Mikroverunreinigungen in der Ruhr Eintragspfade und technische Möglichkeiten auf Kläranlagen Weitergehende Abwasserreinigung Techniken, Grenzen und Sinn der Vierten Reinigungsstufe in kommunalen Kläranlagen 16. Dresdner Abwassertagung 11. März 2014 12. Ruhrverbands-Forum 18. April 2013 in Essen Dr.-Ing. Thomas Grünebaum Prof. Dr. rer.nat Ralf Klopp Dr.-Ing. Dieter Thöle Thomas Grünebaum, Essen 1
Aspekte und Argumente für eine 4. Reinigungsstufe allgemeiner Vorsorge- und Besorgnisgrundsatz, Multibarrierenprinzip Anwendungsreife und Einsatzbereitschaft der technischen Verfahren Verringerung von Mikroverunreinigungen im Gewässer, weitere Verbesserung der Bedingungen für das aquatische Leben Verbesserung der Trinkwassergewinnung und möglicher Belastungen der Nahrungskette politischer und administrativer Druck zur Einrichtung weitergehender Verfahren 2
Aspekte und Argumente gegen eine 4. Reinigungsstufe Konzentrationen im Gewässer oftmals unterhalb bekannter Wirkschwellen Stoffe in vorhandenen oder angestrebten Stoffen wenn überhaupt nur durch moderne Analytik nachweisbar vielfältige und komplexe Eintrags- und Expositionspfade als End-of-Pipe -Lösung wenig ursachenbezogen keine vollständige Stoffausschleusung rechtssicherer Umsetzungsweg im Vollzug bislang nicht erkennbar Nebenwirkungen : - signifikante Steigerung des Energieverbrauchs - mglw. Bildung von kritischen Transformationsprodukten - deutliche, gebührenrelevante Steigerung des Aufwands 3
Verfahrensschema der nachgeschalteten Ozonierung Restozonvernichter Zulauf von mechanischer Stufe zur Schlammbehandlung Belebungsbecken Rücklaufschlamm Nachklärbecken Ozongenerator O 3 oo oo oo oo oo oo Ozonreaktor Ablauf optional: nachgeschaltete Stufe als: Filter, Festbettreaktor, Schönungsteich 4
Verfahrensschema der nachgeschalteten Aktivkohlebehandlung Zulauf Belebungsbecken Nachklärbecken Fällmittel Flockungshilfsmittel PAK Fällmittel zur Schlammbehandlung Rücklaufschlamm Flockungsbecken Sedimentationsbecken TTTTTTT Ablauf 5
Verfahrensschema der dynamischen Rezirkulation Zulauf Belebungsbecken Nachklärbecken Ablauf von mechanischer Stufe zur Schlammbehandlung Rücklaufschlamm Restozonvernichter PAK oo oo oo oo oo oo Ozongenerator O 3 Flockungsbecken Ozonreaktor 6
Erforderliche Einrichtungen Anlagen zur Anlieferung und Bevorratung von Pulveraktivkohle (PAK) bzw. Reinsauerstoff und Herstellung von Ozon Dosiereinrichtungen Mess- und Steuereinrichtungen Reaktionsvolumina Fördereinrichtungen Behandlungseinrichtungen für Rest- und Nebenprodukte Nebenanlagen (Energieversorgung, Anlieferung etc.) 7
Themenschwerpunkt Elimination von Arzneimitteln und organischen Spurenstoffen: Entwicklung von Konzeptionen und innovativen, kostengünstigen Verfahren in kommunalen Kläranlagen Elimination von Arzneimittelrückständen in kommunalen Kläranlagen ( Teilprojekt 6 ) (auf den Kläranlagen Schwerte, Bad Sassendorf und Duisburg-Vierlinden) Projektpartner: Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik technische universität dortmund Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft und Umwelttechnik Abteilung für Hygiene, Sozial- und Umweltmedizin Projektleitung: Ruhrverband, Essen 8
Großtechnische Versuchsanlagen Kläranlage Bad Sassendorf (Lippeverband) Ausbaugröße: 13.000 E * O 3, nachgeschaltet (Diffusoreintrag) (nachgeschaltete Schönungsteiche) Kläranlage Schwerte (Ruhrverband) Ausbaugröße: 50.000 E * O 3, nachgeschaltet oder als dynamische Rezirkulation (Diffusoreintrag) * Kombination O 3 / PAK als dynamische Rezirkulation * 2 Parallelstraßen der biologischen Behandlung Kläranlage Duisburg-Vierlinden (Wirtschaftsbetriebe Duisburg AöR) Ausbaugröße: 30.000 E * O 3, nachgeschaltet (Diffusor- und Injektoreintrag) * zweistraßige Ozonierung * nachgeschaltetes Festbettverfahren 9
Untersuchte Verfahrenstechniken auf der Kläranlage Schwerte Rezi-PAK Dynamische Rezirkulation mit Dosierung von Pulveraktivkohle (PAK) in den Rezirkulationsstrom Rezi-Ozon Dynamische Rezirkulation mit Dosierung von Ozon (O 3 ) in den Rezirkulationsstrom Rezi-Ozon/PAK Dynamische Rezirkulation mit Dosierung von Ozon (O 3 ) und Pulveraktivkohle (PAK) in den Rezirkulationsstrom 10
Eliminationsgrad nach Dosierstufen Rezi-Ozon Rezi-PAK Verschiedene Verfahrenstechniken auf der Kläranlage Schwerte: regelbasiert abgeleitete Ergebnisse [Arge, 2013] Rezi-Ozon/PAK 11
Ablaufkonzentrationen nach Dosierstufen [Arge, 2013] 12
Vergleichende Darstellung (logarithmisch) der Konzentrationen von E. coli und Enterokokken an 4 Probenahmestellen [Arge, 2013] KBE kolonienbildende Einheiten 13
Verhalten von Ozon bei der Behandlung konventionell behandelten Abwassers (Quelle: IWW in Abschlussbericht TP6 [Arge, 2013]) KA Schwerte KA Bad Sassendorf KA Duisburg-Vierlinden Spurenstoffelimination Abwasserhygienisierung Spurenstoffelimination: Reaktionszeit = Abklingzeit Abwasserhygienisierung: Reaktionszeit = Wirkzeit (Expositionszeit) 14
Kostenbetrachtungen A. Gesamtbetrachtung ohne Investitionsförderung: Kostensituation bei Wegfall von Förderung oder anderen kostenmindernden Bedingungen B. Gesamtbetrachtung mit Investitionsförderung und verminderter Abwasserabgabe (Befreiung): Weiterbetrieb der Anlage am Standort C. Optimierte Betrachtung: Neuerrichtung der Anlage an vergleichbarem Standort 15
Ergebnisse der Kostenbetrachtungen der Kläranlage Schwerte [Arge, 2013] Vergleichende Übersicht zu Kostenfolgen (Dynamische Rezirkulation, PAK-Dosierung 10 mg/l in Rezirkulationsstrom ( Rezi PAK )) 16
Kostenstrukturen der verschiedenen Verfahrenstechniken und Kostenbetrachtungen, Kläranlage Schwerte [Arge, 2013] Gesamtkosten (Kapital- und Betriebskosten) [ /m 3 Jahresschmutzwassermenge] 17
Mehrverbrauch an elektrischer Energie der verschiedenen Verfahrenstechniken generalisierende Ergebnisse Pulveraktivkohle-Dosierung: Ozondosierung: Pumpvorgänge: (bei dynamischer Rezirkulation obligatorisch) 5 kwh/(e*a) 10 kwh/(e*a) 5 kwh/(e*a) 18
Zusammenfassung, Fazit, offene Fragen Notwendigkeit der weitergehenden Elimination von Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser weiterhin in breiter Diskussion nicht nur im (Ab-)Wasserbereich weitergehende Elimination von Mikroverunreinigungen über verschiedene Verfahrenstechniken machbar, aber: - anspruchsvoll - insbesondere bei Einfahrbetrieb - und kostenrelevant - weitere technische Optionen - unter vorherrschenden Betriebsbedingungen hygienisch nur wenig wirksam - aus Betreibersicht kritisch, v.a. wegen Rechtssicherheit und Wirksamkeit Elimination von Spurenstoffen stoffspezifisch (und < 100 %): - z.b. Diclofenac: 90 % bei 2 mg/l O 3 bzw. 10 bis 15 mg/l PAK - z.b. Metoprolol: 90 % bei 5 mg/l O 3 bzw. 10 bis 15 mg/l PAK - z.b. Amidotrizoesäure: < 50 % bei 5 mg/l O 3 bzw. 20 mg/l PAK Kostenstrukturen v.a. geprägt von Zielvorgaben/Dosierstufen und Rahmen der finanziellen Förderung/Verrechnung/Befreiung; für Bewertung differenzierte Betrachtung der Bezugsgrößen erforderlich 19
Weitere Quellen: Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe.NRW: http://www.masterplan-wasser.nrw.de/ Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg: http://www.koms-bw.de/ Plattform des Verbands Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA): http://www.micropoll.ch/aktuell In Kürze ist der Abschlussbericht zum TP6 [Arge, 2013] auf der Homepage des LANUV NRW verfügbar (http://www.lanuv.nrw.de/wasser/abwasser/forschung/abwasser.htm). 20
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