Die Bibel. Eine Einführung



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Transkript:

MBS Dezember 2006 Thomas Kinker Kursbuch Die Bibel. Eine Einführung Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis... 1 1 Die Bibel ist einzigartig... 2 1.1 in ihrer Entstehung... 2 1.2 in ihrer Einheit...2 1.3 in ihrer Aktualität... 2 1.4 in ihrer Verbreitung... 2 1.5 in ihrer Überlieferung... 3 1.6 im literarischen Charakter... 3 1.7 im moralischen Charakter... 4 1.8 in Angenommensein und Ablehnung... 4 1.9 in ihrer Prophetie... 4 2 Allgemeines zur Bibel...5 2.1 Begriffsbestimmungen... 5 2.2 Einteilung AT... 6 2.2.1 Hebräische Bibel... 6 2.2.2 Protestantische Bibel (Luther 84)... 7 2.2.3 Unterschiede zwischen der hebräischen und der protestantischen Bibel... 8 2.3 Einteilung Neues Testament... 9 3 Schreiben im Altertum... 10 4 Wie kam Gottes Wort zu uns heute? Von Mose bis ins Jahr 2005.... 13 4.1 Entstehung AT... 13 4.2 Entstehung NT... 15 4.3 Überlieferung der Bibel... 17 4.3.1 Kanonbildung... 17 4.3.2 Wie kam das AT in seiner heutigen Form zu uns?... 21 4.3.3 Verbreitung des NT... 23 4.4 Heutige Form des NT und Textkritik... 24 4.5 Übersetzung Gott redet in meiner Sprache... 28 4.5.1 Übersetzungsgeschichte AT... 28 4.5.2 Übersetzungsgeschichte NT... 29

MBS Die Bibel AT und NT Seite 2 1 Die Bibel ist einzigartig 1 1.1 in ihrer Entstehung mehr als 40 Autoren unterschiedlicher Herkunft und Kulturen ohne Absprachen untereinander über einen Zeitraum von ca. 1500 Jahren würde das bei rein menschlicher Entstehung auch der Fall sein, wenn z.b. 10 Schriftsteller über ein umstrittenes Thema unabhängig voneinander schrieben? 1.2 in ihrer Einheit Die Fragen Wer ist Gott?, Wer ist der Mensch? und Gibt es eine Verbindung zwischen beiden? zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Bibel. 1.3 in ihrer Aktualität Sie ist eine der ältesten bis heute erhaltenen Schriften. Der wissenschaftlich-technische Fortschritt hat das Interesse eher erhöht. Menschen jeder Klasse, Kultur und Alters lesen die Bibel. 1.4 in ihrer Verbreitung Sie ist der Bestseller schlechthin. Weltweit werden 1990 ca. 700 Mio. Bibeln und Bibelteile benötigt. zum Vergleich: - Tagebuch der Anne Frank: 26 Mio. insgesamt - Karl May weltweit 200 Mio. insgesamt - Asterix 300 Mio. Bände in 77 Ländern und 57 Sprachen oder Dialekten Sie ist in über 2000 Sprachen übersetzt. - Deutsche Bibelgesellschaft: 1995 waren es 2123 Sprachen, in denen es mind. einen Teil der Bibel gibt - Weltbund der Bibelgesellschaften: insgesamt 2403 Sprachen (Stand 31.12.05) 2 ganze Bibel 426 Sprachen NT 1115 Sprachen Teile der Bibel 862 Sprachen 1 2 nach J.J.W. Glashouwer, So entstand die Bibel, CLV: Bielefeld 1987, S. 13ff www.dbg.de 15.3.06

MBS Die Bibel AT und NT Seite 3 Anmerkung: 3 Nach Angaben der Wycliff Bibelübersetzer fehlen aber noch 4646 Sprachen, in denen es überhaupt keinen Bibeltext gibt. Obwohl nicht in jeder dieser Sprachen eine eigene Übersetzung nötig ist, fehlen trotzdem noch ca. 2000 Sprachen. Werden diese 2000 fehlenden Übersetzungen mit dem momentanen Einsatz an Mitteln und Kräften angegangen, dauert es noch 150 Jahre, bis diese 2000 Übersetzungen vorliegen werden ein Grund für Wycliff, die Anstrengungen und den Einsatz zu verstärken. 1.5 in ihrer Überlieferung Es existieren heute noch ca. 5000 alte griechische Schriften des NT (Bibeln und Teile), deren älteste nicht viel jünger als die Originale sind. Das AT ist so genau überliefert, dass sogar die einzelnen Buchstaben gezählt sind. 1.6 im literarischen Charakter Sie weist eine Vielzahl lit. Gattungen auf und stellt auch nach der Übersetzung in unterschiedliche Sprachen ein literarisches Meisterwerk dar. Sie hat die deutsche Sprache entscheidend geprägt (Luther). Zu keinem Buch der Welt gibt es ähnlich viel Sekundärliteratur Konkordanz, Lexikon, Werke über Theologie, Religionsunterricht, Mission etc.). 3 Zahlen über Wycliff, Sprachen, Bibelübersetzung [Stand: Oktober 2004 Quelle: www.wycliff.de vom 28.6.05] Weltbevölkerung 6,4 Mrd. derzeit weltweit gesprochene Sprachen 6912 Sprachen, die eine Bibelübersetzung benötigen 2466 Anzahl der Sprachen mit Neuem Testament, das ganz oder wesentlich 611 durch Wycliff erstellt wurde Anzahl der Sprecher dieser Sprachen mehr als 76 Millionen Sprachen, in denen zur Zeit in Bibelübersetzung, Alphabetisierung 1678 und/oder sprachwissenschaftlichen Projekten gearbeitet wird (alle Organisationen) davon Projekte mit Wycliff-Beteiligung 1376 Sprachprojekte, die 2004 von Wycliff begonnen wurden 82 Länder, in denen Wycliff arbeitet mehr als 70, einschließlich der Arbeit unter Menschen, die außerhalb ihrer Herkunftsländer leben Mitarbeiter bei Wycliff weltweit im Einsatz 5276 Mitarbeiter bei Wycliff weltweit in Ausbildung 583 Anzahl der Herkunftsländer dieser Mitarbeiter 60 Wycliff-Mitarbeiter aus Deutschland 155 davon direkt in Sprachprojekten tätig 104 Übersetzungen des Neuen Testaments, an denen deutsche Mitarbeiter 30 wesentlich beteiligt waren Organisationen, die mit Wycliff International zusammenarbeiten 102

MBS Die Bibel AT und NT Seite 4 1.7 im moralischen Charakter Sie ist dem Normalempfinden des Menschen genau entgegengesetzt (Feindesliebe; ohne Verdienst gerecht werden; Schwäche und Sünde wird schonungslos aufgedeckt). 1.8 in Angenommensein und Ablehnung Sie ist das meistgeliebte und das meistgehasste Buch (Juden- und Christenverfolgungen, Bibelübersetzung im Mittelalter, Bibelkritik). Bsp.: Voltaire ( 1778): Die Bibel wird in 100 Jahren nur noch als Antiquität zu finden sein. Innerhalb von 50 Jahren nach seinem Tod druckte die Genfer Bibelgesellschaft mit seiner Druckerpresse in seinem Haus Bibeln! 1.9 in ihrer Prophetie 4 Die Bibel ist das einzige Buch der Welt mit echten Zukunftsvoraussagen, die sich auch erfüllen. Nach W. Gitt enthält die Bibel 6408 Verse mit prophetischen Aussagen, wovon 3268 bereits erfüllt sind. Dass sich diese über 3000 Ankündigungen rein zufällig erfüllt haben, ist genau so wahrscheinlich, wie wenn jemand mit 1264 Würfeln gleichzeitig würfelt und alle eine Sechs anzeigen. 4 nach Werner Gitt, Das Fundament. Zum Schriftverständnis der Bibel, Hänssler: Neuhausen-Stuttgart 1985, S. 137

MBS Die Bibel AT und NT Seite 5 2 Allgemeines zur Bibel 2.1 Begriffsbestimmungen - Begriff Bibel abgeleitet von griechisch bu/bloj byblos = Papyrus ; später = Buch bzw. dem Plural biblia = Bücher eine Bibliothek von 66 Büchern - Name Neues Testament entstand wahrscheinlich zur Unterscheidung vom Alten Testament griechisch kainh\ diach/kh kainä diathäkä = neuer Bund Begriff im NT: + Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird. (Lk 22,20; 1Kor 11,25) + 2Kor 3,6 Diener des neuen Bundes + Hebr 8,8 Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da werde ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen (Zitat aus Jer 31,31) + Hebr 9,15; 12,24 Jesus = Mittler eines neuen Bundes + vgl. 2Kor 3,14 alter Bund [oder: altes Testament] Begriff Testament : + Zur Zeit Luthers hatte Testament die Bedeutung Bund ; erst später ging die Bedeutung über zu letzter Wille 5 + Entsprechend wäre es heute konsequenter, von Neuem Bund statt Neuem Testament zu reden. Allerdings würde das schwer durch zu setzen sein, da Neues Testament sich eingebürgert hat. + Auf alle Fälle ist AT wie NT nicht ein Testament Gottes, da ein Testament nur von einem Sterbenden verfasst wird und den letzten Willen darstellt. Dies lässt sich auf Gott nicht übertragen. 5»Für Luthers Übersetzung Testament in Gal 3,17 und Hebr 9,16-17 und die Formulierung Altes und Neues Testament ist zu berücksichtigen, dass das deutsche Wort 'Testament' erst ein halbes Jahrhundert nach Luther die zusätzliche Bedeutung 'Letzter Wille', 'Vermächtnis' erhielt. Ursprünglich war 'Testament' einfach die Lehnübersetzung des kirchenlateinischen 'testamentum', das Grimm wie folgt definiert: der göttliche, durch Christus erneuerte gnadenbund mit den menschen und die schriften desselben (bibel).«[zitiert aus Th. Schirrmacher, Ethik 1, Hänssler: Neuhausen 1994, S. 396, der sich auf Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch. Bd. 11, S. Hirzel: Leipzig, 1935. S. 263 beruft]

MBS Die Bibel AT und NT Seite 6 2.2 Einteilung AT 2.2.1 Hebräische Bibel Anmerkung: Im Folgenden werden nicht die hebräischen Bezeichnungen der einzelnen Bücher verwendet, sondern die unserer deutschen Bibeln (wobei für den Pentateuch Gen = Genesis, Ex = Exodus, Lev = Levitikus, Num = Numeri und Dt = Deuteronomium stehen). 1. Thora Gen Ex Lev Num Dt 2. Nebiim a) Nebiim rischonim = frühere oder vordere Propheten Jos Ri 1 Sam 2 Sam 1 Kön 2 Kön b) Nebiim acharnim = spätere Propheten Jes Jer Hes Hos Joel Am Ob Jona Dodekapropheton Mi = Zwölfpropheten- Nah buch Hab Zeph Hag Sach Mal 3. Kethubim Ps Hi Spr Rt Hhld Pred Klgl Est Dan Esra Neh 1 Chr 2 Chr Meggiloth = fünf Rollen

MBS Die Bibel AT und NT Seite 7 2.2.2 Protestantische Bibel (Luther 84) Geschichtsbücher 1.Mose / Genesis 2.Mose / Exodus 3.Mose / Leviticus 4.Mose / Numeri 5.Mose / Deuteronomium Josua Richter Ruth Lehrbücher und Psalmen Hiob Psalmen Sprüche Prophetenbücher Jesaja Jeremia Klagelieder Hesekiel Daniel Hosea Joel Amos Obadja Jona Micha Nahum Habakuk Zefanja Haggai Sacharja Maleachi Pentateuch 1.Samuel 2.Samuel 1.Könige 2.Könige 1.Chronik 2.Chronik Esra Nehemia Esther Prediger Hoheslied

MBS Die Bibel AT und NT Seite 8 2.2.3 Unterschiede zwischen der hebräischen und der protestantischen Bibel - zwar bei beiden eine Dreiteilung, aber zum einen andere Kategorien, zum anderen unterschiedliche Zuordnung - Der hebräische Kanon 39 Bücher + drei Teile: Thora, Nebiim und Kethubim Gesetz, Propheten und Schriften + Aufbau der hebräischen Bibel: Thora, Nebiim, Kethubim TNK = Thanach + Thora = Pentateuch [von griechisch pentateuchos biblos = das Fünfrollenbuch] + Propheten nebiim rischonim vordere [frühere] Propheten = Jos, Ri, Sam, Kön nebiim acharnim spätere Propheten = Jes, Jer, Hes, Dodekapropheten + Schriften megilloth (5 Rollen): Rt, Est, Hhld, Klgl, Pred + von megillah = Rolle + wurden an bestimmten Festen gelesen Pfingsten: Rt Fasten des 9.Ab: Klgl Laubhüttenfest: Pred Purim- oder Losfest: Esther Passah: Hhld Spr, Hiob, Ps, Dan, Esra, Neh, Chr Anmerkungen zum hebräischen Kanon + Prophetische Bücher, keine Geschichtsbücher Geschichte im Lichte Gottes + deutsche Bibel: große Propheten (Jes; Jer + Klgl; Hes; Dan) + 12 kleine Propheten + bei den Schriften eingeordnet: Esra, Neh, Esther, 1+2Chr Dan + Daniel nicht bei den Propheten, sondern bei den Schriften Daniel = Staatsmann, kein Vollzeitprophet oder: Propheten als zweiter Teil des hebräischen Kanons abgeschlossen (ca. 400 v.chr.), bevor Daniel kanonisch wurde + Klgl bei den Schriften, nicht nach Jer + Rt bei den Schriften, nicht nach Ri Reihenfolge der Bücher + Thora: geschichtliche Abfolge + frühere Propheten: geschichtliche Reihenfolge + spätere Propheten: Jes Jer Hes: geschichtliche Reihenfolge Dodekapropheton: + unsicher, woher die Reihenfolge kommt + chronologisch (so der Talmud)? stimmt nur teilweise oder ist unsicher + Länge? stimmt nicht + Archer 6 : wurden zusammengestellt, weil sie auf einer großen Schriftrolle zusammen Platz hatten 6 G.L. Archer, Einleitung in das Alte Testament Band 2,VLM: Bad Liebenzell 1989, S. 170

MBS Die Bibel AT und NT Seite 9 2.3 Einteilung Neues Testament Neues Testament [27 Bücher: 5 geschichtliche, 21 (Lehr-)Briefe, 1 prophetisches] Geschichtliche Bücher [5] Evangelien [4] Matthäus Markus Lukas Johannes Apostelgeschichte Lehrbücher [Episteln - 21] Paulusbriefe [13; nach Empfängern benannt] Hebräerbrief Hauptbriefe [4] Römer 1. Korinther 2. Korinther Galater Gefangenschaftsbriefe [4] Epheser Philipper Kolosser Philemon Pastoralbriefe [3] 1. Timotheus 2. Timotheus Titus Sonstige 1. Thessalonicher 2. Thessalonicher Katholische Briefe Jakobus 1. Petrus 2. Petrus 1. Johannes 2. Johannes 3. Johannes Judas Prophetisches Buch [7; für die Allgemeinheit bestimmt ; nach Verfassern benannt] Offenbarung

MBS Die Bibel AT und NT Seite 10 3 Schreiben im Altertum Schreibmaterial - Stein eingeritzt/eingraviert/ eingemeißelt; sehr haltbar, aber mühsame Arbeit! entweder Steintafeln oder Felswand bzw. Wand eines Hauses/Tempels Meißel aus Stein oder Stichel Beispiele aus der Bibel: - Gott selbst schreibt die Zehn Gebote (2Mo 24,12; 34,1) - Josua schreibt auf die Steine eines Altars auf dem Berg Ebal eine Abschrift des Gesetzes des Mose (Jos 8,32) - geschrieben mit eisernen Griffel... eingegraben... (Jer 17,1) - mit eisernem Griffel und Blei in den Fels gehauen (Hi 19,24) - Elfenbein, Knochen, Holz - ähnlich wie Stein bearbeitet - bedeutender Fund: ein Elfenbein-Granatapfel aus dem 8.Jhd.v.Chr., der zu Salomos Tempel gehörte und die älteste erhaltene Inschrift mit dem Gottesnamen (JHWH) darstellt - Metall ebenfalls sehr haltbar Bsp.: Kupferrolle aus Qumran - Verzeichnis von Schätzen Bsp.: zwei Silberplättchen aus dem 7.Jhd. v.chr. mit dem sog. aaronitischen Segen (4Mo 6,24-26) - Ton in feuchtem Zustand eingeritzt bzw. eingedrückt in der Sonne oder im Ofen getrocknet viereckig endendes Schilfrohr für Keilschrift ebenfalls sehr haltbar; besonders für Keilschriften geeignet - Ostrakon Tonscherben, mit Tinte beschrieben - Papyrus Papier des Altertums anfangs Feder aus einem zugespitzten Stück Rohr, seit dem 3.Jhd. v. Chr. Gänsekiel 3Joh 13: mit Tinte und Feder (calamos) wurde seit 3.Jahrtausend v.chr. verwendet; jüngster lateinischer Papyrus von 1012 n.chr. älteste Funde - ältester ägyptischer Papyrus: um 2700 v.chr. - ältester hebräischer Papyrus: um 750 v.chr. Papyrus wird in der Bibel erwähnt, allerdings nicht als Schreibmaterial - 2Mo 2,3; Jes 18,2; 35,7; Hi 8,11 hebräisch gomeh - weiteres hebräisches Wort für Schilf, Rohr : suf - 2Mo 2,3+5; Jes 19,6; Jona 2,6 - Die Septuaginta 7 erwähnt die Papyruspflanze dreimal: Hi 8,11; 40,16; Jes 19,16 blieb v.a. in Ägypten erhalten (trocken + warm) meist nur einseitig beschrieben von Papyrus stammt unser Wort Papier 7 griechische Übersetzung des AT aus vorchristlicher Zeit; griechische Bibel zur Zeit Jesu

MBS Die Bibel AT und NT Seite 11 Herstellung von Papyrus: - der ca. 4-4,5 Meter hohe Papyrusstengel wird in Stücke von 1/3 bis 1/4 m Länge geschnitten - Aufspalten in der Längsrichtung und das Mark in dünne Streifen schneiden - Eine Lage auf eine glatte Fläche legen, wobei alle Fasern parallel sein müssen - Eine zweite Lage darauflegen mit den Fasern senkrecht zur ersten Lage - Beide Lagen zusammenpressen, bis sie ein Gewebe bilden - Pergament bzw. Leder aus Tierhäuten Leder bzw. Pergament + schon früh in Ägypten gelegentlich verwendet + Zur Zeit der Perser in Babylonien benutzt, wo kein Papyrus wuchs + einfach bearbeitetes Leder schon bei Herodot (geb. ca. 484 v.chr.) erwähnt + Pergament kam im 2.Jhd. v.chr. in Konkurrenz zum Papyrus auf, blieb aber lange das weniger vornehme Material + vgl. Qumran-Rollen aus dem 1. und 2. vorchristlichen Jahrhundert: aus Leder Herstellung von Leder bzw. Pergament + Hergestellt aus den Häuten junger Tiere (Rinder, Schafe, Ziegen, Antilopen usw.) + Entfernen der Haare durch Abschaben, Waschen, Glätten mit Bimsstein + Überziehen mit Kalk oder Kreide + Beschreiben mit schwarzer oder brauner Tinte + Unterschiede Pergament - Leder - Pergament besonders kostbar: Kalbsleder - Pergament nicht gegerbt Vorteile von Pergament gegenüber Papyrus + fester + beidseitig beschreibbar + haltbarer (älteste Pergamenthandschriften: Codex Vaticanus und Codex Sinaiticus aus dem 4.Jhd.) für wertvolle Dokumente verwendet Nachteile von Pergament gegenüber Papyrus + zerknitterte Ecken + Oberfläche glänzend => anstrengender für die Augen - Papier kam ca. 1100 aus China nach Europa - Tinte bestand aus Holzkohle, gemischt mit Gummi oder Öl (für Pergament) bzw. metallischer Substanz (für Papyrus) Römer benutzten auch die Aussonderung des Tintenfischs konnte leicht entfernt werden vgl. Num 5,23 in ein Buch hineinschreiben und sie in das Wasser... hinein abwischen vgl. ferner 2Kor 3,3 und 2Joh 12 Tinte Gestalt der Dokumente - Tafeln Tontafeln von minimal ca. 6x6 mm bis maximal 54x30 cm Größe Dokument zu groß für eine Tafel: entsprechende Kopf- und Schlusszeile (Kolophon) Verträge meist in steinernem Umschlag, auf dem eine Abschrift stand (oder als Schriftrolle, bei der außen die Abschrift stand - so evt. der Kaufvertrag des Jeremia in Jer 32,14: versiegelter + offener Kaufbrief) umfangreichere Dokumente auch auf Tonprismen oder walzenförmigen Zylindern

MBS Die Bibel AT und NT Seite 12 - Schriftrollen ca. 6-10 Meter lange Papyrus-, Leder- oder Pergamentrollen gebräuchliche Form des Buches in bibl. Zeit meist zusammengeklebte Papyrusstücke i.a. nicht länger als 9-10 m Apg bzw. Lk würden eine Schriftrolle von 9,5 bzw. 9 m Länge füllen => in zwei Büchern herausgegeben Reihe von ca. 6-8 cm breiten Kolumnen bis ins 7.Jhd. n.chr. in Verwendung Gebrauch ziemlich unhandlich konnte beidseitig beschrieben werden (= Opistograph; selten verwendet) - vgl. Hes 2,10 Buchrolle auf der Vorder- und Rückseite beschrieben - Offb 5,1 ein Buch, innen und auf der Rückseite beschrieben wurden bis zum 7.Jhd. n. Chr. verwendet vgl. Rolle des Baruch Jer 36,2+4 Ps 40,8; Jes 34,4; Dan 9,2 Buchrolle(n) Lk 4,17 als er (Jesus) das Buch aufgerollt hatte Offb 6,14 ein Buch, das zusammengerollt war Schriftrollen wurden oft in Tonkrug aufbewahrt - vgl. Funde in Qumran - Jer 32,14 Tongefäß, im das der Kaufbrief gelegt wird - Codex Buch mit Seiten seit 2.Jhd. n. Chr. aus Pergament oder Papyrus aus in der Mitte gefalteten und zusammengehefteten Bögen Papyrus ältestes neutestamentliches Zeugnis: P 72 (ca. 120 n.chr.) stammt aus Codex Vorteile gegenüber Schriftrolle: + billig, materialsparend, leicht zu transportieren, handlich, bei Verfolgung leicht zu verstecken + alle vier Evangelien oder alle Paulus-Briefe in einem Buch + leichteres Heranziehen von Belegstellen + beidseitig beschreibbar geringere Herstellungskosten - Buchdruck 1453-1455 Vulgata von Gutenberg gedruckt + Vulgata = lateinische Übersetzung von Hieronymus (386-405 n.chr.) + war erstes gedrucktes Buch überhaupt Anmerkung zum Alter der Schreibkunst: Älteste (Bilder-) Schriften kann man bis vor 3000 v.chr. zurückverfolgen (in Mesopotamien), das erste Alphabet bis ca. 1750 v.chr. Es waren v.a. politische Texte (Siegesberichte etc.), Wirtschaftstexte (Handel) und religiöse Texte, die man schriftlich festhielt und die erhalten sind. Meines Erachtens konnten bereits die ersten Menschen, Adam und Eva, schreiben. Adam hat wahrscheinlich den Abschnitt 1Mo 2,4-5,1 verfasst. Das, was er schrieb, wird zudem in 1Mo 5,1 als Buch bezeichnet.

MBS Die Bibel AT und NT Seite 13 4 Wie kam Gottes Wort zu uns heute? Von Mose bis ins Jahr 2005. Im folgenden wollen wir eine lange Reise unternehmen. Wir wollen den ganzen Prozess verfolgen, wie Gott sich dem Menschen mitzuteilen beginnt, wie er dem Menschen den Auftrag gibt, das Offenbarte und mit Gott Erlebte aufzuschreiben und Menschen biblische Bücher aufschreiben. Aber damit nicht genug Gottes Handeln geht weiter, denn er will sich auch uns heute noch mitteilen. Entsprechend gilt es den Prozess der Überlieferung wie der Übersetzung der Bibel mit zu verfolgen. 4.1 Entstehung AT - Zeitrahmen vor 2166 v.chr.: Sintflut etc. Toledot der Gen (s.u.) 2166 1991 v.chr. Abraham Toledot der Gen; Hi 1876 1446 v.chr. Aufenthalt in Ägypten evt. Josefsgeschichte 1446 v.chr. Auszug aus Ägypten (Exodus) 1445 1406 Wüstenwanderung Thora (Dt 1406); Ps 90 1406 1399 Landnahme unter Josua Teile von Jos ca. 1350 1051 Richterzeit evt. Teile von Ri 1051 1011 Saul 1011 971 David viele Psalmen 971 931 Salomo Spr, Hhld, Pred 931 722 geteiltes Königreich 722 Ende des Nordreiches Israel 722 586 Königreich Juda Jes, Jer etc. 586 538 babylonisches Exil evt. Sam; Kön; Hes; Dan... 538 400 nachexilische Zeit Hag, Sach, Mal; Esra, Neh, Esther - Anlass, das AT zu beginnen: Auszug aus Ägypten Das Volk ist in Ägypten zu einer Nation geworden und stellt auf der Wüstenwanderung die Frage Wer sind wir?. Der Pentateuch beantwortet entsprechend folgende Fragen: + Was ist unser Ursprung? Buch Gen + Wie kam es zum Auszug? 1. Teil Ex + Teile Num + Wie sieht unser Verhältnis zu Gott aus? 2. Teil Ex + Lev + Teile Num + Wie werden wir im Land leben? Dt Pentateuch = von Mose geschrieben (s.u. den Exkurs) Buch Gen als Sonderfall + hat Mose nicht miterlebt + evt. sammelte Mose bereits vorhandene Texte der Erzväter Theorie von Wiseman 8 1960 11 Toledot in Gen zu finden + 2,4; 5,1; 6,9; 10,1; 11,10; 11,27; 25,12; 25,19; 36,1; 36,9; 37,2 + toledot geben die Hauptabschnitte des Buches an 8 P.J. Wiseman, Die Entstehung der Genesis, Das erste Buch der Bibel im Licht der archäologischen Forschung, R. Brockhaus: Wuppertal 1971 3

MBS Die Bibel AT und NT Seite 14 Unterschrift schließen jeweils eine Tafel einer Familienchronik ab + zum ersten Mal in 2,4a Dies ist die Entstehungsgeschichte des Himmels und der Erde = Abschluss des Berichtes + beste Übersetzung von hebräisch toledot = das ist, was aus... wurde diese Urtexte wären dann ca. aus den Jahren 2500-1500 v.chr. + ein besonderes Stück ist 1Mo 1,1-2,4 - hier dürfte Gott selbst der Verfasser sein! + Josefsgeschichte Gen 37-50 kein toledot keine entsprechende Unterschrift in Ägypten entstanden Ex Dt + von Mose selbst ca. 1447-1407 v.chr. (evt. benutzte er Schreiber) + Schreibe dir diese Worte auf; denn aufgrund dieser Worte habe ich mit dir einen Bund geschlossen. (Ex 34,27) + Mose schrieb die Wörter des Gesetzes vollständig in ein Buch (Dt 31,24) + Dt = Art Vermächtnis des Mose kurz vor seinem Tod Abschiedsreden etc. + weitere Stellen s.u. Exkurs - Übrige Bücher Hiob: könnte aus der Patriarchenzeit (2166-1876) stammen Vordere Propheten Jos, Ri, Sam, Kön + Thema: Wie wird das Dt befolgt? zgl. Massstab, um das Geschehen einzuschätzen + Buch Josua: Josua ergänzte das Buch des Gesetzes Gottes (Jos 24,26) entweder schrieb er selbst das nach ihm benannte Buch Josua, oder Teile davon und der Rest entstand in der Richterzeit Thema: Landnahme Gott erfüllt seine Verheißung + Zur Zeit Salomos (965 v.chr.): zusätzlich Richter, Ruth, Samuel + Königsbücher um 550 fertiggestellt (letztes berichtetes Ereignis 562 v.chr. Begnadigung Jojachins 2Kön 25,27-30), aber wohl auf ältere Quellen zurückgehend Zeit Davids und Salomos: viele Ps, viele Spr, Pred, Hhld + Anlass: Erlebnisse mit Gott, Anbetung, Lobpreis, Klage usw. + Psalmen wohl schon früh zu Sammlungen zusammengefügt vgl. die fünf Bücher der Psalmen vgl. Ps 72,20 Ende der Gebete Davids, des Sohnes Isais, obwohl im heutigen Psalmenbuch durchaus noch Psalmen Davids stehen spätere Propheten Jes, Jer, Hes, Kleine Propheten + entstanden zu der Zeit oder bald danach, von der sie berichten + Verfasser entweder der Prophet selbst oder einer seiner Schüler + Anlass: Wirken + Botschaft des jeweiligen Propheten + Botschaft oft: Ihr seid Gott untreu und haltet nicht das Gesetz des Mose + Bsp.: Baruch und Jeremia Schriften + Psalmen Sammlung wohl in oder nach dem Exil zusammengestellt + Esra, Neh, Esther bald nach den Ereignissen + Chr: anhand alter Berichte und Kön die Geschichte des Königtums aus neuem Blickwinkel Königtum hat auch etwas Gutes mit Maleachi (ca. 435 v.chr.) ist das hebräische AT abgeschlossen

MBS Die Bibel AT und NT Seite 15 4.2 Entstehung NT - Zeitrahmen zwischen ca. 45 und 95 n.chr. oder zwischen ca. 45 und 68 n.chr. Oft wird in bibeltreuen Kreisen das Ende des NT auf 95 n.chr. angesetzt (Schriften des Johannes); wahrscheinlicher ist für mich aber, dass die letzten Schriften des NT in der Verfolgung unter Nero (65-68) entstanden sind und das NT vor der Zerstörung Jerusalems (70 n.chr.) abgeschlossen war. Auf alle Fälle ist der Zeitraum, in dem das NT entstand, ungleich kürzer als der des AT (ca. 50 Jahre im Vergleich zu rund 1000 Jahren). - Autoren: besondere Männer Gottes in Jerusalem bzw. Palästina (Jakobus, Matthäus), Kleinasien (Paulus, Johannes), SO-Europa (Paulus), Rom (Petrus, Paulus, Markus) - Adressaten: Gemeinden (Christen in Rom), Einzelpersonen (Timotheus) oder größerer Leserkreis (Evangelien) - Ablauf: Entstehung der Einzelschriften ca. 45 n.chr. - ca. 95 n.chr. Sammlung der 4 Evang. + Apg "Das Evangelium" Sammlung der Paulusbriefe "Der Apostel" sonstige Schriften (Jak etc.) Gesamt-NT in einem Buch im 2.Jhd. etwas vereinfacht: Gesamt-NT in einem Buch im 2.Jhd. bzgl. Großteil der Bücher war Einigkeit, manche waren noch umstritten (s.u.) Sammlung durch Einzelpersonen (z.b. Petrus - 2 Petr 3,15+16), Gemeinden, Kirchenväter - Entstehung der einzelnen Schriften Evangelien + Allen drei synoptischen Evangelien (Mt, Mk, Lk) liegt eine gemeinsame Überlieferung ( synoptische Tradition ) zugrunde

MBS Die Bibel AT und NT Seite 16 + Mt: entstand, bevor Matthäus Israel verließ, um in andere Missionsgebiete zu ziehen Art Vermächtnis entsprechend von einem Juden für Juden geschrieben + prägt Themenwahl Jesus als messianischer König + prägt Darstellung z.b. Aramaismen oder jüdische Bräuche nicht erklärt zuerst in Aramäisch (ca. 40 n.chr.) in Israel, später Übersetzung ins Griechische + Mk auf Wunsch der Christen in Rom Markus schrieb die Predigten des Petrus auf (unter Berücksichtigung der synoptischen Tradition ) Niedrigkeit Jesu betont ca. 60 n.chr. in Rom + Lk für einen bestimmten Empfänger: den hochverehrten Theophilus (Lk 1,3), wohl ein hochgestellter Römer Lukas stammte aus Syrien entsprechend eine Darstellung eher für Römer und Syrer als für Juden Jesus als Mensch betont ca. 59 entstanden, evt. in Cäsarea + Joh nicht nach der synoptischen Tradition, sondern über 80 % eigenes Material evt. als eine Art geistliche Ergänzung zu Mt, Mk und Lk gedacht Zielsetzung klar genannt (gilt auch für die anderen Evangelien): Diese [Zeichen, die Jesus tat] aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen. (Joh 20,31) entweder Ende der 60er oder um 95 n.chr. entstanden Apg: + 2. Band zu Lk, ca. 62 in Rom entstanden + Inhalt: Ausbreitung des Evangeliums bis an die Enden der Erde (Apg 1,8) Briefe + jeweils aus bestimmten aktuellen Anlass in eine bestimmte Situation hinein geschrieben Paulusbriefe zwischen ca. 49 und 67 geschrieben Petrusbriefe: 60er Jahre Johannesbriefe: 60er oder 90er Jahre Hebr vor 70 Jak ca. 45/50 + Röm: mehr allgemein-lehrhaft Paulus kennt die Gemeinde nicht persönlich große Themen: vor Gott gerecht werden und leben; Israel + 1Thess+2Thess: Paulus hatte nur kurz in der Stadt bleiben können und regelt das, was noch zu regeln und zu erklären war + Gal: Evangelium bedroht einige versuchen, durch das Gesetz gerecht zu werden + Eph, Kol: Gemeinde als Leib Christi + Pastoralbriefe (1Tim 2Tim Tit): Paulus unterrichtet seine engsten Mitarbeiter darüber, wie sie sich verhalten sollen, und stärkt sie + 1Petr: der Gläubige im Leiden + 2Petr + Jud: Verfolgung unter Nero

MBS Die Bibel AT und NT Seite 17 + Hebr vor der Zerstörung des Tempels geschrieben Problem für die ersten Christen: Der Tempel steht noch, es wird weiterhin geopfert wie verträgt sich dies mit dem Opfer Jesu und mit dem Tempel des Heiligen Geistes? Offb + entweder 68 während der Verfolgung durch Nero oder 94 während der Verfolgung durch Domitian + Anlass: der Antichrist ist da, die Gemeinde erlebt konkrete Verfolgung 4.3 Überlieferung der Bibel 4.3.1 Kanonbildung - Begriff Kanon ursprüngliche Wortbedeutung: Schilfrohr ; Messstab Maßstab, was zur Bibel gehört kanonisch =,,zur Bibel gehörend Kanon =,,Liste von Büchern, die göttliche Autorität besitzen a) Wie entstand der Kanon des AT? - Kriterien, warum ein Buch zum AT gehört Besitzt das Buch göttliche Autorität? Wirkt es als Gottes Wort im Leben der Menschen? Hat es geistliche Kraft (Hebr 4,12; 2 Tim 3,15-17)? Ist der Verfasser ein Prophet, d.h. ein Mann mit spezieller Berufung und Begabung? Ist es historisch und dogmatisch genau? Ist es im Einklang mit der Thora? Wie wurde es von den ursprünglichen Empfängern aufgenommen? (Lässt sich beim AT nur in soweit feststellen, als die Juden diese 39 Bücher als Wort Gottes erkannt und zu ihrer heiligen Schrift gemacht haben.) - Kanon des AT kam zuerst durch die Juden! Spätestens um 200 v.chr. dürfte der Kanon des AT abgeschlossen gewesen sein, d.h. es galten die gleichen Bücher des AT als kanonisch wie heute. Es ist aber auch gut möglich, ja für manche Forscher wahrscheinlich, dass der Kanon bald nach 400 schließt (dieser Meinung schließe ich mich an). + Zuerst wurde die Thora bzw. der Pentateuch als Wort Gottes anerkannt. Dies geschah wahrscheinlich direkt nach seiner Abfassung durch Mose (s.o.), da er ab Jos als Wort Gottes gehalten wird. + Der Abschluss des zweiten Teils ( Propheten ), ist bzgl. der Vorderen Propheten (Jos bis 2Kön) bald nach Ende von 2Kön wahrscheinlich. Das letzte Ereignis, das geschildert wird, ist die Begnadigung Jojachins (2Kön 25,27-30) im Jahr 562 v.chr., d.h. dieser Teil der Propheten könnte ca. 550 v.chr. abgeschlossen sein. Die späteren Propheten (Jes-Mal) sind als Gesamtbuch ca. ab 400 v.chr. kanonisch. + Die Schriften wurden in ihrer heutigen Zusammenstellung ca. zwischen 550 und 200 v.chr. zusammengestellt und ab ca. 200 kanonisch (oder spätestens ab ca. 160 v.chr. unter den Makkabäern).

MBS Die Bibel AT und NT Seite 18 frühes Zeugnis: Vorwort zu Jesus Sirach (apokryphes Buch; um 175 v.chr.) + Gesetz, Propheten, übrige Schriftsteller + außerdem wird in Jesus Sirach Kap. 44-49 auf fast alle alttestamentlichen Bücher Bezug genommen. + Josephus (jüdischer Schriftsteller 2.Hälfte 1.Jhd.n.Chr.) bestätigt Dreiteilung und Umfang - Bestätigungen des alttestamentlichen Kanons: Das NT zitiert fast alle alttestamentlichen Bücher, aber keine alttestamentlichen A- pokryphen. Jesus + erkannte den damals bestehenden Kanon des hebräischen AT an vgl. Lk 24,44: Gesetz des Mose und Propheten und Psalmen gleiche Dreiteilung, wie im Judentum üblich + führte keine Diskussionen darüber Die christliche Kirche übernahm den hebräischen Kanon des AT, weil sie erkannte, dass dies Gottes Wort ist (s.u.). - Manche alttestamentlichen Bücher waren einige Zeit umstritten, wurden aber dann doch aufgenommen bzw. bestätigt: Buch Esther: Name Gottes kommt nicht vor Prediger: sei zu pessimistisch Hohes Lied: sei zu sinnlich Sprüche: (angebliche) Widersprüche Hes: (angeblicher) Widerspruch zu Mose - Die Apokryphen des AT finden sich nicht in der hebräischen Bibel, sondern in der Septuaginta aber: Auch in der Septuaginta nicht einheitlicher Umfang, d.h. die einzelnen alten Ausgaben unterscheiden sich darin, welche alttestamentlichen Apokryphen sie haben und welche nicht. Es gibt keine Liste, welche Apokryphen von der Septuaginta als Heilige Schrift angesehen wurden, ja es kann sein, dass sie niemals einheitlich in der frühen Kirche anerkannt waren. Hauptargument gegen Aufnahme der Apokryphen in den Kanon: Sie werden im NT nicht zitiert, wohl aber nahezu alle Bücher der hebräischen Bibel. Ferner wurden sie von den Juden, die die Erstempfänger dieses Bibelteiles sind, nicht als Wort Gottes anerkannt. gehören heute zur katholischen Bibel (definitiv seit 16.Jhd.), d.h. die katholische Bibel ist umfangreicher als die protestantische 9 nach Luther sind die (alttestamentlichen) Apokryphen der Heiligen Schrift nicht gleich gehalten, aber doch nützlich und gut zu lesen 9 Was seinen Grund sicher nicht zuletzt damit hat, dass die römisch-katholische Kirche manche ihrer Lehren wie die Messe für Tote auf apokryphe Schriften des AT begründet.

MBS Die Bibel AT und NT Seite 19 b) Kanon des NT - bei AT einfachere Frage dort haben wir das NT und v.a. Jesus selbst als Anhaltspunkt - Warum war das Erstellen eines Kanons notwendig? Als Orientierung für Christen, so dass alle die gleiche Basis hatten. z.b. Ausschluss apokrypher Evangelien Um Irrlehren vorzubeugen, die sich nur auf Teile der Bibel oder auf Außerbiblisches beriefen. + v.a. Marcion im 2.Jhd., der nur Lk + Paulusbriefe gelten ließ (nachdem er sie von allem Jüdischen bzw. Alttestamentlichem gereinigt hatte) + aber auch gegen Gnosis, die sich auf mündliche (Geheim-)Tradition berief Um hochgeschätzte, aber anfechtbare kirchliche Bücher (z.b. Bücher, die historische Fehler enthielten) vom unfehlbaren Wort Gottes zu unterscheiden. Um bei Christenverfolgungen klarzustellen, welche Bücher unbedingt zu schützen waren. - Neutestamentliches Selbstzeugnis bzgl. Kanon Evangelien + Es gab schon mehrere Berichte über Jesus, als Lukas sein Evangelium schrieb (Lk 1,1+2) + Es gab eine Überlieferung an Worten Jesu, die nicht in unseren Evangelien stehen (1 Thess 4,15; Apg 20,35 - andere Möglichkeit: direkte Offenbarung an Paulus) + 1 Tim 5,18 = wörtlich wie Lk 10,7 Paulus zitiert Lk-Evangelium und stellt es gleichwertig neben eine AT-Stelle, da Beide zusammen zitiert werden als Schrift + Nicht alles ist kanonisch, was es über Jesus zu berichten gab (Joh 20,30f; 21,25) + Aus dem NT lässt sich bzgl. Unserer heutigen Evangelien keine Aussage über die Kanonfrage machen. Paulusbriefe + Sie sollten allen vorgelesen werden, sollten also Verbreitung finden (1 Thess 5,27; 1Tim 5,27; Kol 4,16) + nicht jeder Paulusbrief ist kanonisch! Kol 4,16 Brief an Laodizäa zwei weitere Korintherbriefe, die nicht kanonisch sind + 1 Kor 5,9 ein Brief vor dem 1Kor + 2Kor 2,3+4 sog. Tränenbrief nicht gleich 1Kor + Paulus rechnete mit gefälschten Briefen, d.h. dass jemand anderes unter seinem Namen schreiben könnte (2Thess 2,2) Petrus kennt mehrere Paulusbriefe und stellt diese den übrigen Schriften (wohl dem AT und evt. den Evangelien) gleich (2 Petr 3,15+16): Und seht in der Langmut unseres Herrn die Rettung, wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat, wie auch in allen Briefen, wenn er in ihnen von diesen Dingen redet. In diesen Briefen ist einiges schwer zu verstehen, was die Unwissenden und Ungefestigten verdrehen wie auch die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben. + Paulusbriefe somit neben AT gesetzt als Heilige Schrift Offb 22,18+19 bezieht sich zwar in erster Linie auf das Buch der Offenbarung, steht aber sicherlich nicht zufällig am Ende der Bibel (vgl. auch 5Mo 4,2): Ich bezeuge jedem, der die Worte der Weissagung dieses Buches hört: Wenn jemand zu diesen Dingen hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen hinzufügen, die in diesem Buch ge-

MBS Die Bibel AT und NT Seite 20 schrieben sind; und wenn jemand von den Worten des Buches dieser Weissagung wegnimmt, so wird Gott seinen Teil wegnehmen von dem Baum des Lebens und aus der heiligen Stadt, von denen in diesem Buch geschrieben ist. - Bestätigungen des neutestamentlichen Kanons Zitate von Kirchenvätern Aufnahme der einzelnen Bücher in den Gemeinden - Kriterien, warum ein Buch zur Bibel gehört (gilt für AT und NT) Besitzt das Buch göttliche Autorität? Wirkt es als Gottes Wort im Leben der Menschen? Hat es geistliche Kraft (Hebr 4,12; 2 Tim 3,15-17; vgl. Joh 7,17)? Ist der Verfasser ein Prophet, d.h. ein Mann mit spezieller Berufung und Begabung (so bzgl. AT)? Ist er ein Apostel oder wird das Buch von einem Apostel bestätigt (so NT vgl. auch Lk 10,16 wer euch hört, hört mich )? Ist es historisch und dogmatisch genau? Deshalb zählt das eine oder andere a- pokryphe alttestamentliche Buch nicht zum Kanon. Wie wurde es von den ursprünglichen Empfängern aufgenommen? - wichtig: Der Kanon des AT wie des NT kam dadurch zustande, dass Gott den Vorgang lenkte, welche Bücher in die Bibel aufgenommen wurden und welche nicht. Man kann nicht beweisen, dass diese Bücher zur Bibel gehören, aber man kann dies im Glauben annehmen und erfahren, welche Kraft diese Bücher haben. Merke: Niemals wurde bestimmt oder festgelegt, welche Bücher zur Bibel gehören, sondern die biblischen Bücher bewiesen zuerst ihre göttliche Kraft und Autorität im alltäglichen Leben der Christen, woran man erkannte, dass sie göttlichen Ursprungs waren, und dann bestätigte man, dass sie zur Bibel gehören. - Überblick: Wie kam ein Buch in die Bibel? Erweiß des göttlichen Ursprungs durch Erfüllung der notwendigen Kriterien (s.o.) Mehrere Christen erkennen das Buch aus ihrer Erfahrung als zur Bibel gehörig an Das Buch wird als zur Bibel gehörend bestätigt - Manche neutestamentlichen Bücher waren einige Zeit umstritten, wurden aber dann doch aufgenommen bzw. bestätigt: Hebr: Anonymität des Verfassers 2.+3.Joh: zu anonym 2.Petr: stilistische Unterschiede zu 1.Petr Judas: Hinweise auf apokryphe bzw. pseudepigraphe Werke Jak: scheinbarer Widerspruch zur Lehre des Paulus; Verfasserfrage - Bestätigung des neutestamentlichen Kanons durch die Kirche um 400 erstes Zeugnis für den kompletten Kanon des NT durch Athanasius (367) Synode von Hippo (397) bestätigt den Kanon des NT (d.h. die 27 Schriften des NT hatten im Leben der Christen und Gemeinden gezeigt, dass sie Gottes Wort sind, nun wurde dies offiziell für alle verbindlich festgehalten)

MBS Die Bibel AT und NT Seite 21 4.3.2 Wie kam das AT in seiner heutigen Form zu uns? - Überlieferung bis 1450 n.chr., d.h. ca. 3000 Jahre lang, handschriftliche Überlieferung (Vulgata, lateinische Übersetzung von Hieronymus, war erstes gedrucktes Buch) seit babylonischem Exil: Weitergabe des Textes durch Schriftgelehrte Samaritanischer Pentateuch: Das (Misch-)Volk in Samaria nahm für sich nur die fünf Bücher Mose als Bibel und überlieferte diese 5 Bücher allein für sich. Septuaginta = frühe Übersetzung des hebräischen AT ins Griechische (2.Jhd. v.chr.) = die Bibel Jesu und der ersten Christen! zwischen 500 und 1000 n.chr.: Die sog. Masoreten (= jüdische Gelehrte im Mittelalter) versehen den Text mit Vokalen, Betonungszeichen und Anmerkungen. Dieser sogenannte Masoretische Text ist der heute verwendete hebräische Text, auf den unsere Bibelübersetzungen basieren. Qumranfunde 1947: + Man fand Teile des AT aus der Zeit zwischen 400 v.chr. und 68 n.chr. + Das sind (mit wenigen Ausnahmen) die mit Abstand ältesten erhaltenen AT- Schriften. Das meiste sind Fragmente, aber auch eine vollständige Rolle des Buches Jesaja ist dabei.

MBS Die Bibel AT und NT Seite 22 Schaubild: So kam das AT zu uns Samaritanischer Pentateuch (1.-5.Mose) 2.Jhd. v.chr. ca. 400 v.chr. Septuaginta: Übersetzung ins Griechische --------------------------------- heute noch erhalten: - Fragmente 2.Jhd. v.chr. - komplett aus 4.Jhd. n.chr. (Codex Vaticanus, Codex Sinaiticus) Schreiben und Zusammenstellen 1.Mose - Maleachi Studieren und Kopieren des hebr. Textes ohne Vokale Lesezeichen und Vokale einfügen durch Masoreten 500 n.chr. - 1000 n.chr. 1447 v.chr. - ca. 435 v.chr. vor 68 n.chr. Qumranrollen ------------------------------------ heute noch erhalten: - Jesaja A 2.Jhd.v.Chr. - Fragment Sam 4.Jhd. v.chr. Masoretischer Text ----------------------------------------- heute noch erhalten: - Leningrad-Codex (1008 n.chr.) - Kairo-Codex (895 n.chr.) Vergleich der Texte nach 1500 bzw. 1100 Jahren getrennter Überlieferung Fund von Qumran 1947 hebr. Text des AT vor 1947 Vergleich und Revision heutiger hebr. Text des AT

MBS Die Bibel AT und NT Seite 23 - Wieso können wir sicher sein, dass unser heutiger Text mit dem ursprünglichen fast identisch ist? Ursprüngliche Schriften nicht erhalten, da beim Kopieren die Abschrift für wertvoller geachtet wurde als das Original; außerdem wurde in Israel eher Papyrus verwendet als Ton oder Stein, Papyrus hält sich aber nicht so lange. äußerst genaues Kopieren des Textes durch Schriftgelehrte unter Einhaltung genauester Regeln => so wenig wie möglich Abschreibfehler + Nur Häute von kultisch reinen Tieren + Länge eines Abschnitts: 48-60 Zeilen Breite eines Abschnitts: 30 Buchstaben + Das ganze Manuskript war zuerst zu linieren; wurden 3 Worte ohne Linie geschrieben, war die ganze Arbeit wertlos + Nur schwarze Tinte durfte verwendet werden + Vorlage musste authentisches Manuskript sein + kein Wort oder Buchstabe durfte auswendig, d.h. ohne unmittelbar vorher auf die Vorlage gesehen zu haben, geschrieben werden + Abstand zweier Buchstaben: Lücke so breit wie ein Haar + Abstand zweier Paragraphen: 9 Buchstaben + Freiraum zwischen zwei Büchern: 3 Zeilen + Kopierer musste Jude sein, in jüdisches Gewand gekleidet und ganz gewaschen + Wurde der Name Gottes geschrieben, durfte weder die Feder unmittelbar vorher in die Tinte getaucht worden sein, noch durfte der Schreiber das Schreiben dieses Namens unterbrechen, selbst wenn der König persönlich hereinkommen würde. sehr sorgsamer Umgang mit dem Bibeltext durch Masoreten (= jüdische Gelehrte des Mittelalters): + Redaktion und Standardisierung des Textes + Versehen des Textes mit Selbstlauten (Vokalen) + Randbemerkungen (z.b. Anzahl der Buchstaben und Worte der Bibel; Lesezeichen zur Art des Vortrages des Textes) Übereinstimmung zwischen Masoretentext und Septuaginta (weitgehend) bzw. Samaritanischem Pentateuch (in groben Zügen) Bestätigung des Masoretentextes durch die Funde von Qumran für mich das Hauptargument: Es handelt sich um Gottes Wort - Gott hat darüber gewacht, dass wir genau den Text in Händen haben, den er uns zukommen lassen will und durch den er zu uns reden will! 4.3.3 Verbreitung des NT - zuerst Abschrift einzelner Bücher von Einzelpersonen zu persönlichem Gebrauch oder für bestimmte Gemeinde - wachsende Zahl der Gemeinden gesteigerte Nachfrage Schreiben von Hand => immer nur eine Ausgabe ab 4.Jhd. gewerbsmäßige Buchherstellung, kaufmännische Schreibstuben Scriptorien in Scriptorien meist Überarbeitung durch Korrektor nötig, da Akkordarbeit! schnelle Ausbreitung => Eile => Ungenauigkeiten - zur Überprüfung: Maß von 16 (15) Silben für eine Zeile (= stichos) => stichometrische Zählung als grobe Überprüfung

MBS Die Bibel AT und NT Seite 24 - Gefahr für NT: große Christenverfolgungen Nero + Domitian im 1.Jh. 303 Diokletian will alle Christen + Bibel vernichten 325 Konstantin: Bibel = unfehlbare Autorität, 50 Kopien auf Staatskosten - Byzantinische Zeit: Verbreitung durch Mönche 4 Phasen des Abschreibens: 1. halblaut lesen 2. merken 3. sich diktieren 4. schreiben neben psychologisch bedingten Fehlern auch physiologische ermüdende Arbeit, stehend oder sitzend mit Kodex auf den Knien Anmerkungen der Schreiber (= Kolophone) über Schreibvorgang (z.b. Ende des Buches Gott sei Dank!), Name des Abschreibers, Ort, Datum, Segen, Gebet, Fluch, Beschwörung an zukünftige Abschreiber Größe der Buchstaben und Schrift sehr gleichmäßig wegen strenger Regeln, mit Strafen verbunden (z.b. Brot und Wasser als Nahrung für einen Abschreiber, welcher sich neben dem Abschreiben zu sehr für den Inhalt des Geschriebenen interessierte; bei Fehlern Kirchenbuße) - Buchdruck: 1452-1455 Gutenberg druckt als erstes Buch die lateinische Vulgata 4.4 Heutige Form des NT und Textkritik - bis 1600: Älteste Quellen stammten aus dem 11.Jhd. (außer Codex Bezae - 5.Jhd.); Lutherübersetzung u.a. stützten sich auf Vulgata und auf relativ junge Textzeugen - 1627 Codex Alexandrinus aus dem 5.Jhd. - Konstantin Tischendorf (1815-1874) 1841 Codex Ephraemi (aus 5.Jh.) sichtbar gemacht 1859 Codex Sinaiticus (Mitte 4.Jh.) aufgefunden 1866 Codex Vaticanus (ca. 325-350) eingesehen - um 1880 große Textrevision durch Tischendorfs Arbeit notwendig geworden jetzt: möglichst alte Handschriften heranziehen, um möglichst ursprünglichen Text zu erhalten - Funde von sehr alten Bibel-Papyri 1930 Chester Beatty Papyri (1.Hälfte 3.Jhd.) John Rylands Papyrus (100-150; Stück aus Joh 18) = ältestes erhaltenes NT-Fragment 10 1956 Bodmer-Papyri (ca. 200) 10 Manche sehen auch ein Fragment als noch älter an, das in Qumran gefunden wurde, somit vor 68 n.chr. geschrieben worden wäre, dies ist aber umstritten (vgl. zur Diskussion C.P. Thiede, Die älteste Evangelien-Handschrift?, TVG, R. Brockhaus: Wuppertal 1992 3 )

MBS Die Bibel AT und NT Seite 25 - Vergleich mit anderen antiken Werken 11 : Autor geschrieben früheste Abschrift Zeitspanne Anzahl der Abschriften Cäsar Gallischer 58-50 v.chr. 900 n.chr. 950 Jahre 10 Krieg Plato Tetralogien 427-347 v.chr. 900 n.chr. 1250 Jahre 7 Plinius d.j. 61-113 n.chr. 850 n.chr. 750 Jahre 7 Sophokles 496-406 v.chr. 1000 n.chr. 1400 Jahre 100 NT 45-95 n.chr. 325 n.chr. < 280 Jahre 5000 Hinzu kommt, dass antike Werke oft überhaupt nicht mehr oder nur zum Teil erhalten sind (z.b. von 142 Büchern der Römischen Geschichte von Livius [55 v.chr. - 17 n.chr.] sind nur 35 erhalten). Vieles ist auch überhaupt nicht mehr oder nur bruchstückhaft erhalten. - Somit haben wir alte Quellen für das NT, die bis fast auf die Originalschriften zurückgehen (John Rylands Papyrus ca. 100-150 geschrieben, das Johannesevangelium ca. 95), größere Stücke des NT aus der Zeit um 200 und ganze bzw. fast ganz erhaltene Bibeln aus dem 4. Jh. Insgesamt werden ca. 5000 alte griechische Handschriften herangezogen, um den ursprünglichen griechischen Text des NT möglichst genau zu rekonstruieren - Wie kommt der heutige griechische Text des NT zustande? Codices - Ephraemi (5.Jhd.) - Sinaiticus (Mitte 4.Jhd) - Vaticanus (325) Bibel-Papyri - Chester-Beatty (1.Hälfte 3.Jhd.) - Rylands (100-150) - Bodmer (ca.200) Frühe Übersetzungen - Altsyrisch (ca. 200) - Altlateinisch (400) - ca. 8000 Texte viele weitere alte griechische Handschriften (ca. 5000) TEXTKRITIK Anmerkungen und Bibelzitate von Kirchenvätern - älter als älteste Codices - ca. 30.000-40.000 Zitate HEUTIGER GRIECHISCHER DES NEUEN TESTAMENTES Moderne Übersetzungen 11 Zahlen nach J. McDowell, Bibel im Test, Hänssler: Neuhausen-Stuttgart 1989 2, S. 83f

MBS Die Bibel AT und NT Seite 26 Was versteht man unter,,textkritik? - Definition: Untersuchung der verschiedenen Handschriftenvarianten, um den möglichst originalgetreuen Text zu erhalten - Richtlinien zur Bestimmung des richtigen Textes: eher die ältere als die jüngere Lesart Mk 11,25+26 25 Und wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemand habt, damit auch euer Vater, der in den Himmeln ist, euch eure Übertretungen vergebe. 26 Wenn ihr aber nicht vergebt, so wird euer Vater, der in den Himmeln ist, auch eure Übertretungen nicht vergeben. V 26 erst seit dem 5.Jh. bezeugt, stammt wahrscheinlich aus der synoptischen Parallele Mt 6,15 eher die schwierigere als die einfachere Lesart Mk 10, 25 Es ist leichter, dass ein Kamel durch das Öhr der Nadel geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt. statt Kamel (ka/mhlon) haben einige Handschriften die leichtere Lesart Ankertau (ka/milon) - ein Ankertau geht zwar auch nicht gut durch ein Nadelöhr, aber immer noch leichter als ein Kamel! eher die kürzere als die längere Lesart eher die Lesart, die alle Varianten am besten erklärt eher die geographisch am meisten verbreitete Lesart eher die Lesart, die am besten mit dem Stil und Wortgebrauch des Verfassers übereinstimmt eher die Lesart, aus der kein dogmatisches Vorurteil des Kopierers hervorgeht Ri 18,30 Und die Söhne Dan richteten sich das Schnitzbild auf. Und Jonatan, der Sohn Gerschoms, des Sohnes des Mose, er und seine Söhne waren Priester für den Stamm der Daniter bis zum Tag der Wegführung der Bevölkerung des Landes. Einige Handschriften haben Manasse HVNM mnsh statt Mose HVM msh ; der Unterschied im Hebräischen ist nur ein Nun N, und es war für einige Abschreiber anscheinend anstößig, dass ein Enkel des Mose ein Götzendiener war.

MBS Die Bibel AT und NT Seite 27 - Wie zuverlässig ist unser heutiger Text? 12 Gesamtanzahl der Varianten 13 200.000 davon 95 % indiskutable Varianten 14 190.000 Diskutable Varianten 10.000 davon 95 % unbedeutend 15 9.500 Verbleibende Varianten 16 500 davon von größerer Bedeutung 50 Von den Wörtern des NT sind - 99 % richtig überliefert - 0,9 % mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bestimmen - 0,1 % nicht eindeutig, sondern wirkliche Varianten => Wir können sicher sein, dass wir, von unbedeutenden Kleinigkeiten abgesehen, den gleichen Text in Händen haben, den die Bibelautoren niederschrieben. => Keine einzige fundamentale Aussage basiert auf einer zweifelhaften Variante, und keine einzige neue Variante hat jemals zur Revision eines bestimmten Lehrinhalts geführt. Im Vergleich: Überlieferung dreier heiliger Bücher 17 Handschriften Zeilen fraglich Textentstellung Homer Ilias 643 15.600 764 Zeilen 5 % (um 700 v.chr.) Mahabharata? ca. 250.000 26.000 Zeilen > 10 % (nationales Epos Indiens) NT 5000 20.000 40 Zeilen 18 0,5 % Hinter dem NT hat die Ilias mehr Handschriften vorliegen als jedes andere antike Buch. Beide wurden als heilig gehalten, und beide wurden der Textänderung und der Textkritik ihrer griechischen Manuskripte unterzogen. 12 13 14 15 16 17 18 Zahlenangaben, Berechnungen nach J. Glashouwer, So entstand die Bibel, a.a.o., S. 95f; die Größenordnung stimmt mit Sicherheit; andere Berechnungsarten sind möglich (s.u.) Eine Variante liegt dann vor, wenn in einer Handschrift von Bedeutung ein Wort anders geschrieben ist als in den anderen. Steht im Text er kam, in 100 Handschriften dagegen er ist gekommen, so wären das 100 Varianten. indiskutable Varianten: Varianten, die niemand ernsthaft in Betracht zieht; Bsp.: Wenn in allen Handschriften steht, dass Stephanus gesteinigt worden ist, und nur eine Handschrift aus dem 9.Jh. würde sagen, er sei gekreuzigt worden, ist diese Handschrift an dieser Stelle ohne Bedeutung. unbedeutende Varianten: Ein Wort ist falsch buchstabiert, oder der Name eines kleinen Dorfes ist verschieden überliefert. verbleibende Varianten: Hier kann oft mit mehr oder weniger hoher Wahrscheinlichkeit angegeben werden, wie der ursprüngliche Text lauten muss, aber nicht mit letztendlicher Klarheit. Zahlen nach J. McDowell, Bibel im Test, a.a.o., S. 88+89 entspricht ca. 400 Wörtern

MBS Die Bibel AT und NT Seite 28 4.5 Übersetzung Gott redet in meiner Sprache 4.5.1 Übersetzungsgeschichte AT Das AT ist ursprünglich in Hebräisch (und wenige Teile in Aramäisch), das NT in Griechisch niedergeschrieben. Diese Sprachen wählte Gott aus, weil er sich dem Menschen so mitteilen möchte, dass dieser es verstehen kann. Gott wählte also bewusst den normalen Weg menschlicher Kommunikation, um sich uns verständlich zu machen, und nicht irgendeiner übernatürlichen Art und Weise 19. Die Bibel fiel nicht vom Himmel (wie z.b. die goldenen Platten der Mormonen) und ist auch nicht in einer feststehenden, unveränderlichen Sprache verfasst (wie der Koran). Das AT ist zum Großteil in Hebräisch, weil dies die Sprache ist, die in Israel gesprochen und verstanden wurde. Als diese Sprache sich im Laufe der Jahrhunderte veränderte, wurde das At entsprechend modernisiert, d.h. veraltete Rechtschreibung oder Wörter wurden durch solche ersetzt, die verstanden werden konnten 20. Nach dem babylonischen Exil, ca. um 400 v.chr., wurde die althebräische Schrift durch die gängige aramäische Quadratschrift ersetzt; auch finden sich in Dan und Esra aramäische Stücke, da das Aramäische begonnen hatte, das Hebräische abzulösen. Die erste Übersetzung bzw. Übertragung des AT war in Aramäisch, weil Hebräisch immer mehr zu einer (weitgehend) toten Sprache wurde; zur Zeit Jesu war Aramäisch normale Umgangssprache in Israel und damit höchstwahrscheinlich die Muttersprache Jesu. Das AT wurde zwar noch in Hebräisch überliefert, aber gleichzeitig in Aramäisch übertragen und übersetzt, damit Gottes Wort verständlich war. Schon gut 250 Jahre vor der Geburt Jesu gab es eine sehr große jüdische Kolonie in Ägypten, vornehmlich in Alexandria. Da dort Griechisch gesprochen wurde, war sowohl der Wunsch als auch die Notwendigkeit, dass die dortigen Juden das AT in Griechisch hatten. Entsprechend wurde die erste Übersetzung in eine nichtsemitische Sprache vorgenommen, ab ca. 250 v.chr. entstand die Septuaginta, die griechische Übersetzung des AT, die auch zur Zeit Jesu neben dem hebräischen AT als Gottes Wort angesehen wurde und in den ersten Jahrhunderten in den christlichen Bibeln Einzug hielt. Nach 100 n.chr. bis ins 15. Jh. konnte kaum ein Kirchenvater, christliche Theologe oder überhaupt ein Christ Hebräisch, sondern die Bibel wurde ganz selbstverständlich in Griechisch oder später Latein als Gottes Wort betrachtet 21. Neben diesen frühen Übersetzungen des AT wurde das AT in christlicher Zeit in die gleichen Sprachen übersetzt wie das NT. 19 20 21 Natürlich ist auch ein übernatürlicher Aspekt dabei siehe den folgenden Hauptpunkt Die Bibel ist Gottes Wort - Inspiration. Hinweise darauf findet man im hebräischen Text, der sowohl alte wie auch neuere Formen enthält (manchmal sogar im selben Vers), aber auch an Stellen wie Gen 28,19; Jos 18,13; Ri 1,23, wo der alte Ortsnamen Lus, der zur Zeit des Mose bzw. danach nicht mehr gebräuchlich war, durch Bethel ersetzt wurde. Als Hieronymus um 400 n.chr. die Bibel ins Lateinische übersetzte (die Vulgata des Hieronymus ist in überarbeiteter Form heute noch der autoritative, d.h. allein maßgebliche Bibeltext der römisch-katholischen Kirche), benutzte er den hebräischen Text des AT als Grundlage. Auch Origenes hatte im 3. Jh. am hebräischen Text gearbeitet. Fast alle Christen waren aber auf Übersetzungen angewiesen, so wie wir heute auch.