Witzenhausen-Institut Das FITEC-Verfahren 1. Verfahrenseinordnung Biogasanlagen der Finsterwalder Umwelttechnik verarbeiten bereits ab 10.000 und bis zu 100.000 Tonnen Abfälle pro Jahr. Typische Substrate sind: Speisereste Reste aus der Lebens- und Futtermittelindustrie Bioabfälle (Braune Tonne) Organische Anteile aus der Restabfallbehandlung Die einzelnen Elemente des Finsterwalder (FITEC)-Verfahrens zur Aufbereitung und kontinuierlichen Nassvergärung von Abfällen zeigt Abbildung 1. Wesentliche Merkmale des Verfahrens sind eine so gut wie mögliche Störstoffabtrennung vor der Vergärung ohne die Wasserbilanz zu belasten und eine Abtrennung der verbleibenden Störstoffe aus dem Fermenter. Die Vergärung der zuvor aufbereiteten Abfälle erfolgt ein- oder zweistufig (Haupt- und Nachgärer) im mesophilen Temperaturbereich. Zur Anwendung kommt das Durchfluss-Speicher- Verfahren. Abb. 1: Schema zur Aufbereitung und Vergärung von Abfällen nach dem Finsterwalder Verfahren 387
Biogas-Atlas 2014/15 2. Favorisierte Aufbereitung Bioabfall Eine effiziente Abtrennung der nicht vergärbaren Anteile sowohl in der Aufbereitung als auch im Prozess ist gerade bei abfallwirtschaftlichen Biogasanlagen der Schlüssel zum Erfolg. Vorbehandlung Grobzerkleinerung, Aufschluss Bei FITEC-Anlagen werden die Abfälle zunächst in der Annahmehalle gesammelt. Verpackte Lebensmittel müssen vorher nicht entpackt werden. Anschließend gelangen die Abfälle mittels einer Krananlage in ein Aggregat, das die Abfälle zur Begrenzung der Partikelgröße zunächst grob zerkleinert. Danach werden die Abfälle in einem weiteren Aggregat einer Quetschbeanspruchung ausgesetzt und dadurch für den nachfolgenden Trennvorgang aufgeschlossen. Trennung vergärbare/nicht vergärbare Stoffe Zur Trennung des Abfalls in einen vergärbaren (flüssigen) und einen nicht vergärbaren (festen) Anteil kommen nach der Vorbehandlung die hydraulischen Separationspressen der Finsterwalder Umwelttechnik zum Einsatz. Das Prinzip veranschaulicht Abbildung 2: Die vorbehandelten Abfälle fallen zu Beginn des Trennvorganges in den Einlaufschacht der hydraulischen Presse (Abbildung 2, links). Anschließend fährt ein Plunger vor und presst auf diese Weise das Material aus (Abbildung 2, rechts). Die vergärbare (flüssige) Organik tritt durch die Löcher des Lochrohres aus. Lässt sich das Material nicht weiter auspressen, werden an der Stirnseite der Presse zwei Schieber geöffnet und der Presskuchen wird nach vorne ausgeschoben. Danach fährt der Plunger in die Ausgangslage und die Schieber werden wieder geschlossen. Die Presse ist damit bereit für den nächsten Pressvorgang. Abb. 2: Prinzip der hydraulischen Separation der Abfälle in einen vergärbaren (flüssigen) und einen nicht vergärbaren (festen) Anteil Das patentierte Trennverfahren bietet viele Vorteile: Die Separationspressen können nahezu jeden Abfall mit ausreichend hohem Gehalt an vergärbaren Stoffen effizient verarbeiten und bieten damit die größtmögliche Investitionssicherheit. Durch den großen Kugeldurchgang sind selbst grobe Störstoffe wie Steine kein Problem. 388
Witzenhausen-Institut Nach der Pressung ist das Gärmaterial ohne weitere Aufbereitung gemäß EG- Verordnung 1069 : 2009 hygienisierbar (Partikelgröße < 12 mm). Die Wasserbilanz ist außergewöhnlich günstig, da normalerweise kein Frischwasser zugegeben werden muss. 3. Technik der Bioabfallvergärung Nach der Aufbereitung werden die vergärbaren Abfallanteile hygienisiert und in den/die Hauptfermenter gefördert. Die Fermenter sind als Rundbehälter mit festen Betondecken ausgeführt. Alle Aggregate, wie Rührwerke, Austragsvorrichtungen etc., sind in den Behälterdeckel integriert. Dadurch sind alle Aggregate sowohl für die Bedienung als auch für Wartungsund Servicearbeiten gut zugänglich. Parallel zur Ausfaulung des Abfalls erfolgt in den Fermentern eine weitere Abtrennung von noch verbliebenen Störstoffen (Schwimm- und Sinkstoffe): Austrag von Schwimmstoffen Folienstücke, Kork, Styropor und andere Leichtstoffe schwimmen im Fermenter aufgrund ihrer geringen Dichte an der Oberfläche. Innerhalb des FITEC-Verfahrens werden diese von dort mit Hilfe eines Systems aus Wirbeltank, Absenkvorrichtung und Leichtstoffpumpe kontinuierlich abgesaugt und somit entfernt. Anschließend werden die Leichtstoffe weiter auf eine externe Siebmaschine gefördert und abschließend entwässert. Austrag von Sinkstoffen Viele organische Abfälle enthalten auch nach der Aufbereitung noch Stoffe, die sich im Fermenter absetzen (z. B. Steine, Sand, Knochensplitter, Glasstücke, Schalen,...). Damit der Fermenter dauerhaft seine Funktion erfüllen kann, müssen diese Sinkstoffe regelmäßig ausgetragen werden. Bei Biogasanlagen der Finsterwalder Umwelttechnik wird der Austrag von Sinkstoffen durch ein System aus Bodenräumer, Pumpe und Sinkstoffabscheider gewährleistet. Der Bodenräumer schiebt die Sinkstoffe zu einer Austragsöffnung in der Bodenplatte des Fermenters. Von dort werden die Sinkstoffe auf einen externen Sinkstoffabscheider gepumpt und dadurch zuverlässig entfernt. 389
Biogas-Atlas 2014/15 Abb. 3: FITEC Bodenräumer Im Anschluss an die Fermentation im Hauptfermenter wird das Gärprodukt entweder in einem beheizten Nachgärer noch weiter ausgefault oder direkt in ein abgedecktes Endlager gefördert. 4. Hygienisierung Die Hygienisierung erfolgt durch eine vorgeschaltete Pasteurisierung just-in-time. Dazu werden die vergärbaren Abfallanteile kontinuierlich durch einen Doppelrohrwärmetauscher auf über 70 C erwärmt. Der erwärmte Abfallstrom wird abwechselnd in einem von mehreren Haltetanks aufgenommen. Ist ein Haltetank gefüllt, wird die vorgeschriebene Hygienisierungsdauer abgewartet und der zeitliche Temperaturverlauf im Haltetank dokumentiert. Danach wird das hygienisierte Material über einen weiteren Wärmetauscher wieder abgekühlt und in den Hauptfermenter gepumpt. Eigenschaften/Vorteile dieses Systems: 5. Erfüllt die Anforderungen der EG-Verordnung Nr. 1069/2009 Doppelrohrwärmetauscher kann als Beschickungsleitung genutzt werden Modular erweiterbar Aufbau ist leicht zu reinigen und zu warten Integrierte kontinuierliche Messung und Dokumentation der Hygienisierungstemperatur Gärrestkonditionierung Der im Endlager gesammelte Gärrest ist vollständig von Fremdstoffen > 2 mm gereinigt. Er kann entweder direkt landwirtschaftlich verwertet oder zur Reduktion des Volumens noch weiter behandelt werden. 390
Witzenhausen-Institut 6. Gärrestbehandlung Über eine Dekanterzentrifuge abgetrenntes Zentratwasser kann mittels Stickstoff-Elimination in einer SBR-Anlage energiesparend bis zur Indirekteinleiterqualität weiter aufbereitet werden. 7. Maßnahmen zu Emissionsminderungen Bei abfallwirtschaftlichen Anlagen kommt der Vermeidung von Geruchsemissionen eine besondere Bedeutung zu. Bei Anlagen der Finsterwalder Umwelttechnik sind deshalb sämtliche Anlagenteile, in denen Abfälle angeliefert und verarbeitet werden, eingehaust. Die Abluft aus diesen Anlagenteilen wird erfasst und über einen Biofilter gereinigt. Substrat wird darüber hinaus gepumpt und befindet sich immer in geschlossenen Rohrleitungen. 8. Erzeugte Produkte und favorisierte Vermarktung Das erzeugte Biogas wird auf der Anlage in einem Blockheizkraftwerk zu Strom und Wärme umgewandelt. Der Strom wird über einen Transformator in das örtliche Netz eingespeist. Die erzeugte Wärme deckt den Wärmebedarf für die Temperierung der Fermenter und für die Hygienisierung. Darüber hinaus kann Wärme je nach Gegebenheiten vor Ort über ein Nahwärmenetz an externe Verbraucher abgegeben werden. Das Gärprodukt steht als organischer Dünger für die landwirtschaftliche Verwertung zur Verfügung. Vorteilhaft ist hierfür der Nachweis und die Sicherung der Gärproduktqualität durch eine anerkannte Fachstelle (z. B. Gütegemeinschaft Kompost e. V.). 9. Besonderheiten des Verfahrens Breites Abfallspektrum kann verarbeitet werden Verfahren ist schon ab einer Abfallmenge von 10.000 Tonnen pro Jahr wirtschaftlich In der Aufbereitung muss normalerweise kein Frischwasser zugegeben werden Ganzheitlicher Ansatz zur Störstoffabtrennung Hohe Trennleistung vergärbare/nicht vergärbare Abfallanteile durch Störstoffelimination sowohl in der Aufbereitung als auch im Prozess Schwimm- und Sinkschichten in den Fermentern werden zuverlässig und nachhaltig vermieden Flexible Komponenten schaffen Investitionssicherheit auch bei veränderlichem Input Komponenten und Aggregate sind besonders verschleißarm und leicht zu warten Weitere Infos und Kontakt: www.fitec.com 391
Biogas-Atlas 2014/15 Referenzanlagen zur Abfallvergärung in Deutschland und Europa Anlagenstandort Land Kapazität Inputmaterial Inbetriebnahme BioPower Bernau, Bernau a. Chiemsee Deutschland 6.000 t/a Speisereste 2000 Biogasanlage Kaiserwinkl, Kössen Bioenergie Schlitters GmbH Biogasanlage Langage Farm, Plymouth Biométhanisation Marc Mangen, Buchholz Österreich 4.000 t/a Bioabfall, Speisereste Österreich 6.000 t/a Bioabfall, Speisereste Großbritannien 15.000 t/a Speisereste, Gülle Luxemburg 7.500 t/a Bioabfall, Speisereste, landwirtschaftliche Substrate 2007 2008 2011 2011 Abfallwirtschaftszentrum Rothmühle Gemeindewerke Garmisch Deutschland 25.000 t/a Bioabfall 2014 Deutschland 10.000 t/a Bioabfall 2014 392