Predigt zu Matthäus 5, 14-16 Nun hat der goldene Füllfederhalter doch noch etwas Gutes! Liebe Gemeinde, da hat diese Miriam Lahndorf ihr Licht offensichtlich unter den Scheffel gestellt. In ihrer zurückhaltenden aber den Menschen zugewandten Art arbeitete sie fünfunddreißig Jahre lang als Bibliothekarin. Zwar hat die Bibliothek, die sie mit aufgebaut hatte, nicht ihren Namen erhalten. Doch was sie über die Jahre in Menschen investierte, kann man eben nicht mit Geld aufwiegen. Das allerdings konnte sie selbst so gar nicht sehen. Sie glaubte nur ein kleines Licht zu sein. Wenn Sie sich auch insgeheim gewünscht hätte, etwas mehr Wertschätzung zu erhalten. Umso größer die unverhoffte Freude über den Werdegang von dieser Christina, für die sie sich eingesetzt hatte. Was wir hier gesehen haben, ist ein ermutigendes Gleichnis für alle, die Jesus als Licht der Welt bezeichnet und die sich manchmal fragen, warum davon so wenig zu sehen ist. > Matthäus 5, 14-16 vorlesen! 1
Ihr seid das Licht der Welt ihr seid gemeint. Ich nehme mich da natürlich nicht aus. Wir sind diejenigen, die etwas von dem Licht ausstrahlen, das Jesus in diese Welt gebracht hat. Wenn nicht wir, wer dann? Leider nur ist davon so wenig zu sehen. Einerseits spricht Jesus uns zu, Licht der Welt zu sein und andererseits fordert er dazu auf, dass wir dieses Licht leuchten lassen sollen. Eigentlich kann das Licht, mit dem Jesus uns erleuchtet hat, gar nicht verborgen bleiben genauso wenig, wie die Lichter einer Stadt, die auf dem Berg liegt. Das andere Bild mit dem Scheffel verdeutlicht dagegen, dass es durchaus sein könnte, dass man sein Licht unter den besagten Scheffel stellt. Tja, diese Spannung können wir nicht auflösen. Bis heute heißt es sprichwörtlich: Stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Der Sinn dieses Sprichwortes ist geläufig, auch wenn heute kaum noch jemand weiß, was ein Scheffel ist. Es handelt sich dabei um ein schüsselartiges Gefäß, das man früher zum Abmessen von Getreide oder Mehl verwendete (Bild). Würde man also eine Öllampe unter einen umgestülpten Scheffel stellen, würde das Licht der Lampe nicht nur nicht leuchten, es würde irgendwann infolge von Sauerstoffmangel 2
erlöschen. Das Bild ist ebenso einfach, wie aussagekräftig. Fragt sich nur, wie wir dieses Bild auf unser Leben beziehen: Wofür könnte solch ein Scheffel stehen? Wo konkret lasst ihr euer Licht leuchten? Bevor ich auf diese Fragen näher eingehen werde, müssen wir bedenken, worauf Jesus eigentlich hinaus will. Es geht darum, dass Menschen durch unsere Liebe sehen, was für einen liebevollen Vater im Himmel wir haben! Das muss klar sein. Von diesem Ziel her müssen wir denken. Nun also zu der ersten Frage: Wofür könnte der Scheffel ein Sinnbild sein? Ein Scheffel steht für alles, was das Licht göttlicher Liebe tief in unserer Seele verdunkelt. Das können dunkle Gedanken oder Ängste sein, mit denen man morgens schon aufwacht! Das können Selbstzweifel sein wo auch immer die herkommen! Das kann Sünde sein, die nie ausgesprochen und vergeben worden ist! Wir dürfen die Dinge nicht verdrängen. Wir könnten als Christen ansonsten nicht authentisch sein und damit auch nicht glaubwürdig. Wenn wir nun vom Ziel her denken und uns wünschen, dass wir eine Ausstrahlung auf andere Menschen haben, 3
dann müssen wir zuerst innerlich heil werden in der Beziehung zu uns selbst und in der Beziehung zu Gott. Jörg Zink hat wunderbar formuliert, was ich meine: Die Wege zu anderen Menschen führen über Stufen, die wir in uns selbst gehen - absteigend, mühsam zuweilen, aber sie führen zum Herzen. Da, wo tief in unseren Herzen das Licht seiner Liebe die Finsternis unserer Selbstwahrnehmung erleuchtet hat, werden wir uns selbst in einem anderen Licht sehen und andere Menschen werden ihre Herzen öffnen, um genau dieselbe Erfahrung zu machen. Nun zu der zweiten Frage: Wo lassen wir unser Licht leuchten? Wenn wir das Licht der Welt sind, dann leuchten wir egal, wo wir uns gerade aufhalten. Nun gibt es einige, die stellen ihr Licht besonders gerne in der Gemeinde auf einen Leuchter. Ich meine das ganz positiv. Hier in der Gemeinde ist der Raum, wo sich jeder mit seinen Gaben ausprobieren kann nicht um im Rampenlicht zu stehen, sondern um dem (Gott) die Ehre zu geben, der uns begabt hat. Wie in dem Theaterstück gesehen, kann es Wunder wirken, wenn man ermutigt wird, und andere einem etwas zutrauen, was man sich selbst nicht unbedingt zutrauen würde. Ich selbst habe im Raum 4
der Gemeinde immer wieder Menschen gehabt, die mich gefordert, aber auch gefördert haben. Nach meiner Taufe habe ich damals überlegt, was ich gut kann. Ich war zu der Zeit im Volleyballverein und ganz gut als Steller (Zuspieler). So kam mir die Idee, ich gründe eine Volleyballgruppe ich konnte eine Sporthalle organisieren wir haben hart trainiert und ich habe jeden Freitag eine Sportandacht gehalten zu der Zeit ahnte ich nicht, dass ich später einmal jeden Sonntag eine Predigt halten würde! Was kannst du richtig gut? Überleg mal, ob du deine Begabungen nicht auch zur Ehre Gottes einsetzen könntest. Wenn wir in diese Richtung denken und kreativ werden, verändern sich unsere Gruppen! Auch das Reetdach-Haus nebenan könnte auf diese Weise zu einem Licht in diesem Ort werden! Jesus fordert uns dazu auf, unser Licht auf einen Leuchter zu stellen ganz selbstbewusst, in dem Bewusstsein, dass Christus in uns lebt. Das sollte in der Gemeinde das Selbstverständlichste der Welt sein. Ebenso selbstverständlich sollte unser Licht aber auch in der Welt leuchten. Manchmal kommt mir der Gedanke, dass die Gemeinde einem Scheffel gleicht! Ich bin davon überzeugt, dass wir außerhalb von Gemeinde 5
einen Leuchter brauchen, auf den wir unser Licht stellen können. Ob im Sportverein, beim Kochkurs oder wo auch immer! Interessant ist, dass Jesus in seiner Predigt über das Licht nicht sagt, dass die Menschen in unserem persönlichen Umfeld unseren Glauben sehen sollen. Das Licht der Liebe Jesu zeigt sich nicht darin, dass wir noch fester glauben oder frömmer reden, sondern indem wir anderen Gutes tun. Jesus spricht von guten Werken. Das scheint uns zu wenig zu sein. Doch wenn wir mehr erreichen wollen, dann wird das nur möglich sein, wenn wir mehr lieben! Wir werden als Christen an der Liebe erkannt und zwar an der Liebe, die wir im Haus oder im Büro vorleben. Das Licht von dem Jesus spricht, ist dazu gedacht, ein Haus zu erleuchten. Das Haus steht für unseren Alltag oder auch für die Familie! Gibt es Menschen, für die du dich alltäglich einsetzt? Gibt es ein Projekt, für das du dich engagierst? Wir sollten uns sicherlich nicht zu viel vornehmen. Manchmal ist weniger mehr. Wichtig ist, dass wir nicht nur uns selbst so annehmen, wie Christus uns angenommen hat, sondern gerade diejenigen, die gerne übersehen werden. Jeder Mensch braucht Wertschätzung. Wir könnten nicht leben ohne 6
Licht; ebenso wenig könnten wir leben ohne Wertschätzung. Überlegt doch mal, was für eine Wertschätzung darin zu sehen ist, dass Jesus uns als Licht der Welt bezeichnet. Das ist schon erstaunlich. Seit einiger Zeit beschäftigen wir uns in der Gemeindeleitung damit, eine Vision für unsere Gemeinde zu formulieren. Eine Vision definieren wir als ein Bild von Gemeinde, das in uns Begeisterung auslöst. Mich begeistert die Vorstellung, von einer Gemeinde, in der gläubige Menschen ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen, sondern authentisch von dem erzählen, was der Glaube in ihrem Leben verändert hat. Mich begeistert die Vorstellung, dass wir uns wertschätzend Menschen zuwenden, die anders denken, fühlen und glauben. Mich begeistert die Vorstellung, von einer Gemeinde, wo ganz unterschiedliche Menschen zusammen kommen, nicht um zu konsumieren, sondern um ihre Identität als Licht dieser Welt zu verinnerlichen und in diesem Bewusstsein den Vater im Himmel zu preisen mit allem, was wir haben und sind; und vor allem durch gute Werke. AMEN 7