Es sei denn, dass jemand neu geboren werde Jesus und Nikodemus (Joh 3,1 21; 20, )

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Transkript:

Evangelisch-reformierter Gottesdienst an Ostern Linden 5.IV.2015 Beat Weber Es sei denn, dass jemand neu geboren werde Jesus und Nikodemus (Joh 3,1 21; 20,1 10.19 20) Lindener Predigten zum Evangelium nach Johannes VII Lesung zum Ostersonntag 20,1 Am ersten Tag der Woche kam Maria aus Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab. Sie sah, dass der Stein weggenommen war vom Grab. 2 Da lief sie und kam zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, den Jesus lieb hatte, und sagte zu ihnen: Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben. 3 Da ging Petrus hinaus und auch der andere Jünger, und sie kamen zum Grab. 4 Die beiden liefen zusammen los, aber der andere Jünger war schneller als Petrus, lief voraus und kam als erster zum Grab. 5 Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden daliegen; er ging jedoch nicht hinein. 6 Nun kam auch Simon Petrus, der ihm nachgefolgt war, ging hinein ins Grab und sah die Leinenbinden daliegen, 7 ebenso das Schweisstuch, das auf seinem Kopf war nicht bei den Leinenbinden liegend, sondern für sich zusammengewickelt an einem eigenen Platz. 8 Daraufhin ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst zum Grab gekommen war. Und er sah und er glaubte. 9 Doch sie verstanden die Schrift noch nicht, dass er aus den Toten auferstehen musste. 10 Darauf gingen die Jünger wieder nach Hause. 19 Als es nun Abend geworden war an jenem ersten Tag der Woche, waren die Türen, wo die Jünger waren, aus Angst vor den führenden Juden verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Als er dies gesagte hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Seite. Da wurden die Jünger mit Freude erfüllt, als sie den Herrn sahen.

Schriftlesung und Predigt 2 3,1 Es war aber ein Mensch, einer aus den Pharisäern Nikodemus war sein Name, ein Führer der Juden. 2 Dieser kam zu ihm des Nachts und sagte zu ihm: Rabbi, wir wissen, dass du als Lehrer von Gott gekommen bist. Denn keiner kann diese Zeichen tun, die du tust, wenn nicht Gott mit ihm ist. 3 Da entgegnete ihm Jesus: Fürwahr, fürwahr, ich sage dir: Wenn jemand nicht von oben her geboren wird, kann er die Königsherrschaft Gottes nicht sehen. 4 Darauf sagte Nikodemus zu ihm: Wie kann ein Mensch denn geboren werden, wenn er schon alt ist? Kann er etwa ein zweites Mal in den Leib seiner Mutter hineingehen und geboren werden? 5 Jesus antwortete: Fürwahr, fürwahr, ich sage dir: Wenn jemand nicht geboren wird aus Wasser und Geist, kann er nicht hineingehen in die Königsherrschaft Gottes. 6 Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist. 7 Sei nicht erstaunt, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von oben her geboren werden. 8 Der Geist weht, wo er will. Sein Rauschen hörst du, aber du weist nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist. 9 Nikodemus entgegnete ihm: Wie kann dies geschehen? 10 Jesus erwiderte: Du bist ein anerkannter Lehrer Israels und weisst das doch nicht?! 11 Fürwahr, fürwahr, ich sage dir: Was wir wissen, reden wir, und was wir geschaut haben, bezeugen wir. Doch unser Zeugnis nehmt ihr nicht an. 12 Wenn ich zu euch über irdische Dinge gesprochen habe und ihr nicht geglaubt habt, wie werdet ihr glauben, wenn ich zu euch über himmlische Dinge rede?! 13 Und niemand ist hinaufgestiegen zum Himmel ausser dem, der vom Himmel herabgestiegen ist, der Menschensohn. 14 Ebenso wie Mose die Schlange in der Wüste erhöhte, muss der Menschensohn erhöht werden, 15 damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben habe.( ) 16 Denn Gott hat die Welt derart geliebt, dass er seinen einzig-geborenen Sohn gab, dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. 17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde. 18 Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet. Wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des einzig-geborenen Sohnes Gottes. 19 Darin aber besteht das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, aber die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht ihre Werke waren nämlich böse. 20 Denn jeder, der Übles tut, hasst das Licht und kommt nicht ans Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt würden. 21 Wer jedoch die Wahrheit tut, kommt ans Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott gewirkt sind.

1. Ihr müsst von oben her geboren werden! (V. 1 8) 3 Er wusste, was im Menschen war. So schliesst der vorherige Abschnitt. Der Glaubenseuphorie nach den Zeichen in Kana (Wasser zu Wein) und Jerusalem (Tempelreinigung) ist nicht zu trauen; sie bleibt an der Oberfläche. Es braucht eine tiefgreifende Wandlung davon ist nun zu hören. Nach den Worten: Er wusste, was im Menschen war, fängt es so an: Es war aber ein Mensch Ein Mensch damit wird offengehalten, dass sich in diesem konkreten Menschen viele spiegeln. Es erinnert mich an den Songtext von Peter Alexander: Hier ist ein Mensch. Menschen wie du und ich, ob Frau oder Mann, ob jung oder alt, sind eingeladen, sich in dieser Geschichte wiederzufinden. Alle sind wir Menschen und doch ist jeder und jede einzigartig, ein Unikat. Auch dieser hier: Nikodemus heisst er; religiös gehört er zu den Pharisäern, einer Bewegung, die ernsthaft den Gotteswillen leben will. Man kann sie als Fromme, Pietisten oder Erweckte bezeichnen. Trotz berechtigter Kritik darf man sie nicht vorschnell in eine negative Ecke stellen. Die gesellschaftliche Stellung wird ebenfalls genannt: Er ist ein Führer der Juden. Er ist Mitglied im Synedrium, dem obersten Gremium, das den Juden von der römischen Besatzung zugestanden wurde. Diesem oblag auch die Gerichtsbarkeit, ausser bei Kapitalverbrechen mit Todesstrafe (dieses Recht behielten die Römer, weshalb Jesus von Pontius Pilatus rechtskräftig verurteilt wurde). Jesus weiss um unsere Biographien: woher wir kommen, was uns ausmacht. In dieser Lebensgeschichte, die im Erzählen zur Gegenwart wird, begegnet er auch uns. Es ist dies der erste Mensch, der Jesus bewusst aufsucht. Darin und in seiner Position als Mitglied des Synedriums ähnelt er dem Reichen Jüngling (vgl. Lk 18,18 27). Dessen Ausgangsfrage: Was muss ich tun? führt freilich bereits einen Schritt weiter. Bei Nikodemus steht die vorherige Frage im Raum: Wer bist du eigentlich? Und was willst du? So hat eine jüdische Delegation zuvor Johannes den Täufer angefragt (vgl. Joh 1,19 28). Jetzt kommt einer von dieser Obrigkeit zu Jesus selbst. Er kommt in der Nacht. Die Abendstunden sind gute Gelegenheiten für eingehende Gespräche. Oder ist es Furcht und Mutlosigkeit, die ihn Jesus in der Anonymität der Dunkelheit aufsuchen lässt? Oder steht die Nacht für die Lichtscheu und die eigene innere Dunkelheit? Die Schrift lässt es offen und verzichtet darauf, das Kommen in der Nacht zu bewerten. Das ist gut so: Wir dürfen zu Jesus kommen auch in der Nacht und selbst, wenn Dunkelheit in uns herrscht.

Nikodemus eröffnet das Gespräch mit einem Wort, wo man nicht recht weiss, worauf er hinaus will. Vielleicht äussert sich darin seine Unsicherheit: Rabbi, wir wissen, dass du als Lehrer von Gott gekommen bist. Denn keiner kann diese Zeichen tun, die du tust, wenn nicht Gott mit ihm ist. Da ist Ehrerbietung die Anrede und die Bezeichnung Lehrer von Gott, aber kein Bekenntnis als Messias oder Gottessohn. Da ist Anerkennung und Einsicht von Gottes Wirken, aber man meint hinter den diplomatisch-korrekten Worten eine Sehnsucht nach mehr wahrzunehmen. Jesus weiss, was im Menschen ist. So weiss er, was Nikodemus und uns umtreibt, auch wenn es uns selbst nicht ganz klar ist. Jesus kommt ohne Umwege zur Sache. Er antwortet auf eine Frage, die dieser Mensch nicht gestellt hat, aber in dessen Herzen schlummerte: Fürwahr, fürwahr, ich sage dir: Wenn jemand nicht von oben her geboren wird, kann er die Königsherrschaft Gottes nicht sehen. Deine wohlwollende Anerkennung mir gegenüber, dein guter Wille, deine beeindruckenden Taten all das reicht nicht, um das Gottesreich zu sehen, geschweige denn hineinzukommen. Ein hartes und bestürzendes Wort. Damit macht Jesus menschliches Bemühen zunichte. Denn eins ist klar: Geborenwerden das liegt ausserhalb unserer Möglichkeiten. So steht das Scheitern aller eigenen Wege am Eingang zur Wahrheit. Der perplexe Nikodemus stellt nun eine Frage. Sie zeigt, dass er diese Unmöglichkeit verstanden hat, aber nicht weiss wie denn. Als gestandener Mann in den Leib der Mutter, um nochmals geboren zu werden undenkbar! Jesus hat mit einem kleinen Wörtlein das Geborenwerden näher bestimmt: anoothen. Dies meint: von oben her (vgl. Joh 3,31). Als Zweitbedeutung kann es auch heissen: nochmals, von neuem. Nikodemus (und viele bis heute) versteht nochmals. Das ist nicht ganz falsch, aber verdunkelt, was Jesus meint und das Johannesevangelium unablässig betont: Das Neue kommt nicht von der Erde und den Menschen her, sondern geschieht vom Himmel, von oben her. Nikodemus hat recht verstanden, dass Jesus von Gott her gekommen ist. Er hat aber nicht verstanden, Jesus mehr ist als ein Lehrer, sondern selbst und zuerst der von oben her Geborene ist. Geborenwerden aus Wasser bzw. Fleisch meint Jesu Geburt aus dem Mutterleib; sein Geborenwerden aus Geist spricht von dessen Zeugung durch den himmlischen Vater. Jesu Kommen von oben her eröffnet uns das Geborenwerden von oben her. Man braucht Gott, um Mensch zu sein. Der Sohn ist der Weg zum Vater (vgl. Joh 14,6). Menschlich sind wir ja geboren; Gottes neue Welt steht offen, wer von oben her das ist durch Gottes Geist geboren wird. 4

Dies ist unverfügbar und geschieht doch wie das doppelsinnige Wort vom Wind und dem Brausen sagt, hinter dem Gottes Geist (pneuma) und seine Stimme steht. Geistgeburt von oben her geschieht, wo Gott in seinem Wort trifft und Vertrauen schafft. Alles klar? Nein, bei Nikodemus nicht und bei uns angesichts der tiefgründigen Worte vielleicht auch nicht. So fragt Nikodemus weiter: 2. Wie kann dies geschehen? (V. 9 15) Dass Gott seinen Sohn vom Himmel her gezeugt hat und ihn als Retter schickt, können Nikodemus und wir schon vor Jesus in der Bibel finden zum Beispiel in Psalm 2, Vers 7: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Es steht da, die Wahrheit ist gesagt und doch kommt es nicht zum Verstehen und Vertrauen eine Erfahrung die auch wir machen. Jesus sagt dazu: Was wir wissen, reden wir, und was wir geschaut haben, bezeugen wir. Doch unser Zeugnis nehmt ihr nicht an. Das dunkle Geheimnis der Ablehnung irritiert bis heute. Ostern zuvorderst: Was muss man dazu nicht immer wieder für einen Schmarren hören oder lesen Oder die grösste Gottestat wird einfach übergangen. Das Leben schlechthin, das aus dem Tod kommt und niemand zu töten vermag, wird totgeschwiegen unfassbar! Wer die Notwendigkeit der Geburt vom Himmel her nicht einsieht, der versteht auch nicht, dass sie durch Jesus möglich geworden ist. Dieser ist vom Himmel hinabgestiegen, dass Himmel auf Erden wird durch die Geistgeburt, die Gott wirkt. Wie das geschieht, zeigt Jesus anhand der Geschichte von der Schlange am Stab (vgl. 4. Mose 21,4 9). Dieses Symbol des Heilwerdens hatten wir als Sanitätssoldaten an unserem Revers, und wir finden es an jeder Apotheke. Weil Israel in der Wüste gegen Gott und Mose rebellierte, liess Gott Feuerschlangen los, deren Bisse viele töteten. Erst als das Volk seine Sünde bekannte und Mose auf Gottes Geheiss eine eherne Schlange aufrichtete, blieb jeder, der zu ihr aufsah, am Leben auch wenn ihn die Giftschlangen gebissen hatten. Wie das Hinschauen auf die erhöhte Schlange heil machte, so wird jeder, der vertrauend auf den am Kreuz erhöhten Menschensohn sieht, von oben her aus Gottes Geist geboren und hat das Leben für immer. Die Kreuzigung an Karfreitag ist Jesu Einsetzung in die höchste Würde, seine Verherrlichung. Seine Auferstehung am Ostermorgen ist das Wahrmachen von oben her: damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben habe. Ewiges Leben tritt so in das gegenwärtige Leben ein. Damit gilt: 5

3. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet, sondern gerettet! (V. 16 21) 6 Wir sind nun beim bekanntesten Wort des Abschnitts angelangt. Für viele ist dieser 16. Vers zum Eingang ins neue Leben von oben her und zur Gewissheit der Erlösung geworden: Denn Gott hat die Welt derart geliebt, dass er seinen einzig-geborenen Sohn gab, dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. Was für eine grossartige Zusage! Wer sie gelten lässt, dem gilt sie. Öffne ich mich der Liebe Jesu, verlasse ich meine Distanziertheit. Das Kreuz Christi ist der Ort der brennenden Liebe und zugleich der Ort des Gerichts über mein Leben; gehe dort vorbei und empfange Versöhnung, wird mir das Leben zuteil. Wenn nicht, lässt Ostern mein Herz kalt, und es bleibt mir nur übrig, den Bauch mit Eiern und Schoggihasen zu füllen. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet. Wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet Die Welt durchzieht ein Kampf der Mächte. Er führt eine harte Scheidung mit sich. Und so laufen die Trennlinien: Glaube gegen Unglaube, Wahrheit gegen Lüge, Licht gegen Finsternis. Das Negative hat dabei keine Kraft in sich selbst. Finsternis gibt es nur als Empörung gegen das aufdeckende und wärmende Licht; das Böse und den Tod gibt es nur als Umkehrung des Guten und des Lebens. Negativkräfte erleben wir in und um uns jeden Tag: Sie vermögen schlecht zu machen, herunterzureissen, aber sie bauen nichts auf. Ihnen fehlt die schöpferische Kraft der Liebe. Das Gottesgericht vollzieht sich so, dass die erwähnte Gottesliebe aus V. 16 ( Also hat Gott die Welt geliebt ) abgelehnt und das Eigene dieser Welt bevorzugt wird: Darin aber besteht das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, aber die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht Jesus ist das Licht der Welt; in ihm hat das Leben über Finsternis und Tod gesiegt. Das feiern wir an Ostern. Wer die Wahrheit tut, kommt ans Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott gewirkt sind. Das ist Jesu letztes Wort an Nikodemus, an uns heute: die Einladung zu ihm, ans Licht, zur Wahrheit zu kommen. Einer, der dieser Einladung zu Jesus gefolgt ist, hat dies in einem Osterlied in Worte gefasst (Paul Gerhardt, EG 112). Dies hat ein Mitglied unseres Posaunenchors zu seinem 50-Jahr-Chorjubiläum zu Ostern gewünscht. Daraus lese ich und dann wird der Posaunenchor den Choral spielen:

1. Auf, auf, mein Herz, mit Freuden, Nimm wahr, was heut' geschieht! Wie kommt nach großem Leiden Nun ein so großes Licht! Mein Heiland war gelegt Da, wo man uns hinträgt, Wenn von uns unser Geist Gen Himmel ist gereist. 7 4. Das ist mir anzuschauen Ein rechtes Freudenspiel; Nun soll mir nicht mehr grauen Vor allem, was mir will Entnehmen meinen Mut Zusamt dem edlen Gut, So mir durch Jesum Christ Aus Lieb' erworben ist. 5. Die Höll' und ihre Rotten, Die krümmen mir kein Haar; Der Sünden kann ich spotten, Bleib' allzeit ohn' Gefahr; Der Tod mit seiner Macht Wird schlecht bei mir geacht't; Er bleibt ein totes Bild, Und wär' er noch so wild. 6. Die Welt ist mir ein Lachen Mit ihrem großen Zorn; Sie zuernt und kann nicht machen, All' Arbeit ist verlor'n. Die Trübsal trübt mir nicht Mein Herz und Angesicht; Das Unglück ist mein Glück, Die Nacht mein Sonnenblick. 7. Ich hang' und bleib' auch hangen An Christo als ein Glied; Wo mein Haupt durch ist gangen, Da nimmt er mich auch mit. Er reißet durch den Tod, Durch Welt, durch Sünd' und Not, Er reißet durch die Höll', Ich bin stets sein Gesell. Amen.