PJ Chirurgie in Hangzhou im Zhejiang Provincial People s Hospital Kleine Einleitung Dies ist mein Erfahrungsbericht über Hangzhou und ich hoffe, dass er euch als Ergänzung zu den anderen Berichten als ein kleiner kultureller Wegweiser dienlich ist. Ort Hangzhou ist die Hauptstadt der Provinz Zhejiang. Es leben circa 7 Millionen Menschen hier. Hangzhou ist ein beliebtes Reiseziel für chinesische und ausländische Touristen, da es hier einen sehr großen und schönen See, den Westlake (alle Touristensachen liegen drum herum), gibt und sehr bekannt für seinen Long Jing Tee ist (Long=Drache; Jing=Quelle). Es liegt circa drei Autostunden (eineinhalb Zugstunden) von Shanghai entfernt und ist nicht weit von anderen schönen Wochenend-Ausflugs-Zielen, wie zum Beispiel Suzhou und Fahrrad-/Busausflugsziele rund um den West-Lake (Longjing und co.). Ankunft und Formalitäten In Berlin musste das Visum beantragt werden, was aber kein Problem war. Das Visum konnte ich nach bereits vier Tagen abholen (auf chinesische Feiertage achten, die aber auf der Website stehen). Wer es schneller braucht, kann für Expressbearbeitungen einen Aufpreis bezahlen. Die Einladung bekam ich von Frau Ulrike Arnold, die mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Ansonsten könnt ihr auf der Website der China-Botschaft leicht alles finden (www.china-botschaft.de). 1 Euro entspricht ungefähr 10 Yuen. Da man keine Yuen in Deutschland wechseln kann, ist es empfehlenswert, an die 50 US-Dollar in der Tasche zu haben (nur zur Sicherheit) um dann in China Geld abzuheben. Geldautomaten gab es überall. Bei der CITYBANK konnte man umsonst abheben, ansonsten bei der POSTBANK nachfragen. Ich konnte mit der Postbank-Karte 10 mal umsonst im Ausland abheben (egal bei welcher Bank). In China selbst solltet ihr immer Bargeld in der Tasche haben, denn Kartenzahlung geht nur in wirklich großen Geschäften, meist in den Tourimeilen. Fahrt: In Shanghai wurde ich, nach Absprache mit der ZAST-Betreuerin, an einem verabredeten Ort abgeholt und zum Krankenhaus in Hangzhou gefahren, wo mich wiederum eine Betreuerin empfing. Sie erklärte und zeigte mir alles. In Hangzhou selbst musste ich mich bei der Polizei registrieren lassen. Ein Arzt des Krankenhauses ist mitgekommen und hat alles geregelt. Wichtiger Hinweis: Immer seinen Reisepass (zur Sicherheit) dabei haben! Beim Reisen sowieso.
Für alle Fragen, Unklarheiten und Formalitäten stand mir meine Ansprechpartnerin von der ZAST (Zhejiang Association for Science and Technology) zur Seite. Einfach immer höflich anfragen und die Fragen frühzeitig stellen, so dass sie selbst nicht für die Klärung in Zeitnot gerät. Als kleiner Zusatz-Tip: versucht alle Anfragen als Fragen und nicht als Forderungen zu stellen, denn das kommt nicht so gut an. Zeitraum und Klinik-Gelände Ich habe mein erstes PJ-Terzial in Hangzhou verbracht. Chirurgie im Zhejiang Provincial People s Hospital vom 25.02.2008 bis zum 13.06.2008. Ich habe direkt auf dem Campus des Krankenhauses eine Wohnung bekommen, die für ausländische Studenten reserviert zu sein schien. Das Krankenhaus liegt ungefähr 30 Minuten Fahrradweg entfernt vom Westlake in einer typisch chinesischen Wohngegend. Keine Touristen und einfach das wahre Leben. Da ich genau das haben wollte, war es perfekt. Allerdings waren so auch nur in der Klinik Leute, die Englisch sprachen. Außerhalb des Geländes musste ich chinesisch sprechen- aber auch hier haben mir die Menschen geduldig zugehört und geholfen. Chinesisch lernen Ich konnte nur wenig chinesisch und wurde darauf vorbereitet, dass ich wenig verstehen würde. Dennoch sollte man sich einfach trauen und lossprechen. Entweder wurde ich gleich verstanden oder konnte mit Händen und Füßen klar machen, was ich eigentlich sagen wollte. Sowohl die Menschen im Krankenhaus (zu meiner Überraschung sprachen viele Ärzte, OP-Schwestern und Studenten Englisch- nicht gut, aber verständlich) als auch alle anderen, waren sehr geduldig und offenherzig. Nach einer Weile wurde auch mein Chinesisch immer besser. Chinesische Gewohnheiten.....sind etwas anders, als bei uns. Zum Teil skurril, zum Teil entspannter als das, was wir gewohnt sind. Hier einige Beispiele: Wenn man ißt, dann schmatzt und schlurft man. Das habe ich mir so erklärt, dass das Essen einfach heiß gegessen wird und so der Luftzug für Kühlung sorgt- es funktioniert. Nur nicht vergessen, dass man das in Deutschland wieder verlernen sollte. Gerülpst wird, wenn was in der Kehle sitzt. Wirkt am Anfang etwas komisch, aber man gewöhnt sich an alles (man muss es selbst ja nicht unbedingt übernehmen, aber man kann ;-)). In China laufen private Gespräche und auch Krankenhausvisiten eher öffentlich ab. Im OP kommt es vor, dass sich eine Schwester an einen lehnt oder das Studenten und Ärzte einem auf das Handy schauen und gucken, was man da macht. Das ist aber nicht unhöflich gemeint. Das ist einfach so. Was man nicht tut, ist sich die Nase laut schneuzen. Es wird uns viel verziehen, da man eben
Ausländer ist, aber wenn man so etwas weiß, kann man darauf etwas achten. Einfach kurz zwei Schritte zur Seite treten und dann losschneuzen. Das finden einige sonst unangenehm. Was man auch nicht gleich (wie es in Deutschland eher üblich ist) tun sollte, ist seine politische Meinung kundtun oder den Chinesen ihre Sichtweise um die Ohren hauen. Politik ist hier etwas Sensibles und man sollte nicht vergessen, dass auch wir nicht die reine Wahrheit kennen. Also nicht gleich mit dem Finger drauf zeigen (Während meines Aufentalts konnte ich deutsche Nachrichten mit den hiesigen Nachrichten bezüglich Tibet, vor den olympischen Spielen, vergleichen. Es ist sehr schwer, die Wahrheit zu finden und man spricht hier nicht gerne mit einem Unbekannten darüber. Ich konnte beobachten, wenn es mir gestattet wurde, aber nicht fordern. Das sollte man sich in unserer Position verdeutlichen.). Wenn ihr mit den Ärzten Essen geht, wird euch jeder mal zum Zuprosten auffordern. Einfach mitmachen, das Glas versuchen unterhalb des anderen zu treffen (zeigt Hochachtung) und sich kurz für die Zuprostaktion bedanken und einen Schluck trinken. Seid ihr männlichen Geschlechts, könnte ein gan bei erklingen, was so viel heißt wie Glas leer bzw: auf ex (bei Frauen eventuell auch, bei Männern auf jeden Fall!). An das und mehr gewöhnt man sich schnell, wenn man sich darauf einläßt. Und keine Angst, wenn mal was daneben geht: da ihr Ausländer seid, wird euch kaum etwas Übel genommen. Sie machen sich kurz über einen lustig, was aber total in Ordnung ist, da sie sich über einander auch herrlich amüsieren können. Es ist nicht böse gemeint. Es gibt natürlich viel mehr Dinge, aber die werdet ihr mit der Zeit herausfinden (dieses oder die nächsten Male in China :-)). Kleiner Tip: Geschenke sind auch in China sehr beliebt. So ist es sehr ratsam, Kleinigkeiten wie Schoki oder Berlin-Sachen mitzubringen und dann an die betreuenden Ärzte zu verschenken und an wen man will. Es ist kein Muss, macht aber Spaß und wird gern gesehen. Hilfe Hilfe gibt es von jeder Seite, ihr müsst nur fragen. Die Ärzte und Studenten wissen meist, wo man Zugtickets kaufen kann, welcher Bus wohin fährt, wohin ihr als nächstes müsst und so weiter. Sie bieten auch immer an, mitzukommen und zu helfen. Wenn man um Rat fragt, könnte es passieren, dass die ganze Station helfen möchte. Es erscheint manchmal etwas chaotisch, ist aber lustig und irre gut, da man meistens nicht nur einen, sondern für alle Belange gleich mehrere Tips bekommt (Einer kennt die teuren, der Andere die billigen Unterkünfte, Reisewege, Restaurant usw.). Formelle Anfragen könnt ihr an die ZAST richten. Die waren immer super nett und hilfsbereit. Also allein ist man wirklich nicht!
Wenn es um formelle Fragen geht, dann ist es ratsam, immer sowohl das Krankenhaus selbst, als auch die ZAST zu fragen, denn manchmal ist nicht ganz klar, wer zuständig ist. Wenn ihr beides macht, dann sollte nichts schiefgehen. Arbeit Die Arbeit im Krankenhaus: Mir wurde gleich am Anfang ein Rotationsplan nach meinen wünschen zusammengestellt und danach 8000 Yuen (800 Euro) in die Hand gedrückt. An meinem ersten Tag holte mich mein erster betreuender Arzt ab und zeigte mir die Station. Alle waren interessiert und sehr offen. Die Abläufe waren sehr ähnlich auf den Stationen: 1. Schwestern berichten, was in der Nacht passierte. 2. Visite aller Betten mit allen. 3. Studenten wechseln Verbände. 4. OP / Stationsarbeit. Ich habe mich immer an die Studenten rangehängt und mir zeigen lassen, wie man Verbände wechselt. Auch ohne sprachliche Verständigung ging das gut. Nach einem Tag kann man dann alleine Verbände wechseln und ein wenig eigenständig arbeiten. Es hat irre Spaß gemacht, mit den Patienten zusammen zu sein. Die wichtigsten Fragen der Patienten waren: Woher kommst Du? Wer bist Du? Was ich immer sagte war: Tut es weh? ( tung ma? ), ich werde ihnen den Verband wechseln ( wo gei ni huanyau ) und Fäden ziehen und so Kleinkram. Wichtigste Vokabeln für mich: wo ting bu dong ; wo bu ming bei (ich verstehe nicht). Es ist jedes mal ein Abenteuer gewesen und super lustig für alle Beteiligten. Ich musste anfangs aber immer sagen, dass ich das machen möchte, denn die Ärzte selbst wollten mir nicht zu viel aufbrummen. Wenn man aber nicht geht, wird es etwas langweilig. Als ich aber von mir aus gehen wollte, waren sie begeistert und ließen mich machen und halfen mir auch sehr. Danach bin ich meist sofort in den OP gegangen. Was auf dem Plan stand, hat mir immer ein Student oder Arzt erklärt. Bei den Operationen durfte ich meistens, abwechselnd mit den anderen Studenten, halten und knoten. Selbst, wenn kein Arzt am Operationstisch Englisch gesprochen hat, hat es mit Zunicken und Zeigen sehr gut geklappt. Nähen durfte ich auch immer mal wieder. Aber es hing immer vom jeweiligen Arzt oder von der Fachrichtung ab, ob ich (oder überhaupt ein Student) mitmachen oder eben nur zugucken durfte. Ich konnte Krankheitsbilder sehen, die es so weit fortgeschritten bei uns kaum noch gibt. So konnte ich einige Beschreibungen aus den Lehrbüchern, die ich als übertrieben angesehen hatte, nachvollziehen. Aber ansonsten habe ich nicht viel dazu gelernt, da es für mich auch
Sprachbarrieren diesbezüglich gab. Die Tage waren unterschiedlich lang. Manchmal gab es viel zu sehen und zu tun und dann wieder gar nichts. Wenn eben gar nichts los war, schickte ein Arzt mich meistens nach Hause oder sprach mit mir über die Unterschiede zwischen Deutschland und China. So fingen meine Tage immer um 8 Uhr an und endeten mal um 11 Uhr, mal um 14 Uhr und mal um 18 Uhr. Ganz unterschiedlich! Kurzes Wort zum Erdbeben am 12.05.08: Während meines Aufenthaltes geschah leider das schwere Erdbeben. Auch in dieses Krankenhaus wurden Opfer eingeliefert. Aber selbst in dieser schweren Zeit war ich nicht alleine. Ich konnte Fragen stellen und wurde mitgenommen und die Beschwerden und Therapien der einzelnen Patienten wurden mir erklärt. Die Ärzte gingen sehr souverän mit der Situation um, was mich sehr beindruckt hat. Freizeit Man kann hier super Radfahren und Hangzhou erkunden. Außerdem kann man nach Suzhou, Shanghai oder anderswo um Hangzhou rum fahren (einfach im Reiseführer nachschauen oder die Ärzte und Studenten fragen). Von der ZAST wurde ebenfalls eine Reise finanziert. Wir (ein anderer Charitéler, der in anderen Krankenhäusern war und ich) haben YUNNAN gewählt, da wir Peking schon kannten. Wir waren mit einer 40köpfigen, chinesischen Reisegruppe unterwegs. Es war super lustig. Allerdings konnte keiner Englisch. Zum Abschluss Habt Spaß und lasst euch auf China ein (ist nicht immer so einfach, wie es klingt). Die Menschen hier heißen euch willkommen, wenn ihr euch respektvoll verhaltet. Da dies meine zweite China- Reise gewesen ist, war es natürlich ein wenig einfacher. Aber auch für Erst-Reisende ist es bestimmt klasse, wenn man keine Erwartungen stellt und sich hier überraschen läßt. Man sollte nicht vergessen, dass man nicht in Deutschland ist und auch versuchen, nicht alles mit dem europäischen Standard zu vergleichen. Manches ist schlechter, manches besser und alles einfach etwas anders. Mit all dem und eurer China-Lust sollte es euch mindestens so gut ergehen, wie mir! Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Chinaaufenthalt.