Effektivität von Gesundheitsökonomischen Fernwanderungen in Deutschland. Ein nicht-randomisierte kontrollierte empirische Studie



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Transkript:

FORSCHUNGSBERICHTE DES INSTITUTS FÜR GESUNDHEITSÖKONOMIE UND KLINISCHE EPIDEMIOLOGIE DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN STUDIEN ZU GESUNDHEIT, MEDIZIN UND GESELLSCHAFT NR. 06/ 2009 VOM 05.09.2009 *** ISSN 1862-7412 *** WWW.IGKE.DE/SGMG Effektivität von Gesundheitsökonomischen Fernwanderungen in Deutschland. Ein nicht-randomisierte kontrollierte empirische Studie Autoren (alphabetisch): Büscher G Hiestermann A Lüngen M Passon A Waldeyer R Korrespondierender Autor: Markus.Luengen@uk-koeln.de 1

Die Reihe Studien zu Gesundheit, Medizin und Gesellschaft umfasst Arbeits- und Forschungsberichte des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität zu Köln sowie kooperierender Wissenschaftler und Institutionen. Die Berichte und weitere Informationen zu den Forschungsberichten können im Volltext abgerufen werden unter http://www.igke.de/sgmg 2

1 Hintergrund In der Vergangenheit konnte die Effektivität von körperlicher Bewegung auf das Wohlbefinden und die kurzfristig nach der Intervention geäußerte Lebensqualität bereits nachgewiesen werden. Unklar war bisher, ob dies auch für Gesundheitsökonomische Fernwanderungen in Deutschland gilt. 2 Methode Die Intervention bestand in einer eintägigen Gesundheitsökonomischen Fernwanderung (GÖFW). GÖFW zeichnen sich aus durch eine zurückgelegte Entfernung zwischen 15 und 20 km pro Tag und ein Teilnehmerkreis aus Freunden der Gesundheitsökonomie und solchen, die es werden wollen. Die vorliegende Intervention wurde konkretisiert auf ein dreistufiges Verfahren: Bahnfahrt (Köln-Marienheide) + Wanderung (Marienheide-Gimborn-Ründeroth) + Bahnfahrt (Ründeroth- Köln). Optional wurde die Verpflegung auf Schnitzel, Rahmpilze, Rehragout, Salat und Bergisches Krüstchen eingegrenzt. Angeschrieben wurden alle aktiven und ehemaligen Studierenden der Gesundheitsökonomie Köln sowie Mitarbeiter des IGKE und weitere Interessenten (Schneeballverfahren). Bei fehlender Rückmeldung wurde nicht nachgefasst (außer bei den Mitarbeitern des IGKE in mehrmaliger mündlicher Form). Ausschlusskriterien waren: fehlende wasserdichte Schuhe, fehlende eingelaufene Schuhe, aufkommende Erkältung, bereits vorhandene Erkältung, Kinderbetreuung, andere Termine, Samstagsträgheit. Die Kontrollgruppe nahm nicht an der Intervention teil. 3

3 Ergebnisse Sieben Teilnehmer konnten eingeschlossen werden. Dropouts bestanden insbesondere aufgrund von fehlende wasserdichte Schuhe (N=1), fehlende eingelaufene Schuhe (N=1), aufkommende Erkältung (N=1), bereits vorhandene Erkältung (N=1), Kinderbetreuung (N=2), andere Termine (N=2), Samstagsträgheit (N=98). Alle Teilnehmer konnten die Intervention komplett absolvieren (100%). Der Erfolg der Intervention wurde am sog. Herzalter gemessen. Während zuvor das Herzalter zwischen +10 (gegenüber dem Lebensalter) und 1 schwankte, konnten unmittelbar nach der Intervention durchgängig Werte um 10 geäußert werden (also eine signifikante Verbesserung des Herzalters). Allerdings traten Nebenwirkungen auf. Berichtet wurde über Nässe an den Füßen (selten), Nässe an den Schulter (häufig), Durst (selten), Ruhebedürfnis (sehr häufig), Probleme beim Treppensteigen abwärts (selten). Die Kontrollgruppe äußerte hinterher spontan geringere Werte der Zufriedenheit ( Das hört sich aber toll an. Da wäre ich auch unglaublich gerne dabei gewesen ). Zudem wurde dort das Shopping-Syndrom als Nebenwirkung gemeldet (häufig). 4 Diskussion Wir konnten die kurzfristigen positiven Auswirkungen von Gesundheitsökonomischen Fernwanderungen auf das allgemeine Wohlbefinden und das Herzalter zeigen. Kaum Einfluss auf die Effektivität scheinen Länge der Phase 1 (Anfahrt) und (überraschenderweise) schlechtes Wetter zu haben. Die Studie hatte jedoch auch einige Einschränkungen. So erfolgte die Auswahl nicht randomisiert, da eine Randomisierung aus ethischen Gründen nicht durchsetzbar war. Die langfristigen Auswirkungen waren zudem gemischt. Insbesondere 24 Stunden nach der Intervention traten teilweise erhebliche Nebenwirkungen auf (Bewegungsprobleme), jedoch wurde kaum über ein Absinken der subjektiven Zufriedenheit berichtet. 4

Empfohlen wird weitere Forschung in geänderter Umgebung (etwa Eifel), um die langfristig positiven Auswirkungen von Gesundheitsökonomischen Fernwanderungen zu stabilisieren. Zudem sollte die Studie von einer Panel-Untersuchung auf einen weiteren Kreis ausgedehnt werden. Noch bessere Ergebnisse können bei Umstellung folgender Faktoren erwartet werden: Sonnenschein (höhere Teilnehmerzahl, mindert die Gefahr von Unterkühlung und damit in Zusammenhang stehenden Schmerzen der unteren Gliedmaßen), Kinderbetreuung (ebenfalls höhere Teilnehmerzahl), Kaffeebüdchen (erhöht die intrinsische Motivation). Es kann vermutet werden, dass die Einhaltung der oben genannten Faktoren, eine Ausdehnung des Teilnehmerkreises sowie die schrittweise Erhöhung der zurückgelegten Strecke sogar noch zu einer deutlichen Steigerung der positiven Ergebnisse führen werden. 5 Interessenkonflikte Keine. Drittmittel oder sonstige Förderungen standen leider nicht zur Verfügung. 5

6 Abbildungen Abbildung 1: Intervention im Überblick (Google) 6

Abbildung 2: Typische Interventions-Szene Abbildung 3: Interventionsende 7