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7 fc-p ~T, -**- * '" %*? Charakterbildung dwd^f 0cdankchkräftc \V^ Von ^" "jqaip[) Waldo Crine v eifteig berechtigte Überfettung aus dem engllfcfcen von Cr. fliax Cf)lifHieb Caufend Stuttgart Verlag von "J, ngeij"om 1906 * 1 *

8 . THE NEW YORK PUBLIC LIBRARY A8TOR, LENOX AND TlLDtN R 10,3 FOUNDATION8. L Alle fted)te vorbehalten Druck der Union Beutfcfce Verla090efellfd)aft in Stuttgart» *» «" 4 / * * *» «* * '*"»» *? *. ' '?»,

9 Vorrede des Überfein*. Wir Deutfdjen find gervö ("nlid) der ftteinung. wir ftftten den ganzen Vorrat Ddealismus, der in der Welt vorfanden ift, fo ziemlid) allein gepachtet Und befonders auf die praktifdjen, reali tifd)en Amerikaner fejjen tvir oft mit den Gefühlen jene» TDannes fjerab, der da fagte: Dd" danke dir, Gott, dag id) nid"t bin wie diefer einer. Aber nichts ift verkehrter als diefe Vorftellung, und nichts ftef"t uns X)eutfd"en fd"ied"- ter an, deren ttufjm es zu allen Zeiten gewefen ift, fremde Vorzüge anzuerkennen was nid)t notwendig zu der 6d"wäd)e zu werden braucht, die es freilid) bei uns Deut» fdjen oft genug geworden ift Die Amerikaner find bei all ifjrem praktifdjen Realismus dod)

10 üdealiften im großen 6til: fd"on die eine 6r«wägung kann uns das einleuchtend machen, dag dod) die HMIIionen von deutfd"en Vorfahren der heutigen Amerikaner nid)t ojjne Cinfluß auf if"re nachkommen geivefen fein können. Der!"öd)fte Ausdruck des amerikanifd"en Ddealismus mar ttalpf) Waldo Cmerfon, der J)eute, ein Vierteljajjr^undert nad) feinem Code, einen immer breiteren 6influ gewinnt. 3n feinen bedanken ift viel deutfd"er, befonders Goetf"efd"er infd)iag: aber der deutfdje Ddealismus frat in dem ewigen 6ud"er ojjne Vergangenheit, für den nid)ts beilig und nid)ts profan i(t", eine eigenartig amerikanifd"e 0eftalt angenommen. (Jene ed)t amerikanifd"e Verbindung von Realismus und Idealismus ift aud) fein Kennzeichen: unbekümmert um aiieiiterarifd"en,pf)ilofopf)ifd)en oder reiigiöfen Überlieferungen gef)t er immer vom 6infad"ften

11 und rtäd) tiiegenden aus, um von dort zu den j)öd)ften flögen des Gedankens zu klimmen. in ftbfenker vom feaume Cmerfons i(t lialpi) Waldo Crine, der Verfaffer des f"ier der deutfd"en Leferwelt dargebotenen :6ud"es, der fd"on in feinem Vornamen die geizige Abkunft von dem Denker von Concord kundgibt 3n if)m "aben mir einen Vertreter des beutigen amerikanifdjen Ddealismus vor uns, deffen Cinfluß auf die englifd) fpredjende Welt gewaltig fein muß, wenn man die Zahlen lieft, die der ftbfa^ feiner 36üd)er erreicht j"at Von den kleinen Lebensbüd)lein"zu etwa achtzig Seiten, die er gefdjrieben: Das Größte, was wir kennen'4 (The greatest thing ever known), Alles Lebendige4' (Every living creature), Charakterbildung durd) Gedanke nkräfte" (Character-building thought power) find bis jefct zufammen über hunderttaufend Cxemplare verkauft worden, von dem

12 Lebensbild)" Was alle Welt fud)t" (What all the world's a-seeking) über fünfzigtaufend, von 3n fiarmonie mit dem Unendlichen" (In tune with the Infinite) gar weit me )r als t"underttaufend. JOiefe 8d"riften find freilief) in der allereinfad)ften und verftdndlidtfen Sprache gefd)rieben: manches kommt uns deutfdjen anfprud)svoüeren Lefern vielleicht gar zu einfad) vor. 6ie machen die denkbar geringen Anforderungen an die Vorbildung oder die Denkkraft derer» zu denen fie fpred)en: aber fte bandeln dod) faft fdmtlid) von abßrakten wir X)eutfd)en würden fagen von p()iiofopbifd)en Fragen, und es i(t kein geringes Lob für die Amerikaner, dag diefe allerdings reizend ausgerotteten und billigen :6üd)er fo viele (über ) Käufer gefunden f"aben. Der pf)ilofopbifd)e Standpunkt Crines ift etwa der des älteren Fichte in feiner zweiten

13 Periode: ein Pantheismus, der vollen rnft mad)t mit der Crkenntnis der wahren in- ("eit des menfd"lid)en Geiftes mit dem göttlichen und darum der Fid)te Ja fo merkwürdig nat"eftef)enden indifd)en Gedankenwelt id" gerne und dankbar aufföließt; «hl pantyeismus aber, der mit foldjer Strenge zu fltt» lidjen Folgerungen fortfd) reitet, daft er die Wafjrijeit und Fruchtbarkeit des Ctyeismus völlig in fld) aufnimmt, wie fd"on des Verfaflers beftdndige Anführung von geißreid) ausgewählten Äibelfprüdjen beweift 3n dem fdunde Crines nehmen die einfachen, von uns oft gedankenlos gebrauchten Ausdrücke eine ganz neue realißifd)e Bedeutung an: daß der "3eift auf den Körper wirkt, dag (Sedanken Kräfte find, füfjrt er fo f"andgreiflid" aus, daß der Gegenfal? von TDaterialismus und Idealismus dadurd) überwunden fdjeint und alles ift darauf angelegt, den fdenfdjen nid)t

14 10 blog körperlid) gefund, kräftig und leiftungsfdl)ig, fondern vor allem geiftig klar, tval"rl)af tig und (Htlid) zu machen. Dn der Anwendung diefer Gedanken ftreift der ideali tifd)e Ameris kaner für uns nüchterne X)eutfd"e oft ans %)\)antaftifd)et und die Grenzen gegenüber dem Okkultismus, dem Gefundbeten und anderen uns feltfam anmutenden 6rfd)einungen find öfters fliegend. Aber Crine ift überzeugt, dag; diefen neuen Gedanken", wie man jene pantf)ei(tifd)e JDenkiveife in Amerika nennt, die Zukunft gehört Und iveil der Oberfe^er in den leitenden Hauptgedanken eine dl"nlid)e Oberzeugung l"egt, deshalb \"at er auf die Aufforderung des Verlegers f)in die Überfettung diefes "ud)es unternommen, deren Unvollkommenst niemand bewußter i(tals il"m felbjt, von der er aber t)offt, dag aud) durd) fle!"indurd) der edle, freie und fromme Geift des Urbildes tvirkfam werde.

15 11 Diefe Vorbemerkungen waren urfprflnglid) zu der Überfettung dea "ud)ea: 3n Harmonie mit dem Unendlichen" gefd"rieben, werden aber aud) für das vorliegende "ud) geeignet fein, dem Lefer einen vorläufigen Cinblick In Trinea Gedankengänge zu geben«von dem"ud) 3n Harmonie mit dem Unendlichen" erfd)ien die deutfd"e Überfettung In erfter Auflage (l. 5. raufend) im fierbft 1904, In zweiter Auflage (. 10. Taufend) Im Früf)jaf)r 1905, in dritter Auflage ( Taufend) Weihnachten 1905, ein "e* weia, dag das "ud) aud) in der deutfd)en Leferwelt fld) zal)lreid)e Freunde erworben bat X)le Überfettung dea zweiten Werkes von gleichem Umfang W a a alle Welt fud)t" erfd)len Weihnachten 1905 zufammen mit dem kieinen"ud)jdaa Größte, was wir kennen"; von diefem mußte bereits ewodjen

16 12 fpdter, von jenem im Früljjaljr I90e die zweite Auflage (e. 10. {Taufend) auegegeben werden; alle drei "üd"er find im felben Verlag und vom felben Überfe^er erfd)ienen. JDaa vorliegende "üd)lein ift urfprünglid) ein Zufafc zu dem 15. Taufend dea "ud)e" What all the world's a-seeking"t in dem der Verfaffer einige von den Fragen, die am öfteren an il"n gerichtet werden, zu beantworten fudjt Auf Wunfd) vieler tiefer, die diefen Zufall befondera zu fyaben ivünföten, i(t er 1699 mitfiinzufügung dea ftbfönittea gefondert erfd"ienen. Sie deutf d)e Ausgabe von W a a a II e W e 1 1 f u d) t" enthält im 8d)Iu"kapitel ebenfalls nur den gekürzten Text dea amerikaniföen Urbildes. X)em Wunfd) vieler deutfdjer tiefer folgend erföeint deshalb nun aud) diefes "üd)lein gefondert in der vollßdndigen Gepalt

17 13 ftud) in diefer Überfettung find Fremdwörter bis auf ganz wenige unentbehrliche völlig vermieden worden«tdarburg a. " Labn. Dr. fd. Cfcriftlieb.

18 fdotto: in guter oder böfer Gedanke, eine Cat, bald eine (Jetvobnbeit das ift das Gefefc des Lebens: roas du in der Welt deiner Gedanken lebjt, das wird trüber oder fpdter in deinem Leben Wirklichkeit.

19 Unbewußt bilden wir in jedem Augenblick unferes Lebens neue Gewobnbeiten aus. n"and"mal find es gute, manchmal aber l"6d"ft verwerfliche Gewobnbeiten. fdand"e find vielleicht an fid) ni4"t fd"iimm, aber pe werden etwas febr 8d)limmesf wenn ibre Wirkungen fid) allmdblid) bdufen, und große Verlufte, 8d"merzen und Qualen find ibre Folgen, während das Gegenteil davon Friede und Freude und eine immer wad)fende Kraft mit fid) bringen würde. 8tebt es nun in unferer fdad)t, jederzeit zu beßimmen, was für Gewobnbeiten in unferm Leben berrfd"end werden follen? fdit anderen Worten: ift das ntftef)en von 0e-

20 fo 16 wof"nf"eiten und die Bildung unferes Charakters eine 8ad)e de» Zufalle, oder f"aben mir es in unferer Gewalt? Tfteine Antwort lautet: es ift auafd)liegilid) unfere eigene 8ad"e und ftefrt vollkommen in unferer Gewalt 3d" werde daa fein, was id) fein will** kann und foll jede Seele fpred"en, Laß dir zunäd)ft fo viel gefagt fein und nimm es ganz in did) auf. t"ann bleibt aber nod) etwas hinzuzufügen über daa große Gefet* daa die 6nt tef)ung von Gewof"nf"eiten und die Bildung des Charakters bef"errfdjt 6s gibt da nämlid) einen ganz einfachen, natürlichen und durchaus wi{fenfd)aftlid)eh Weg des Vorgehens, den jeder kennen follte; einen Weg, auf dem man alte, unerwünfd)te, herunterziehende Gewohnheiten abtun und neue, wertvolle und uns freigebende Gewohnheiten erwerben kann. Auf diefem Weg / kann ein Leben ganz oder teilweife verändert*

21 17 und erneuert werden, vorauagefefct, dag; ea una b«ihger rn(t ift, diefeagefefe zu erkennen und, wenn tuir'a erkannt fraben, anzuwenden. JDie Kraft, die allen Handlungen zu Grunde liegt, ift der Gedanke. Waa foll daa Reiften? Ganz einfad) folgende». (Jeder Cat, die du tuft, jedenfalls jeder bewußten Cat, gef)t ein Gedanke voraus. Sie Gedanken, die je^t bei dir vorf"errfd)en, beftimmen die traten, die fpäter bei dir vorberrfdjen werden. Wenn die Caten öfter wiederholt werden, bildet fid) eine Gewofcnfceit, tynwd) wie ein Kriftall fld) bildet Alle deine Gewohnheiten zufammengenommen bilden deinen Charakter. Wenn du alfo willft, dag deine traten von einer beftimmten Art feien, fo (ief" woj)l zu, welcher Art die Gedanken find, denen du did) i)ingibft Und wenn du diefe oder jene Zat nid)t tun, diefe oder jene GewofrnI)eit nidjt erwerben willft, fo fiel) wof)i zu, daß du did) nid)t fold)en Ge-

22 18 danken I)ingib t, au» denen jene Caten oder Gewohnheiten entfielen. 6s ift ein einfaches Gefefc unferer Seelentätigkeit, dag jeder Gedanke, der genügend lange Zeit gedacht wird, die ftewegungs«bahnen de» Gehirns betritt und fdjiieftlid) zur ttat wird. Wie mancher fdord ift zum "eifpiel auf diefe Weife ganz allmäl)lid) zuftande gekommen, und ebenfoj gebt es bei allen anderen verwerflichen ttaten. Auf der anderen Seite kann man fagen, dag; auf dem gleichen Weg aud) die größten Kräfte erworben, die göttlichen igenfd"aften anerzogen und die beldenfrafteften traten ausgeführt worden find. Was wir genau verfielen muffen, ift dies. er Gedanke ift immer der Erzeuger der ttat Pun i)aben wir es aber durchaus in unferer Gewalt, zu beftimmen, was für Gedanken wir uns begeben wollen«dm :6ereid" unfe-

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24 20 fdjon ettvao leidjter ausführen können, als beim erften Tftale, beim dritten fbale wieder leichter und fo fort, bis wir fd"liegli$ dabin kommen, dag; fie una gar keine oder dod) keine betvuftte ftnftrengung mejjr koftet, Ja daß; im Gegenteil eine ftnftrengung erfordernd) iß, um fie zu unterlagen. Ganz wie alfo der Körper in feinen beitungaba{"nen eine Kraft trägt, die jene Bewegungen immer mel"r erleichtert, ganz ebenfo vergalt eo fid" mit den Gedanken. fdan braucht zunddtf blogi eine ganz kleine ftnftrengung zu machen, um feine Gedanken zu beljerrfdjen, felbft wenn fie daa erfte fdal oder vermiedene?dale vergeblid) fein follte: mit der Zeit gebt eo immer leichter und fd"iieg;licf" befi^en wir die vollkommene fierrfcfraft 60 kann alfo jeder diefe Kraft in flcfc N' gern, mit der er feine Gedanken befrerrföt und felbjt"ndig zu beßimmen vermag, welchen

25 . 21 er nadjljdngen will und welchen nidjt Denn wir dürfen nie vergeben: jede wirkliche, in einer beßimmten "Richtung erfolgende Anftrengung bewirkt, dag die ndcfrftf olgende leicfrter vpn (tatten gebt, aud) wenn, wie gefagt, im Anfang der eigentliche Crfolg ausbleibt fiier f"aben wir einen Fall, wo fogar das flmßlingen ein erfolg ift, denn das?diglingen ebnet und erleichtert den Weg zum erfolg. Wir können alfo vollkommene fierrfdjaft über die 0e(talt und ^efd"affenf"eit unferer bedanken erlangen. Und nun wollen wir nod) zwei oder drei beftimmte Fälle betrachten. 6in fdann i(t Kaffierer eines großen Handelskaufes oder einer :8ank r lieft in feiner Zeitung von einem andern, der plö^lid) reid) geworden ifc der in wenigen Stunden durd) Spekulation an der "6rfe mehrere ftmilionen fdark gewonnen I"at Vielleicht bat er kürzlid) fdjon

26 22 einmal dasfelbe von einem anderen fdann gelefen. 6r ("at nldjt Überlegung genug, um einzufefjen, daß dem einen oder den zwei Fdllen, in denen es fo gegangen ift, bei genauer Kenntnis aller Fälle hundert oder zweihundert gegenüberftef"en muffen, bei denen es umgekehrt ging und die Leute auf diefem Weg alles verloren fraben«r denkt natürlich, wenn er fo etwas verfud)te, würde er zu den Glücklichen gehören und bedenkt nid)t, daß; es zu ef"rlid" erworbenem 'Reichtum keinen abkürzenden Fußweg gibt r nimmt alfo einen Cell feines Vermögens und, wie es in foldjen Fdllen faft immer gef"t» verliert richtig alles, was er in das Unternehmen gefleckt f"at nun bildet er fid" ein, er wiffe, warum er verloren babe, und wenn er nur mef"r Geld frdtte, fo könnte er nid)t bloß; das Verlorene wiedergewinnen, fondern aud) nod) ein f"übfct"es 8ümmd"en dazu ver-

27 Ja 23 dienen und zwar mit größter Gefcfrwindigkeit X"a kommt ij"m der Gedanke, er könnte dazu vielleicht etwas aus der Kaffe nehmen, die i"m anvertraut ift Dn neun von zejjn Fällen j)6d)(t wabrfcfreinlid) in federn Fall werden die Folgen diefes 8d"rittes fo fein«daß jeder fle fld) felbft ausmalen kann«was f"dtte nun den fdann gerettet? Päd) dem, was id" bisher gefagt j"abe, ift das Ieid)t zu erkennen. tjn dem Augenblick, als der Gedanke in ibm auf (Weg, fid) an dem anvertrauten Geld zu vergreifen» da l)dtte er if)n fofort aus feinem Geift verbannen follen. JDas wäre klug getvefen; aber törid)t war es, ij"m nachzuhängen. JDenn je länger er ij"m nad)t)dngt, defto ftärker wird diefer Gedanke, ja er wird fd"lie lid" zum allbei)errfd)enden in feinem Geift, unterjocht feine ganze Willenskraft und es bleibt il"m nur nod) 8d"ande, ftbfefcung, Zud)tf"aus und tteue. s ift nod)

28 24 leid)? für ü"n, den Gedanken zu verbannen, tvenn er zum erftenmal auftaucht; aber je länger er \\)m nad)f)6ngt, defto größere Kraft gewinnt die Verfügung, und es wird immer fcfcwieriger, if"n loszuwerden: ja fcf"iieg;licf" wird eswirhlid) unmöglich X)as brennende Zündholz, da» ein fiaud) des Tftundes l)ätte auslösen können, f"at ein Feuer entzündet, da» das ganze Raus ergreift, und je^t i(t es beinahe octer ganz unmöglid), darüber fierr zu werden. 80II id) nod) einen andern beftimmten Fall vorführen? 6s ift eine ganz gewöhnliche 0efd)id)te, vielleicht zu gewöl)nlid): aber wir (eben an if"r, wie entfielt und wie fie wieder abgetan werden kann«pebmen wir einen jungen Tftann, reicher oder armer Leute Kind, aus dem einfachen fdittel- Jtand oder aus den treiben der oberen Zebntaufend*4 das bleibt fid) gleid). r ift gut-

29 25 berzig und gutwillig* was man fo einen guten Kerl nennt Cr mad)t einen Wusflug mit jungen deuten feinesgleid)en; fie find vergnügt miteinander, gedankenlos und forglos, wie die (Jugend ift. Ciner mad)t den Vorfd)Iag, nid)t etwa fid) zu betrinken, aber miteinander einen zu nehmen". Ter junge ffcann, von dem id) rede, will die (Gemütlichkeit nid)t fwren, und fo überhört er die innere Stimme, die iljn majjnt, (id) nid)t zu beteiligen«cr nimmt fid) nid)t Zeit zu überlegen, daß die größte Stärke und Vornehmheit des Charaktere fid) darin zeigt, daß man fefte Stellung auf der Seite des fted)ten nimmt und fid) von nid)ts darin beirren läßt: und fo gebt er mit den andern zum Trinken. Daß wiederholt fid) mit denfelben oder mit anderen "3efährten, und jedesmal wird feine Kraft, nein zu fagen, geringer. So kommt er allm6 "lid) dazu, Oefömadt

30 26 am Trinken zu finden, und tufs manchmal aud) von fld) aus. Cr denkt nid)t von weitem daran, wo der Weg (jinfüfcren könnte, den er gej)t bis er eines Cages merkt, dag er keine Kraft und fogar keinen Wunfd) mej"r i"at, dem Drang zu widerftefren, der fd)on in gereiftem Sinn die Form einer fteidenfd"aft angenommen ("at r meint freilief), wenn die Gefahr da fei, dag; er zum wirklichen Gewohnheitstrinker werde, dann könne er fid)er nod) fialt mad"en, und fo läßt er fid) gedankenlos und forglos gef"en. Wir wollen die weiteren Zwifd)enftufen übergeben und gleid) fagen: der Augenblick kommt, wo er ein richtiger Öäufer ijt 6s \ft die alte 0efd)id)te, die man fd"on taufend- und abertaufendmal gehört bat 6ndlid" erwad"t er zum vollen fcewufjtfein feines wahren Zußandes, und die 8d"am, die ftngß, das 0efüJ)I der 6miedrigung bewirken,

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32 28 des Zündholzes au». Wenn er dem Gedanken nad)!"anat, fo greift die kleine Flamme um fldj), und ef"' er flcjfs verfielt, brennt ein Feuer, gegen das feine Kraft wehrlos i t JDer Gedanke muß; aus dem Geift verbannt iverden, fobald er auftaucht: mit \fyxi aud) nur zu unterhandeln, ift fd"on gleichbedeutend mit beflegt fein, oder es gibt jedenfalls einen Kampf, viel heftiger, als wenn man den Gedanken gleid) im Augenblick des ftuftaud"en8 unterdrückt fcatte. Und f"ier muß; ein Wort gefagt werden über ein Gefefc, das mir das Gefefc der HMttelbarkeit nennen wollen, ötatt dag man verfud)t, einen Gedanken unmittelbar zu unterdrücken, wobei man dod) einen Augenblick bei if"m verweilen muß;, ift es leid"ter, ij"n fo loszuwerden, dag man den Geijt auf einen andern Gegenftand richtet oder einen andern Gedanken zu denken fud)t JDas könnte z. :8.

33 29 der Gedanke der 8elbftbef"errfd)ung fein, oder irgend etwas, das von dem, worauf es ankommt, ganz vermieden ift, etwas, auf das der Geift leidjt und willig eingebt XMes wird zum bej"errfd)enden Gedanken, und dann ift die Gefabr vorüber. (Je öfter man das nun wiederholt, depo mej"r w"d)ft die Kraft, den Gedanken an das Trinken, fowie er auftaucht, aus dem Geift zu verbannen und dafür andere, belfere Gedanken zu denken. Der 6r«folg ift föließlid) der, daß mit der Zeit der Gedanke an das Trinken feltener kommt, und wann er kommt, ieid)ter unterdrückt werden kann; die ftnftrengung, die dazu nötig ift, wird immer kleiner, bis es ganz Ieid)t gebt, und fo kann endlid) die Zeit kommen, wo der Gedanke überhaupt nid)t mej"r auftaucht riocf) ein dritter FalL u bift vielleicht etwas reizbar, leid)t zum Zorn geneigt Wenn irgend Jemand etwas fagt oder tut, das dir

34 30 unangenehm ifc fo ift es dein erfter Antrieb, deinen Unwillen zu duftern und vielleicht dem Zorn Itaum zu geben«3n dem?da^ als du dies gefd)el)en läfct, als du dir erlaubt*, deinen Zorn zu zeigen, um fo leidster wird diefer Vorgang in deinem Geiß fld) abfpielen, wenn aud) nur der kleinfte ftnlaß dazu eintritt. s wird immer fd"wieriger für did), ij"m zu widerfte "en, bis fd)iie lid) Unwillen, Zorn und vielleicht fogar fiaft und 1*ad)fud)t richtige Cj"arahterzüge deines Wefens werden und ij"m alles Sonnige, allen Iteiz und alle Heiterkeit im Umgang mit anderen rauben«wenn du aber im felben Augenblick, wo der Unwille und Zorn fid) regen will. if"n fofort und auf der Stelle unterdrück^ und deinen Geift auf etwas anderes ridjteft, dann wird die Kraft, dies zu tun. wadrfen, es wird immer leichter und immer fd)neller ge"en, bis fd)iieß- Iid" eine Zeit kommt, wo did) überhaupt kaum

35 31 mej"r etwa» reizt und Jedenfalls nid)ts mej"r did) zornig werden lägt eine alles über- (tragende Heiterkeit de Wefens kann fo dein Cj)arakterzug werden, von der du freute gar nid)t denken kannft, dag du fie je erwirb^ 80 könnten wir Fall auf Fall, "3ewo("nj)eit auf 0ewo{"nf)eit durchnehmen. Ter Fehler der adelfud)t, der iferfud)t oder der Furd)tfamkeit und das (Gegenteil diefer Gewöhn«Reiten entwickeln fid) auf diefelbe Weife, ebenfo Hiebe oder Rag. Ruf demfelben Weg kommen wir entweder zu einer dufteren fd"warzfef"erifd)en ftnfd"auung des Hebens, die fid) "*I* Cl"arakterzug bei uns ausprägt, oder zu einem fonnigen, hoffnungsvollen, Weiteren Wefen, das fo viel Freude, 8d)6nt"eit und Kraft für uns und ebenfo für die Welt, in der wir leben, mit fld) bringt rtid)ts ift fo waj"r im menfd)lid"en Heben, als der 8a$, dag wir dem Al)nlid) werden,

36 32 an das tvir zumeift denken. 6s ifl:bud)ftäb» lid) waj"r: wie ein fl"enfd" in feinem fierzen denkt, fo i ft er44. Das ift" bezieht pd" auf feinen Charakter«8ein Charakter ift die dumme feiner Gewohnheiten. Seine Gewohnheiten find durd) feine bewußten traten fo geworden, wie fie find; aber Jeder bewußten rat gebt, wie wir gefef"en f"aben, ein Gedanke voraus. 80 f"aben wir eine Kette: am einen nde den Gedanken, am andern den Charakter, das Hieben, das 8d"ickfal. Und wie einfad) wird die 8ad"e, wenn wir bedenken, daß es gerade der Gedanke des ietygen Augenblicks ift, auf den es ankommt Ruf diefem Wege kann man jedes Ziel erreichen, das man fid) vorfett. Hur zwei Schritte find nötig : erftens (id" bei Zeiten ein Ziel zu fefcen, und zweitens, if"m beendig nachzugeben, was aud) komme und wie der Weg aud) fein möge, bedenke immer, daß nur der

37 33 CiKirakter grofl und feft ift,der immer bereit ift, das gegenwärtige Vergnügen dem zukünftigen Wofcl zu opfern. Wer fo feinen ("6d)ften Zielen nachgebt, wie fie rag um Cag, (Jal"r um (Jaf"r vor ij)tn flehen, dem wird es geben, wie Dante: er folgte feiner Geliebten durd) alle Welten und fand fie endlich am Cor des paradiefes. ftm felben Cor werden wir uns finden. X)as Heben ift nid)t da, um in i "m vergängliche Vergnügungen zu genießen, fondern dazu, alles zu entfalten, ivas in uns angelegt ift, den edelften Charakter zu er«werben, der uns möglid) ift, und der toenfd)» "eit den größten Xttenft zu leiften, den wir leiften können. Und gerade hierin finden wir dann das b6d)fte Vergnügen, oder beffer gefagt, das größte Glück, ja das einzig wirkliche Glück. Wer es auf einem andern oder kürzeren Weg finden will, der wird unweigerlich erleben, daß fein fpäterer Zuftand jedes* 3

38 34 mal fd)limmer iß als der vorhergehende; und wenn er diefe falfd"en Wege nod) fo weit verfolgt, er tvird niemals wirkliches und dauerndes Glück finden«die Frage ift nid)t: was bietet uns unfer Hieben? fondern: tvie nehmen rvir das auf, rvas das Leben uns bietet? Und was es aud) fei, es ift jedenfalls untveife und nu^ios, darüber zu klagen, denn Klagen mad)t niedergefd)lagen, und fliedergefd)iagenf)eit fd)wäd)t oder tötet vielleicht gar den Geift, der allein die Kraft aufbringen könnte, die uns ein ganz neues Leben verfd"affte. Um red"t deutiid) zu fein, will id) aud) vor einem perfönlid"en Bekenntnis nid)t zurückfd"euen«s i"at aud) in meinem Leben nid)t an Zeiten gefehlt, wo id) unter foldjen Bedingungen leben mußte, dag; id) i"nen am liebten davongelaufen wäre, ein fold)es Gefühl der 6rniedrigung und 8d"am erfüllte

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40 36 fle gar nid)t fo, wie fle find. 3d) weiß, wenn id" -aud) zur Zeit nid)t einfef"e, ivarum fle da find und was fle mir leiten follen, daß dod) die Zeit kommen wird, in der id) das alles verliebe und Gott für alles danke, gerade fo, wie es gekommen ift (Jeder ift fo!eid)t geneigt, gerade feinen Zuftand, feine Borgen und Wirren, feine Kämpfe für föwerer zu galten, als was die andern zu tragen "aben. Cr vergißt aber, daß Jeder feine befondere Laft zu tragen bat, und daß das Cragen von Laften das gemein«fame Los der ganzen 7Denfd)beit ift natürlich, unfere eigenen 8d)merzen füllen wir, aber die der andern nid)t, und fo denken wir leidjt, daß Jene weniger zu tragen baberu Aber Jeder j"at feine eigenen Aufgaben zu I6fen. (Jeder muß zur rkenntnis kommen, welches die Urfad"en find, die ij"n in eine fo unerwünfd)te Lage gebracht i"aben; jeder

41 37 muß fo ftark werden, daß er diefer Lage gewad)fen ift und Kräfte in Bewegung fefcen kann«die eine ganz neue frage herbeiführen. Wir können da einander viel Reifen durd) Hat und Aufklärung über jene i"oi)en Oefefce und Kräfte, die es uns leidster machen, zu tun, was mir tun wollen. Das Cun felber freilief) muß jeder für fid) allein fertig bringen. Der Weg, aus jeder Schwierigkeit heraus«zukommen, befteljt darin, daß wir zunäd)ß den Dingen unmittelbar ins (3efld)t fej"en und das Gefefc finden, nad" dem fie fid) fo gehaltet fyaben. Wenn wir es nun finden, dann gilt es, uns nid)t gegen diefes Gefefc aufzulehnen oder ij"m zu widerftei)en, fondern uns nad" i"m zu richten, indem wir in ttbereinftimmung mit il)m arbeiten. Wenn wir das tun, fo arbeitet das Oefefc felbft für uns und zu unferem ttejten, und wir kommen dabin, wo wir "in wollen. Wenn wir uns aber dagegen auf«

42 38 lehnen, ii"m widerftefren, nid)t in ÜberetnfUmmung mit ifyxi wirken, dann wird es uns zerbrechen. Senn das Oefefc ift unabänderlich in feiner Wirkfamkeit c3ej) mit ij"m und es tut alles, was du willft; widerfte "e i "m und es bringt Leiden, 8d)merz, Verluft und ZerfWrung aber did". Vor einiger Zeit fprad) id) mit einer Frau, die auf einem kleinen Gut in fleuengland lebt Vor einigen (Jahren (tarb if"r ffcann, ein gutherziger, fleißiger toenfd), der aber faft feinen ganzen Verdien!* vertrank. Als er (tarb, war das C3ut nod" nid)t bezahlt und die Frau faf) fld) gänzlich von Mitteln entblößt, dazu mit einer Familie von mehreren Köpfen, für die fie zu forgen fcatte. Aber (tatt durd) if"r Los, das viele ein partes genannt hätten, fld) entmutigen zu Iaffen, ftatt fld) gegen die Umftände aufzulehnen, in denen fie fid) befand, trat fle den Kampf tapfer an im feften Glatt»

43 39 ben, daft ßd" ein Weg finden iverde, ii"n zu befielen, aud) ivenn ße i "n Jefct nod) nid)t deutlid) vor ßd) fa "«8ie nal"m die Laft da auf, ivo ße i("r aufgelegt ward, und fd"ritt tapfer voran«einige "Ja "re lang naj)m fle Bommergäfte auf, und ße fagte mir, fie fei Jeden?Dorgen zivifd"en i"alb vier und vier Uj"r aufgeftanden und i"abe bis 10 Ufer nad)ts gearbeitet 3m Winter, wenn diefe Einnahmequelle verßegte, ging fle auf pflege in die Umgegend«Auf diefem Wege bat ße das kleine Out faft ganz bezahlt, die Kinder befugten die 8d"ule und find jefct imflande, if"r fd"on tüd)tig zu Reifen. 3n diefer ganzen Zeit fcatte ße nie ftngft oder Sorge. 8ie lehnte ßd) nid)t gegen das 8d)icfcfal auf«fondem richtete ßd) nad" dem Oefefc, nad" dem ße allein für eine beffere Lage arbeiten konnte. Und ße verßcfrerte mid), ße fei immer dafür dankbar geivefen, daß ße arbeiten

44 40 komite9 und immer fyxbc fle Jemand gefun* den, dem es weniger gut ging als ifpr und dem fle kleine Diente teilten konnte, :8efonders darüber freut ie fid" und dafür i t fle dankbar, dag ii"r Reim e*t bald bezahlt i t und bald nicfyts mef"r von titrem Verdienst zu den Gläubigern wandert 3J"r liebes fwim fei if"r Je$t nod" einmal fo viel wert, weil es durd) iljre eigene Arbeit ifyr Eigentum geworden fei 3 jr ftarker und edler Cf"arakter# den fle in diefen (Jahren ausgebildet bat, i yre liebenswürdige Art, ii)re liebevolle Fürforge für andere, il"r fefter Glaube an den endlichen 8ieg der tled)tfd"arfenbeit und Creue, der -Reinheit und Güte: das alles fmd Ctgen? fdjaften, um die fle Hunderte und Caufende von?t"äitncrn und Frauen, denen es viel beffer gebt, aufrichtig beneiden dürfen. Und felbfl wenn fle das kleine Gut morgen nocf" vertieren follte: fle bat etwas gewonnen, das

45 41 man für ein Gut von taufend fdorgen nidjt kaufen kann. 80 ift durd" die Art, wie fie lljre Arbeit getan j"at, il"re "aft leidjt und die Arbeit felbft il"r Glück geworden. Wir wollen einen Augenblick überlegen, wie die Frau fid) in diefen Umftonden benommen bdtte, wenn (ie weniger weife und vortrefflich gewefen wäre. 8id"er fcätte fie fid) im Anfang niederdrücken laffen, Angft und Borge bitten von if"r :8eflt ergriffen, fie wäre zur Überzeugung gekommen, dag nichts, was ie tun könnte, etwas j"clfe. Oder fie "dtte fid" gegen das 8$ickfal aufgelehnt, das if"r diefe Laft auferlegt batte und wdre verbittert worden gegen die Welt und gegen die fdenföen, mit denen fie in :8erübrung kam«oder fie bätte gedacht, fie allein könne dod" nid)ts madjen und jemand anders ["abe die pflidjt, if"r aus der Hot zu Reifen. Auf diefe Weife wdre aber überhaupt nichts ge-

46 42 föebett, um aus der "age herauszukommen«und fie )dtte if"r Los immer fdjwerer empfinden muffen«weil if"r "3eift von keinen an«deren Gedanken erfüllt gewefen wäre. 8ie frdtte das Gut nid"t als Eigentum erworben, fle [)dtte nie etwas für andere tun können und fle wäre jefrt ein gründlich verbitterte» Wefen. Dft es alfo nid)t wafrr, daß es nid"t darauf ankommt, was das beben uns bietet, fondern wie wir das aufnehmen, was es uns bietet? Xtavon bangt alles ab. Und wenn wir einmal geneigt find, zu meinen, unfer Kos fei das }"ärtefte von allen, und wenn wir uns einreden, wir finden niemand, dem es fdjledjter ginge als uns, dann wollen wir eine Zeitlang an pompilia in ftobert Brownings,/fting und Äud"M denken dann werden wir Gott danken, daß es uns fo gut gebt und vertrauensvoll und unerfdjrocfcen daran

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48 foid"ee 44 und fo jeden Cag tun, was unfere Rand zu tun findet, niemals klagen, fondern (tatt deffen die Zeit dazu verwenden, unfere Gedanken» krdfte wie in einem "rennfpiegel auf da» Ziel zu fammeln, das wir uns im (Seift auf» geftellt fraben Verhalten füjjrt früher oder fpäter die volle Verwirklichung deffen frerbei, wofür wir arbeiten«feiger»dnalidjee Weibifdjee Gedanken 8d"manken, Zagen, Angftlid"e8 Klagen, Wendet kein lend,?bad)t did" nid)t frei. Allen Gewalten Zum Crufc ficft erbalten, nimmer fid) beugen. Kräftig flcj" zeigen, "ftufet die Arme JOer Götter gerbet fdan$e deute fangen an zu begreifen, dag es etwas gibt, das wir Wiffenföaft des

49 45 Gedankens" nennen können. 8ie fel"en nad" und nad) ein» daß wir in unferen inneren, geiftigen Gedankenkräften ein fdittel baben, um unfere fcebensumftdnde ailmdbüd) fo zu gehalten, wie wir (le fyaben wollen. Aber in diefer erften Begeiferung entdecken fle nun«daß der 6rfoIg nid"t fo fdjnell eintritt, als fle erwarteten, und fo find (le bald wieder geneigt zu denken, dag fd)lieglid) dod) nid"t viel f)inter den Dingen (leckt, von denen fle eben erfahren f"aben. öoldje deute dürfen nid"t vergeben, dag bei dem Verfud), eine alte "ewoi"nl)eit los zu werden oder eine neue zu fdjaffen, nid"t alles auf einmal getan werden kann. Genau im Verhältnis, als wir unfere Ge» dankenkrdfte überhaupt anwenden, wdd) t unfere Fähigkeit, fle immer wirkfamer anzuwenden. (Jeder Fortfdjritt ift im Anfang lang» fam, wird aber föneller. Je weiter es vor«

50 und 46 märt» gef"t Die Kraft ivädtf durd" die Übung* oder mit anderen Worten: die Übung bringt uns immer größere Kräfte. Das gleiche 0efet waltet l)ier, wie überall in unferem Heben und in der ganzen Welt Kein fduflker zum Äeifpiel kann ander» als auf diefem vom Gefefc vorgezeid)neten Weg Fortfdjritte machen: er kann fld) nid)t einfad) ans Klavier fefren und aufs erfte Vba\ ein ötück fpielen, das ii"n als T"eijter zeigte. r braucht daraus nid"t den 8d)Iuß zu ziehen niemand ziej)t diefen Schlug; mirklid) " daß er das ötück niemals fpielen könne. 6r fängt an» zu üben. (Jenes 0efe^ des Seelenlebens, von dem wir vorhin gefprod)en f"aben, kommt ifrm zu fiilfe: es wird if"m jedesmal leidster, das 8tücfc zu fpielen«je öfter efs tut, und dazu tritt nod" das andere $efefc über die Verbindung der fceitungsbabnen in Wirkfamkeit, wonad) die Bewegungen feiner Finger fic " mit dem Älidt

51 47 feiner Augen und den Gedanken feines 0ei* ßes immer leid"ter und williger und immer genauer zufammenfdgen, bis, was anfangs unmöglich fd)ien, ivas anfangs unj"armonifd" und voller 7DißkI6nge war, fd"lieglid" als ein fdeifterwerk ertönt» das Taufende von fden» fd"en ergreift und Einreißt Genau fo gef)t es beim Gebrauch der Gedankenkräfte. XMe Wiederholung» die unabldfßge Wiederholung des Gedankens mad)t die Kraft, ij"n gefammelt auf einen punkt zu richten, immer ftorker und dies füfcrt fd"lieglic " zu feiner Verwirk* Iid)ung. Cj"arakterbildung i t aber nidjt blofc in der (Jugend möglid), fondern aud) im Alter. Und wie vermieden entwickeln fid" die H"enfd)en, wenn fie alt werden) Wie viele altern mit Anmut, aber bei wie vielen gebt es ganz an«derst Von manchen?denfd)en geg"t gerade, wenn fie alt werden, ein befonderer Zauber der

52 und 48 Anmut und eine ganz befondcre ftnziebungs«kraft aus; bei andern ift freilid) taft das Gegenteil der Fall. Die einen werden if"ren Freunden und fiausgenoffen beftondig lieber und teurer; die andern werden immer tnefrr erfüllt von dem Gedanken, daß ijjre Freunde und fiausgenoffen immer weniger an ifrnen Anteil nehmen fej"r oft baben fte keineswegs Unrecht mit diefem Gedanken«aber nur durd) if"re eigene 8d)uld. JDer eine findet immer größere Freude am Leben, der andere immer weniger. Und warum ift das fo? Warum wird der eine immer lieber und anziehender für die Seinen, der andere immer weniger? Glaubft du vielleicht, daß das Zu«fall ift? Ganz und gar nid)t! Dd" für meine perfon glaube überhaupt nidjt, daß es etwas wie Zufall im Leben oder im ganzen Weltali gibt Das große Gefefr des Zufammenfrangs von Urfacfce und Wirkung i(t unumfördnkt

53 fid) 49 und jede Wirkung l"at tyre eigene befondere Urfad)e; nur muffen wir manchmal viel weiter zurückgreifen, als wir gewöhnt find, um die Urf ad"e zu finden, aus der diefe Wirkung oder aud) diefer Zuftand der aber durchaus kein dauernder zu fein braucht hervorgegang find. Wober kommt nun der ungemeine Unterfd"ied jener zwei Formen des Alterns? Dal"erf dag; die einen fid) fernhalten von öelbftquälerei und Furd)tfamkeit, von Arger und grundlofen 6inbildungen, während die andern faft wie abfid)tlid) fid) gerade diefen Gemütszuftänden hingeben* Aber nun ergebt fid) erft die tiefere Frage: wober kommt das? t)ie Urfadje liegt darin, da" lebenslang vor* ("andene Zuftände, Gewohnheiten oder Cigenfdjaften in einem beftimmten Alter das nid)t bei allen dasfeibe ift wie in einem Brennpunkt fammeln und an die Oberfläche

54 50 heraustreten. t)ie (bedanken und Geifteozuftände, die ein Leben lang bei einem H"enfd"en die vorf"errfd)enden waren, fangen an, fld) als wirkliche 6lgenfd)aften zu äußern, wie nie zuvor und gegen diefen Krank«f"eitsausbrud) iß keiner gefeit ein ÄeifpieL Am Gartenweg ftei)t ein "aum. flabrelang j)at er feine natürlichen Früd)te getragen, jefrt i t er vor einiger Zeit gepfropft worden. Der Frühling kam und ging : die eine öeite des Raumes ["at geblüht wie die andere, ojjne daß die Älüten eine bemerkenswerte Verfc"iedenfreit zeigten. Auf die Älüten find nun junge Früdjte gefolgt Der ganze "aum i)ängt voll. Reute find fle erft ganz wenig vermieden voneinander; aber in wenig Wodjen wird man einen fo deutlichen Unterfc"ied in Größe, Farbe, öerud) und Haltbarkeit an ifmen gewahr werden, daß niemand fyn überfein und jeder ol"ne

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56 52 i{men fdjroer wird. Und wenn wir die in«neren 6igenfd?aften kennen, die jede fiälfte des Raumes in fid) trägt, fo können wir mit ;6eftimmtf)eit vorausfagen, welcher Art die fidjtbaren Früdjte fein werden«ganz ebenfo ift es im TDenfcfcenleben. Wer ein fd)6nes und anziehende» Alter i"aben will9 der mu fd"on in der (Jugend und in der HMtte des Lebens darauf Einarbeiten Wenn er das verfäumt bat oder es if"m nid"t gelungen ift, fo kann er nod) immer klug den Umftänden fid) anpaffen und fld)?dübe geben, alle Kräfte und 6inf1üffe aufzubieten, die nötig find, um den früheren Verfäumniffen entgegen«zuwirken. Solange das Leben nod) da ift, folange ift nod) nidjts unwiederbringlich verloren, wenn aud) freilieb dcr Erfolg länger f)inausgefd)oben wird. Wer aber ein befonders fdjönes und anziehendes Alter ()aben will, der muß; fd"on früb damit beginnen, es

57 53 vorzubereiten. Denn es kommt eine beftimmte Zeit in der 6ntwiddung eines TDenföen, da tritt ein gereifter ftbföluß ein: langgehegte Denkgewobnbeiten wandeln (14) *n Zwang und flotwendigkeit und treten als Wirkungen an die Oberfläche, neigung zu Angftltdjkeit und (Grübeln, ebenfo 8elbftfud)t und f"artber«zige fiabfudjt, mißgünßiges Tadeln und neidifd"es Bekritteln, weiter die Abbängigkeit des eigenen Denkens und Handelns von fremder föeinung und fremdem Urteil, der TDangel an HMtgefttf)! mit andern, an Verftändnis für ibre (Sedanken und für die Beweggründe il)res Handelns, und föließlid) die Unkenntnis der unn"iderftel)lid) geftaltenden (Sedankenkräfte und der Unglaube an die ewige Güte und?dad)t der Quelle unferes Dafeins all diefe 6igenfd"aften und Gemütszuftände wirken zufammen, um das Alter der fdenfd"en, die fid) von ibnen beberrfd"en Ia(fen, fcart, fr eud*

58 54 los und widerwärtig für fle und für andere zu machen wie wir das leider fo oft waf"rnehmen. Wo aber die entgegengefe^ten Zuftände fld) finden, da wirken aud) fle zufammen und t)immlifd)e Kräfte wirken mit if"nen, um das Alter fo frol), fo hoffnungsvoll, fo fd)ön und fo f)eilig zu gehalten, dag es für alle willkommen und anziehend ift für die Alten felbft und für die, die mit i{men in "erüf)rung kommen. Und die beiden entgegengefe^ten "Reihen von (Sedanken, igenfd)aften und Zuftänden machen fid) aud) äußerlid) bemerkbar: in der Stimme, in dem vermiedenen Geflcbtsausdrudt, in der gebeugten oder ungebeugten fialtung, in oder Krankheit des Geißes wie des Körpers und ii"rer vermiedenen mpfänglid)keit für allerlei Störungen und 8d)wäd)ezu tände. 6s ift kein geringer Gewinn für jeden von uns, ein wenig pbilofopftfe" in fein Geben

59 55 zu bringen. 8ie fjilft uns viel, wenn wir an gafcren zunehmen, fle kann eine ftarke Quelle de» tfroftes und der Kraft für uns werden, wenn fd"were Zeiten oder das Riter über uns Kommen. Wir find vielleicht geneigt, über den zu Iddjeln, der fid" um eine fold"e pfrilo* fopftfe bemüht: aber die Zeit wird bald kommen, wo wir uns felbft dem öpott ausfegen, wenn fle uns fefclt 6s mag fein obwohl diefer Fall durchaus nid)t notwendig eintreten mufc, dag ein fo!d"er,;pj)ilofopb" in feinen Geld* und "3efd)dft8angelegenf)eiten nid)t ganz fo günftigen Crfolg bat als der andere, der von fo!d"er pbilofopbie nichts reiften will: aber wir erlangen dadurd) etwas, und zwar etwas Wirkliches und Wirkfames für unfer Leben, nad) dem der (Seid- und "3efd"6fts«menfd) fld) vergeblid) fefmt, ojme zu rviffen, worauf eigentlid) feine 8efmfud)t gerichtet ift und das er für alles Geld in der Welt nid)t

60 56 kaufen könnte, aud) wenn er wüßte, was H"m eigentfid) fefclt b i t gut für uns, wenn wir unfern Mittelpunkt früfc finden; und wenn es nid)t früj) gefd"ef"en ift# dann ift es immer nod) gut, wenn wir ij"n fpät finden: aber früj) oder fpdt dag wir i{"n überhaupt finden, darauf kommt alles an. Solange wir im Leben (teljen, ift die Rauptfad"e für uns, daß wir unfere Aufgabe tapfer und tüd)tig erfüllen, dag wir unfere ganze ftufmerkfamkeit darauf richten, wie diefe Auf* % gäbe fid" mit den Um (landen wandelt und dag wir fäi)ig bleiben, uns diefem Wandel fortwährend neu anzupaffen. Das Waffer in einem Zeid) oder Flug bleibt nur dadurd) rein und klar, dag die Winde beftändig darüber jjinweljen und es in beftändiger Bewegung erbalten wird; andernfalls wird es fumpfig und fd)lammig. Ob wir für uns und

61 Luftfpiel 57 für andere angenehm find, dafür liegt die Urfad"e ausfd)ließlid) in uns felbft: das gilt für Jede» Riter, und wofcl uns, tvenn tvir das erkennen 1 s ift unter Umftdnden ganz gut, wenn wir uns nad) anderen richten: aber es i(t fd"werlid" richtig für alte Leute, wenn (ie meinen, die *pflid"t, flcf" nad) den andern zu richten, liege ausfcrjlieglid) auf der Seite der (Jungen und gar nidjt bei if"nen felbft 6s gefd)iej)t nur zu oft, dag alte Leute dadurd) geradezu widerwärtig werden, weil fie von {tiefem falfd"en Urteil ausgeben. Der Grund«fal? der Gegenfeitigkeit gilt für alle Alters* ftufen und wenn wir in irgend einem Riter diefen Grundfafc auger ad)t laffen, fo wird (ld) das früher oder fpäter an uns rächen. Wir fpielen alle mit in dem großen 8d)aufpiel des Lebens: und Crauerfpiel, Lächeln und Cranen, 8onnenfd)ein und 8d"atten, Sommer und Winter alles kommt

62 58 der fteifje nad) an uns. Wir muffen unfere trolle fpielen, welches fie aud) fei, wenn unfer 8tid"wort kommt: immer tapfer und auf merk* fam auf jede Wendung, wenn das öpiel fort* rückt in guter auftritt und ein guter Abgang gefrört aber zum guten Spiel. Wir können uns d ie einzelnen Umftände für unfern Auftritt nid)t ausfudjen: aber wie unfer Spiel und unfer Abgang ijt, das zu beßimmen liegt bei uns und kein TDenfd) und keine H"ad)t der Welt kann uns dies befreiten. Und fo befcfreiden der Auftritt fein mag und fo unbedeutend, wenigftens nad) dem gewöhnlichen Urteil, die ftolle ift, die wir zu fpielen fraben unfern Abgang können wir auf alle Fälle grogartig geftalten. Had) meiner ffteimmg find wir ins Leben gefegt, damit das göttliche 5elbft in uns durd) die rfaj"rungen des Lebens zur Ver-

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64 60 und if)m dadurd) Reifen, felbft eine Kraft zum Guten zu werden. Wir muffen in unferem Wefen immer einfad) und befd"eidenf und dadurd) park bleiben, uns für die göttliche Kraft ganz offnen und zum Durchgang für fie mad"en, damit fie durd) uns wirkt; wir muffen uns dem Lid)te öffnen und unfer ftntlitf immer nad) dem Lid)t wenden, alle» mit Liebe umfaffen und nid)ts fürchten als das "öfe, das wir felber tun. Wir muffen das Gute erkennen und anerkennen, das auf dem Grunde aller Dinge und Um (tan de liegt und nur darauf wartet, fld) zu offenbaren in feiner Art und zu feiner Zeit: wenn wir das tun, fo wird unfer Anteil an dem großen 8d)aufpiel des Lebens, das wir freilid) nod) nid)t ganz zu überfd)auen vermögen, auf alle Fälle ein guter und großer fein und wir brauchen nichts zu fürchten, weder im Leben nod) im Cod denn der Cod iß felber Leben.

65 61 r ift der rafd"e Durchgang zu einer andern Form des Lebens: ivir legen das alte Gewand ab und ziehen ein neues an ; der alte Leib fällt ab von uns und die öeele nimmt einen an«dem und feineren Leib an fid), der beffer für die ttedürfniffe und die Umgebung angepaßt ift, die uns in einer andern Welt voll neuer Erfahrungen, neuen Fortfdjritts und nod) i"6("erer Verwirklichung unferes göttlichen 6elbfts erwarten. Wir verladen diefe Welt und nehmen alles mit, ivas tvir in if"r er«ivorben ["aben, ausgenommen allein das Körperliche und handgreifliche; mir geben nid)t von Lid)t zu Finfternis, fondern von Lid"t zu Lid)t; mir nebmen das Leben in einer andern Form genau da wieder auf, wo mir es verladen fyaben. Das ift eine rfaf"- rung, der mir nid)t zu entf lieben fud"en folfen, die mir nid)t zu fürchten braueben, fondern die mir willkommen beißen muffen, wenn fie

66 darum 62 auf dem beftimmten Weg und zur beftimmten Zeit kommt: denn fo ift es gut ftlles Leben gefjt von innen nad) außen» JDas kann gar nid)t oft genug wiederholt werden. Alle Lebensquellen entfpringen im Innern follten wir and) für diefes innere viel mefcr Zeit übrig fyaben, als dies bei uns zu gefd"e{)en pflegt, befonders in unferer abendi6ndifd"en Welt ftid)ts bringt uns fo reichen Lofpi, als wenn wir jeden Cag unferes Lebens für eine kurze Zeit in die ötille gef"enml)- Wir brauchen das, um die Knoten in und in unferem Leben zu entwirren; wir brauchen es, um f)öi)ere und reinere Ziele für unfer Leben zu finden; wir brauchen es, um die Dinge genau im Oeijt zu erblicken, auf die wir unfere Oedankenkräfte gefammelt bin«*) Vergleiche Crine, Dn Harmonie mit dem Unend«I d"en, aberfefct von fdax Cbrijtlieb, 8. lli HS.

67 63 lenken wollen. Wir brauchen es, um unfere bewußte Verbindung mit dem Unendlichen beftändig zu erneuern und aufrecht zu er«galten. Wir brauchen es, damit der Lärm und das betriebe unfere» Alltagslebens uns nid)t immer wieder die Wafrrfjelt vergeben lägt, dag der Geift des unendlichen Lebens und der unendlichen H"ad)t hinter allem ftc("t und in allem und durd) alles wirkt, dag diefer 0eift, das Leben des Rite, zugleid) das Leben unferes Lebens und die Quelle unferer Kraft ift und dag wir abgetrennt von ifrm kein Leben und keine Kraft finden. Eies zu erkennen und in diefer Crkenntnis allezeit be» wüßt zu leben, das fceigt das tfeid) Gottes finden, das feinem Wefen nad) ein innerliches tfeid) ift und niemals etwas anderes fein kann. t)as Fiimmelreid) können wir nur in uns finden, und wir finden es für immer, wenn wir zu der bewußten lebendigen 6r%

68 64 Kenntnis kommen, daß wir in unferem wahren "elbft mit dem göttlichen Leben wefenseins find, und wenn wir uns fo öffnen, daß diefes göttliche Geben fid) durd) uns kundtun kann. Ruf diefem Wege kommen wir dabin, dag wir bejtdndig mit Gott wandeln"; das #e«wufctfein Lottes wird lebendige Wirklichkeit in unferem Geben und bringt uns immer wad)fende Weisheit, infld)t und Kraft Sie«fes #ewu tfeln Gottes in der Seele des fl"enfd)en i ft in Warjrfjeit Wefen, Summe und 3nf"alt aller Religion, s mad)t die Religion eins mit jeder reinen Tätigkeit und jedem Augenblick des Alltags«Iebens. Was damit nid)t eins werden kann, das ijt nur dem Hamen nad), aber nid)t in Wabrfreit tteligion. Diefes "ewußtfein Gottes in der Seele des 7Denfd)en ift aud) die eine t»ej)re, die alle "Propheten, alle gotter!eud)te«ten fddnner, alle Sefrer und fdyftiker der 4

69 65 Weltgefd)id)te gelehrt Pjaben, welcher Zeit, weld"em Volk und welcfrer Religion fle aud) angehörten und wie mannigfad) fle fid) aud) fonft in unwichtigeren Dingen des Lebens und der Lefcre voneinander unterfefreiden. fiierin (timtnen fle alle überein» das ift in Wabrfreit das Wefen ifcrer Le^re, und zugleid) war es die Quelle ifcrer Kraft und das Geheimnis ibrer dauernden Wirkung. Wr muffen werden wie die Kinder, fonft können wir niefct in das fiimmelreid) einge "en (fldattl). 16, 3). Dann wiffen wir, daß wir von uns felbft nichts tun können, fondern nur dann etwas zu tun vermögen, wenn wir erkennen, daß Gottes Leben und Kraft in uns wirkfam i(t, und wenn wir uns fo öffnen, daß fle durd) uns wirken kann» 8o allein können wir jenes wirkliche Leben ergreifen, das zugleid) die l)öcf)fte Seligkeit und das ftftrkfte Vorwärtsföreiten in fiel) fließt.

70 66 3m IDorgenland nehmen fld) d*«ffcenfdjen viel mebr Zeit, um in die Stille, In das Schweigen zu geben, als wir. fdamfre geben dort darin ebenfo nad) der einen 8eite zu weit, als wir*» nad) der anderen Seite tun, und die Wirkung davon Ift, daß fle in ibrem dufteren Leben die Dinge nid)t verwirklichen und verkörpern können, von denen fle in ibrem inneren Leben trdumen. Wir dagegen wenden fo viel Zeit auf die Ctttlgkelten de» dufteren Lebens, daß wir nid"t mebr genug übrig behalten, um im Inneren geifttgen und gedanklichen Leben die Ziele zu gehalten, die wir im dufteren verwirklichen wollen. Die Wirkung davon ifc daft wir da» Leben fozufagen als Zufall i"lnne "men, e» nebmen, wie e» kommt und niefrt weiter darüber nad"- denken, bi» wir vielleicht durd) bittere 6rfalpungen dazu genötigt werden, wägend wir e» durd) die inneren Kräfte ganz nad)

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72 WM WWW 68 IMWtHWH platlon, fein ftilles Dadjdenhen rut)ig voll* enden, dann aber aufteilen und an die Arbeit getjen wollte, fo wurden feine Lebenabedingungen viel beffer und fein lieben viel natürlicher und befriedigender fein. Wenn wir Abendländer dem Lärm und "3e treibe unferes Lebens mefjr Zelt abgewinnen wollten für da» ftillenachdenken, für das gedankenmäßige ßeftalten unferer Lebensziele, für das bekanntwerden mit unferem waijren Selbft, und dann an unfere Arbeit gingen, Indem wir die Kräfte dlefes wahren Selbfts nad" außen wirken laffen, fo ftdnde es beffer um uns, unfer Leben wdre natürlicher und ridj" ttger. Die erfte Bedingung dafür, dag unfer Leben wirklldj fo fei, wie es fein [oll,ift,daß wir unfern Mittelpunkt finden und zwar im Ölttellieben

73 69 3n diefetn Streben nad) fcödjftercharakterbildung, wie mir es eben dargeftellt fraben, füllen fid) aber manche gelähmt durd) da», was man Vererbung nennt Dn gereiftem Sinn tft das rid"tlg, aber in anderem 8inn nid)t es ift damit äfenlid) wie mit dem Gedankengang, der uns durd) jenen alten Fibefvers eingeimpft wurde: 3n Marne Fall fündigten wir all". Crftens ficf"t kein TDenfd) ein, wie das mit der Gerechtigkeit Gottes übereinftimmen könnte, wenn es wabr wäre. Zweitens fiebt man aber nod" viel weniger ein, wie es überbaupt wabr fein kann. Und drittens iftkein Wort davon wabr. Wir f"aben es mit dem wabren, wefenf"aften 8elbft zu tun, und wie alt aud" ftdam fein mag Gott ift nod" älter. JDas gilt für mid), für did), für Jede TOenfcbenfeele. Wenn wir das erkennen, fo fefeen wir, daß die Vererbung nur ein Ieid"t geknicktes Ytobr ift (Jeder bat fein Leben in

74 70 der Rand und kann aus ifcm für feinen C(a* rakter, für fein Glück, für feine Kraft und für die Verwirklichung des göttlichen Belbfts machen, was er tuill Wie», wovon er träumt, ift fein, oder kann fein werden, wenn er*» ernfuicb meint (Je nftfcer er feinem Ziel kommt, je größer die Kraft und Wirkung feines Cbarak«ters Ift, defto me"r wird er ein Vorbild und eine Erleuchtung für alle, die mit ij"m in :0erüfrrung kommen: fo ermutigt und ftärkt er die 8d"wad"en und Verzagenden; die fden* fd"en mit niedrigem Ziel und niedrigem Leben f"ebt er zu (ld" feerauf und wo das Ziel des Lebens b*i"er wird, da muß fld" das aud" im Äußeren Leben zeigen. (Je weiter er In feinem Verftftndnis der fdad)t der Gedankenkräf fortföreitet, defto deutlicher flef"t er, wie oft er durd) die Einwirkung diefer Kräfte einem 8d"wad"en und Strauchelnden t"elfen kann, indem er ifem feine ("6d)ften Ge-

75 71 danken» die bedanken der t)6d" ten Kraft, Weisfreit und Liebe zufendet Wer (ld" genügend Zelt nimmt«in die ötilie zu geben und dort feine Ziele in Gedanken zu gehalten, die bewußte Verbin«düng mit dem Unendlichen und feinen Lebens«krdften Jjerzufteüen und lebendig zu erhalten, der i t aud" am be ten für das Leben ausgerfiltet Cr kann alles, was \\"m begegnet, mit Weisheit und Kraft aufnehmen und verarbeiten. Cr bautnicfrt für (Jafrre, fondem für (Jahrhunderte, nid)t für die Zeit, fondern für die Cwigkeit Cr kann vorwärts geben, ofrne zu wiflen, wo er hinkommt, denn er weift, daft das göttliche Leben in il"m nie ver«fagt, fondern ifrn leitet, bis er den Vater (lebt von Angefleht zu Angefleht Cr baut für (Jahrhunderte: denn nur das Ftod"fte, Wafrrfte, Cdel te und feefte wird die (Jahrhunderte überdauern* Cr baut für die

76 72 Ewigkeit: deim wenn der Übergang kommt, den wir TJod nennen, dann fyxt er Jene düter in Fülle, die die 8eeie allein mitnimmt, wenn ij"r fonjt alle» genommen wird: Leben, Charakter, 5elbftbe{"errfd)ung und Verwirk- Hebung des g6ttlid"en 8elbfts. 6r kennt keine Furd"t, weder im Leben nod) in dem Augenblick, wo diefes Leben in ein anderes über«gebt, denn er weiß, hinter H"m, in i "m und um fyn wojpit die unendliche Weisheit und Liebe: in ifcr findet er ewig feinen fdittelpunkt, von i "r kann er nie abgetrennt werden. r ift (ld"er und feiig in der feften Qberzeu* gung, die er einem großen jünger des fdei- (lere (t^6nu 8, ) mit den Worten nad"- fpred"en kann:,,3cj) bin gewiß, daß nieder Cod nod) Leben, weder Gegenwärtiges nod) Zukünftiges, weder fiofree nod) Tiefes uns fd)eiden kann von der Liebe "3ottes/*