Bewertung des Interaktionsrisikos komplementärmedizinischer Phytotherapeutika in der Onkologie
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- Nele Langenberg
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1 Bewertung des Interaktionsrisikos komplementärmedizinischer Phytotherapeutika in der Onkologie Prof. Dr. Christoph Ritter Klinische Pharmazie, Institut für Pharmazie Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
2 Klinische Ausprägung einer Wechselwirkung zwischen Arzneimittel und pflanzlichem Präparat + Wirkungsverstärkung Nebenwirkung Hauptwirkung Toxizität Therapieziel Wirkungsabschwächung Nebenwirkung Hauptwirkung Wirkungsverlust
3 Ursachen und Auswirkungen von Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und pflanzlichen Präparaten Pharmakodynamische Wechselwirkungen 79% 21% Hepatotoxizität Veränderte Corticoidwirkung Erhöhtes Hypoglykämierisisko Hypertensive Krise Blutungen Serotonin-Syndrom Sonstige Pharmakokinetische Wechselwirkungen Yap KYL et al. J Altern Compl Med 2012
4 Mechanismen pharmakokinetischer Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und pflanzlichen Präparaten Arzneistoffaufnahme Metabolismus Veränderung wirksamer Plasmaspiegel Enzym-abhängig verstoffwechselter Chemotherapeutika Arzneistoffausscheidung
5 Wechselwirkungspotenzial von pflanzlichen Präparaten durch Modulation von Enzymen der Cytochrom P450-Familie Curcuminoide Inhaltsstoffe von Curcuma longa
6 Volak PL et al. Drug Metab Dispos. 2008; Prasad et al. Cancer Res Treat 2014 Inhaltsstoffe des Curcumins hemmen CYP-Enzyme aus humanen Lebermikrosomen in unterschiedlichem Ausmaß Isoenzym IC 50 (µm) Kurkumin-Extrakt IC 50 (µm) Kontrollinhibitor Kontrollinhibitor CYP3A 25,3 ± 1,3 0,1 ± 0,10 Ketoconazol CYP2C9 13,5 ± 1,4 0,44 ± 0,03 Sulfaphenazol CYP2D6 63,3 ± 4,8 0,13 ± 0,01 Chinidin CYP2C19 7,4 ± 1,2 6,5 ± 1,3 Omeprazol CYP1A2 95,4 ± 17,1 0,10 ± 0,02 a-naphtholflavon CYP2E1 >200 5,8 ± 0,8 Diethyldithiocarbamat CYP2B6 9,4 ± 1,9 5,0 ± 0,5 Thiotepa
7 Zhang W et al. Drug Metab Dispos Inhaltsstoffe des Curcumins erhöhen die Bioverfügbarkeit des CYP3A4-Substrates Midazolam im Tiermodell N=5 60 mg/kg Curcumin täglich über 4 Tage Parameter Kontrolle Koadministration C max (ng/ml) 123,2 ± 14,82 239,7 ± 46,8 Behandlung 259,2 ± 38,7 t max (min) 28,8 ± 5,9 28,8 ± 4,7 32,5 ± 5,8 AUC 0-4 (ng/ml * h) 255,1 ± 27,4 470,0 ± 88,4 657,0 ± 135,6* AUC Gesamt (ng/ml * h) 476,9 ± 109,5 776,2 ± 94,6 1835,4 ± 442,1* CL Gesamt (ml/h) 13,4 ± 3,2 7,6 ± 0,8 3,3 ± 0,7*
8 Inhaltsstoffe des Curcumins haben keinen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Midazolam bei gesunden Probanden 3 Dosen à 4 g Curcumin jeweils im Abstand von 12 Stunden Parameter Placebo Curcumin N=8 Placebo Curcumin C max (ng/ml) t max (h) 10,1 ± 6,1 1,3 ± 0,3 9,9 ± 5,2 1,2 ± 0,6 AUC Gesamt (ng/ml * h) 37,8 ± 31,5 34,0 ± 23,4 CL Gesamt (ml/min) 1776 ± ± 1134 CL Gesamt (ml/min * kg) 23,6 ± 11,0 27,0 ± 16,0 t 1/2 (h) 2,2 ± 0,4 2,2 ± 0,3 Erreichte Plasmaspiegel von Curcumin < 0,5 µm (IC µm) Volak PL et al. Br J Clin Pharmacol. 2012
9 Inhaltsstoffe des Curcumins haben keinen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Midazolam bei gesunden Probanden? 3 Dosen à 4 g Curcumin jeweils im Abstand von 12 Stunden Erreichte Plasmaspiegel von Curcumin < 0,5 µm (IC µm)
10 Variabilität von Curcumin-Plasmaspiegeln in Abhängigkeit von Dosis und Formulierung Curcuminoid-haltiger Präparate Autoren Jahr Dosis [mg] Formulierung C max [nmol/l] (MW±SD) Cuomo et al Phospholipid-Komplex 136,5±34,5 Jäger et al Dispersion auf hydrophilem Carrier 74,1±17,4 Kanai et al Nanopartikel 746,5±181,9 Kanai et al Nanopartikel 3192,4 Morimoto et al Nanopartikel + Vitamine und AS 69,2±33,1 Sasaki et al Nanopartikel 80,1±35,0 Schiborr et al Mizellar 3228,0±1408,2 Sharma et al Gelöst in äther. Curcuma-Öl < LOD LOD: Limit of detection
11 Dosis, Formulierung und rechtlicher Status Curcuminoidhaltiger Präparate in Deutschland Präparat Tagesdosis [mg] Formulierung Status Curcuflex 4 x 46,7 Extrakt, mizellar mit Polysorbat 80 NEM Curcumin-Loges 2 x 50,4 Extrakt, mizellar mit Polysorbat 80 NEM Curcu-Truw 2 x 81 Trockenextrakt AM Curcusol 2 x 40 Extrakt, mizellar NEM Curcumin Dr. Wolz 3 x 50 Mikroverkapselte Curcuminoide NEM Dr. Jacob s Curcumin 2 x 90 Curcumin-Phospholipid-Komplex NEM Pure encapsulations Curcuma x 500 Extrakt + Piperin NEM OrthoDoc Curcuma 1 x 263 Extrakt + Piperin NEM Naturafit Curcuma 2 x 400 Extrakt NEM Green line Curcuma 2 x 400 Extrakt NEM NEM: Nahrungsergänzungsmittel; AM: Arzneimittel
12 Fazit Ergebnisse aus in-vitro-studien, Studien am Tiermodell und klinischen Untersuchungen unterscheiden sich zum Teil erheblich. Je nach untersuchtem pflanzlichen Präparat liegt eine unterschiedliche Anzahl von Untersuchungen vor. Die Zusammensetzung und der rechtliche Status pflanzlicher Präparate variiert substanziell. Die Möglichkeit, Empfehlungen für die Anwendung abzuleiten, hängt von der Konsistenz der Ergebnisse dieser Untersuchungen ab.
13 Arzneimittel-Pflanzen-Wechselwirkungen im Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie (KOKON) Pflanzliche Präparate Zytostatika In vitro-studien Klinische Studien Tierstudien
14 Vorgehensweise zur Bewertung des Wechselwirkungsrisikos zwischen pflanzlichen Präparaten und Zytostatika Systematische Recherche Pflanzen und Inhaltsstoffe Metabolisierung der Zytostatika Einfluss Pflanze-Enzyme Bewertung Wechselwirkung Pflanze-Enzyme Metabolismus des Zytostatikums Wechselwirkung Pflanze-Zytostatikum 4 5 6
15 Algorithmus zur Abschätzung des Risikos für klinisch relevante pharmakokinetische Wechselwirkungen Existieren Untersuchungen zu Interaktionen zwischen einer pflanzlichen Präparation und einem Zytostatikum? 6 ja Existieren Klinische Studien? ja Bewertungsmodul Klinische Studien nein nein Existieren Fallberichte? nein Existieren Untersuchungen zu Interaktionen zwischen einer pflanzlichen Präparation und einem Enzymsystem? nein Es kann keine Aussage zu Interaktionen getroffen werden. ja ja Bewertungsmodul Fallberichte Algorithmus zur Beeinflussung eines Enzymsystems durch pflanzl. Präparation Lendeckel A et al., Eur J Clin Pharmacol, in revision
16 Algorithmus zur Abschätzung des Risikos für klinisch relevante pharmakokinetische Wechselwirkungen Ergebnis Klinische Studien 6 Keine relevante Interaktion Signifikante Interaktion Verschiedene Ergebnisse nein Studienergebnis reproduziert? Studienergebnis reproduziert? ja ja nein Interaktion möglicherweise nicht zu erwarten Interaktion nicht zu erwarten Interaktion zu erwarten Interaktion möglich Lendeckel A et al., Eur J Clin Pharmacol, in revision
17 Pharmakokinetische Wechselwirkungen im Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie (KOKON) Interaktionsmatrix Kommentar Interaktionsprofil Literatur
18 Wechselwirkungspotenzial komplementärer pflanzlicher Präparate mit relevanten Arzneistoffen der Onkologie Johanniskraut Ginseng Mariendistel Sonnenhut Mistel Curcuma Cannabis Traubensilberkerze Grüner Tee Baldrian Interaktionen nicht einschätzbar unwahrscheinlich eher unwahrscheinlich möglich wahrscheinlich zu erwarten
19 Zusammenfassung Das Risiko für Wechselwirkungen zwischen Phytopharmaka und Krebstherapeutika existiert. Die Studienlage zu Wechselwirkungen zwischen Phytopharmaka und Krebstherapeutika ist sehr heterogen. Zusammen mit aussagekräftigen in vitro-in silico-in vivo Untersuchungen kann der vorgestellte Algorithmus ein wichtiges Instrument zur Bewertung und Darstellung von pharmakokinetischen Wechselwirkungen zwischen Phytopharmaka und Krebstherapeutika sein.
20 Verknüpfungsmöglichkeiten der Bewertungsstrategie für Interaktionen mit Teilbereichen aus Onkopedia Interaktionsmatrix Interaktionsprofile Solide Tumore
21 Verknüpfungsmöglichkeiten der Bewertungsstrategie für Interaktionen mit Teilbereichen aus Onkopedia
22 Danksagung Annette Lendeckel Janine Ziemann Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Alexander Kalisch Adele Stapf Mario Rottorf Markus Horneber Klinikum Nord, Nürnberg Matthias Rostock Universitätsklinikum Eppendorff Hamburg / UniversitätsSpital Zürich Claudia Witt Charité Universitätsmedizin Berlin / UniversitätsSpital Zürich Joachim Boos Universitätsklinikum Münster Thomas Efferth Johannes Gutenberg-Universität Mainz Robert Hermann cr.appliance Gelnhausen Wolfgang Kämmerer Klinikum Augsburg Ulrich Klotz Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie Stuttgart Ulrike Lindequist Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Friedemann Nauck Universitätsmedizin Göttingen Friedrich Overkamp Praxis & Tagesklinik für internistische Onkologie & Hämatologie Recklinghausen Oliver von Richter MerckSerono Darmstadt
23 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT Prof. Dr. Christoph Ritter Klinische Pharmazie, Institut für Pharmazie, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Friedrich-Ludwig-Jahn-Str. 17, Greifswald Tel.: , FAX:
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