German Day 2016 List of Poems for Poetry Reading Poems for Level 1 Vergnügungen von Bertolt Brecht Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen Das wiedergefundene alte Buch Begeisterte Gesichter Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten Die Zeitung Der Hund Die Dialektik Duschen, Schwimmen Alte Musik Bequeme Schuhe Begreifen Neue Musik Schreiben, Pflanzen Reisen Singen Freundlich sein Was ich habe... von Thomas Brasch Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber wo ich bin will ich nicht bleiben, aber die ich liebe will ich nicht verlassen, aber die ich kenne will ich nicht mehr sehen, aber wo ich lebe will ich nicht sterben, aber wo ich sterbe, da will ich nicht hin bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin. Es war ein alter König von Heinrich Heine Es war ein alter König, Sein Herz war schwer, sein Haupt war grau; Der arme alte König, Er nahm eine junge Frau. Es war ein schöner Page, Blond war sein Haupt, leicht war sein Sinn; Er trug die seidne Schleppe Der jungen Königin.
Kennst du das alte Liedchen? Es klingt so süß, es klingt so trüb! Sie mußten beide sterben, Sie hatten sich viel zu lieb. Was es ist von Erich Fried Es ist Unsinn sagt die Vernunft Es ist was es ist sagt die Liebe Es ist Unglück sagt die Berechnung Es ist nichts als Schmerz sagt die Angst Es ist aussichtslos sagt die Einsicht Es ist was es ist sagt die Liebe Es ist lächerlich sagt der Stolz Es ist leichtsinnig sagt die Vorsicht Es ist unmöglich sagt die Erfahrung Es ist was es ist sagt die Liebe Wiegenlied von Clemens Brentano Singet leise, leise, leise, Singt ein flüsternd Wiegenlied, Von dem Monde lernt die Weise, Der so still am Himmel zieht. Singt ein Lied so süß gelinde Wie die Quellen auf den Kieseln, Wie die Blumen um die Linde Summen, murmelm, flüstern, rieseln.
Das aesthetische Wiesel von Christian Morgenstern Ein Wiesel saß auf einem Kiesel inmitten Bachgeriesel. Wißt ihr Weshalb? Das Mondkalb verriet es mir im Stillen: Das raffinierte Tier tat s um des Reimes willen Poems for Level 2 Es liegt der heiße Sommer von Heinrich Heine Es liegt der heiße Sommer Auf deinen Wängelein; Es liegt der Winter, der kalte, In deinem Herzchen klein. Das wird sich bei dir ändern, Du Vielgeliebte mein! Der Winter wird auf den Wangen, Der Sommer im Herzen sein. Alte Liebe von Friedrich Martin Bodenstedt Einst hielt ich Dich umwunden Mit jugendstarkem Arm: Die Jugend ist verschwunden, Doch schlägt mein Herz noch warm. In meinem Lebensringe Bist Du der Edelstein, Und Alles was ich singe, Sing ich nur Dir allein!
Integration von Şadi Üçüncü ich bin glücklich, wenn du mir Guten Tag oder Hallo sagst; ich bin froh, wenn du mir freundlich begegnest; ich freue mich, wenn du mich fragst: Wie geht es dir ; ich finde es gut, wenn du mit mir solidarisch und brüderlich bist; es ist sehr nett von dir, wenn du mir hilfst; es ist willkommen, wenn du mich besuchst ab und zu; dann fühle ich mich in dieser fremden Gesellschaft, in der Du und Ich nebeneinander, miteinander und füreinander leben, nicht mehr als Fremder, als Ausländer Essen ohne Dich von Joachim Ringelnatz Ich habe mich hungrig gefühlt, Doch fast nichts gegessen. War alles lecker, das Bier so schön gekühlt Aber: du hast nicht neben mir gegessen. Verzeihe: Ich stellte mir vor, Daß das ewig so bliebe, Wenn du vor mir Ach was geht über Liebe?!! Muß ich nun doch Ein paar Tage noch Fressen, ohne Lust; o das haß ich. Aber wenn du von der Reise
Heimkehrst, weiß ich, daß ich Wieder richtig speise. Wo? von Heinrich Heine Wo wird einst des Wandermüden Letzt Ruhestätte sein? Unter Palmen in dem Süden? Unter Linden an dem Rhein? Werd ich wo in einer Wüste Eingescharrt von fremder Hand? Oder ruh ich an der Küste Eines Meeres in dem Sand? Immerhin! Mich wird umgeben Gotteshimmel, dort wie hier, Und als Totenlampen schweben Nachts die Sterne über mir. Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren... von Novalis Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren Sind Schlüssel aller Kreaturen, Wenn die, so singen oder küssen Mehr als die Tiefgelehrten wissen, Wenn sich die Welt ins freie Leben Und in die Welt wird zurückbegeben, Wenn dann sich wieder Licht und Schatten Zu echter Klarheit wieder gatten Und man in Märchen und Gedichten Erkennt die wahren Weltgeschichten, Dann fliegt vor einem geheimen Wort Das ganze verkehrte Wesen fort. Gefunden von Johann Wolfgang von Goethe Ich ging im Walde So für mich hin, Und nichts zu suchen, das war mein Sinn. Im Schatten sah ich Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön. Ich wollt es brechen, Da sagt es fein: Soll ich zum Welken Gebrochen sein? Ich grub s mit allen Den Würzlein aus, Zum Garten trug ich s Am hübschen Haus. Und pflanzt es wieder Am stillen Ort; Nun zweigt es immer Und blüht es fort. Poems for Level 3 Sie war ein Blümlein hübsch und fein von Wilhelm Busch Sie war ein Blümlein hübsch und fein, Hell aufgeblüht im Sonnenschein. Er war ein junger Schmetterling, Der selig an der Blume hing. Oft kam ein Beinlein mit Gebrumm Und nascht und säuselt da herum. Oft kroch ein Käfer kribbelkrab Am hübschen Blümlein auf und ab. Ach Gott, wie das dem Schmetterling So schmerzlich durch die Seele ging. Doch was am meisten ihn entsetzt, Das Allerschlimmste kam zuletzt. Ein alter Esel fraß die ganze Von ihm so heiß geliebte Pflanze. Der Morgen von Joseph Freiherr von Eichendorff Fliegt der erste Morgenstrahl Durch das stille Nebental, Rauscht erwachend Wald und Hügel: Wer da fliegen kann, nimmt Flügel! Und seit Hütlein in die Luft Wirft der Mensch vor Lust und ruft: Hat Gesang doch auch noch Schwingen, Nun, so will ich fröhlich singen!
Hinaus, o Mensch, weit in die Welt, Bangt dir das Herz in krenkem Mut; Nichts ist so trüb in Nacht gestellt, Der Morgen leicht machts wieder gut. Ich habe zwei Heimatländer von Sabri Cakir Ich habe zwei Sprachen Die eine spreche ich zu Hause Sie verstehen mich so besser Meine Frau und mein Sohn Die andere spreche auf der Arbeit Beim Einkaufen im Ausländeramt Ich habe zwei Gesichter Das eine benutze ich für die Deutschen Dieses Gesicht kann alles lachen und weinen Das andere halte ich für meine Landsleute bereit Ich habe zwei Heimatländer Eins in dem ich geboren wurde Das andere in dem ich satt werde Das Land meiner Väter liebe ich mehr Aber erdulden muss ich Die Schmerzen beider Ginkgo Biloba von Johann Wolfgang von Goethe Dieses Baums Blatt, der von Osten Meinem Garten anvertraut, Gibt geheimen Sinn zu kosten, Wie's den Wissenden erbaut. Ist es Ein lebendig Wesen, Das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen, Dass man sie als eines kennt. Solche Frage zu erwidern, Fand ich wohl den rechten Sinn. Fühlst du nicht in meinen Liedern, Dass ich Eins und doppelt bin.
Nicht Zutreffendes streichen von Hans Magnus Enzensberger Was deine Stimme so flach macht so dünn und so blechern das ist die Angst etwas Falsches zu sagen oder immer dasselbe oder das zu sagen was alle sagen oder etwas Unwichtiges oder Wehrloses oder etwas das missverstanden werden könnte oder den falschen Leuten gifiele oder etwas Dummes oder etwas schon Dagewesenes etwas Altes Hast du es denn nicht satt aus lauter Angst aus lauter Angst vor der Angst etwas Falsches zu sagen immer das Falsche zu sagen? Ein Jüngling liebt ein Mädchen von Heinrich Heine Ein Jüngling liebt ein Mädchen, Das hat einen andern erwählt; Der andre liebt eine andre, Und hat sich mit dieser vermählt. Das Mädchen heiratet aus Ärger Den ersten besten Mann, Der ihr in den Weg gelaufen; Der Jüngling ist üben dran. Es ist eine alte Geschichte, Doch bleibt sie immer neu, Und wem sie just passieret, Dem bricht das Herz entzwei.
Der Panther von Rainer Maria Rilke Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe So müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe Und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, Der sich im allerkleinsten Kreise dreht, Ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, In der betäubt ein großer Wille steht Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille Sich lautlos --. Dann geht ein Bild hinein. Geht durch die Glieder angespannt Stille Und hört im Herzen auf zu sein. Herbsttag von Rainer Maria Rilke HERR: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, Und auf den Fluren laß die Winde los. Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; Gib ihnen noch zwei südlichere Tage, Dränge sie zur Vollendung hin und jage Die letzte Süße in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, Wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben Und wird in den Alleen hin und her Unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.