2.6 Stadtmodelle heute

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Transkript:

2.6 Stadtmodelle heute nicht die Vielfalt der Gebäudemodellinformationen übertragen. Dazu ist allein IFC in der Lage (Kohlhaas & Liebich 2005). Die Spezifikation und Weiterentwicklung der IFC obliegt der internationalen buildingsmart-initiative (buildingsmart 2015). Wie bei CityGML steht auch im IFC-Format die semantische Modellierung im Vordergrund. Es werden Bauelemente wie Wände, Türen, Fenster, Balken, Decken und Treppen als semantische Objekte definiert. Die Geometrie kann über sowohl über Randflächen als auch volumetrisch und parametrisch beschrieben werden. Der Detaillierungsgrad geht sowohl semantisch als auch geometrisch deutlich über den des CityGML-Gebäudemodells hinaus. Theoretisch ist IFC damit zur Modellierung von 3D-Stadtmodellen durchaus geeignet; es hat sich in der Praxis aber in diesem Bereich bisher nicht durchgesetzt. Der Schwerpunkt des IFC-Modells liegt auf der Modellierung einzelner Gebäude im Detail. Das City GML- Modell dagegen eignet sich besser für analytische Betrachtungen eines umfangreichen Gebäudebestands und für die Modellierung einer ganzen urbanen Welt. Umgekehrt haben die Möglichkeiten von CityGML zur detaillierten Beschreibung einzelner Gebäude samt Ausstattung, Innenräumen und Möblierung keinen Eingang in die Praxis gefunden. Perspektivisch ist die Integration von Gebäudemodellen aus dem Planungs- und Baubereich in das CityGML-Modell deshalb insbesondere vor dem Hintergrund der Fortführung des Datenbestands durchaus interessant. Das Mapping von IFC und CityGML ist daher Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten (z. B. Borrmann et al. 2015). 2.6 Stadtmodelle heute In Deutschland werden derzeit durch die Landesvermessungen flächendeckend 3D-Stadtmodelle erfasst. Auf Basis des Liegenschaftskatasters wird dabei jedes Gebäude als dreidimensionales Objekt repräsentiert. Je nach Detaillierungsgrad wird dabei der Gebäudegrundriss extrudiert oder eine standardisierte Dachform verwendet. In den Niederlanden wurde mit dem CityGML-Profil IMGeo die Grundlage für den Aufbau einer 3D-Geodateninfrastruktur durch Extrusion aus der bisherigen 2D-Struktur gelegt (Stoter 2012). Das Modell integriert CityGML und bisherige 2D-Schemata zu einem neuen nationalen Standard (Van den Brink et al. 2014). Auch in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern werden entsprechende 3D-Stadt- und Landschaftsmodelle aufgebaut. Eine der Grundlagen für den Aufbau dieser landesweiten Gebäudemodelle ist die Verfügbarkeit von Information über die jeweilige Gebäudehöhe. Bisher war diese für größere Modelle nur aus den Daten zur Geschosshöhe und Geschosszahl im Liegenschaftskataster verfügbar. Mit den seit einigen Jahren durch die Landesvermessungen durchgeführten Laserscanbefliegungen ist eine Informationsquelle verfügbar, die den automatisierten Aufbau flächendeckender 3D-Modelle ermöglicht. So bietet beispielsweise das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg (LGL) sowohl ein landesweites Digitales Oberflächenmodell als auch ein Digitales Geländemodell und ein Digitales Gebäudemodell an. 21

2 CityGML als OGC-Norm Das Digitale Oberflächenmodell (DOM) wurde aus First-Pulse-Daten einer Laserscanbefliegung erzeugt und liegt in einer Gitterweite von 5 m 5 m vor (Vosselman & Maas 2010). Zukünftig soll auch ein auf Bildflügen basierendes Bildbasiertes Digitales Oberflächenmodell erstellt werden. Das DOM beinhaltet die gemessenen Höhen der Erdoberfläche inklusive der Vegetation und der Bebauung. Eine Objektbildung erfolgt im DOM nicht. Das Digitale Geländemodell (DGM) bildet im Gegensatz dazu die Erdoberfläche ohne Bauwerke und Vegetation ab. Es liegt in Baden-Württemberg in einer Gitterweite von 1 m 1 m vor. Datengrundlage für das DGM sind sowohl Laserscanbefliegungen als auch stereoskopische Luftbilder mit einer Bodenauflösung von 10 cm und den daraus abgeleiteten Punktwolken. Das DGM kann mit digitalen Orthophotos mit einer Bodenauflösung von 10-20 cm kombiniert werden, um einen visuell realitätsnahen Eindruck der Geländeoberfläche zu erzielen. Weiterhin wird in Baden-Württemberg ein dreidimensionales Gebäudemodell basierend auf den Gebäudegrundrissen des Liegenschaftskatasters und den o. g. Laserscan- und Luftbildbefliegungen in verschiedenen Detaillierungsstufen angeboten, das etwa sechs Millionen Gebäude umfasst (Dworak 2015). Vergleichbare 3D-Stadt- und Landschaftsmodelle sind von allen Bundesländern verfügbar oder befinden sich im Aufbau. Die landesweit vorgehaltenen und aus dem Liegenschaftskataster extrudierten Modelle der Landesvermessungen beschränken sich auf die einfacheren Detailstufen der Norm; es sind Klötzchenmodelle mit oder ohne Dachformen, über die für die fotorealistische Darstellung Luftbilder gebreitet werden. Eine gute Übersicht zum Stand eines bundesweit einheitlichen 3D-Produktstandards für Gebäude findet sich bei Oestereich & Schleyer (2015). 3D-Stadtmodelle von Hamburg und Berlin sind als Open Data zur freien Verwendung im Netz verfügbar (Hamburg 3D, Berlin 3D) (Abb. 2.4). Abb. 2.4: Ausschnitt aus dem Berliner 3D-Stadtmodell (Berlin 3D 2015) Während Landesvermessungen meist bestrebt sind, ihre Gebäudemodelle mit geringem manuellen Aufwand durch automatische Verfahren zu generieren, so ist dies auf Ebene der Kommunen anders. Hier ist es für den Erfolg und Nutzen eines Citymodells wichtiger, dass Sehenswürdigkeiten und markante Gebäude explizit, liebevoll und wiedererkennbar modelliert werden. Auch für die Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungsvorha- 22

2.7 Visualisierungen ben werden spezielle Quartiere in höherer Qualität modelliert. Dies bedeutet aber in der Regel einen hohen manuellen Aufwand für Erstellung und Integration. Inzwischen werden sowohl in vielen Städten und Kommunen als auch in der freien Wirtschaft 3D-Stadt- und Landschaftsmodelle geführt, die teilweise durch texturierte Gebäudefassaden, die Modellierung von Dachaufbauten und die Integration von Vegetationsdaten ein wesentlich detailliertes Abbild einer Stadt darstellen. Beispielhaft seien hier Stuttgart (Stuttgart 3D 2015), Karlsruhe (Karlsruhe 3D 2015), Zürich (Zürich 3D 2015) und Graz (Xu 2015) genannt. Teilweise stehen diese 3D-Stadtmodelle auch als Open Data kostenfrei zur Verfügung, z. B. Hamburg (Hamburg 3D 2015), Berlin (Berlin 3D 2015), Rotterdam (Rotterdam 3D 2015, Smit 2012), Delft (Delft 3D 2015), Linz (Linz 3D 2015) und Lyon (Plane 2015) (Abb. 2.5). Auch die kanadische Stadt Montreal ist bereits als 3D-Modell offen im Netz zu zu finden. Abb. 2.5: Szenen aus den 3D-Modellen Hamburg (LOD1) und Linz (LOD2) (Datenquellen: Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung, Hamburg und Magistrat Linz, IKT Geodatenmanagement) 2.7 Visualisierungen Nachdem der Aufbau von Modellen Fahrt aufgenommen hat, gilt es nun auch auf der Seite der Nutzung noch sehr viel zu tun. Die wenigen frei verfügbaren Desktop-Viewer für CityGML wie der FZKViewer des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) oder der Viewer Aristoteles sind in ihrer Anwendung nicht für ein breites Publikum gedacht, sondern Teil der Werkzeugkiste der Modellbauer. Viewerlösungen, die CityGML in der Version 2 anzeigen, sind bisher noch rar. Für den Normalanwender gibt es noch keine günstigen Lösungen, die auch nur ansatzweise die Tiefe und Breite des Modells verarbeiten können. Für anspruchsvolle Aufgaben gibt es Hochleistungssoftware oder 3D-Erweiterungen von den großen GIS- und CAD-Herstellern. Die direkte Nutzung von CityGML bleibt noch der Fachwelt vorbehalten. Der Allgemeinheit wurden in der Vergangenzeit viele 3D-Stadtmodelle über Google Earth zugänglich gemacht. Dazu wurde das CityGML-Modell in die Keyhole Markup Language (KML) konvertiert. Die KML-Dateien konnten dann über Google Earth visualisiert werden (Abb. 2.6). 23

2 CityGML als OGC-Norm Abb. 2.6: Ausschnitt aus Delft 3D in Google Earth (Screenshot aus Bestel3D.nl 2015) Durch die Entwicklung von WebGL und der damit verbundenen Möglichkeit, direkt im Webbrowser hardwarebeschleunigt 3D-Modelle darzustellen, finden sich zunehmend 3D-Stadtmodelle ähnlich wie 2D-Karten auf normalen Webseiten. Diese browserbasierten Viewer setzen entweder direkt auf WebGL auf oder nutzen eine JavaScript-Bibliothek für die Visualisierung. Dadurch entwickelt sich eine Vielzahl an konkurrierenden Lösungen, wobei derzeit kaum abzuschätzen ist, welcher Ansatz sich durchsetzen wird. Möglicherweise bleibt die Vielfalt auch erhalten, was für den Anwender auch Vorteile mit sich bringt, denn Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. So kommt bei der Visualisierung des 3D-Gebäudemodells des Landesamtes für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz (Rheinland-Pfalz 2016) der auf WebGL basierende Viewer PlexMap der Fa. Geoplex (PlexMap 2015) zum Einsatz (Abb. 2.7). Ein weiterer Ansatz für die webbasierte 3D-Visualisierung mit WebGL findet sich unter Esri_3D (2016) am Beispiel der Stadt Rotterdam. Dazu hat Esri dazu das sog. Indexed 3D Scene delivery format entwickelt (i3s 2015). Alternative Ansätze zur webbasierten Visualisierung finden sich mit dem Web-Viewer der Firma 3DIS, der beispielsweise von der Stadt Karlsruhe für ihren Internetauftritt des 3D-Stadtmodells genutzt wurde (3DIS 2016). Das 3D-Stadtmodell Berlin (Berlin 3D 2015) wird über die Lösung VirtualCityMap (VCS 2015) in den Webbrowser gebracht. 24

2.8 Ausblick Abb. 2.7: Ansicht von Koblenz in der Web-Viewer-Lösung des Landes Rheinland-Pfalz (Rheinland-Pfalz 2016) Eine Lösung mit der JavaScript-Bibliothek x3dom.js wurde am Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung mit dem CityServer3D Web-Viewer entwickelt (CityServer3D 2016). Dort findet sich auch ein Beispiel des 3D-Stadtmodells Darmstadt. Zunehmend populär wird der Einsatz des digitalen Globus Cesium (Cesium 2015). Ein Beispiel zur Nutzung von Cesium zur Visualisierung von 3D-Stadtmodellen findet sich in Kolbe, Burger & Cantzler (2015). Einen Überblick und Vergleich verschiedener Java- Script-Bibliotheken zur Web-basierten Visualisierung von 3D-Stadtmodellen findet sich in Krämer & Gutbell (2015). 2.8 Ausblick Mit dem Aufbau großer landesweiter oder kommunaler Stadtmodelle hat CityGML eine wichtige Rolle im Orchester der OGC-Normen gefunden. Dennoch stehen wir noch ganz am Anfang der Entwicklung. Die Partitur ist kompliziert, das Musikstück erfordert Technik und Können. Das ist das eigentliche Problem dieser Norm: Sie bietet heute wesentlich mehr, als in den derzeit vorhandenen Stadtmodellen umgesetzt wird. Das volle Modell kann ja nicht nur Gebäude abbilden, sondern ist potenziell geeignet, die gesamte uns umgebende Welt dreidimensional in einer Form darzustellen, die uns an die Welt der Spielzeugeisenbahnen erinnert. Mit den Modulen für Gewässer und Vegetation, Straßen und Eisenbahnen, Brücken und Tunnels können wir uns als Grundlage für Planungen und Simulationen ein dreidimensionales Abbild der Realität bauen und es mit allem ausstatten, was die Realwelt hergibt an Wasserläufen und Regenrückhaltebecken, 25

2 CityGML als OGC-Norm an Bäumen und Biotopen, an Straßen und Bahnen, Hochspannungsmasten und Windenergieanlagen, Straßenlaternen, Ampeln, Signalmasten, Wartehäuschen u. v. m. Eine Vorstellung von einer solchen dreidimensionalen Planungslandschaft gibt der Testdatensatz für CityGML 2.0 der Hochschule Karlsruhe, wenn man ihn mit dem FZK- Viewer betrachtet (Abb. 2.8). In der Praxis ist die Modellierung von Brücken und Tunnels aufwendig, sind die Standorte von Straßenlaternen und Verkehrsampeln vielleicht nicht bekannt, fehlen Prototypen für die verschiedenen Ausstattungselemente. Viel Zeit, Geld und Personal wäre zu investieren, wollten wir das, was der Standard hergibt, flächendeckend umsetzen. Wofür aber brauchen wir eine dreidimensionale Modelllandschaft? Einmal natürlich, um das zu tun, was man Sandkastenspiele nennt: Planungsszenarien entwerfen und sie der Öffentlichkeit vorstellen. Dreidimensionale Darstellungen sind intuitiver und leichter verständlich als Pläne mit Quer- und Längsschnitten. Mit ihnen können auch Bevölkerungsschichten erreicht werden, die keine Erfahrung im Lesen von Karten und CAD-Zeichnungen haben. Abb. 2.8: Der CityGML-2.0-Testdatensatz des Karlsruher Instituts für Technologie gibt eine leise Ahnung von den Planungszenarien, die wir mit CityGML bauen könnten (KIT 2015) Der wichtigere Aspekt des dreidimensionalen Modells ist jedoch die Verwendung in Analysen und Simulationen. Lärm, Schadstoffe, Feinstaub, Licht und Wärmeenergie breiten sich in alle Richtungen aus. Für Simulationen, die auch die dritte Dimension berücksichtigen, sind aktuelle 3D-Modelle der Stadtlandschaft ein hochwertiger Input (Abb. 2.9). Mehrere Praxisbeispiele in diesem Buch zeigen solche Anwendungsfälle. Nach einer Umfrage der Hochschule für Technik Stuttgart im Jahr 2012 ist zwar die Stadtplanung heute mit Abstand der wichtigste Anwendungsschwerpunkt für 3D-Modelle; sie wird aber gefolgt von den Bereichen Umweltschutz, Tourismus und Verkehrsplanung (Coors 2012). 26

2.9 Was ist neu in CityGML 2.0? Abb. 2.9: Ausschnitt aus dem Berliner 3D-Modell mit klassifizierter Darstellung der Eignung für Photovoltaik (Datenquelle: Berlin 3D 2015) So stehen wir zwar heute noch am Anfang der Entwicklung von 3D-Geodateninfrastrukturen. Aber die Erarbeitung von CityGML als Basis-Objektmodell schaffte die Voraussetzung für den Aufbau gleich strukturierter Modelle und damit für die Entwicklung von Standardwerkzeugen und Tools für einen breiteren Markt. 2.9 Was ist neu in CityGML 2.0? Vier Jahre nach Anerkennung der Version 1.0.0 durch das OGC erschien die Version 2.0.0 als größeres Update. Ursprünglich nur als kleineres Update vorgesehen, enthält sie doch im Hinblick auf eine nachhaltige Weiterentwicklung einige grundlegende Änderungen in der Modellstruktur: Mithilfe zweier neuer thematischer Module können nun auch Brücken und Tunnel in allen Detailstufen expliziert modelliert werden. Die Basisklasse CityObject hat zwei neue optionale Attribute bekommen, mit denen die relative Lage des Objekts zu einer Gelände- oder Wasseroberfläche beschrieben wird. Die neue Detailstufe LOD0, in der Gebäude nur als Umringpolygon skizziert werden, dient der vereinfachten Integration von 2D-Daten in ein 3D-Modell. Für herauskragende Gebäudeteile, die weder Dach noch Wand sind, wurden die zusätzlichen Elementklassen OuterFloorSurface und OuterCeilingSurface definiert. Auch die Oberflächen der inneren und äußeren Gebäudeausstattung vom Typ BuildingInstallation oder IntBuildingInstallation können nun als thematische Oberflächen klassifiziert werden. 27

2 CityGML als OGC-Norm Für wiederholt verwendete äußere Gebäudebestandteile wie Balkone, Schornsteine oder Antennen und innere Einbauten wie Heizkörper und Rohre können jetzt auch prototypische implizite Geometrien verwendet werden, die nur an einer Stelle im Dokument ausmodelliert und anschließend referenziert werden. Bisher war dies nur für Möblierungselemente möglich. Zu allen Objekten können nun über die MeasureAttribute-Eigenschaft beliebige Messwerte zusammen mit ihrer Maßeinheit abgelegt werden. Außerdem ist über einen allgemeinen GenericAttributeSet die Ergänzung eines Objekts mit beliebigen weiteren Attributen möglich. Die Klasse LandUse ist jetzt breiter verwendbar, nicht nur für spezifische Arten der Landnutzung, sondern auch für vegetationslose Geländeoberflächen oder solche mit spezieller Bodenbedeckung. Die drei Attribute class, function und usage gibt es jetzt immer im Dreierpack an allen Objektklassen, zu denen vorher nur einzelne von diesen drei Attributen definiert waren. Alle Attributwerte, die sich aus Codelisten speisen, können jetzt auf einen Code in einer extern liegenden Codeliste verweisen. Dieser allgemeine GML-Mechanismus zum Nachschlagen in GML-Dictionaries war in der ersten Version nicht konsequent gestattet worden. Mit der Version 2.0 wurde der eingeschlagene Weg an einigen Stellen entscheidend korrigiert. CityGML-Dokumente in Version 1.0 sind im Prinzip auch in der Version 2.0 gültig, brauchen jedoch eine Anpassung der Namensraumdeklarationen und Schemadefinitionen im Header der Datei. 28