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Transkript:

Johann Sebastian BACH Die Himmel erzählen die Ehre Gottes The heavens are telling of God in glory BWV 76 Kantate zum 2. Sonntag nach Trinitatis für Soli (SATB), Chor (SATB) 2 Oboen, Oboe d amore, Trompete Violine solo, 2 Violinen Viola, Viola da gamba und Basso continuo herausgegeben von Reinhold Kubik Cantata for the 2nd Sunday after Trinity for soli (SATB), choir (SATB) 2 oboes, oboe d amore, trumpet violin solo, 2 violins viola, viola da gamba and basso continuo edited by Reinhold Kubik English version by Jutta and Vernon Wicker Stuttgarter Bach-Ausgaben Urtext In Zusammenarbeit mit dem Bach-Archiv Leipzig Klavierauszug /Vocal score Paul Horn C Carus 31.076/03

Inhalt Vorwort 3 I. Teil 1. Coro 5 Die Himmel erzählen die Ehre Gottes The heavens are telling of God in glory 2. Recitativo (Tenore) 29 So läßt sich Gott nicht unbezeuget By this our God reveals his glory 3. Aria (Soprano) 31 Hört, Ihr Völker, Gottes Stimme Nations, listen to God s calling 4. Recitativo (Basso) 35 Wer aber hört Who will take heed 5. Aria (Basso) 36 Fahr hin, abgöttische Zunft Leave now, pagan band so blind 6. Recitativo (Alto) 42 Du hast uns, Herr, von allen Straßen From ev rywhere, my Lord 7. Choral 44 Es woll uns Gott genädig sein May God bestow on us his grace II. Teil 8. Sinfonia 50 9. Recitativo accompagnato (Basso) 53 Gott segne noch die treue Schar May God bless here his faithful flock 10. Aria (Tenore) 54 Hasse nur, hasse mich recht Hate me now, hate me with glee 11. Recitativo (Alto) 60 Ich fühle schon im Geist My spirit here can feel 12. Aria (Alto) 61 Liebt, ihr Christen, in der Tat Love is shown by what is done 13. Recitativo (Tenore) 65 So soll die Christenheit All Christians shall adore 14. Choral 66 Es danke, Gott, und lobe dich All thanks and praise to God Postscript 72 Zu diesem Werk liegt folgendes Aufführungsmaterial vor: Partitur (Carus 31.076), Studienpartitur (Carus 31.076/07), Klavierauszug (Carus 31.076/03), Chorpartitur (Carus 31.076/05), komplettes Orchestermaterial (Carus 31.076/19). The following performance material is available for this work: full score (Carus 31.076), study score (Carus 31.076/07), vocal score (Carus 31.076/03), choral score (Carus 31.076/05), complete orchestral material (Carus 31.076/19). 2 Carus 31.076/03

Vorwort Die Kantate Die Himmel erzählen die Ehre Gottes BWV 76 ist die zweite Kantate, die Bach im Frühsommer 1723 als Cantor zu St. Thomae und Director Musices Lipsiensis an seinem neuen Wirkungsort aufführte. Die vielsätzigen Kantatendichtungen, die ihm einer der Leipziger Geistlichen für die ersten Sonntage seiner Amtszeit bereitgestellt haben dürfte, hat Bach nicht zuletzt dazu eingesetzt, um den Gottesdienstbesuchern die außergewöhnliche Vielseitigkeit seiner Kunst vorzustellen. Bach hat hierfür vorzugsweise moderne Satztypen ausgewählt und außer in der Chorfuge Es ist keine Sprache noch Rede des Eingangssatzes auf die Anwendung tiefsinniger kontrapunktischer Verfahren weitgehend verzichtet. Der neue Thomaskantor hoffte auf diese Weise vielleicht den Vorbehalten gegen seine Berufung begegnen zu können, wußte er doch, daß er seine Chance erst nach der Absage der vom Rat der Stadt Leipzig favorisierten Mitbewerber Georg Philipp Tele mann und Christoph Graupner erhalten hatte. Die Kantate, die am 6. Juni 1723 in der Thomaskirche erstmals aufgeführt wurde, besteht aus zwei selbständigen Teilen, die jedoch durch die Verwendung zweier verschiedener Strophen desselben Choralsatzes zum Abschluß der beiden Teile äußerlich als eine Einheit gekennzeichnet sind. Die Lesung zum 2. Sonntag nach Trinitatis aus dem 14. Kapitel des Evangeliums nach Lukas, die vom großen Abendmahl handelt, wird vom Textdichter als Anlaß für einen Lobpreis Gottes genommen. Die Einladung zum Liebesmahl wird in den Sätzen 2 und 3, einem Tenor- Rezitativ mit Orchesterbegleitung und einer beschwingten, eingängigen Sopran-Arie mit Solovioline, ausgesprochen. Das folgende Satzpaar ist dem Baß zugewiesen, der zunächst in einem Rezitativ die Absage der zum Mahl Geladenen als Absage von Christus verwirft. In der Arie wird die abgöttische Zunft verdammt und zugleich die Unverrückbarkeit des wahren Glaubens beschworen. In einem Rezitativ, das den 6. Satz bildet und das Bach der Altstimme zugewiesen hat, wird die Überzeugung ausgesprochen, daß wir die von der Straße zum Mahl Berufenen sind. Der Satz endet mit der Ankündigung eines Gebets, für das die 1. Strophe des lutherischen Liedes Es woll uns Gott genädig sein (1523) vorgesehen ist. Auf diese Weise werden das Rezi tativ und der Choralsatz miteinander in einer Weise verbunden, die den Choral als Bekenntnis der Gemeinde erscheinen läßt. Der Choralsatz wirkt durch die selbständig geführten Orchesterstimmen besonders feierlich. Diesen aus der Evangelienlesung ableitbaren Gedanken ist ein Psalmwort (Ps. 19,2 und 4) vorangestellt. Bach hat den Lobpreis Gottes in einem prächtigen Chorsatz musikalisch ausgedrückt, wobei die Verwendung einer solistisch geführten Trompete dem Satz besonderen Glanz verleiht. Dabei macht der Komponist wie zuvor schon in seinen beiden Bewerbungsstücken um das Thomaskantorat BWV 22 und BWV 23 von der Gegenüberstellung von Gesangssolisten und dem ganzen Chorklang Gebrauch. Den zweiten Teil des Eingangssatzes bildet eine sogenannte Permutationsfuge, die schließlich durch den Einsatz des Themas in der Solotrompete und die Wiederaufnahme der letzten Takte des Orchesterritornells, in die die Singstimmen kunstvoll einbezogen werden, zu einem prächtigen Abschluß führt. Der zweite Kantatenteil ist nicht mehr unmittelbar auf die Evangelienlesung bezogen, sondern handelt allgemeiner von Gottes Segen: Alle Anfeindungen werden durch den Opfertod Jesu überwunden. Im Zentrum dieses Teils steht die Arie Liebt, ihr Christen, in der Tat mit der erlesenen Besetzung Alt, Oboe d amore, Viola da gamba und Basso continuo; die gleiche Instrumentalbesetzung zeichnete die Einleitungssinfonia dieses Teils, die später in das Orgeltrio BWV 528 übernommen wurde, aus. Die Anspielung auf das Abendmahl und die kammermusikalische Besetzung lassen vermuten, daß der zweite Teil der Kantate nicht einfach, wie es in den Originalquellen heißt, nach der Predigt, sondern wäh rend der Austeilung des Abendmahls erklang. Als Abschluß dient nun die dritte Strophe des Liedes Es woll uns Gott genädig sein. Außer der autographen Partitur, die bei der Erbteilung in den Besitz von Carl Philipp Emanuel Bach übergegangen war, sind Teile des Originalstimmensatzes erhalten geblieben. Die Partitur trägt den Kopftitel: Doica 2 post Trinitatis ao 1723., der autographe Titelumschlag, der seit 1750 nur noch die Originalstimmen einschloß, ist wie folgt beschriftet: Dominica 2 post Trinit: / Die Himmel erzehlen die Ehre Gottes / à / 4 Voci / 1 Tromba / 2 Hautbois / 2 Violini / Viola / con / Continuo / di / J:S:Bach. Die Stimmen befanden sich, wie der 1750 angebrachte Vermerk Frie derich erkennen läßt, zeitweilig im Besitz des zweitjüngsten Bach-Sohnes Johann Christoph Friedrich. 1 Eine von Johann Sebastian Bach selbst neuangefertigte Gambenstimme, die nunmehr auch Continuo-Partien für die Sätze 9 bis 11 enthält, läßt aufgrund ihres vor allem für den Choralkantatenjahrgang verwendeten Wasserzeichens (Mondsichel mit Gesicht, ohne Gegenmarke = NBA IX/1, Nr. 96) erkennen, daß wenigstens der zweite Teil des Werkes im Jahre 1724 oder 1725 erneut zur Aufführung kam. Geringfügige Revisionen im Stimmenmaterial in Bachs charakteristischer Spätschrift stehen mit einer weiteren Aufführung in Zusammenhang, die aber nicht sicher datiert werden kann. Die erhaltenen Stimmen wurden zwar mit Ausnahme einer Violinstimme von Bach durchge sehen, sie sind aber insgesamt nur spärlich bezeichnet und bieten gegenüber der Partitur nur wenige zusätzliche Informationen hinsichtlich der Dynamik und Artikulation. Durch den Verlust wesentlicher Teile der entsprechenden Stimmen ist der Einsatz regulärer Oboen nur für den Eingangschor durch einen Vermerk in der Partitur verbürgt. Man wird sie aber sicherlich auch für die beiden Choralsätze, aus Gründen der Balance mit Gewinn auch für Satz 5 zur Klangverstärkung heranziehen wollen. Die Ausgabe folgt hierin den Anregungen der Neuen Bach-Ausgabe. Da die Oboenstimmen im Eingangschor nicht durchweg ei gene Systeme erhalten haben, sondern mit den Violin- 1 Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv, Signaturen: Mus. ms. Bach P 67 und St 13b. Carus 31.076/03 3

stimmen colla parte geführt werden, ergeben sich gelegentlich Umfangsunterschreitungen (Oboe II in T. 32, 4. Note, T. 109, 6. Note und T. 123, 4. Note), denen hier mit Höherlegung der betreffenden Noten begegnet wurde. Die Position und Länge der Bögen in Satz 2 ist in der autographen Partitur nicht immer zweifelsfrei erkennbar. Bei konkurrierender Bogensetzung vor allem zwischen den beiden Violinstimmen kann oft weder aus quellenkritischen noch aus musikalischen Gründen eine der beiden Lesarten verworfen werden, so daß die Entscheidung, welche Stimme an die andere anzugleichen ist, dem Aufführenden überlassen bleiben muß. Entgegen der Entscheidung des Herausgebers, die sich an die Neue Bach-Ausgabe anlehnt, ließe sich nach den Lesarten der Originalpartitur und der nicht-autographen Stimme der Violine 2 auch argumentieren, daß die Bögen in Takt 4 und an vergleichbaren Stellen jeweils alle Noten einer Sechzehntelgruppen einschließen sollen. In Satz 12 hat der Herausgeber die differenzierte Artikulation der autographen Gambenstimme per Analogie auch auf die übrigen Stimmen ausgedehnt, für die die Partitur nur vereinzelte Angaben enthält. Abschriften, die der Leipziger Musikalienhändler Johann Christoph Breitkopf seit 1761 anbot, lassen ebenso wie die bereits erwähnte Neuschrift der Gambenstimme vermuten, daß die beiden Kantatenteile nach 1723 in Leipzig auch getrennt zur Aufführung kamen. Den Einträgen im Katalog Breitkopf zufolge behielt dabei nur der zweite Kantatenteil seine ursprüngliche Bestimmung, wohingegen der erste dem Reformationsfest zugeordnet wurde. 2 Von dieser reizvollen aufführungspraktischen Möglichkeit wird heute leider zu selten Gebrauch gemacht. Eine Bezifferung ist nur in einer auf Breitkopf zurückgehenden Abschrift des ersten Kantatenteils erhalten geblieben, die sich wegen der Übereinstimmung der Sätze 7 und 14 auch auf den Schlußchor übertragen läßt. 3 Auch wenn nicht bewiesen ist, daß die Bezifferung in allen Details auf Johann Sebastian Bach selbst zurückgeht, darf sie aufgrund der zeitlichen und räumlichen Nähe zum Original in jedem Fall unsere Aufmerksamkeit beanspruchen. Die Kantate ist 1870 erstmals im Rahmen der Ausgabe der Bach-Gesellschaft erschienen; in der Neuen Bach-Ausgabe liegt sie seit 1981 4 vor. Anläßlich der Neuauflage wurde der Notentext noch einmal mit den Originalquellen verglichen. Leipzig, im Oktober 1998 Ulrich Leisinger 2 Vgl. Bach-Dokumente III. Dokumente zum Nachwirken Johann Sebastian Bachs 1750 1800. Vorgelegt und erläutert von Hans-Joachim Schulze, Kassel usw. 1972, Dok. 711, S. 162. 3 Staatsbibliothek zu Berlin. Signatur: Am.B. 44, 11 (Abschrift, wohl aus der Zeit nach 1777, aus dem Besitz der Prinzessin Amalia von Preußen). 4 BG 18, S. 189 232 (Wilhelm Rust, Vorwort datiert Juli 1870); NBA I/16, S. 1 77 (Robert Moreen), Krit. Bericht 1984. 4 Carus 31.076/03