter einem Jahr mit einer Inzidenz von 11,8 Erkrankungen pro 100.000 der Altersgruppe (absolut 4 Erkrankungen). Insgesamt wurden 4 Erkrankungshäufungen erfasst. Auf eine soll an dieser Stelle näher eingegangen werden: 7

Im Krippenbereich einer Kindertagesstätte erkrankte ein einjähriger Junge mit Fieber und leichtem Durchfall. Die Stuhluntersuchung erbrachte den Nachweis von EHEC (bisher kein Coli-Typ) sowie Shigatoxin I und II. Durch eingeleitete Umgebungsuntersuchungen in der Einrichtung wurde eine weitere Erkrankung, ebenfalls bei einem Einjährigen, ermittelt (O 26, Stx I und II). Dessen Bruder (6 Jahre) sowie sein Vater wurden als Ausscheider (Coli ohne Typ, Stx II) erfasst. Die Untersuchungen des Betreuungspersonals verliefen mit negativen Ergebnissen. Als lebensbedrohliche Komplikation einer EHEC-Infektion kann das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) auftreten. Im aktuellen Berichtsjahr wurden 3 Fälle übermittelt. Betroffen waren Kinder im Alter zwischen 1 und 5 Jahren mit teils schweren Krankheitsverläufen. Die Yersinia-Infektionen gingen 2009 wieder leicht zurück (- 14 %). Mit 541 Erkrankungen (12,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) waren sie für lediglich 1,2 % der infektiösen Durchfallerkrankungen verantwortlich. 2.1.1 Clostridium difficile-infektion Clostridium difficile ist ein anaerob wachsendes, sporenbildendes Stäbchenbakterium, welches überall in der Umwelt vorkommt. Bei Menschen und Tieren ist der Erreger häufig im Magen-Darm-Trakt zu finden. Kommt es nun zu einer Störung des mikrobiologischen Gleichgewichts (z. B. durch Antibiotikatherapie oder einen darmchirurgischen Eingriff) kann hieraus eine starke Vermehrung von C. difficile resultieren. Die durch den Keim produzierten Toxine können zu schweren Darmentzündungen führen. Die Symptomatik reicht von leicht verlaufenden Durchfallerkrankungen bis hin zu schwersten Verläufen (toxisches Megakolon, pseudomembranöse Kolitis). In den letzten Jahren wurde weltweit nicht nur Abb. 1: Clostridium difficile über einen Inzidenzanstieg der C. difficile-infektionen sondern auch über eine Zunahme der Schwere der Erkrankungen berichtet. Anstelle einer Falldefinition werden bundesweit die Meldekriterien für die Einordnung des Falls als Grundlage zur Einordnung herangezogen. Erfasst werden am RKI nur die schweren Verläufe einer Clostridium difficile-infektion nach 6 Abs. 1, Nr. 5a IfSG (Arztmeldung). Für Deutschland kamen somit 406 Fälle (0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), die mindestens eines der Meldekriterien erfüllten zur Meldung, was einer geringen Abnahme gegenüber 2008 (n = 427) entsprach. Über die Hälfte der im Berichtszeitraum registrierten Patienten (220) verstarben an den Folgen der Infektion. Der hohe Anteil an Todesfällen lässt darauf schließen, dass eine beträchtliche Zahl von schwer verlaufenden Fällen ohne Todesfolge nicht zur Meldung gekommen ist. Im Freistaat Sachsen wird gemäß Landesverordnung jeder Erkrankungsfall von Clostridium difficile an die zuständige Landesbehörde übermittelt. Ein direkter Vergleich mit den auf Bundesebene erfassten Infektionen ist demnach leider nicht möglich. Die Zahl der im Jahr 2009 in Sachsen registrierten Erkrankungen durch Clostridium difficile stieg gegenüber 2008 leicht an. Es kamen 3.499 Infektionen zur Meldung, was einer Inzidenz von 83 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Der größte Anteil (71 %) konnte den über 65- Jährigen zugeordnet werden. 3 Patienten starben an den Folgen ihrer Infektionen: 8

Ein 46-Jähriger wurde mit wässrigem Durchfall hospitalisiert und verstarb drei Tage später an einer Enterokolitis. Der Patient war aufgrund einer Herzinsuffizienz und Diabetes stark vorgeschädigt. In einer Stuhlprobe gelang der Nachweis von Clostridium difficile- Toxin A/B. Ein 85-Jähriger erkrankte mit Bauchkrämpfen und musste daraufhin stationär aufgenommen werden. Der Patient verstarb drei Tage später. Aus Stuhl konnte Clostridium difficile-toxin nachgewiesen werden. Über eine bereits bestehende Vorerkrankung des Mannes wurde nichts bekannt. Bei einem 78-jährigen Mann, welcher an einer Gastroenteritis erkrankt war, wurde aus Stuhl C. difficile nachgewiesen. Nach der eingeleiteten Antibiotikatherapie kam es kurze Zeit später zur Ausprägung einer Sepsis. Der Patient verstarb unter dem klinischen Bild eines septischen Schocks. 2.1.2 Norovirus-Infektion Noroviren werden der Gruppe der Caliciviren zugeordnet. Sie kommen weltweit vor und sind die Ursache für einen Großteil der virusbedingten Magen-Darm-Erkrankungen bei Kindern und Erwachsenen. Die Übertragung erfolgt meist fäkal-oral oder durch die orale Aufnahme virushaltiger Tröpfchen. Es kommt dann in den meisten Fällen zu schwallartigem Erbrechen, teils auch mit Durchfall einhergehend. Ein gehäuftes Auftreten ist vor allem in den Wintermonaten zu beobachten. Abb. 2: Norovirus Im September 2009 wurden die bestehenden Übermittlungskriterien für Norovirus-Infektionen geändert. Alle labordiagnostisch bestätigten Erkrankungen waren wie bisher als Einzelfälle zu übermitteln. Die klinisch-epidemiologischen Fälle im Rahmen von Häufungen wurden in Form einer aggregierten Meldung zusammengefasst. Dies sollte in Zeiten einer hohen Norovirusaktivität zu einer Entlastung der Mitarbeiter der Gesundheitsämter führen, da nun nicht mehr jeder Fall einzeln in das elektronische Meldesystem einzupflegen war. Diese vom RKI initiierte Vorgehensweise wurde von den meisten Gesundheitsämtern Sachsens gut angenommen. Später zeigte sich jedoch, dass mit diesen Daten eine altersspezifische Auswertung (seitens des RKI) nun nicht mehr möglich war. Diese aggregierten Zahlen gingen deshalb nicht in die bundesweite Jahresstatistik ein; es wurden nur die labordiagnostisch-bestätigten Erkrankungen berücksichtigt. Auch im Statistischen Jahrbuch des RKI findet sich kein Hinweis auf die Zahl der im Rahmen der aggregierten Meldungen im Berichtsjahr 2009 erfassten Infektionen. Es kamen nach diesen Kriterien deutschlandweit 110.846 labordiagnostisch bestätigte Norovirus-Erkrankungen zur Meldung (135 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Die wahre Fallzahl der 2009 aufgetretenen Norovirusinfektionen wird somit deutlich unterschätzt. Es wurde jedoch von einer hohen Norovirusaktivität ausgegangen. Insgesamt kamen in ganz Deutschland 30 Todesfälle bedingt durch eine Norovirusinfektion zur Meldung. Im Freistaat Sachsen wurde im Berichtsjahr 2009 ein leichter Rückgang der Norovirusinfektionen um rund 2 % gegenüber 2008 verzeichnet. Es kamen insgesamt 21.173 Erkrankungen und 60 Ausscheider zur Meldung. Dies bedeutete eine Inzidenz von 502 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Im Rahmen der aggregierten Meldung wurden im Freistaat Sachsen 7.490 klinischepidemiologische Fälle erfasst. Diese sind in der Gesamtzahl (21.173) enthalten. 9

Im Zusammenhang mit 409 Geschehen kamen im Freistaat Sachsen 9.271 Erkrankungen zur Meldung. Es wurde ein norovirusbedingter Todesfall registriert. Im Zusammenhang mit einem größeren Ausbruch in einem Seniorenheim im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verstarb eine 94-jährigen Heimbewohnerin an den Folgen der Infektion. Erkrankungen 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1 14 27 40 1 14 27 40 1 14 27 40 1 14 27 40 1 14 27 40 Kalenderwoche 2005 2006 2007 2008 2009 Abb. 3: Noroviruserkrankungen in Sachsen 2005 bis 2009 (2009 mit aggregierten Daten) 2.1.1 Salmonellen-Infektion Salmonellen sind stäbchenförmige Bakterien. Weltweit sind derzeit etwa 2.200 Serovare bekannt. Die durch eine Salmonellen-Infektion verursachten Symptome sind vielfältig; meist Bauchschmerzen, Durchfall, Fieber und Erbrechen. Diese können leicht, unter Umständen aber auch sehr heftig ausgeprägt sein. Für Säuglinge und Kleinkinder, Schwangere, alte oder kranke Menschen sowie für immunsupprimierte Personen kann eine Salmonelleninfektion unter Umständen gefährlich sein. In einigen Fällen zeigen sich keine Krankheitssymptome, obwohl Salmonellen im Darm vorhanden sind und mit dem Stuhl ausgeschieden werden (symptomlose Ausscheider). Abb. 4: Salmonelle Deutschlandweit wurden im Jahr 2009 31.397 Salmonellen-Meldungen (38,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) registriert, die der Referenzdefinition des RKI entsprachen. Dies bedeutete, wie auch schon in den vergangenen Jahren, einen deutlichen Rückgang zum Vorjahr. Dieser fiel mit - 27 % sogar noch etwas höher aus als im Jahr 2008 (- 23 %). Es wurden 20 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Salmonellen-Infektion registriert. Laut dem Jahresbericht des RKI nahm im Vergleich zum Vorjahr die Inzidenz in allen Bundesländern ab. In den ostdeutschen Flächenbundesländern, in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz lag sie jedoch über dem bundesdeutschen Durchschnitt für 2009. In 95 % der Meldungen wurde mindestens ein Infektionsland angegeben. Bei 94 % der Nennungen wurde Deutschland aufgeführt. Die anderen Nennungen entfielen laut RKI auf die typischen Urlaubsländer wie die Türkei (1 %), Spanien (0,6 %) und Ägypten (0,4 %). 10

Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2005 2006 2007 2008 2009 Deutschland Sachsen Abb. 5: Salmonellenerkrankungen 2005 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Mit absolut 2.146 Erkrankungen und 159 Ausscheidern setzte sich, auch im Berichtsjahr 2009, der rückläufige Trend im Freistaat Sachsen fort. Die hieraus resultierende Neuerkrankungshäufigkeit von 51 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner lag somit um 32 % niedriger als die von 2008 (75 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Es kamen keine Todesfälle zur Meldung. 2009 konnte bei der Verteilung der im Jahresverlauf aufgetretenen Salmonella-Serovare eine Verschiebung registriert werden. Es dominierte nun der Serovar S. Typhimurium mit einem Anteil von rund 42 %. An zweiter Stelle lagen die Infektionen durch S. Enteritidis mit etwa 32 %. In den vergangenen Jahren war der Anteil S. Typhimurium stetig angestiegen, während S. Enteritidis kontinuierlich rückläufig war. An dritter Stelle mit rund 90 Infektionen lag (wie auch schon in den Vorjahren) der Serotyp S. Infantis. Die Anteile aller weiteren Salmonella-Serovare lagen unter 1 %. Insgesamt wurden 54 unterschiedliche Serotypen erfasst. In weiteren rund 200 Fällen wurde bis zur Serogruppe B typisiert und bei etwa 70 Infektionen bis zur Serogruppe C. Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2005 2006 2007 2008 2009 S. Enteritis S. Typhimurium sonstige Erreger Abb. 6: Verteilung der häufigsten Salmonellen-Serovare in Sachsen 2005 bis 2009 11

Es wurden 16 zumeist kleinere salmonellenbedingte Erkrankungshäufungen erfasst. Mit 116 Erkrankungen sowie 36 Ausscheidern in diesem Zusammenhang wurden deutlich weniger Fälle registriert als im Vorjahr (2008 = 300 Erkrankungen und 3 Ausscheider), was einem Anteil von rund 7 % am Gesamtvorkommen der Salmonelleninfektionen entsprach (2008 = 9 %). Die 16 Geschehen waren verursacht durch 8-mal S. Enteritidis, 7-mal durch S. Typhimurium und einmal durch S. Kentucky. Drei der Geschehen konnten ursächlich aufgeklärt werden: Es gelang zweimal der Nachweis in angeschuldigten Lebensmitteln (jeweils einmal S. Enteritidis bzw. S. Typhimurium). Bei dem dritten Geschehen wurde bei 7 Angestellten einer Viehwirtschaft S. Typhimurium nachgewiesen, nachdem der positive Sektionsbefund einer Kuh aus deren Bestand vorlag. Auf den größten salmonellenbedingten Ausbruch im Jahr 2009 soll hier näher eingegangen werden: Anfang Mai kam es im Landkreis Görlitz zum gehäuften Auftreten von Erkrankungen an Salmonella Typhimurium in der Bevölkerung (darunter eine Jugendweihefeier). Die Ermittlungen ergaben, dass alle Personen verschiedene Fleisch- und Wurstwaren aus einer Fleischerei (viele Verkaufsstellen im Landkreis) bezogen und verzehrt hatten. Mittels Tupferproben wurde im Kutter- und Zerlegeraum des Lebensmittelbetriebes auch S. Typhimurium nachgewiesen. Lebensmitteluntersuchungen (Hackepeter, Pizzabratwurst, Wiener und Wurstaufschnitt) erbrachten ebenfalls den positiven Nachweis von S. Typhimurium, ebenso Stuhluntersuchungen bei Angestellten der Fleischerei und Filialen; 15 wurden als Ausscheider ermittelt. Bei Patienten und in Wurstwaren wurde der gleiche Lysotyp (DT 120) als Verursacher der Erkrankungen eindeutig identifiziert. Insgesamt konnten diesem Ausbruch 41 Erkrankungen und 18 Ausscheider zugeschrieben werden. Als Besonderheit soll an dieser Stelle auch eine heimtierassoziierte Salmonelleninfektion beschrieben werden: Im Landkreis Leipzig erkrankte ein vier Monate alter weiblicher Säugling zunächst mit leichtem Durchfall. Später verschlechterte sich der Allgemeinzustand des Mädchens (hohes Fieber, Erbrechen sowie erhöhte Schläfrigkeit), so dass eine Hospitalisierung mit Verdacht auf Meningitis erforderlich wurde. Die Laboruntersuchungen ergaben aus Liquor, Blut und Stuhl den Nachweis von Salmonella Eastbourne. Umgebungsuntersuchungen bei Familienangehörigen verliefen negativ. Parallel veranlasste Kotuntersuchungen bei den im Haushalt lebenden Tieren (zwei Bartagamen, ein Hund, eine Katze und ein Hase) ergaben ebenfalls den Nachweis von S. Eastbourne bei der Katze und bei beiden Bartagamen. Es ließ sich nicht eruieren, welches der Tiere der Indexfall war. Abb. 7: Bartagame (Pogona vittceps) Als Übertragungsvehikel wurde eine Katzenstreu-Schaufel, die ebenfalls zur Reinigung des Terrariums genutzt wurde, in Erwägung gezogen. Auf die durch S. Typhi und S. Paratyphi verursachten Erkrankungsbilder wird unter 2.3 Typhus und Paratyphus separat eingegangen. 12

2.2 Shigellose Die Shigellenruhr, oder auch Bakterienruhr genannt, ist eine durch gramnegative Bakterien verursachte Infektionskrankheit, die hauptsächlich den Dickdarm betrifft. Sie äußert sich in plötzlichem Fieber, Erbrechen (teilweise blutigen) Durchfällen, schmerzhaftem Stuhlgang und Gliederschmerzen. Die Shigellenruhr wird durch verunreinigte Lebensmittel oder Wasser übertragen. Da die Infektionsdosis sehr niedrig ist (bereits weniger als 200 Bakterien können eine Erkrankung auslösen), können Shigellen leicht von Mensch zu Mensch übertragen werden. Abb. 8: Shigella 2009 kamen in Deutschland 617 Erkrankungen zur Meldung, was einem leichten Anstieg um 7 % im Vergleich zum Vorjahr (575 Erkrankungen) entsprach; die Neuerkrankungsrate lag somit bei 0,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Es kam ein Shigellose-Fall als krankheitsbedingt verstorben zur Meldung. Auf Sachsen entfielen 51 Ruhrerkrankungen. Die Inzidenz betrug 1,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und wies somit einen leichten Anstieg (+ 12 %) gegenüber 2008 auf. 44 Erkrankungen waren bedingt durch S. sonnei, fünf Erkrankungen durch S. flexneri und jeweils eine durch S. boydii bzw. S. dysenteriae. Als Infektionsquelle konnte in den meisten Fällen ein Auslandsaufenthalt angenommen werden. Jahr Sachsen Deutschland 2004 121 2,8 1.151 1,4 2005 124 2,9 1.168 1,4 2006 85 2,0 814 1,0 2007 81 1,9 869 1,1 2008 41 1,0 575 0,7 2009 51 1,2 617 0,8 Tabelle 2: Shigellenruhr 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Die am häufigsten genannten Infektionsländer waren Ägypten (22 Erkrankungen), Indien und Marokko (jeweils 3 Erkrankungen). Es wurde über eine kleinere Häufung berichtet: Nach ihrer Rückkehr von einer Ägyptenurlaubsreise erkrankte eine vierköpfige Familie mit Durchfall, Erbrechen und Fieber. Stuhluntersuchungen erbrachten bei den Eltern den Nachweis von Shigella sonnei. 2.3 Typhus und Paratyphus Typhus ist eine Infektionskrankheit, die durch Salmonella Typhi ausgelöst wird. Nach einer Inkubationszeit von ca. zehn Tagen beginnt die Erkrankung mit Kopfschmerzen, Mattigkeit, konstant hohem Fieber (über Wochen möglich), grau-gelb belegter Zunge, stark beeinträchtigtem Allgemeinbefinden, langsamem Puls und Exanthem. Die Diagnose wird über den Erregernach- 13

weis gesichert. Zwei bis fünf Prozent der Patienten scheiden den Erreger auf Dauer aus (Keimreservoir ist oft die Gallenblase). Der Erreger schadet dem Wirt nicht, benutzt ihn aber als Plattform für seine Vermehrung. Eine genaue Kontrolle und Behandlung der Typhuspatienten bis zur endgültigen Ausheilung sind sehr wichtig. Heute wird ein erheblicher Teil der gemeldeten Erkrankungen nur noch durch Reisen ins Ausland erworben bzw. betrifft nach Deutschland eingereiste Ausländer. Jahr Sachsen Deutschland Typhus Paratyphus Typhus Paratyphus E/100.000 EW E/100.000 EW E/100.000 EW E/100.000 EW 2004 7 0,16 1 0,02 82 0,10 107 0,13 2005 2 0,05 1 0,02 80 0,10 56 <0,10 2006 3 0,07 5 0,12 76 <0,10 73 <0,10 2007 4 0,09 1 0,02 59 <0,10 72 <0,10 2008 - - 1 0,02 69 <0,10 86 <0,10 2009 2 0,05 - - 65 <0,10 76 <0,10 Tabelle 3: Typhus und Paratyphus 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Es wurden bundesweit 65 Erkrankungen (< 0,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erfasst. Etwa 86 % dieser Infektionen wurden vermutlich importiert. Wie auch schon in den letzten Jahren war hierbei Indien der am häufigsten genannte Infektionsort (23-mal). Über Todesfälle wurde nicht berichtet. Auf den Freistaat Sachsen entfielen in diesem Jahr 2 Erkrankungen. Es handelte sich um einen 32-jährigen Pakistani, welcher sich besuchsweise (Bergsteigerurlaub) in Deutschland aufhielt sowie um einen 24-jährigen Deutschen, der kurz nach seiner Rückkehr aus Indien erkrankte. Paratyphus wird durch Salmonella Paratyphi verursacht. Das klinische Bild ist dem des Typhus sehr ähnlich, verläuft meist jedoch etwas milder. In Deutschland kamen 76 Erkrankungen (< 0,01 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. 88 % der Fälle wurden als importiert angesehen. Als häufigste Infektionsländer wurden 47-mal Türkei, sowie 10-mal Indien genannt. In 9 Fällen wurde Deutschland als Infektionsland angegeben. Todesfälle wurden nicht erfasst. Auf den Freistaat Sachsen entfielen in diesem Jahr keine Erkrankungen; es kamen lediglich 2 Ausscheider zur Meldung. Bei einem 5-jährigen türkischen Jungen, welcher während eines dreiwöchigen Heimaturlaubs (Gaziantep und Mersin - Osttürkei) an Durchfällen erkrankt war, wurde aus Stuhl S. Typhimurium nachgewiesen. Da seine Familie im Vogtlandkreis eine Systemgastronomie betreibt, wurden bei ihnen Umgebungsuntersuchungen eingeleitet. So konnte der 28-jährige Vater, der ihn auf der Reise begleitet hatte, als Ausscheider von S. Para- 14

typhi B ermittelt werden. Eine nachfolgende Stuhluntersuchung bei dem Jungen erbrachte dann ebenfalls den Nachweis von S. Paratyphi B. Nach Berichten des RKI traten in den Sommermonaten in den genannten Regionen (wie auch schon 2008) gehäuft Paratyphus B-Infektionen auf. Die Ansteckung erfolgt meist durch den Genuss verunreinigter Nahrungsmittel sowie über Trinkwasser oder durch eine Schmierinfektion. 2.4 Meningitis / Enzephalitis Die Meningitis ist eine Entzündung der Hirnhäute (Meningen). Bakterien oder Viren sind die häufigsten Verursacher der Meningitis. In vielen Fällen kommt es auch zu einer Entzündung des Gehirns (Enzephalitis). Man spricht dann von einer Meningoenzephalitis. Kinder oder Patienten mit geschwächtem Immunsystem haben ein besonders hohes Risiko, an einer Meningitis zu erkranken. Das Hauptsymptom der Meningitis ist die Nackensteifigkeit (Meningismus). Weitere Symptome sind ein allgemeines Krankheitsgefühl, Kopfschmerzen, hohes Fieber, Erbrechen und Lichtempfindlichkeit. Seltener tritt Benommenheit bis hin zum Koma auf. Ein Vergleich auf bundesdeutscher Ebene ist hier leider nicht möglich, da laut IfSG keine Meldepflicht für das klinische Bild einer Meningitis/Enzephalitis besteht. Mit der Erweiterung des Infektionsschutzgesetzes durch die Sächsische Meldeverordnung wurde die Meldepflicht auf bestimmte Krankheiten ausgedehnt. Darunter fällt auch das klinische Bild einer Meningitis/Enzephalitis mit Erregernachweis im Liquor. Erreger Jahr 2009 Jahr 2008 Erkrankungen Todesfälle Inzidenz Erkrankungen Todesfälle Inzidenz Bakterielle Erreger gesamt 60 3 1,35 38 5 0,89 Borrelien 14 0,28 3 0,07 Escherichia coli 2 1 0,05 Haemophilus influenzae 1 0,02 Listerien 2 0,05 3 1 0,07 Meningokokken 9 0,21 8 0,19 Pneumokokken 29 2 0,66 18 4 0,42 Salmonellen 1 0,02 Gruppe-B-Streptokokken 1 0,02 2 0,05 sonstige Streptokokken 1 0,02 1 0,02 Staphylococcus aureus 2 0,05 Treponema pallidum 1 0,02 Virale Erreger gesamt 56 1,33 55 1,29 Enteroviren 41 0,97 42 0,99 FSME-Virus 1 0,02 1 0,02 Herpes-Viren 10 0,24 4 0,09 Parvovirus B19 1 0,02 Varizella-Zoster-Virus 4 0,09 7 0,16 Insgesamt 116 3 2,68 93 5 2,19 Tabelle 4: Erkrankungen mit dem klinischen Bild Meningitis/Enzephalitis in Sachsen 2009 und 2008 15

2.4.1 Bakteriell bedingte Meningitis / Enzephalitis Im Freistaat Sachsen wurden 2009 insgesamt 60 bakteriell bedingte Meningitiden erfasst. Die Pneumokokkeninfektionen hatten mit 47 % (absolut 29 Erkrankungsfälle, davon 2 Todesfälle) den größten Anteil an den bakteriell bedingten Meningitiden. Nachfolgend trugen die Borrelien mit 20 % und die durch Meningokokken verursachten Meningitiden mit 15 % zum Gesamtvorkommen bei. Auf die durch Pneumo- bzw. Meningokokken bedingten Erkrankungen wird in den folgenden Kapiteln näher eingegangen. Weiterhin wurde im Berichtsjahr eine syphilitische Meningitis erfasst. Auch diese wird näher beschrieben. Die Neuroborreliose inklusive durch Borrelien verursachte meningitische Syndrome wurden unter 2.8.1 Borreliose aufgeführt. 9 14 7 29 Pneumokokken Borrelien Meningokokken sonstige Erreger Abb. 9: Anteile der Erreger bakterieller Meningitiden 2009 Es kamen 3 Fälle einer bakteriellen Meningitis als krankheitsbedingt verstorben zur Meldung. Darunter war einer durch Escherichia coli bedingt: Eine 82-jährige Frau aus dem Landkreis Mittelsachsen erkrankte mit Bewusstseinstrübung und Meningismus. Aus dem Liquor gelang der Nachweis von Escherichia coli, jedoch ohne weitere Typisierung. Die Patientin verstarb fünf Tage nach Erkrankungsbeginn. Angaben zu Vorerkrankungen lagen nicht vor. 2.4.1.1 Meningokokkenmeningitis Unter den durch Bakterien verursachten Gehirnhautentzündungen ist die Meningokokken-Meningitis (Meningitis epidemica) die einzige Form, die epidemisch auftreten kann (überwiegend Typ A und C). Neisseria meningitidis (Meningokokken) können aufgrund der Antigenstruktur der Polysaccharidkapsel in 12 Serotypen (in Deutschland vorwiegend Serotyp B) eingeteilt werden. Sie rufen nach kurzer Inkubationszeit (wenige Tage) eine Allgemeininfektion hervor, die sich als Meningitis mit Bakteriämie manifestiert (meist akuter Beginn mit hohem Fieber, Erbrechen, starken Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, z. Abb. 10: N. meningitidis T. Bewusstseinseintrübungen). Als Komplikation kann neben septischen Zustandsbildern mit petechialen Hautblutungen ein mit hämorrhagischen Nekrosen einhergehendes Waterhouse-Friderichsen-Syndrom (Versagen der Nebennieren durch Nekrosen der Nebennierenrinde) auftreten. Laut dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI 2009 zeigte sich bei 294 Patienten das klinische Bild einer Meningitis. Die Inzidenz lag somit bei 0,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. In Sachsen kamen 9 Meningokokkenmeningitiden zur Meldung. Das entsprach einer Inzidenz von 0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Im Vergleich zum Vorjahr ergab sich somit keine 16

größere Veränderung (2008 = 8 Erkrankungen). Die meisten Erkrankungen (n = 3) traten in der Altersgruppe der 15 bis unter 25-Jährigen auf. In den Altersgruppen 1 bis unter 5 sowie 5 bis unter 15 Jahren wurden jeweils 2 Erkrankungen registriert. Weiterhin erkrankten ein 8 Monate alter Säugling und eine 54-Jährige. Bei 7 Patienten ergab die Subtypisierung des Erregers die Serogruppe B und in jeweils einem Fall die Serogruppen C bzw. Y. Die beiden Patienten, die sich mit den impfpräventablen Serogruppen C bzw. Y infiziert hatte, waren ungeimpft. Im Zusammenhang mit allen Infektionen wurde bei etwa 330 Kontaktpersonen eine medikamentöse Prophylaxe durchgeführt. Todesfälle kamen im Berichtsjahr 2009 nicht zur Meldung. 2.4.1.2 Pneumokokkenmeningitis Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) sind grampositive Kugelbakterien. Es gibt mehr als 80 verschiedene Typen. In der Regel besiedeln sie den Nasen-Rachenraum, ohne dass sie Symptome auslösen. Eine Übertragung erfolgt in Form von Tröpfcheninfektion. Ob und wie schwer ein Mensch erkrankt, hängt oftmals von seinem Alter und seinem Immunsystem ab. Eine Pneumokokkenmeningitis beginnt meist akut mit hohem Fieber, Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen und rasch zunehmenden Bewusstseinsstörungen. Die durchschnittliche Letalität beträgt 10 bis 20 %, bei Säuglingen und alten Menschen sogar bis zu 70 Prozent. Abb. 11: S. pneumoniae In Sachsen wurde im Jahr 2009 rund die Hälfte aller bakteriellen Meningitiden durch Pneumokokken verursacht (absolut 29 Fälle). Die meisten Fälle traten in diesem Jahr in den Altersgruppen der 25 bis unter 45-Jährigen (9 Erkrankungen) und der 45 bis unter 65-Jährigen auf (8 Erkrankungen). Weiterhin erkrankten 7 Senioren, welche alle über 65 Jahre alt waren. Kinder im Alter zwischen 3 und 9 Jahren waren in drei Fällen betroffen. Es kamen 2 Todesfälle zur Meldung: Die beiden an einer Pneumokokkenmeningitis verstorbenen Patienten waren 69 bzw. 73 Jahre alt. Im Liquor bzw. Hirnabstrich konnte Streptococcus pneumoniae nachgewiesen werden. Der 73-Jährige hatte im Jahr 2005 eine Pneumokokkenimpfung erhalten. Die hohen Neuerkrankungsraten bei den über 60-jährigen Patienten unterstreichen einmal mehr die Notwendigkeit der für dieses Alter empfohlenen Pneumokokkenimpfung. Bis auf einen Patienten waren alle anderen erfassten Personen ungeimpft. 2.4.1.3 Syphilitische Meningitis / Neurosyphilis Bei der Neurosyphilis handelt es sich um eine Verlaufsform der Syphilis (Treponema pallidum) mit Übergriff auf das Zentrale Nervensystem. Die klassische Neurosyphilis tritt vor allem in den späten Stadien einer allgemeinen Syphiliserkrankung auf. Es können Reizerscheinungen der Hirnhäute auftreten (meist Kopfschmerz, Hirnhäuteparesen, polyradikuläre Syndrome der Rückenmarks-Hinterwurzeln). Eine vollständig ausgeprägte syphilitische Meningitis ist selten. Eine solche syphilitische Meningitis wurde aus dem Landkreis Meißen übermittelt und wird im Folgenden beschrieben: Ein 38-jähriger Mann erkrankte bereits Anfang November 2008 mit einer schweren Psychose. Kurz darauf musste der Patient mit meningitischer Symptomatik stationär behandelt werden. Untersuchte Liquor- und Serumproben bestätigten eine Treponema palli- 17

dum-infektion. Weitere Angaben über Vorerkrankungen, einen möglichen Infektionszeitpunkt oder eine gleichzeitig vorliegende HIV-Infektion wurden nicht bekannt. 2.4.2 Virusbedingte Meningitis Für das Berichtjahr wurden im Freistaat Sachsen 56 virale Meningitiden gemeldet. Davon waren 41 durch Enteroviren bedingt. Gegenüber dem Jahr 2008 konnten keine wesentlichen Veränderungen verzeichnet werden. Bei den übrigen virusbedingten Meningitiden wurden viermal Varizella-Zoster-Viren, zehnmal Herpes-simplex-Viren sowie einmal FSME-Viren nachgewiesen. Am häufigsten erkrankten Kinder der Altersgruppe 5 bis unter 15 Jahren (n = 21). An zweiter Stelle standen Kleinkinder bis 5 Jahre (n = 12). 8 Personen waren zwischen 25 und 44 Jahren alt. Häufungen sowie Todesfälle kamen im Berichtsjahr 2009 nicht zur Meldung. 2.4.2.1 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine entzündliche Erkrankung des Gehirns oder der Hirnhäute, die durch das FSME- Virus ausgelöst wird. Das Virus wird durch Zeckenstiche übertragen. Nach Ausbruch der Krankheit ist eine Therapie sehr schwierig. Bei etwa zehn Prozent der infizierten Personen befällt das Virus auch das Zentralnervensystem. Ein Teil dieser Patienten wiederum leidet an Spätfolgen wie Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Psychosen. Abb. 12: FSME-Virus Eine Impfung gegen FSME wird Personen, die sich in FSME-Risikogebieten aufhalten oder Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind (z. B. Forstarbeiter, Exponierte in der Landwirtschaft, exponiertes Laborpersonal) empfohlen. Die Risikogebiete werden durch Landkarten ausgewiesen, die jährlich vom Robert Koch-Institut aktualisiert werden. Innerhalb Deutschlands werden die Kosten in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Jahr Sachsen Deutschland 2004 5 0,12 275 0,3 2005 5 0,12 432 0,5 2006 4 0,09 546 0,7 2007 2 0,03 238 0,3 2008 1 0,02 288 0,3 2009 4 0,09 313 0,4 Tabelle 5: FSME 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Deutschlandweit kamen im Berichtsjahr 313 Erkrankungsfälle (0,38 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. Dies entsprach einem leichten Anstieg von 8 % im Vergleich zum Jahr 2008. Die höchsten Neuerkrankungsraten wiesen wie auch schon in den Vorjahren das Bundesland Baden-Württemberg (146 Erkrankungen) und der Freistaat Bayern (130 Erkrankungen) auf. Diesen beiden Bundesländern sind 120 der insgesamt 136 als Risikogebiete eingestuften Kreise 18

zugeordnet. In insgesamt 300 Fällen wurde als Infektionsland Deutschland angegeben; 4-mal wurden Österreich, 2-mal Italien und jeweils einmal Kirgistan, Estland, Polen und Schweiz genannt. Ein Patient verstarb an einer FSME. Im Freistaat Sachsen kamen 4 Erkrankungen ungeimpfter Patienten (jedoch nur eine mit meningitischer Symptomatik) zur Meldung: Betroffen war ein 52-jähriger ungeimpfter Mann aus dem Landkreis Sächsische Schweiz- Osterzgebirge, welcher mit einer Armlähmung und grippeähnlicher Symptomatik erkrankte. Der Patient hielt sich im fraglichen Infektionszeitraum dienstlich im Raum Erlangen, welcher als FSME-Risikogebiet deklariert ist, auf. Die Infektion wurde serologisch bestätigt (IgM und IgG positiv). Ein Zeckenstich war nicht erinnerlich. Bei zwei weiteren Fällen wurde ein Zeckenstich der Patienten in der Dippoldiswalder Heide (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) als möglicher Infektionsort angegeben. Betroffen war eine 55-Jährige, welche mit grippaler Symptomatik und Fieber erkrankte. Die Diagnose wurde mittels eines erhöhten Antikörper-Liquor/Serum-Indexes gestellt. Ein 64-Jähriger, welcher ebenfalls mit grippaler Symptomatik und Fieber erkrankte, konnte sich an einen Zeckenstich im oben genannten Gebiet erinnern; er hatte dort oft die Wochenenden verbracht. Die Infektion wurde serologisch bestätigt (IgM- und IgG-Antikörper positiv einmalig deutlich erhöhter Wert). Der vierte Fall betraf einen 66-jährigen Mann mit meningitischem Krankheitsbild. Er gab an, sich im Infektionszeitraum im Odenwald (FSME-Risikogebiet) aufgehalten zu haben und konnte sich an einen Zeckenstich erinnern. Im Moment gilt keine Region in Sachsen als Endemiegebiet. 2.5 Impfpräventable Krankheiten (Auswahl) Bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten nehmen die Schutzimpfungen neben der Verbesserung der sozialen und hygienischen Lebensbedingungen einen hohen Stellenwert ein. Sie zählen zu den effektivsten und kostengünstigsten Präventivmaßnahmen der modernen Medizin. Infektionskrankheiten stellten in der Vergangenheit die häufigste Todesursache dar. Die Influenza-Pandemie von 1918/19 forderte weltweit 20 Millionen Todesopfer. Um 1900 verstarben in Deutschland allein an Keuchhusten, Diphtherie und Scharlach jährlich noch etwa 65.000 Kinder. Groß angelegte Impfprogramme führten weltweit zum Rückgang zahlreicher bedrohlicher übertragbarer Krankheiten. Die Ausrottung der Pocken 1980 und die weitgehende Eliminierung der Poliomyelitis (Kinderlähmung) sind dabei die besten Beispiele für die Effektivität von Impfungen. Die Grundlage der Impfprogramme bildet u.a. die ständige Erhebung zuverlässiger Daten über die Entwicklung der Infektionskrankheiten (z.b. Neuerkrankungsraten, Seroprävalenz, Durchimmunisierungsraten). Der Rückgang der Erkrankungshäufigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung von Impfungen und mit dem Anstieg von Durchimpfungsraten belegt die Wirksamkeit sowie die Effektivität von Impfprogrammen. Durch das seit dem 01.01.2001 geltende Infektionsschutzgesetz (IfSG) konnten bestehende Datenlücken in der Erhebung der Vorkommen impfpräventabler Erkrankungen und der Umsetzung von Impfprogrammen geschlossen werden. Sachsen hat, wie einige andere Bundesländer auch, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit Länderverordnungen die Meldepflicht um bestimmte (impfpräventable) Krankheiten zu erweitern (z. B. Mumps, Pertussis, Röteln). Wie aus der Abbildung 13 ersichtlich ist, hat der Freistaat Sachsen auch auf dem Gebiet der empfohlenen Impfungen eine Vorreiterrolle eingenommen. 19

Impfstoff Hepatitis B 3, 6 und Hepatitis A 6 (HBV/HAV) Geburt 7. Woche 1 3. Mon. 1 4. Mon. 1 5. HBV 1 / HBV 2 3 Diphtherie, Tetanus, Pertussis 2, 3, 4 1. DTPa Haemophilus influenzae Typ b 2, 3 Polio (IPV) 2, 3 (trivalent) Masern, Mumps, Röteln (MMR) 1. Hib 1. IPV 2. DTPa 3 3 6. 13. 24. 6. 11. 13. 18. Mon. 1 Mon. 1 Mon. 1 Mon. 1 Lbj. 1 Lbj. 1 Lbj. 1 Lbj. 1 3. DTPa HBV 3/43 oder 6 HAV / HBV6 HAV / HBV 4. DTPa 2. Hib 3. Hib 2. IPV 3. IPV 1. MMR alle 10 Jahre 5. DTPa od. Tdpa Tdpa Tdpa 4 2. MMR Varizellen (VZV) 5 1. VZV 2. VZV Meningo- 7 Meningokokken (Gruppe C) kokken C Influenza Pneumokokken Rotaviren 9 Humane Papillomaviren (HPV) Rotaviren 4. IPV IPV über 50 Jahre jährlich Über 60 Jahre Pneumokokken 8 alle 6 Jahre 1 Zeitangabendefinition: Es bedeuten z. B.: 3. Monat = ab 3. Mon. = vollendeter 2. Monat; 7. Woche = ab 7. Woche = vollendete 6. Woche; 6. Lbj. = ab 5. Geburtstag 2 Abstände zwischen den Impfungen 1-3 bzw. 1 und 2 mindestens 4 Wochen, zwischen der 3. und 4. bzw. 2. und 3. Impfung zur Vervollständigung der Grundimmunisierung mindestens 6 Monate 3 bei Antigenkombinationen, die eine Pertussiskomponente enthalten, sind 3 Injektionen im Säuglingsalter erforderlich 4 ab 6. Lbj. Fachinformation zu den Impfstoffen wegen Altersbegrenzung hinsichtlich reduzierten Di-Toxoid-Gehalts beachten 5 alle ungeimpften Kinder/Jugendlichen mit negativer Varizellenanamnese und alle empfänglichen Erwachsenen als Nachholeimpfung 6 ab 2. Lbj. Kombinationsimpfung HAV/HBV empfohlen, falls Grundimmunisierung gegen HBV nicht im Säuglingsalter begonnen wurde; wenn ja, dann Hepatitis A monovalent impfen. 7 Im 1. Lbj. 2 Injektionen (Herstellerangaben beachten), ab 2. Lbj. 1 Injektion. Bei Impfung im Säuglingsalter wird eine Boosterung ab 2. Lebensjahr empfohlen. 8 Die Standardimpfung wird bis zum 24. Lebensmonat entsprechend dem jeweiligen Immunisierungsschema mit Konjugatimpfstoff empfohlen, bei Kindern nach dem 24. Lebensmonat sind nur Indikationsimpfungen empfohlen. 9 orale Impfung mit 2 oder 3 Dosen (Herstellerangaben beachten), Simultanimpfung siehe E 1, Seite 7 und 12 (Fußnote ******) Abb. 13: Synopsis-Impfkalender für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Freistaat Sachsen (Stand: 01.01.2008) HPV 20

2.5.1 Haemophilus influenzae, invasive Erkrankung Bei Haemophilus influenzae handelt es sich um ein Bakterium, das insbesondere invasive Erkrankungen auslösen kann. Die Übertragung des Erregers geschieht durch Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen). Eine besonders gefürchtete Komplikation ist die Meningitis, welche unbehandelt zum Tod führen kann. Haemophilus influenzae kann als bekapseltes (Kapseltyp a bis f) und unbekapseltes Bakterium auftreten. Der Subtyp b (Hib) ist am weitesten verbreitet und ruft besonders im Kleinkindalter schwerste Erkrankungen hervor. Gegen diesen Subtyp wird in Deutschland seit 1990 eine Schutzimpfung im Kleinkindalter empfohlen. Abb. 14: H. influenzae Jahr Sachsen Deutschland 2004 4 0,09 68 0,08 2005 3 0,07 70 0,08 2006 9 0,2 121 0,2 2007 7 0,2 93 0,1 2008 4 0,09 152 0,2 2009 8 0,2 185 0,2 Tabelle 6: Haemophilus influenzae, invasive Erkrankungen 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland 2009 wurden bundesweit 185 invasive Erkrankungen durch Haemophilus influenzae gemeldet. Das entsprach einer Zunahme um 22 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum und bedeutete die höchste Inzidenz seit der Einführung der Meldepflicht. Am häufigsten waren Säuglinge, Kleinkinder und ältere Erwachsene betroffen. Bei etwa 61 % der Patienten lag das Alter bei 60 Jahre bzw. darüber. In 62 Fällen wurden Aussagen zu einer durchgeführten Erregertypisierung gemacht, wobei in nur 55 Angaben zum Kapseltyp getroffen wurden. 17-mal handelte es sich um den impfpräventablen Typ b, 30-mal wurde keine Kapsel gefunden (a bis f negativ) und je 8-mal wurden der Typ f und einmal der Typ a angegeben. Insgesamt kamen 11 Todesfälle zur Meldung. Im Freistaat Sachsen kamen im Berichtsjahr 8 Erkrankungen (0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) darunter ein Todesfall sowie ein Erregernachweis ohne Angaben zum klinischen Bild zur Meldung. Betroffen waren Patienten aller Altersgruppen. Alle Erkrankten waren un- bzw. nicht vollständig geimpft. In nur einem Fall wurde eine Kapseltypbestimmung angegeben: Bei einer ungeimpften 37-Jährigen, welche mit einer Pneumonie erkrankte, wurde Haemophilus influenzae Kapseltyp b in der Blutkultur nachgewiesen. Aus dem Landkreis Meißen erreichte uns die Meldung einer Kontaktinfektion: 21

Bei einem männlichen Frühgeborenen (Geburt in 29. Schwangerschaftswoche) zeigte sich bereits am Tag der Geburt ein septisches Krankheitsbild. Die Blutuntersuchung sowie ein Innenohrabstrich erbrachten den Nachweis von H. influenzae. Der 1¾-jährige Bruder (Hauskind, unvollständig geimpft) erkrankte wenige Tage später ebenfalls mit einer Sepsis. Aus Nasenabstrich wurde ebenfalls H. influenzae isoliert. Die Untersuchungsmaterialien beider Kinder wurden zur Bestimmung des Kapseltyps an das Konsiliarlabor Würzburg gesandt. Eine Typisierung war jedoch in beiden Fällen nicht möglich. Die Mutter der Kinder wurde leider nicht untersucht. Es kam ein Todesfall zur Meldung: 2.5.2 Masern Eine 94-jährige ungeimpfte Frau aus dem Landkreis Görlitz erkrankte mit einer Pneumonie. Sie verstarb bereits einen Tag später. Aus der Blutkultur wurde H. influenzae nachgewiesen. Eine Kapseltypbestimmung gelang nicht. Die Masern-Erkrankung ist eine der ansteckendsten Krankheiten, die nur beim Menschen vorkommt. Sie geht einher mit einem typischen Ausschlag, Entzündung der oberen Atemwege und häufig schweren Komplikationen (Mittelohr-, Lungen- und Gehirnentzündung). Der Erreger der Masern ist das Morbilli-Virus aus der Gruppe der Paramyxoviren. Das Virus wird durch Tröpfcheninfektion beim Niesen, Husten und Sprechen oder beim direkten Kontakt mit Erkrankten übertragen. Die Masern sind weltweit in Gebieten mit unzureichenden Impfraten verbreitet. Die Eliminierung der endemischen Abb. 15: Masernvirus Masern bis 2010 ist Ziel der europäischen Region der WHO. Dafür müssten 95 % aller Kinder zweimal geimpft sein. Jahr * darunter 1 Impfmasern Sachsen Deutschland 2004 3 0,07 122 0,15 2005 16 0,37 780 0,95 2006 1 0,02 2.307 2,8 2007 1 0,02 566 0,7 2008 3* 0,07 916 1,1 2009 2 0,03 574 0,7 Tabelle 7: Masernerkrankungen 2004 bis 2009 in Sachsen und Deutschland Im Jahr 2009 wurden deutschlandweit insgesamt 574 Masernerkrankungen gemeldet, das entsprach einem Rückgang von rund 37 % gegenüber den im Vorjahr übermittelten Fällen. Die bundesweite Inzidenz lag bei 0,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und entsprach somit in etwa der von 2007. Der Erkrankungsgipfel wurde im Frühjahr 2009 erreicht. Teilweise kam es hier zur Übermittlung von bis zu 50 Erkrankungen pro Woche. Grund dafür waren verschiedene saisonale Ausbrüche z. B. in Hamburg und angrenzenden Kreisen Niedersachsens (n = 284). 22

Im Jahr 2009 kamen im Freistaat Sachsen 2 serologisch bestätigte Erkrankungen zur Meldung: Ein 20 Monate altes ungeimpftes Mädchen aus der Stadt Leipzig erkrankte am 01.04. mit Husten und Schnupfen. Am 04.04. zeigte sich am Hals beginnend ein Exanthem, das sich am folgenden Tag über Gesicht, Rücken und Brustkorb ausgebreitet hatte. Hinzu kamen eine Konjunktivitis, Hals- und Ohrenschmerzen sowie eine ausgeprägte Lichtempfindlichkeit. Ein Masernvirus-Nachweis gelang mittels PCR aus Urin und Zellen des Rachenraumes. Die Anamnese ergab, dass das Kind vom 13.03. bis 19.03. wegen einer Pneumonie, Harnwegsinfektion und hohem Fieber in einer Leipziger Klinik hospitalisiert war. Im selben Zimmer lag ein etwa einjähriger vietnamesischer Junge, der mit Schnupfen, Husten und einem Exanthem (Diagnose Drei-Tage-Fieber ) erkrankt war. Leider weigerte sich der behandelnde Arzt, die Kontaktdaten der vietnamesischen Familie für Ermittlungen an das Gesundheitsamt herauszugeben, da seiner Meinung nach keine Masern vorgelegen hätten und die Inkubationszeit überschritten gewesen wäre (in diesem Fall: mehr als 13 Tage bis zum Beginn des katarrhalischen Stadiums). Eine 32-jährige vorgeschädigte Frau erkrankte mit grippeähnlicher Symptomatik und zwei Tage später mit Exanthem. Die Infektion wurde serologisch bestätigt. Die Frau arbeitet in einer Behindertenwerkstatt der Stadt Leipzig und wohnt in der Woche im angeschlossenen Wohnheim; dort traten keine weiteren Erkrankungen auf. Auf Grund ihrer Behinderung hatte sie bisher keine Masernimpfung erhalten. Es gab keinerlei Hinweise auf eine mögliche Infektionsquelle. 2.5.3 Meningokokken, invasive Erkrankung Verursacht werden diese Erkrankungen durch Neisseria meningitidis (gramnegative Bakterien). Zurzeit sind 13 verschiedene Serogruppen bekannt, wobei in Deutschland seit Jahren überwiegend die Serogruppen B und C vorkommen. Meningokokken werden durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Untersuchungen zur Besiedlung der Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum zeigten, dass je nach Altersgruppe bis zu 30 % der Bevölkerung Meningokokken auf der Schleimhautoberfläche tragen. Die Erkrankungen verlaufen in etwa der Hälfte der Fälle als eitrige Meningitis. Bei etwa einem Viertel aller Erkrankungsfälle ist der Verlauf durch eine Sepsis gekennzeichnet, die bei 10 bis 15 % der Patienten als eine besonders schwere Form des septischen Schocks, als Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, auftreten kann, welches durch eine sehr hohe Letalität gekennzeichnet ist. Bundesweit wurden im Jahr 2009 493 Fälle (Inzidenz 0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) an das RKI gemeldet, welche die Referenzdefinition erfüllten. Dies waren 9 % mehr als im Vorjahr. Bei fast 84 % der übermittelten Fälle lagen Angaben zur Serogruppe vor. Demnach sind Erreger der Serogruppe B, für die bisher keine Impfung verfügbar ist, für 69 % - also für die Mehrzahl - der Erkrankungen verantwortlich. Dieser Anteil ist gegenüber dem Vorjahr (71 %) etwas niedriger. Der Anteil der Serogruppe C ist mit 21 % ebenfalls leicht gesunken (Vorjahr 22 %). Als krankheitsbedingt verstorben kamen bundesweit im Berichtsjahr 2009 36 Fälle zur Übermittlung. 23