Achterbahn im Untergrund

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Transkript:

Achterbahn im Untergrund Rehabilitation von Abwasserdruckrohrleitungen DN 750 und DN 1000 mit besonderen Herausforderungen Von Andreas Hüttemann und Holger Turloff Zusammenfassung: Im Rahmen der Wasser Berlin 2011 demonstriert das Unternehmen Karl Weiss Technologies GmbH im Auftrag der Berliner Wasserbetriebe erstmals die Gewebeschlauchauskleidung einer Abwasserdruckrohrleitung (ADL) DN 1000, PN 10 aus Schmiedeeisen mit dem starline HPL-S-Verfahren (Bild 1). Diese Baumaßnahme gehört zu einem in zwei Bauabschnitten durchgeführten Projekt zur dauerhaften Wiederherstellung der Betriebssicherheit von zwei Abwasserdruckrohrleitungen DN 750 (Bauabschnitt 1) und DN 1000 (Bauabschnitt 2) mit einer Länge von insgesamt rund 1300 m in der Frankfurter Allee in Berlin- Friedrichshain mittels Gewebeschlauchrelining. Blick in die Historie Betrachtet man die Historie der beiden zu erneuernden Abwasserdruckrohrleitungen stellt man dabei allerhand Geschichtsträchtiges fest: Im Jahr 1869 wurde der preußische Stadtplaner James Hobrecht zum Chefingenieur der Berliner Kanalisation berufen. Hobrechts Kanalisationsprojekt sah vor, die Abwässer nicht mehr in die fließenden Gewässer einzuleiten, sondern auf weit außerhalb der Stadt gelegene Rieselfelder durch Druckleitungen zu transportieren. Zwischen 1873 und 1893 wurde ein umfangreiches Abwassersystem (Radialsysteme I bis X und XII) mit Ableitung über Pumpwerke auf Rieselfelder der Umgebung angelegt. 1 1 http://berlingeschichte.de/stadtentwicklung/texte/articles/3_09_hobrecht Bild 1: starline HPL-S- Gewebeschlaucheinbau DN 750 in Berlin, Frankfurter Allee (Feb. 2011) 4-5 / 2011 341

Bild 2: Leitungsverlauf ADL DN 750 und DN 1000. Planung der Sanierungsstrecken DN 1000 eingezeichnet: 1. Sanierungsabschnitt Frankfurter Allee Bild 3: Leitungsverlauf ADL DN 750 und DN 1000. Planung der Sanierungsstrecken DN 1000 eingezeichnet: 2. und 3. Sanierungsabschnitt Frankfurter Allee Bei dem vorliegenden Projekt handelt es sich demzufolge um Teilstrecken des als Rohr I (DN 1000) und Rohr II (DN 750) bezeichneten Systems, welches das Abwasser vom Pumpwerk XII in der Rudolfstrasse in Berlin-Friedrichshain heute zu den Klärwerken Schönerlinde und Münchehofe außerhalb von Berlin transportiert. Während Teilstrecken aus dem Jahr 1893 aus Graugussleitungen bestehen, erfolgte um die Jahre 1910/1911 auch die Errichtung der Leitung mit Rohren aus Schmiedeeisen. Die durchschnittliche Förderleistung des Pumpwerks XII be- 342 4-5 / 2011

trägt dabei 11.000 m³/tag bei Trockenwetter und 400 Liter/Sekunde bei Regenereignissen. Im Rahmen eines derzeitig durchgeführten Neubaus des Pumpwerkes erfolgt von dem Berliner Wasserbetrieben daher die planmäßige Ertüchtigung der abgehenden Abwasserdruckrohrleitungen. beträgt 50 Jahre. Aufgrund der sehr geringen Tiefbauleistungen werden einerseits über 90 % der sonst dadurch anfallenden CO 2 -Emissionen vermieden und andererseits die Aufrechterhaltung des Verkehrsflusses sowie der Schutz der Vegetation (teilweise überpflanzte Baumtrassen) erreicht. Für die Aushärtung des Gewebe- Randbedingungen entscheiden über Sanierungsverfahren Zu den besonderen Herausforderungen der Baumaßnahme zählt die Lage der beiden Rohrleitungen mit einer Deckung zwischen 1,00 m bis etwa 6,00 m unter Geländeoberkante, die sich teilweise im Bereich unterhalb des U-Bahn-Fußgängertunnels befindet und demzufolge durch eine Vielzahl von vertikalen Richtungsänderungen gekennzeichnet ist. Zusätzliche horizontale Richtungsänderungen ergeben sich aus dem Leitungsverlauf. Beide Rohrleitungen sind weitestgehend parallel verlegt. Allerdings unterquert die Rohrleitung II (DN 750) im Bauabschnitt 1 von der Mainzer Straße kommend die Frankfurter Allee und schwenkt in diese in östlicher Richtung ein. Im weiteren Verlauf unterquert diese Leitung erneut die Frankfurter Allee um dann parallel zur Rohrleitung I (DN 1000) im Bereich der S-Bahn- und U-Bahnstation Frankfurter Allee geführt zu werden (Bild 2 und Bild 3). Bauabschnitt 1 und 2 werden nacheinander durchgeführt, so dass während der erforderlichen Außerbetriebnahmezeit die über die jeweils andere Leitung alleine übernommen wird. Aufgrund dieser Randbedingungen kam eine konventionelle Erneuerung aus Kostengründen sowie der damit verbundenen negativen Begleiterscheinungen nicht in Betracht und es wurde eine grabenlose Alternative gewählt. Unter Beibehaltung des Förderquerschnitts der Altleitung kommt daher die Variante der Gewebeschlauchsanierung zum Einsatz. Bild 4: Wasserhöchstdruckreinigung mit bis zu 1500 bar Bild 5: Sandstrahlreinigung Anforderungen an das Sanierungsverfahren Wegen des Leitungsalters, der unterschiedlichen Rohrwerkstoffe und den damit verbundenen Innendurchmessertoleranzen sowie des Leitungsverlaufs bestehen hohe Anforderungen an das angewendete Verfahren. Hierzu zählen insbesondere die Bogengängigkeit des Verfahrens sowie die Dehnfähigkeit des Gewebeschlauchs für die vollflächige Verklebung mit der Rohrwand, die mit dem starline HPL-S-Verfahren (High Pressure Liner Sewer) in Verbindung mit einer Kaltaushärtung für Druckrohrleitungen sicher erfüllt werden können. Mit diesem Verfahren können Druckrohrleitungen in großen Einzellängen bis 600 m (dimensionsabhängig) und Betriebsdrücken bis zu 40 bar saniert werden. Die durch den DVGW attestierte Lebensdauer dieses Verfahrens Bild 6: TV-Inspektion nach Sandstrahlreinigung und Rohrkalibrierung Bild 7: Gewebeschlauchauskleidung im starline HPL-S Verfahren 4-5 / 2011 343

Weiterhin konnte durch die grabenlose Bauweise in Verbindung mit den ingenieurtiefbautechnisch angelegten und nur punktuell erforderlichen Baugruben zusätzlich auf eine Wasserhaltung verzichtet werden. Dadurch hat sich der Umweltvorteil des starline HPL-S-Verfahrens weiter erhöht. Grundlegende Arbeitsschritte des Verfahrens Bild 8: Baugrube mit paralleler Leitungsführung der ADL DN 1000 und DN 750 Bild 9: Wasserdichte Wand-Sohle-Baugrube des zweiten Bauabschnitts. Die ADL DN 1000 ist noch in Betrieb und daher erst teilweise freigelegt. schlauch-klebstoffsystems wird die Bodenwärme genutzt, d. h. es ist kein zusätzliches Einbringen von Wärme mittels Dampf oder Warmwasser notwendig. Dadurch werden u. a. potenzielle Beschädigungen an eventuell vorhandenen Außenumhüllungen bzw. durch auftretende Spannungen im stark erwärmten Rohr vermieden. Erstellung der Baugruben Der zu sanierende Leitungsteil DN 750 mit einer Gesamtlänge von 919 m ist in sieben Abschnitten bearbeitet und rehabilitiert worden. Aufgrund der örtlichen Verhältnisse lagen die einzelnen Abschnittslängen zwischen 47 m (Querung der Frankfurter Allee) und 200 m. Für die Bearbeitung des 373 m langen Leitungsteils DN 1000 sind drei Abschnitte vorgesehen. Im Vorfeld werden die Baugruben zur Reinigung und den Gewebeschlaucheinbau an der Abwasserdruckrohrleitung angelegt. Da die Abwasserdruckleitung im zweiten Bauabschnitt teilweise im Grundwasser liegt, erteilt die Untere Wasserbehörde bei entsprechenden Baumaßnahmen Auflagen, um den Grundwasserhaushalt möglichst gering zu beeinflussen. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund des vorliegenden Sandbodens bei offenen Wasserhaltungen ein Auswaschen von Feinkornteilen erfolgen kann, was wiederum unkontrollierte Setzungen zur Folge haben kann. Aus diesem Grund haben die Berliner Wasserbetriebe entschieden, hier keine Grundwasserhaltung einzurichten, sondern die Baugrube als Wand-Sohle-Bauweise auszuschreiben mit einem vorgeschriebenen Durchlässigkeitsbeiwert für Restwasser von 1,5 l/s / 1.000 m² benetzter Fläche. Folgende Bauvariante wurde hierfür gewählt: Auf den Längsseiten wurden Spundwandprofile mit einer Dichtigkeitsmasse im Schlossbereich grundwasserverträglich eingebaut. Beweissicherung sowie Erschütterungsmessungen nach DIN 4150-3 wurden baubegleitend durchgeführt, um den Nachweis führen zu können, dass es bei Herstellung der Baugruben nicht zu Beeinträchtigungen der Nachbarbebauung kommen konnte. Die Stirnseiten konnten nicht mit Spundwänden geschlossen werden, da die in Betrieb befindliche Leitung dort durchgeführt wird. Somit wurde hier eine Düsenstrahlinjektionswand mittels Halbsäulen erstellt, die wiederum direkten wasserdichten Kraftschluss mit der eingebrachten HDI-Sohle zur horizontalen Abdichtung des Grundwassers hat. Beim Abschachten der Baugrube wird gemäß Auflagen der Wasserbehördlichen Genehmigung ein Pumpversuch durchgeführt, um eventuelle Störfälle (Undichtigkeiten) im Vorfeld zu analysieren und entsprechend zu beseitigen. 344 4-5 / 2011

Somit konnte einerseits eine wasserdichte Baugrube erstellt werden (Bild 9), ohne die in Betrieb befindliche ADL zu stören, und andererseits konnte eine Grundwasserhaltung mit dem genannten Risiko und erforderlichem Zusatzaufwand zum Ableiten und Entsorgen des Grundwassers vermieden werden. Inspektion, Reinigung und Vermessung Nach Trennung und Entleerung der jeweiligen Leitung erfolgt eine erste TV-Inspektion einschließlich Videoaufzeichnung der gesamten Strecke des entsprechenden Bauabschnitts. Dabei wird ein Überblick über den Zustand der Leitung erhalten und eventuell vorhandene Reinigungs- bzw. Sanierungshindernisse lokalisiert. Aufgrund der in den Teilstrecken vorhandenen vertikalen und horizontalen Richtungsänderungen glich die TV-Befahrung teilweise einer Achterbahnfahrt und hat dem Projekt folgerichtig den Spitznamen Abwasser-Achterbahn eingebracht. Während der anschließenden Reinigung mittels Wasserhöchstdruck werden sämtliche Ablagerungen, wie Fette, Fäkalien, Inkrustationen usw. mit Drücken bis zu 1500 bar entfernt. Dabei wird das anfallende Spülwasser nach einer Beprobung in die örtliche Schmutzwasserkanalisation eingeleitet. Die anfallenden Feststoffe werden fachgerecht abgefahren und entsorgt. Die nun erforderliche Sandstrahlreinigung garantiert eine metallisch reine Rohrinnenoberfläche und somit eine optimale Basis für die spätere vollflächige Verklebung mit dem einzubauenden Gewebeschlauch (Bild 10). Durch TV-Inspektionen werden die Erfolge der einzelnen Reinigungsschritte beurteilt und dokumentiert. Vor dem Einbau des Gewebeschlauches wird die gesamte Leitung durch ein Rohrkalibersystem von innen vermessen, um den genauen Rohrinnendurchmesser an allen Punkten der Leitung zu ermitteln, der in der ADL DN 750 von Bauabschnitt 1 Werte zwischen 750 mm und 800 mm lieferte. Durch die Kalibermessung wird gewährleistet, dass der passende, also richtig dimensionierte, Gewebeschlauch und die zutreffenden Einbauparameter verwendet werden. Diese sind auf das elastische Querdehnungsvermögen des Gewebeschlauchs abgestimmt, der dadurch selbst bei den genannten Durchmesseränderungen eine vollflächige und längsfaltenfreie Auskleidung erzeugt. Einbau des Gewebeschlauchs Die nun folgende Gewebeschlauchsanierung im starline HPL-S-Verfahren untergliedert sich in mehrere Arbeitsschritte: Der Gewebeschlauch wird mit einem speziell für die Auskleidung von Rohrleitungen mit langen Installationslängen bzw. großen Durchmessern abgestimmten Zweikomponenten-Spezialklebstoff getränkt, der über eine Verarbeitungszeit von 8 Stunden verfügt. Der getränkte Schlauch wird für eine gleichmäßige Klebstoffverteilung Bild 10: Ergebnis der Sandstrahlreinigung ist eine metallisch blanke Oberfläche KARL WEISS Technologies - Ihr Partner für alle Aufgabenstellungen im Bereich grabenloser Auswechslung und Rehabilitation von Druckrohrleitungen und Kanälen mit den grünen Infrastrukturtechnologien und Wir sind auf der Messe WASSER BERLIN 2011 vertreten und freuen uns auf Ihren Besuch auf unserem Messestand 206 in der Halle 1.2 und gerne auch bei unseren Demonstrationsbaustellen am 04.05.2011. KARL WEISS Technologies GmbH Hegauer Weg 25. 14163 Berlin Telefon +49 (0) 30 80 97 00-0 Fax +49 (0) 30 80 97 00-90 Internet www.karl-weiss.com E-Mail info@karl-weiss.com 4-5 / 2011 345

Bild 11: Reversion des starline HPL-S-Gewebeschlauchs. Im Bereich bis zum Rohranfang wird das Austreten von Klebstoff aus dem bereits umgestülpten Gewebeschlauch durch einen transparenten Schutzschlauch verhindert über die gesamte Schlauchlänge während des Aufwickelns auf die Drucktrommel gleichzeitig durch einen definierten Walzenspalt gezogen und dann längs gefaltet. Anschließend wird ein Ende des Gewebeschlauches am Umkehrkopf befestigt und die befüllte Drucktrommel an der Startbaugrube platziert. Mittels Druckluft wird der Gewebeschlauch nun mit einem auf den Innendurchmesser der Altrohrleitung abgestimmten Reversionsdruck und definierter Geschwindigkeit in den zu sanierenden Leitungsabschnitt eingebaut (Bild 11). Dabei sind teilweise über zehn Leitungsbögen (bis 30 ) zu durchfahren. Wenn der einzubauende Gewebeschlauch den Fangkorb (Bild 12), d.h. das Ende des Sanierungsabschnittes erreicht hat, wird die Drucktrommel abgekoppelt. Da das Gewebeschlauch-Klebstoff-System während des Einbaus und der Aushärtung permanent unter dem durchmesserabhängig festgelegten Innendruck stehen müssen, wird beim Abkoppeln eine spezielle Druckschleuse verwendet (Bild 13). Während des nun folgenden Aushärteprozesses werden die relevanten Parameter, d.h. Boden- und Lufttemperatur sowie Innendruck, kontinuierlich überwacht. Nach Abschluss der Aushärtung, in der Regel nach ca. fünf Tagen, wird der Innendruck abgelassen und die Sanierungsausrüstung am Anfang und Ende des Abschnittes demontiert und es wird eine abschließende TV-Inspektion durchgeführt. Der gesamte Bauabschnitt 1 konnte trotz widrigster Witterungsbedingungen im Zeitraum zwischen dem 10. Februar (erste Gewebeschlauchreversion) und 18. März 2011 (letzte Gewebeschlauchreversion) erfolgreich mit dem starline HPL-S-Gewebeschlauch ausgekleidet werden. Der sanierte Leitungsabschnitt kann nun einer Druckprüfung unterzogen werden. Nach der erfolgreichen Druckprüfung werden übersanierte Abzwei- Bild 12: Fangkorb am Streckenende Bild 13: Schleuse/Saniereinheit mit Umkehrkopf 346 4-5 / 2011

ge mit einem Fräsroboter grabenlos geöffnet und die TV- Abnahme inspektion durchgeführt. Nun werden die Leitungsabschnitte mit dem vorhandenen Leitungsnetz verbunden und in Betrieb genommen und Baugruben werden geschlossen. Damit sind die besonderen Herausforderungen des ersten Bauabschnitts durch das Unternehmen Karl Weiss Technologies souverän bewältigt worden und die Abwasser-Achterbahn DN 750 ist wieder dauerhaft betriebssicher. Ein Ergebnis nach Maß, da es sich um das erste Projekt mit einem Durchmesser größer DN 600 handelte. Aber keine Überraschung, da inzwischen mehr als 20 Jahre und mehr als 700.000 m Erfahrung mit dem von uns entwickelten starline Technologien für die Rehabilitation von Gas, Wasser- und Abwasserdruckrohrleitungen vorliegen. Der Bauabschnitt 2 wird, wie eingangs beschrieben, als Demonstrationsprojekt der Wasser Berlin 2011 ausgeführt. Hier gelten die gleichen Herausforderungen nur ist hier mit der Rohrdimension DN 1000 alles noch etwas größer. Autoren Dipl.-Ing. Andreas Hüttemann Karl Weiss Technologies GmbH, Berlin F&E, QM und Vertrieb Tel. +49 30 80 97 00 22 E-Mail: huettemann@karl-weiss.com Dipl.-Ing. Holger Turloff Karl Weiss Technologies GmbH, Berlin Grabenlose Rehabilitation Druckrohrleitungen E-Mail: turloff@karl-weiss.com WASSER BERLIN INTERNATIONAL Fachmesse und Kongress Wasser und Abwasser 02. 05. Mai 2011 Highlights: Jetzt online registrieren! Messe Berlin GmbH Messedamm 22 14055 Berlin Telefon +49(0)30/3038-2148 Telefax +49(0)30/3038-2079 www.wasser-berlin.de wasser@messe-berlin.de 4-5 / 2011 347