"Wir bauen ausschließlich Unikate" Polymergleitlager halten verstärkt Einzug im traditionellen Orgelbau Seit einigen Jahren kommen im Orgelbau immer öfter Polymergleitlager zum Einsatz. Die verwendeten Lagerbuchsen haben sich im Werkstoff Holz so gut bewährt, dass mittlerweile auch mit großem Erfolg Gelenklager sowie Gabelköpfe eingesetzt werden. Die Zusammenarbeit zwischen Komponentenlieferanten und Orgelbauer mündet mittlerweile in einer strategischen Partnerschaft. Beide Unternehmen profitieren im Sinne ihrer Kunden wechselseitig von den jeweiligen Werkstoff- Erfahrungen. Drei Wünsche hat in der Regel ein Orgelbauer: eine ausreichende Bauhöhe, eine angemessene Grundfläche und eine schöne Akustik. Dabei geht es heute nicht nur um die traditionelle Bauweise, sondern um den Anspruch, musikalische und funktionale Zielsetzungen in Einklang zu bringen. Am Ende steht ein Klanggenuss, der Organisten und Publikum gleichermaßen in den Bann zieht. Polymergleitlager im Traditionshandwerk "Wir verbauen mittlerweile für jede drehende und schwenkende Bewegung sowie jede Reibstelle in der Orgel ein passendes Polymergleitlager", erläutert Richard Baumgartner, Juniorchef von Baumgartner Orgelbau, einer Werkstätte für historische Musikinstrumente. "In unserem neuesten Projekt, einem Spieltisch, werden nach der kompletten Fertigstellung bis zu 3.000 Buchsen und Lager verbaut sein. Wir mussten allerdings in unserem traditionsbewussten Handwerk viel Überzeugungsarbeit leisten. Aber die technischen und wirtschaftlichen Vorteile sprechen eine deutliche Sprache und überzeugen immer mehr unserer Kunden." Zum Einsatz kommen iglidur J- und selbst einstellende wartungsfreie igubal-gleitlager aus Hochleistungspolymeren der igus GmbH aus Köln. Sie bewähren sich in diesen speziellen Einbauverhältnissen - im Orgelbau bestehen die Bauelemente, in welche die Lager eingebaut werden, überwiegend aus Eiche, Weißbuche und Nussbaum sowie feinster Bergfichte - und ersetzen immer öfter die traditionellen Tuchlager, die unter den Umgebungsbedingungen wie Kälte, Feuchtigkeit oder Russ in der Kirche extrem leiden. Bis auf Regen und direkter UV-Strahlung gibt es hier fast alle Umwelteinflüsse, die auch im Freien auftreten. Und wenn ein Instrument wegen der Korrosionsschäden komplett zur Sanierung zerlegt werden muss, entstehen schnell Kosten in der Höhe von mehreren 10.000 Euro. Durch den Einbau der Polymergleitlager kann der turnusmäßige Wartungsaufwand dagegen beträchtlich verzögert werden. Kontinuierlich wachsender Kundenstamm "Einerseits sanieren und rekonstruieren wir Orgelteile, andererseits stellen wir Zulieferteile für den traditionellen Orgelbau her und liefern Komponenten und Baugruppen in individueller Anfertigung an den Bild FA0706-01: igus GmbH, Köln Polymergleitlager kommen in der ganzen Orgel zum Einsatz. Durch ihren Einsatz verzögert sich der Wartungsaufwand ganz erheblich. FA0706-D/Januar 2006 Seite 1/5
eigentlichen Orgelbauer", erzählt der Juniorchef. Dazu zählen Spieltische, Klaviaturen und sonstige Kleinteile aller Art. "Der Spieltisch ist der Kommandostand des Organisten", unterstreicht der Seniorchef des Hauses, der Orgelbaumeister Werner Baumgartner. "Bei seinem Bau spielen wir unsere ganze Erfahrung und Kompetenz aus!" Im Orgelbau gibt es im Vergleich zu anderen Musikinstrumenten keine Serienprodukte. Keine Orgel gleicht der anderen, sondern für jeden Raum gibt es eine maßgeschneiderte Lösung. Allein der Kundenstamm an Orgelbauern besteht weltweit aus ungefähr 150 Handwerkern. "Und davon setzt mindestens die Hälfte bereits die Polymergleitlager ein. Wir haben unzählige nationale wie internationale Referenzen wie beispielsweise die große Orgel in der Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, die Stiftskirche in Stuttgart oder die Orgel von St. Ludwig in Darmstadt", so der Junior. "Mit dem Unternehmen igus arbeiten wir bereits seit 1996 zusammen", berichtet Richard Baumgartner. "Mit den Polymergleitlagern sahen wir endlich die Möglichkeit, die ungenauen und aufwändigen Tuchlager zu ersetzen." Am Anfang standen dabei folgende Fragen: Wie bewähren sich die Polymerbuchsen im Holz, das aufgrund der Klimaschwankungen ständig in Bewegung ist? Wie sehen die Geräuschentwicklung und vor allem die Lebensdauer aus? Und vor allem: Wie wird der traditionsbewusste Markt auf Kunststoffbauteile in der Orgel reagieren? Polymergleitlager für Geräusch- und Wartungsfreiheit Zum Einsatz kamen zunächst Gleitlager aus iglidur J. Der Werkstoff zeichnet sich grundsätzlich durch seinen niedrigen Verschleiß gegen viele Wellenwerkstoffe aus, ist chemikalienbeständig, schwingungsdämpfend und nimmt nur geringe Feuchtigkeit auf. Das kostengünstige Lager hat darüber hinaus niedrige Reibwerte im Trockenlauf und ein sehr gutes Verhalten mit weichen Wellen. Die absolute Geräuschfreiheit in Kombination mit der hohen Präzision hat sich im Orgelbau von Anfang an bewährt. "Die verwendeten Buchsen müssen auch in Verbindung mit den Wellenwerkstoffen sehr verschleißfest sein. Wir setzen in der Hauptsache V2A-Stahl mit einer definierten Oberfläche ein. Er darf nicht zu glatt sein, sonst kommt es zu Quietschgeräuschen, dem bekannten Stick-Slip-Effekt", erläutert Richard Baumgartner. Baumgartner fing zunächst mit den Trakturwinkel- Ecklagern an. Hier war der Grundgedanke, eine harte und präzise Lagerung zu haben, die keine Spielfreiheit zulässt. Sie liegt heute zwischen fünf bis zehn Mikron. "Ein weiterer wichtiger Punkt war die Geräuschentwicklung, die nur durch ein enges Lagerspiel in den Griff zu bekommen ist. Aber die starkwandigen Buchsen bewähren sich im Holz trotz der stetig schwankenden Umgebungsbedingungen in der Kirche. Es kommt zu keinerlei störenden Klappergeräuschen", stellt Richard Baumgartner zufrieden fest. "Außerdem entfällt der Wartungsaufwand fast völlig!" Neue Baureihe für Schmierungsfreiheit "Vor allem mit der Entwicklung der igubal-baureihe fand für uns der nächste entscheidende Schritt statt", erzählt Richard Baumgartner. "Die Gelenk- und Gabelköpfe lassen sich unter anderem in der Registertraktur besonders leicht einsetzen. Hier kommt es unter anderem auf absolute Schmierungsfreiheit an. Die Polymerlager werden trocken eingebaut und müssen nicht - im Gegensatz zu den Tuchlagern - mit Graphitsuspension oder öligen Werkstoffen imprägniert werden." Igubal ist ein System von selbst einstellenden Lagerelementen, die vollständig aus Kunststoff gefertigt werden. Die Typenreihe besteht aus Gelenkund Gabelköpfen, Flansch-, Gelenk- und Stehlager. Selbst einstellende Lager sind einfach zu montieren, passen sich allen Winkelabweichungen an und haben in vielen Fällen spezielle Gehäuse ersetzen können. Mit dem System nutzt der Anwender alle Vorteile der Hochleistungskunststoffe. Technisch trocken einsetzbar haben sie sehr gute schwingungsdämpfende Eigenschaften. Sie sind unempfindlich gegen Schmutz, können in Flüssigkeiten und sogar in Chemikalien laufen und sind völlig korrosionsbeständig. Die Lagerelemente sind leicht, sie sparen Bauraum und Kosten: sowohl bei der Beschaffung als auch im Betrieb durch die entfallenden Wartungs- und Montagekosten. Die Kugelkalotte besteht aus einem FA0706-D/Januar 2006 Seite 2/5
Werkstoff, der sich durch sehr niedrige Reibwerte im Trockenlauf und geringe Stick-Slip-Neigung auszeichnet. "Durch diese Entwicklung hat sich die Wellenlagerung im Instrument für uns erschlossen", blickt Richard Baumgartner zurück. "Dadurch, dass sich im Spiel die Wellen sehr stark durchbiegen und schwingen können, durften wir hier kein starres Lager verwenden. Wir hatten schon verschiedene Versuche mit weicher Umhüllung der Buchse gemacht, das führte aber nicht zum rechten Erfolg. Erst die schwenkende Kugelkalotte brachte den erwünschten Effekt. Wir setzen heute mit großem Erfolg ein maßgegossenes Gelenklager mit einer Baugröße von 2 mm ein." Aber es gibt noch weitere grundsätzliche Vorteile: "Zwar ist der Materialpreis der Polymergleitlager im Gegensatz zum Tuchlager etwas höher, aber der Zeitfaktor bei der Montage reduziert sich um ca. das Zehnfache. Der Einbau ist leichter, die periphere Arbeit reduziert sich. Außerdem zählt auch hier der Lebensdauervorteil. Ein Tuchlager müsste drei- bis viermal ausgetauscht werden. Hier kumuliert sich die Ersparnis. Der Zerlegeaufwand übersteigt den Materialpreis um das dreißig- bis vierzigfache", bringt Richard Baumgartner die technischen und wirtschaftlichen Vorteile auf den Punkt. Nachfrage steigt ständig weiter Die neue Technik findet nicht nur bei den Orgelbauern, sondern vor allem auch bei den Musikern viel Anklang. Wenn das Instrument dem Organisten nicht liegt, bekommt der Orgelbauer ein Problem. Der Endanwender muss das Instrument akzeptieren. Die Vorteile der Kunststoffgleiterlager sprechen sich in der Branche herum, die Nachfrage speziell nach den Kalottenlagern steigt ständig. "Der Wunsch der Organisten ist es, das Spiel, die Elastizität in der Traktur möglichst gering zu halten. Je direkter die Mechanik arbeitet, umso ausdrucksstärker kann der Organist die Musik interpretieren. Durch den direkten Kontakt zum Spielventil kann es langsamer oder schneller geöffnet werden. Bei einer schwammigen Tastatur leidet die individuelle Spieltechnik und die Ausdrucksmöglichkeiten sinken", berichtet der Juniorchef. "Die Kunststoffgleitlager öffnen die Tür zu neuen Kunden und Instrumenten." Strategische Partnerschaft im Fokus "Wir sind mittlerweile strategischer Partner für igus in Bezug auf den traditionsbewussten Orgelbau. Spezielle Anfragen aus der Branche werden an uns verwiesen. Wir leisten die nötige Beratungsarbeit und geben unsere vielfältigen Erfahrungen in der Holzbearbeitung weiter", führt Richard Baumgartner abschließend aus. Die hier geschilderten Einbauverhältnisse sind sehr speziell. Holz ist anders als Metall oder Kunststoff ein hygroskopischer Werkstoff. Er nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie auch wieder ab. "In unserer Werkstatt herrscht beispielsweise kein normales Klima, sondern wir halten mit 70 % die Luftfeuchtigkeit höher, damit die Verarbeitungsbedingungen denen in einer Kirche ähneln", erzählt Richard Baumgartner aus seinem Alltag. "Wir bauen ausschließlich Unikate, die sofort zu 100 % funktionieren müssen!" Manus-Wettbewerb: Faszination Technik Bereits zum zweiten Mal wurden Preise für innovative Kunststoff-Gleitlager-Anwendungen vergeben. Der manus-wettbewerb, eine igus-gemeinschaftsinitivative zusammen mit dem Institut für Verbundwerkstoffe GmbH (IVW), Kaiserslautern, der Fachhochschule Köln und einer technischen Fachzeitschrift, sucht nach neuen Wegen in der Lagertechnik auf der Basis von schmiermittelfreien Kunststoff-Gleitlagern. Baumgartner Orgelbau gewann im Jahr 2003 den 'Silbernen manus'. "Wir sind in einem sehr traditionsbewussten Handwerk tätig. Aber die Entscheidung für den High-Tech-Werkstoff hat sich für uns in jeder Beziehung gelohnt. Nicht nur unsere Kunden fragen verstärkt nach der neuen Technik, sondern vor allem unter den Musikern sprechen sich die Vorteile herum, so dass wir von zwei Seiten Zuspruch erfahren. Wir konnten nicht nur einen Imagegewinn für unser Unternehmen feststellen, sondern gelten in der Branche als federführend beim Einsatz der Kunststoffgleitlager. Und das macht sich auch bei unseren Aufträgen bemerkbar", stellen Werner und Richard Baumgartner übereinstimmend fest. FA0706-D/Januar 2005 Seite 3/5
Bild FA0706-02: igus GmbH, Köln Polymergleitlager kommen in der ganzen Orgel zum Einsatz. Durch ihren Einsatz verzögert sich der Wartungsaufwand ganz erheblich. Bild FA0706-05: igus GmbH, Köln In der kompletten Orgel kommen bis zu 3 000 Polymergleitlager zum Einsatz. Bild FA0706-03: igus GmbH, Köln Werner Baumgartner (li.), Richard Baumgartner haben den traditionsbewussten Orgelbau von den Vorteilen der Polymergleitlager überzeugt. Bild FA0706-06: igus GmbH, Köln Die Entwicklung der igubal-gelenklager, -köpfe und Kugelkalotten haben noch mehr Einsatzmöglichkeiten im Orgelbau erschlossen. Bild FA0706-04: igus GmbH, Köln Eine Randanwendung: Der Werkstoff iglidur J bewährt sich auch in den Bremsscheiben für die Wellenbremse. Es kommt im Spiel nicht zum befürchteten Anfangsrucken. Bild FA0706-07: igus GmbH, Köln Für jede drehende und schwenkende Bewegung und Reibstelle gibt es ein passendes igus-polymergleitlager. Von der Spieltraktur, dem Ventil bis zur Registermechanik sind sie im Einsatz. FA0706-D/Januar 2006 Seite 4/5
Bild FA0706-08: igus GmbH, Köln Die holztechnischen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um mit den Polymergleitlagern einen reibungsfreien Betrieb auf lange Zeit sicher zu stellen. Bild FA0706-09: igus GmbH, Köln Die holztechnischen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um mit den Polymergleitlagern einen reibungsfreien Betrieb auf lange Zeit sicher zu stellen. PRESSEKONTAKT André Kluth Leiter Unternehmenskommunikation igus GmbH Spicher Str. 1a 51147 Köln Tel. 0 22 03 / 96 49-611 Fax 0 22 03 / 96 49-631 akluth@igus.de www.igus.de/de/presse DIN ISO 9001 Die Begriffe igus, Chainflex, Easy Chain, E-Chain, E-Chain Systems, E-Ketten, E-KettenSysteme, Energy Chain, Energy Chain Systems, Flizz, ReadyChain, Triflex, TwisterChain, DryLin, iglidur, igubal und Polysorb sind in der Bundesrepublik Deutschland und gegebenenfalls international markenrechtlich geschützt. FA0706-D/Januar 2005 Seite 5/5