Departement Bau, Verkehr und Umwelt Kommunaler Gesamtplan Verkehr (KGV)

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Departement Bau, Verkehr und Umwelt Kommunaler Gesamtplan Verkehr (KGV)"

Transkript

1 Departement Bau, Verkehr und Umwelt Kommunaler Gesamtplan Verkehr (KGV) Empfehlungen Aarau, August 2011

2 Herausgeber Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) Abteilung Verkehr Entfelderstrasse Aarau Copyright 2011 Kanton Aargau

3 Vorwort Der Kommunale Gesamtplan Verkehr ein Mobilitätskonzept Das Sicherstellen der Lebens- und Standortqualität des Kantons Aargau ist eine Herausforderung, der sich der Kanton und die Gemeinden heute angesichts der zunehmenden Mobilität gemeinsam vermehrt stellen. Eine konsequente Koordination der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung ist eine Grundvoraussetzung dazu. Das revidierte Baugesetz stellt den Gemeinden das Instrument des Kommunalen Gesamtplans Verkehr (KGV) zur Verfügung, gerade um dieses Ziel umsetzen zu können. Die Verkehrsentwicklung und die sich daraus ergebenden Herausforderungen lassen sich aufgrund einer Gesamtplanung rechtzeitig erkennen. Der Kommunale Gesamtplan Verkehr beinhaltet diese Gesamtplanung. Er ist unter Einbezug der kommunalen Nutzungsplanung und des kantonalen Richtplans zu entwickeln und unterstützt somit die erforderliche Abstimmung von Siedlung und Verkehr. Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt will die Gemeinden beim Erstellen eines Kommunalen Gesamtplans Verkehr mit den vorliegenden Empfehlungen unterstützen. Sie verstehen sich als Arbeitshilfe für Gemeinden und Planende. Gestützt auf eine Ist-Analyse und daraus abgeleitete kommunale Ziele kann die Gemeinde ihre Handlungsfelder erkennen, Stossrichtungen festlegen und die erforderlichen Massnahmen für die Abstimmung der Verkehrs- mit der Siedlungsentwicklung umsetzen. Der Kommunale Gesamtplan Verkehr ist ein wichtiges Instrument, um die zu erwartende Verkehrsentwicklung mit der Nutzungsplanung abzustimmen. Dies führt dazu, künftige Verkehrsprobleme rechtzeitig zu erkennen und nachhaltige Lösungen zu finden. Diese sind mit der Bevölkerung im Rahmen der Mitwirkung zu diskutieren und zielgerichtet umzusetzen. Peter C. Beyeler Regierungsrat 3

4 4 Kommunaler Gesamtplan Verkehr (KGV)

5 Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 1. Einleitung Ziele des KGV Anlass für den KGV Der KGV ein Mobilitätskonzept 8 2. Inhalt und Ablauf des KGV Planerischer Teil Ziele und Analyse Operativer Teil konkrete Massnahmen Umsetzung und Wirkung des KGV Genehmigungsverfahren 15 Anhang 17 A1 Abkürzungen 17 A2 Mögliche Massnahmenbereiche und Teilpläne 18 A3 Bisherige Empfehlungen und Reglemente 21 A4 Neue VSS-Richtlinie 22 A5 Gesetzliche und verkehrspolitische Grundlagen 25 A6 Auszüge aus den Beispielplanungen 27 5

6 1. Einleitung Die Empfehlungen zum Kommunalen Gesamtplan Verkehr (KGV) stellen für Planende, Behörden und Interessierte eine Hilfe für das Vorgehen beim Erstellen des KGV dar. Sie enthalten Hinweise zum Inhalt sowie zum Genehmigungsverfahren. Was ist der KGV? Der KGV ist ein behördenverbindliches und verwaltungsanweisendes Planungsinstrument, das die verkehrs- und siedlungsorientierten Absichten einer Gemeinde in den nächsten rund 15 Jahren aufzeigt. Die Gemeinden stimmen mit dem KGV die Bereiche Verkehrs- und Siedlungsentwicklung aufeinander ab. Sie legen damit die sachlichen und zeitlichen Prioritäten für die Bewältigung der Verkehrs- und Siedlungsentwicklung unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen fest. Der KGV ist eine wichtige Grundlage für die Revision einer Nutzungsplanung. Denn nur wenn im Rahmen einer Nutzungsplanung die Gemeinde die verkehrlichen Konsequenzen richtig abschätzt, können spätere Probleme vermieden werden. Die Gemeinden legen im KGV Massnahmen behördenverbindlich fest, die in der Nutzungsplanung konkretisiert und mit dem Beschluss durch das zuständige Organ grundeigentumsverbindlich werden. Ergänzend zu den Empfehlungen zeigen die bereits vorliegenden Kommunalen Gesamtpläne Verkehr Umsetzungsmöglichkeiten beispielhaft auf. Diese sind auf der Homepage der Abteilung Verkehr aufgeschaltet ( Teile der vorhandenen Planungen werden innerhalb dieser Empfehlungen auszugsweise erläutert (siehe Anhang). 1.1 Ziele des KGV Absicht des Gesetzgebers Abstimmung Siedlung und Verkehr Das revidierte Baugesetz 1 regelt in 54a das Instrument des Kommunalen Gesamtplans Verkehr (KGV). Die Gemeinde stimmt darin das Verkehrsaufkommen mit den Verkehrskapazitäten und der Siedlungsentwicklung unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Umwelt ab. Der KGV geht über die bis anhin erarbeiteten Verkehrsrichtpläne hinaus. Die Gemeinde bezieht im KGV alle Aspekte der Mobilität und des Verkehrs gleichwertig mit ein. Ein KGV wird von der Gemeinde erstellt, wenn dafür ein Bedarf besteht, er ist also nicht obligatorisch für jede Gemeinde. Er ist grundsätzlich dann zu erarbeiten, wenn eine hohe Verkehrsdichte besteht, insbesondere, wenn die Nutzungsplanung neu ausgerichtet wird. Er trägt als wesentliche Grundlage der Nutzungsplanung entscheidend zu einer optimalen Abstimmung von Siedlung und Verkehr bei. Die Folgen der Siedlungsentwicklung auf die Verkehrsentwicklung und das erforderliche Verkehrsangebot aus der Siedlungsentwicklung sind zu erkennen. Dies führt zur Optimierung der Erreichbarkeit von Wohnungen, Industrie und Gewerbe etc. Ausserdem ist ein Abstimmen der 6 1 Gesetz über Raumentwicklung und Bauwesen (Baugesetz, BauG) vom 19. Januar 1993, Fassung gemäss Gesetz vom 10. März 2009, in Kraft seit 1. Januar 2010 (AGS 2009 S. 237).

7 Siedlungsentwicklung an die Anforderungen eines effizienten Verkehrssystems 2 zu erreichen. Der KGV will vorbeugend folgende Massnahmen auslösen: Die Abstimmung von Siedlung und Verkehr darf nicht erst im Baubewilligungsverfahren erfolgen. Eine möglichst frühzeitige Abstimmung im Rahmen der Nutzungsplanung ist wichtig. Dabei soll sich die Gemeinde mit der Verkehrsentwicklung und der vorhandenen bzw. gewünschten Erschliessungsqualität (MIV, öv, LV) auseinandersetzen. Mit dem Kommunalen Gesamtplan Verkehr können Gemeinden mit hohem Verkehrsaufkommen den ruhenden Verkehr konzeptionell planen sowie die Grundlagen für ein Parkleitsystem und die Begrenzung oder Bewirtschaftung von Parkfeldern schaffen. Damit verbessert sich die Planungssicherheit für Investoren und Private. Gemäss 46 der Bauverordnung (BauV) 3 "hat die Bauherrschaft für Bauvorhaben, die mehr als 1'500 Fahrten pro Tag erwarten lassen, den Nachweis zu erbringen, dass die Kapazitäten des Strassennetzes ausreichen...". 4 Frühzeitige Abstimmung Planungssicherheit für Investoren 1.2 Anlass für den KGV Eine Gemeinde kann freiwillig einen KGV erstellen oder unter bestimmten Voraussetzungen zu dessen Erstellung verpflichtet sein. In 54a BauG ist die Verpflichtung geregelt: Wann erstellt eine Gemeinde den KGV? Die Gemeinde kann das Verkehrsaufkommen im KGV mit den Verkehrskapazitäten und der Siedlungsentwicklung abstimmen. Die Gemeinde muss den KGV erstellen, wenn sie ein Parkleitsystem einführen will, wenn sie die Zahl der Parkfelder über 56 BauG hinaus begrenzen will, wenn sie eine Parkplatz-Bewirtschaftung auf privatem Grund anstrebt. Begrenzung und Bewirtschaftung werden mit dem allgemeinen Nutzungsplan und sich darauf abstützenden Reglementen umgesetzt. Die Gemeinde kann vom Regierungsrat verpflichtet werden, wenn im Interesse überkommunaler Abstimmung und für die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des kantonalen Strassennetzes die Erarbeitung des KGV notwendig ist. 2 Zudem gilt es, die Anbindung an die übergeordneten, regionalen Netze der kantonalen oder nationalen Verkehrsinfrastrukturen sicherzustellen. 3 Die totalrevidierte BauV tritt am 1. September 2011 in Kraft. 4 Die Abteilung Verkehr stellt hierzu Empfehlungen zum Kapazitätsnachweis unter zur Verfügung. 7

8 Warum einen KGV? Das Erarbeiten eines KVG empfiehlt sich, wenn eine Ortsdurchfahrt hoch belastet ist, eine Parkraumplanung zu erstellen oder zu aktualisieren ist, die Wohnqualität (z.b. infolge zu hoher Lärmbelastung) ungenügend ist, die Qualität des Strassenraums unattraktiv ist, die Erreichbarkeit und Sicherheit zentraler Infrastrukturen für den Fuss- und Radverkehr unbefriedigend sind, Überschreitungen von Immissionsgrenzwerten des Strassenverkehrs vorkommen und Massnahmen umzusetzen sind, grosse Flächenreserven, die beträchtliche Zunahmen des Verkehrs erwarten lassen, vorhanden sind. Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) empfiehlt jeder Gemeinde mit hohem und mittlerem Verkehrsaufkommen, Siedlung und Verkehr im Rahmen eines KGV abzustimmen und zu dokumentieren. Abbildung: Wirkungsgefüge Siedlung und Verkehr 1.3 Der KGV ein Mobilitätskonzept Verkehrsangebot und -nachfrage Verkehr spielt sich im Spannungsfeld zwischen dem Verkehrsangebot und der Verkehrsnachfrage ab und ist in ein Umfeld eingebettet, das seinerseits wieder auf das Verkehrsgeschehen zurückwirkt. Der KGV thematisiert diese Abhängigkeiten und gegenseitigen Beeinflussungen und enthält im Sinne eines Mobilitätskonzepts nicht nur Aussagen zur Verkehrsinfrastruktur, sondern schliesst das gesamte Verkehrsgeschehen mit ein. 8

9 Fünf Komponenten im Verkehrsgeschehen sind zu berücksichtigen: Verkehrsinfrastruktur Verkehrsbetrieb (z.b. Verkehrsregime) Mobilitätsverhalten Verkehrsverhalten 5 Natürliches, gebautes, angestrebtes und kulturelles Umfeld Diese Komponenten sind wenn möglich mit organisatorischen, finanziellen und rechtlichen Aussagen zu ergänzen. Die Tabelle auf der folgenden Seite gibt einen Überblick über Themen, die eine Gemeinde im Rahmen der Erstellung des KGV berücksichtigen kann. Zu welchen dieser Themen konkrete Aussagen erforderlich sind, entscheidet die Gemeinde in Abhängigkeit ihrer Grösse und der Komplexität des Verkehrsgeschehens. Dabei prüft die Gemeinde bei der Erarbeitung des KGV alle Themen auf ihre Wichtigkeit und Relevanz; der Prozess ist im KGV ersichtlich. Die Gemeinde berücksichtigt im KGV das gesamte Gemeindegebiet. In begründeten Einzelfällen kann es gerechtfertigt sein, den KGV entweder inhaltlich oder geographisch (Teilgebiet) zu begrenzen. Dabei ist zu gewährleisten, dass die geplanten Massnahmen zu keinen Verkehrsverlagerungen ausserhalb des betrachteten Gebiets führen. Abhängigkeit von der Komplexität des Verkehrsgeschehens Gesamtes Gemeindegebiet Folgende Anforderungen soll die Gemeinde berücksichtigen: Problemorientierter 6 Ansatz Die Analyse der Ist-Situation zeigt auf, wo die Probleme tatsächlich liegen. Lösungsmöglichkeiten ergeben sich aus dieser Analyse. Realisierbare Lösungen Massnahmen sind auf ihre Realisierungschancen und -fristen zu überprüfen (z.b. Finanzierbarkeit, Abhängigkeit von Einwendungen) und nach ihrer Dringlichkeit, Wichtigkeit und ihrem Koordinationsstand (z.b. bereits mit dem Kanton besprochen) aufzuzeigen. Bei langen Realisierungszeiten oder Finanzierungsengpässen ist eine Etappierung denkbar. Wirkung der Umsetzung Mit einer Wirkungskontrolle überwacht die Gemeinde den Vollzug und die Wirkung der umgesetzten Massnahmen. Problemanalyse führt zu Lösungsmöglichkeiten 5 Es empfiehlt sich, Mobilitäts- und Verkehrsverhalten zu unterscheiden. Mobilitätsverhalten betrifft die Organisation der persönlichen Mobilität: Wann und zu welchem Zweck bewegt sich eine Person überhaupt ausserhalb des Aufenthalts (Wohnung, Betrieb), wohin will sie, welches Verkehrsmittel, welche Route wählt sie. Verkehrsverhalten betrifft das Verhalten einer Person, wenn sie unterwegs ist: Wie schnell fährt sie (mit dem Auto), beachtet sie die Verkehrsregeln, ist sie aufmerksam auf andere Verkehrsteilnehmende und wie begegnet sie diesen etc. 6 Der problemorientierte Ansatz wird hier dem lösungsorientierten Ansatz vorgezogen. Lösungsorientiert bedeutet, dass Ideen von Lösungen bereits vorliegen und diese Ideen zum Ausgangspunkt von Massnahmenvorschlägen werden, bevor die Probleme wirklich identifiziert sind. Ein solches Vorgehen ist zu vermeiden. 9

10 Themen im KGV Infrastruktur Betrieb Umfeld Verhalten inhaltlich Schienennetz Bahnhöfe Haltestellen Strassennetz Knoten Parkierungsanlagen Radverkehrsanlagen Fussverkehrsanlagen Umsteigeanlagen Querungen Verkehrsorganisation (statisch) - Bahn- und Buslinien - Fahrplan - Strassentyp - Geschwindigkeitsregime - Fahrstreifenzuordnung - Querungshilfen - Knotenregelung - Parkierungsregime - Zonenregelungen - Anlieferung Verkehrsmanagement (dynamisch; Personenund Güterverkehr) - Verkehrslenkung (Routenwahl beeinflussen) Räumliche Organisation Städtebau Strassenraumgestaltung Umnutzungspotenzial Verdichtungspotenzial unüberbaute Bauzonen Stadt- und Landschaftsbild Immissionen kulturelle Werte Ortsbild Mobilitätsverhalten (Mobilitätsmanagement) - Beratungen - Angebote - Kampagnen - Kommunikation Verkehrsverhalten - Kampagnen, Bewusstseinsbildung - Gestaltung Infrastruktur - Verkehrsleitung (z.b. Signalisation, Busspuren) historische Verkehrswege - Verkehrssteuerung (z.b. Lichtsignalanlagen) Bewirtschaftung - Parkgebühren - Parkzeiten Sicherheit (objektive/subjektive) Organisation Kosten Recht organisatorisch übergeordnete Festlegungen Koordination Zuständigkeiten Termine Etappierungen Kosten der Investitionen (Grobschätzung) Kosten von Betrieb und Unterhalt (Grobschätzung) Finanzierung rechtliche Grundlagen kommunale Reglemente Tabelle: Themen bei der Erarbeitung des KGV 10

11 2. Inhalt und Ablauf des KGV Der KGV gliedert sich in einen planerischen und einen operativen Teil. Die Abbildung unten veranschaulicht die Bestandteile des KGV und dessen Verhältnis zur Umsetzung in der Nutzungsplanung. Bestandteile des KGV Abbildung: Inhalt und Ablauf beim Erarbeiten des KGV; Umsetzung; Verhältnis des KGV zur Nutzungsplanung 11

12 2.1 Planerischer Teil Ziele und Analyse Ziele, Randbedingungen Analyse Der planerische Teil umfasst die Zielvorstellungen des Gemeinderats für die Entwicklung der Gemeinde. Die Ziele sind mit den übergeordneten strategischen Interessen der regionalen Verkehrsplanung des Kantons abzustimmen. Dabei sind die Randbedingungen und Spielräume sowie die Analyse mit einzubeziehen. Ergebnis dieses Schrittes sind konkret auf die spezifischen Bedürfnisse der Gemeinde zugeschnittene Handlungsfelder. Innerhalb dieser Handlungsfelder zeigt die Gemeinde die zur Zielerreichung einzuschlagende Richtung und die hierfür notwendigen Massnahmen auf. Die folgenden wesentlichen Teilbereiche sind zu berücksichtigen: Handlungsfelder Mobilitätsplan Übergeordnete Ziele kantonale und kommunale Ziele und Ausrichtungen Randbedingungen und Spielräume übergeordnete Festlegungen (z.b. kantonaler Richtplan) technische Randbedingungen bestehende relevante Konzepte und Studien Analyse Verkehrsangebot (MIV, öv, Radverkehrs-, Fussverkehrsanlagen, Güterverkehr / Anlieferung, kombinierte Mobilität) Verkehrsnachfrage (MIV, öv, LV) Mobilitäts- und Verkehrsverhalten (Mobilitätsmanagement 7 ) Konflikte, Schwachstellen, Mängel (z.b. bezüglich Kapazität, Sicherheit, Aufenthaltsqualität, Erschliessung, Umwelt) Werte, schützenwerte Bereiche (z.b. Landschaft) konkretisierte Ziele aufgrund der Analyse (abgestimmt mit der Nutzungsplanung und wenn möglich vorgeschaltet) Festlegen der Handlungsfelder Aus den Zielen, den Randbedingungen und der Analyse lassen sich die Schwachstellen ableiten. Daraus ergeben sich Handlungsfelder, in denen die Gemeinde ihre Stossrichtungen und Massnahmen aufzeigt. Ein Mobilitätsplan kann die Ziele, Schlussfolgerungen und Handlungsfelder übersichtlich darstellen. Eine mögliche Darstellung ist im Anhang unter "Auszüge aus den Beispielplanungen", zu finden. 7 Konzept Mobilitätsmanagement, März 2007 sowie Mobilitätsmanagement für Gemeinden, 12 Januar 2008.

13 2.2 Operativer Teil konkrete Massnahmen Im operativen Teil konkretisiert die Gemeinde die in den Handlungsfeldern skizzierten Stossrichtungen mit Massnahmen. Die wesentlichen Inhalte sind in Massnahmenblättern beschrieben. Ein Beispiel hierzu ist im Anhang dargestellt. Massnahmenblätter Inhaltlich: Ziele, Beschreibung und allenfalls Darstellung der Massnahmen oder Massnahmenbereiche, Abhängigkeiten zu anderen Massnahmen Organisatorisch: Angaben zu Voraussetzungen, Zuständigkeiten, Koordinationsstand, -bedarf (z.b. mit dem Kanton), Stand der Planung, Kostengrössenordnungen (Investitionen und Betrieb / Unterhalt) Wichtig sind Hinweise auf betriebliche, gestalterische und siedlungs- bzw. umweltbezogene Massnahmen. Denkbar sind auch solche im Bereich Kommunikation und Marketing. Eine Beschränkung auf die Darstellung infrastruktureller Massnahmen ist nicht ausreichend. Erforderlich sind folgende Inhalte: Grundlagen für die Nutzungsplanung Beispielsweise Hinweise auf die Erstellung der erforderlichen Reglemente wie Parkierungs-, Parkgebühren-, Parkplatzersatzabgaben-, Strassenreglement etc. 8 Dies kann Anpassungen in der Bau- und Nutzungsordnung nach sich ziehen, da der KGV selbst behördenverbindlich ist. Das heisst, der KGV ist als Grundlage bei weiteren Planungen bindend für Kanton und Gemeinden. Der KGV begründet keine Leistungsverpflichtung für den Kanton. Grundeigentumsverbindlich werden die Planungen erst durch die Umsetzung in den Nutzungsplänen. Abstimmung Siedlung und Verkehr Die Gemeinde erläutert, wie sie die Anforderungen nach gegenseitiger Abstimmung der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung beachtet hat. Erforderlicher Inhalt Es sind Fragen zu beantworten wie z.b.: - Wo ist welche Nutzung sinnvoll? - Ist der gewählte Ort zweckmässig? - Welches Mass an Aufenthaltsqualität ist gewünscht? - Welche Erschliessung ist gefordert? - Genügen die vorhandenen Kapazitäten der Verkehrsinfrastruktur? Die Gemeinde erhöht die Siedlungsqualität, indem sie die Strassenräume aufwertet, Fuss- und Radverbindungen ausbaut, den öffentlichen Verkehr fördert, situativ die Kapazitäten der Verkehrsinfrastrukturen durch Ausbau erhöht etc. Die Massnahmen sind entsprechend aufzuführen. Das mit den Nutzungen verbundene (voraussichtliche) Verkehrsaufkommen muss, wenn notwendig, über die Gemeindegrenzen hinweg auch regional Erhöhung der Siedlungsqualität 8 Gemäss 34 Abs. 3 BauG ist die Gemeinde verpflichtet, die Erhebung von Beiträgen und Gebühren zu regeln, sofern keine kantonalen Vorschriften bestehen. Diese Verpflichtung betrifft in jedem Fall das Parkplatzersatzabgaben- und das Strassenreglement. Ein Parkierungs- bzw. Parkgebührenreglement erstellt die Gemeinde, wenn im KGV die entsprechende Grundlage vorhanden ist. 13

14 abgestimmt sein, insbesondere auch was die Kapazitäten der kantonalen Verkehrsinfrastrukturen betrifft. Teilpläne In aller Regel sind die Massnahmen, die den MIV, den öv, den Rad- und Fussverkehr sowie die Parkierung betreffen, planerisch darzustellen. Weitere planerische Inhalte sind denkbar (z.b. Verkehrssicherheit). Die Inhalte können in grösseren Gemeinden in separaten Plänen dargestellt werden. Abbildung: Inhalt des KGV 2.3 Umsetzung und Wirkung des KGV Die Wirkung des KGV ist periodisch (z.b. alle 5 Jahre) zu überprüfen 9, und wenn nötig ist der KGV an die veränderten Bedürfnisse anzupassen. Wirkungskontrolle Ein Konzept zur Wirkungskontrolle ist Bestandteil des KGV. Die Gemeinde stimmt das Konzept auf den Charakter der Ziele und Massnahmen sowie auf die eigenen Möglichkeiten ab. Die Gemeinde überprüft den Vollzug der Massnahmen mit einem Vollzugscontrolling. Zu beantwortende Frage: Setzt die Gemeinde die Massnahmen tatsächlich gemäss KGV um? Weiter geht ein Wirkungscontrolling, bei dem die Gemeinde die Wirkung von Massnahmen anhand von Indikatoren überprüft. Zu beantwortende Frage: Zeigen die vorgeschlagenen Massnahmen die erwartete Wirkung? Schliesslich kann die Gemeinde auch die Ziele an sich überprüfen. Zu beantwortende Frage: Sind die Ziele durch die Massnahmen erreichbar, sind sie nach wie vor richtig? 14 9 Eine Unterstützung bietet z.b. der praxisorientierte Leitfaden für kleine bis mittlere Verkehrsvorhaben "Wirkungsanalysen bei Verkehrsvorhaben", SVI, Dezember 2009.

15 3. Genehmigungsverfahren Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) genehmigt den KGV ( 54a Abs. 1 BauG). Der Genehmigung geht eine vorläufige Beurteilung voraus. Vorläufige Beurteilung: Die Gemeinde legt den KGV zur vorläufigen Beurteilung vor. Hierfür reicht die Gemeinde sechs Exemplare (Papier und elektronisch) beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Verkehr, ein. 10 Innerhalb von drei Monaten 11 kann die Gemeinde die vorläufige Beurteilung erwarten. Der KGV ist behördenverbindlich (Erlass- und Genehmigungsbehörden). Für das Grundeigentum sind erst die Festlegungen in der Nutzungsplanung verbindlich. Aus diesem Grund ist ein Rechtsmittelverfahren (Einwendungen, Beschwerden) nur für die Gemeinde möglich (vgl. 54 Abs. 2 lit. a des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG] vom 4. Dezember 2007). Genehmigung Bei der vorläufigen Beurteilung handelt es sich um eine fachliche Beurteilung. Dabei wird unterschieden zwischen fachlich bindenden "Auflagen" des Departements und Empfehlungen. Mit der vorläufigen Beurteilung ist gewährleistet, dass die Gemeinde bereits vor der Mitwirkung ( 3 BauG) Anregungen des BVU entsprechend einarbeiten kann. Genehmigung: Für die Genehmigung legt die Gemeinde sechs Exemplare (Papier und elektronisch) sowie eine Zusammenfassung der Änderungen, die sich allenfalls nach der vorläufigen Beurteilung und aufgrund der Mitwirkung ergeben haben, der Abteilung Verkehr vor. Das Departement BVU ( 54a Abs. 1) genehmigt den KGV in der Regel innerhalb von zwei Monaten. Für die Genehmigung bezeichnet die Gemeinde in einem Genehmigungsblatt (vgl. Vorschlag im Anhang) den zu genehmigenden Inhalt des KGV. Damit gewährleistet sie im Interesse der Beschluss- und der Genehmigungsbehörde eine effiziente und widerspruchsfreie Anwendung. Die wichtigen Abschnitte in den einzelnen Kapiteln, auf die im Genehmigungsblatt verwiesen wird, sind hervorzuheben. 12 Genehmigungsblatt Die Genehmigung durch das Departement BVU erfolgt unter folgenden Voraussetzungen: Übereinstimmung mit den übergeordneten Festlegungen (z.b. Richtplan) Sachgerechter Einbezug der Funktionsfähigkeit des kantonalen Strassennetzes Beurteilung der Zweckmässigkeit der Massnahmen Nachvollziehbarer Einbezug der Mehrjahresprogramme Strasse und öffentlicher Verkehr 10 Die Gemeinde kann den KGV auch als Teil der Nutzungsplanung einreichen (vgl. 23 BauG). 11 Je nach Komplexität und Koordinationsbedarf innerhalb des Departements kann die vorläufige Beurteilung maximal vier Monate dauern. 12 Als Beispiele für die Darstellung dienen der kantonale Richtplan oder die kantonalen Planungsberichte mobilitätaargau vom 19. September 2006 bzw. raumentwicklungaargau vom 5. September

16 Finanzielle Unterstützung Der KGV ist beitragsberechtigt. Gemäss Dekret über die Beiträge zur Raumplanung 13 gewährt der Kanton 17 % an die allgemeine Nutzungsplanung. Bei besonders anspruchsvollen KGV grösserer Gemeinden kann sich zusätzlich die Abteilung Verkehr an den Kosten der Planung und Koordination beteiligen. Eine Bestätigung erfolgt im Einzelfall nach Vorlage einer Offerte. Die Offerte muss Folgendes enthalten: Gesetzliche Anforderungen abdecken ( 2 BauV) Vorgehen für die Koordination mit Nachbargemeinden soweit notwendig Dekret über die Beiträge zur Raumplanung, 15. November 1994, SAR

17 Anhang A1 Abkürzungen Politik und Verwaltung AVK BVU Abteilung Verkehr Departement Bau, Verkehr und Umwelt Rechtliche Begriffe BauV BauG EPR BNO KGV SNP Bauverordnung (BauV) vom 25. Mai 2011 (SAR ) Gesetz über Raumentwicklung und Bauwesen (Baugesetz, BauG) Stand 1. Januar 2010 (SAR ) Kantonales Reglement über die Ersatzabgaben für die Befreiung von der Parkplatzerstellungspflicht (SAR ) Bau- und Nutzungsordnung Kommunaler Gesamtplan Verkehr Sondernutzungsplan Fachliche Begriffe aus den Bereichen Verkehr und Raumentwicklung BGK Betriebs- und Gestaltungskonzept B+R Bike and Ride (Fahrrad- und Motorradparkfeld mit Umsteigemöglichkeit auf den öv) FG Fussgängerinnen und Fussgänger HVS Hauptverkehrsachse K+R Kiss and Ride (Anhaltegelegenheit zum Aus- und Umsteigen auf den öv) LV Langsamverkehr (Rad- und Fussverkehr) MIV Motorisierter Individualverkehr öv öffentlicher Verkehr P+R Park and Ride (Autoparkfeld mit Umsteigemöglichkeit auf den öv) PRP Parkraumplanung (kommunal) T20 / T30 Tempo 20 km/h / 30 km/h VRP Verkehrsrichtplan (kommunal) VS Verbindungsstrasse VSS Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute 17

18 A2 Mögliche Massnahmenbereiche und Teilpläne Die Gemeinde kann die Massnahmen in Massnahmenbereiche gliedern. Die Massnahmen bzw. Massnahmenbereiche sind graphisch in Teilplänen darzustellen. Aufgrund der Übersichtlichkeit ist es sinnvoll, je einen Teilplan nach Verkehrsart (z.b. MIV, öv, LV) zu erstellen. Die Teilpläne MIV, öv und LV sind notwendig, um alle bestehenden Elemente und geplanten Massnahmen darzustellen. Bei kleineren Gemeinden kann ein kombinierter Plan ausreichend sein. Die Verordnung zum kantonalen Geoinformationsgesetz, das am in Kraft tritt, sieht vor, dass die Daten in den Teilplänen nach Vorgaben des Kantons erfasst, dargestellt und dem Kanton abzugeben sind. Aus dem Grund ist es sinnvoll, die Teilpläne entweder in einem GIS zu erstellen oder im CAD die Daten in verschiedenen Layern aufzunehmen und Attribute zu führen. 14 Auf Massnahmenblättern sind die Massnahmen / Massnahmenbereiche beschrieben, wobei es zweckmässig ist, dort auf den jeweiligen Teilplan (Teilpläne) zu verweisen. Im Genehmigungsblatt kann auf das Massnahmenblatt Bezug genommen werden. So dient dieses als Grundlage für die Genehmigung sowie für die Umsetzung und die Wirkungskontrolle der Gemeinde. Folgende Massnahmenbereiche sind denkbar (Auswahl): Betriebs- und Gestaltungskonzepte an Hauptachsen Fuss- und Radverkehr (Netz, Infrastruktur, Schulwegsicherung) Öffentlicher Verkehr Mobilitätsmanagement (Beratungen, Angebote, Kampagnen) Verkehrsmanagement (Verkehrslenkung, Verkehrsleitung, Verkehrssteuerung) T30, T20 in Wohnquartieren Erschliessungsbereiche Mögliche Teilpläne und deren Inhalte: Teilplan Motorisierter Individualverkehr Teilplan öv Teilplan Langsamverkehr Teilplan Raum Das minimale Datenmodell sowie das Darstellungsmodell werden zurzeit entwickelt. Schon heute sind viele räumliche GIS-Daten (ca. 1000) im Geoportal Aargau kostenlos zu beziehen ( Geodatenshop). Daten aus der amtlichen Vermessung sind kostenpflichtig.

19 Inhalte, die in allen Teilplänen enthalten sein sollten (Auswahl): Richtplaneinträge orientierend Relevante Zielorte Bauzonenabgrenzung / Änderung Erschliessungsoptionen für neue Entwicklungsgebiete Infrastrukturanlagen (aus SNP übernommen bzw. basierend auf einer derzeitigen Überarbeitung) Folgende Inhalte sollten in einem Teilplan Motorisierter Individualverkehr (MIV) enthalten sein (Auswahl): Kantonsstrassen: Netz "Strassennetz des Kantons Aargau" o Klassierung (HVS oder VS) o Kantonsstrassennummer o Neuanlagen Strassen und Knoten (Freihaltungen) Versorgungsrouten (Plan, Lage und Bedeutung) Massnahmen (Knoten / Querungen, Anschlüsse, etc.) Gemeindestrassen: Klassierung gemäss VSS-Norm o Grundlage für Ausbaustandard und Finanzierung: Aufteilung in Grob- und Feinerschliessung Massnahmen (Ausbau- und Rückbauabsichten, Flächenhafte Verkehrsberuhigung T20/T30) Verkehrssteuerung, Verkehrsleitung: Massnahmen (Dosierung, etc.) Parkierung Parkierungsanlagen ( 54a - 58 BauG): o Angebot best. PP, P+R, B+R o Nachfrage bzw. geplante PP Massnahmen gemäss 54a BauG (Verkehrslenkungsmassnahmen) o Grundlage für Nutzungsplanung, bzw. grundeigentumsverbindliche Festlegungen und Reglemente Folgende Inhalte sollten in einem Teilplan öv enthalten sein (Auswahl): Öffentlicher Verkehr: öv-netz (IST-Zustand: Bushaltestellen, Linienführung etc.) Massnahmen (Bushaltestellen, Netz, Busspuren, Verbesserung der Erschliessungsgüte etc.) 19

20 Folgende Inhalte sollten in einem Teilplan Langsamverkehr enthalten sein (Auswahl): Kantonale Radrouten: Netz: o Radroutennummer o Führungsart Wanderwegnetz Lokales Netz Massnahmen im Bereich Langsamverkehr: Massnahmen an Kantonsstrassen (Querungen, Gehwege, Fussgängerstreifen etc.) Übrige Massnahmen (Radweg, Radstreifen, Ausbau Kantonale Radrouten, Velo-Abstellplätze, T30-Zonen, Begegnungszonen etc.) Folgende Inhalte sollten in einem Teilplan Raum enthalten sein (Auswahl): Strassenraumgestaltung: Verkehrsberuhigung und weitere Massnahmen zur Gestaltung des Verkehrsablaufs Im Richtplan (Kap. S1.1) bezeichnete belastete Verkehrsachsen ( 15 BauG, 9 BauV) Hauptachsen: Geschäftszentren, Dorfkern Verkehrsberuhigte Siedlungskammern Massnahmen (T30 / T20-Zonen, BGK) o Grundlagen für Nutzungsplanung (SNP, Zone für Strassenraumgestaltung etc.) Lärm: Lärmbelastete Gebiete (Strasse, Schiene) Massnahmen Nutzungen (Verkehrspotenzial und Erschliessung) Unüberbaute Bauzonen, Umnutzungen, Verdichtungen Beabsichtigte Siedlungserweiterung Kapazität Strassennetz (Engpässe); Umgang mit überlasteten Strassen Massnahmen o Erschliessungsvorgaben (öv-erschliessung, Erreichbarkeit mit LV) o Grundlagen für Nutzungsplanung: Nutzungs- oder Erschliessungsbeschränkungen / Standortentscheide (Nutzungsintensität, Nutzungsart, publikumsintensive Einrichtungen) 20

21 A3 Bisherige Empfehlungen und Reglemente Ersatz der Empfehlungen zur kommunalen Parkraumplanung Den Empfehlungen zur kommunalen Parkraumplanung (PRP) 15 lag die Neuerung im damaligen Baugesetz vom 19. Januar 1993 zugrunde, dass eine Gemeinde in bestimmten Gebieten die Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer von der Pflicht zum Erstellen der erforderlichen Anzahl Pflichtparkfelder ganz oder teilweise befreien bzw. das Erstellen der Pflichtparkfelder ganz oder teilweise untersagen konnte. Vorausgesetzt war die Erstellung eines Gesamtkonzepts Parkierung ( 55 Abs. 4a BauG und 2 BauV). Zudem war die damals massgebende VSS-Richtlinie SN zur Parkierung, in welcher die Berücksichtigung der Erschliessungsqualität des öffentlichen Verkehrs beim Berechnen der Pflichtparkfelderzahl eingeführt wurde, noch relativ neu. Der Schwerpunkt der Empfehlungen lag auf PRP der Bedeutung und dem Inhalt des "Gesamtkonzepts Parkierung", der Vorgehensweise zum Berechnen der Pflichtparkfelderzahl, der Begründung einer über den "reduzierten Bedarf" hinausgehenden Senkung der Pflichtparkfelderzahl. Das neue Instrument KGV übernimmt die Zielsetzung und wesentliche Inhalte des bisherigen Gesamtkonzepts Parkierung. Sie müssen jedoch an die Festlegungen des revidierten Baugesetzes angepasst werden. Ersatz der Empfehlungen zum kommunalen Verkehrsrichtplan Ziel der Empfehlungen zum kommunalen Verkehrsrichtplan (VRP) 16 war es, diesen nicht ausschliesslich als reinen Strassenrichtplan zu verstehen. Die Gemeinden legten darin nicht nur die Strassenhierarchie fest, sondern berücksichtigen ebenso die Bedürfnisse des öffentlichen Verkehrs sowie des Fuss- und Veloverkehrs. Die Überlegungen betrafen grösstenteils die Infrastruktur. Betriebliche und gestalterische Aspekte standen im Hintergrund, und der ganze Bereich des Mobilitäts- und Verkehrsverhaltens (Mobilitätsmanagement) war selten berührt. VRP Als formelles Instrument schliesst der KGV die bisherige Lücke bezüglich der gesetzlichen Abstützung kommunaler Verkehrsrichtpläne. Die hier vorliegenden Empfehlungen ersetzen die bisherigen Empfehlungen und legen den Fokus auf die Erstellung eines umfassenden, gesamtheitlichen Mobilitätskonzepts. Kantonales Reglement über Ersatzabgaben für die Befreiung von der Parkplatzerstellungspflicht (EPR) Die Ersatzabgabe bezweckt, die fehlende Erstellung der zu beschaffenden Parkfelder durch Bezahlen einer Ablösesumme abzugelten. EPR Das Baugesetz (vor der Revision) sah das EPR nur als Übergangsregelung vor ( 169 Abs. 3 BauG). Die Gemeinden sind verpflichtet, ein eigenes Ersatzabgabenreglement zu erstellen ( 58 Abs. 1 und 3 BauG). 15 Empfehlungen Kommunale Parkraumplanung (PRP), Juni Empfehlungen Kommunaler Verkehrsrichtplan (VRP), Januar

22 A4 Neue VSS-Richtlinie VSS-Richtlinie SN "Parkieren" Veränderungen gegenüber der alten VSS-Richlinie 43 BauV verweist für die Berechnung der Anzahl Pflichtparkfelder neu auf die VSS-Richtlinie SN "Parkieren; Angebot an Parkfeldern für Personenwagen" 17. Dies bedeutet eine Änderung gegenüber der bisherigen Basis (VSS- Richtlinie SN ). In der alten VSS-Richtlinie war ausgehend vom sogenannten Grenzbedarf der reduzierte Bedarf aufgrund der Erschliessungsgüteklasse des öffentlichen Verkehrs angegeben. Die neue VSS-Richtlinie unterscheidet sich gegenüber der alten durch die folgenden Charakteristiken: Terminologisch: Die Begriffe Grenzbedarf und reduzierter Bedarf entfallen. Neu wird von Richtwerten für das spezifische Parkfelder-Angebot gesprochen. Hinter diesen Richtwerten steht dieselbe Annahme wie hinter dem bisherigen Grenzbedarf: Der Richtwert beschreibt den Bedarf an Parkfeldern für den (theoretischen) Fall, dass die betrachtete Anlage ausschliesslich mit dem MIV erreichbar ist. Inhaltlich: Die Reduktion der Anzahl Parkfelder erfolgt nicht mehr aufgrund der Güteklasse des öffentlichen Verkehrs, sondern aufgrund der Erreichbarkeit eines Standorts mit dem öffentlichen Verkehr und dem Langsamverkehr (Standort-Typ). Verfahrensmässig: Es wird zwischen einem vereinfachten Verfahren und einem detaillierten Optimierungsverfahren unterschieden. Für Nutzungen mit geringer Verkehrsintensität und damit in den meisten Fällen wird das vereinfachte Verfahren angewendet. Diese Regelung gilt für Wohnnutzungen generell und für übrige Nutzungen dann, wenn nicht mehr als 300 Parkfelder erforderlich sind oder wenn im Durchschnitt über die Betriebstage nicht mehr als 1'500 Fahrzeugfahrten pro Tag erzeugt werden. Vereinfachtes Verfahren Die folgenden Ausführungen beschreiben das Vorgehen beim vereinfachten Verfahren. Das detaillierte Berechnungsverfahren erfordert in jedem Fall ein Gutachten durch eine Fachperson. Mit der Festlegung des Standort-Typs ist die notwendige Anzahl der Parkfelder für die entsprechende Nutzung zu ermitteln. Dieser Vorgang ist in der VSS- Richtlinie beschrieben. Bei Projekten mit verschiedenen Nutzungsarten ergibt sich das Parkfelder-Angebot aus der Summe der Angebote für die einzelnen Nutzungen abzüglich der Mehrfachnutzungen von Parkfeldern (verschiedene Benutzerkategorien z.b. Pendelnde und abendlicher Freizeitverkehr können zeitlich gestaffelt dieselben Parkfelder nutzen vgl. SN , Kapitel 10.3). Wenn infolge von speziellen örtlichen Verhältnissen (SN Kapitel 10.4; sehr gute öv-erschliessung, Altstadtbereiche mit schützenswertem Ortsbild etc.) oder der Auswirkungen des geplanten Parkfelder-Angebots auf die Umwelt, das Umfeld, die Leistungsfähigkeit oder die Sicherheit des angrenzenden Strassennetzes (SN Kapitel 10.5) ein Teil der Parkfelder- 17 VSS-Richtlinie SN Parkieren; Angebot an Parkfeldern für Personenwagen, Februar 2006.

23 Erstellung untersagt werden soll, ist dies in der allgemeinen Nutzungsplanung (Bau- und Nutzungsordnung) zu regeln. Die Ermittlung des Anteils des Langsamverkehrs wie auch der Bedienungshäufigkeit des öffentlichen Verkehrsmittels erfolgt immer bezogen auf die konkrete Nutzung und das angesprochene Einzugsgebiet des Objekts. Ermittlung Anteil Langsamverkehr (LV) Die VSS-Richtlinie SN geht beim Anteil des Langsamverkehrs am gesamten Personenverkehr von drei Kategorien aus: LV > 50 %; LV % und LV < 25 %. Im Kanton Aargau kann aufgrund des Mikrozensus und der vorhandenen Untersuchungen in der Regel von einem LV-Anteil von % ausgegangen werden. 18 Abweichungen nach oben in die Kategorie LV > 50 % ist in Zentren von Agglomerationen zu erwarten (Altstadt, Bahnhofgebiete, Zentrumsgebiete etc.). Abweichungen nach unten in die Kategorie LV < 25 % sind in sehr ländlichen Regionen zu erwarten (ländliche Ortschaft, abgelegene Siedlungsteile, Topographie etc.). Standort-Typ je nach LV-Anteil Des Weiteren sind objektspezifische Gegebenheiten zu berücksichtigen. So kann es sein, dass in einer nicht zentral gelegenen Siedlung eine nur lokale Nutzung geplant ist (z.b. eine Bäckerei). In diesem Fall kann ein LV % anstelle des üblichen LV < 25 % richtig sein. Auf der anderen Seite ist zum Beispiel bei einem Getränkehandel in einer Zentrumslage in einer Agglomeration der LV < 25 % sinnvoller als der LV > 50 %. Ermittlung Bedienungshäufigkeit öv In der VSS-Richtlinie SN wird zur Bestimmung des Standorttyps zwischen drei Bedienungshäufigkeiten (BH) durch den öv unterschieden: BH 4 Kurse pro Stunde; BH 1-4 Kurse pro Stunde und BH < 1 Kurs pro Stunde. Für die BH ist nicht nur die Ziel- sondern auch die Quellhaltestelle beizuziehen. Damit ein möglichst hoher Anteil der Frequenzen an der Zielhaltestelle berücksichtigt werden kann, ist eine gute öv-vernetzung Voraussetzung (viele Linien, Bahnknoten). Die zumutbare Fussdistanz zur öv-haltestelle am Quell- und am Zielort ist vom Fahrzweck abhängig und liegt im Bereich von m. Bei einem Bahnhof kann die akzeptierte Distanz bis zu 1'000 m betragen. Standort-Typ je nach Bedienungshäufigkeit öv Auf dem Geoportal ( des Kantons Aargau sind die Güteklassen der ehemaligen VSS-Richtlinie SN abgebildet. Bei dieser Güteklasse wird einerseits mit anderen Klassen der Bedienungshäufigkeit gearbeitet und andererseits nur die Ziel- und nicht die Quellhaltestelle berücksichtigt. Um in die öv-güteklassen A und B zu gelangen, sind eine sehr gute öv-vernetzung und hohe Taktfolgen notwendig, so dass für Fahrzwecke die Kategorie BH 4 Kurse pro Stunde angenommen werden kann. Für die übrigen öv-güteklassen C und D dürfte die Kategorie BH 1-4 Kurse pro Stunde zutreffen. Es ist davon auszugehen, dass in die Kategorie BH < 1 Kurs pro Stunde nur wenige ländliche Ortschaften im Kanton Aargau fallen. 18 Für den Langsamverkehr stehen im Vergleich zum Individual- und öffentlichen Verkehr keine statistischen Erhebungen zur Verfügung. Der Mikrozensus des Kantons Aargau (2005) weist aus, dass der LV im Mittel über den ganzen Kanton 6 % der Distanzen, 38 % der Zeit und 47 % der Etappen (ein Element einer Wegekette) des ganzen Verkehrsaufkommens leistet. In einer Untersuchung für die Stadt Zürich wird festgestellt, dass in Wohnquartieren der Stadt der Anteil des LV % des Gesamtverkehrs (im Jahresmittel) beträgt. 23

24 Des Weiteren sind auch hier objektspezifische Gegebenheiten zu berücksichtigen. So kann es sein, dass bei einem Abholmarkt mit schweren Gütern im Zentrum einer Agglomeration die BH 1-4 Kurse realistischer sein kann als eine BH 4 Kurse pro Stunde. Festlegung Standort-Typ Für eine Nutzung in einer Agglomerationsgemeinde mit einer Distanz von maximal 500 m zur nächsten Bushaltestelle und 1'000 m zum nächsten Bahnhof ist in der Regel von einem Standort-Typ B auszugehen (LV % und BH 4 Kurse pro Stunde). Ist mit einer anderen Erschliessung durch den LV zu rechnen oder liegen andere Taktfolgen für den öv vor, kann auch der Standort- Typ angepasst werden (z.b. in Bahnhofsquartieren oder Zentrumsquartieren ist von einem Standort-Typ A auszugehen). Für eine Nutzung in einer Ortschaft ausserhalb der Agglomeration mit einer Distanz von maximal 500 m zur nächsten Bushaltestelle und 1'000 m zum nächsten Bahnhof kann in der Regel von einem Standort-Typ D ausgegangen werden (LV < 25 % und BH 1-4 Kurse pro Stunde). Bei besserer bzw. schlechterer Erschliessung durch den LV oder erhöhter bzw. geringerer Taktfolgen des öv ist ein Anpassen des Standort-Typs sinnvoll. Daraus lässt sich für den Regelfall eine Umsetzung aus der öv-güteklasse der alten VSS-Richtlinie zum Standort-Typ der neuen VSS-Richtlinie ableiten: Fehler! öv-güteklasse nach SN A B C D Standort-Typ für Agglomerationsgemeinde A B B C D übrigen Gemeinden C D D E Tabelle: Standort-Typ in Abhängigkeit der öv-güteklasse Jeder Gemeinde wird empfohlen, eine Standort-Typen-Karte zu erstellen, so dass mit einheitlichem Massstab und ohne grossen Aufwand der diesbezügliche Parkfelderbedarf beurteilt werden kann. In dieser Karte sind die ortspezifischen Gegebenheiten des LV und der BH zu berücksichtigen. Bei speziellen Fahrzwecken (besonderer Anteil an LV und / oder öv bzw. besonderer Anteil an motorisiertem Individualverkehr) sind objektbezogene Anpassungen notwendig. Hier kann in der Regel der Spielraum zwischen Minimal- und Maximal-Wert der Richtlinie ausgeschöpft werden. 24

25 A5 Gesetzliche und verkehrspolitische Grundlagen Gesetzlicher Rahmen Bund Bundesgesetz über die Personenbeförderung (Personenbeförderungsgesetz, PBG) vom 20. März Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG) vom 13. Dezember Bundesgesetz über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG) vom 7. Oktober Bundesgesetz über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) vom 22. Juni Strassenverkehrsgesetz (SVG) vom 19. Dezember 1958 Gesetzlicher Rahmen Kanton Aargau Bauverordnung (BauV), Stand 25. Mai Gesetz über Raumentwicklung und Bauwesen (Baugesetz, BauG), Stand 1. Januar Kantonales Reglement über Ersatzabgaben für die Befreiung von der Parkplatzerstellungspflicht (EPR), Stand 1. April Dekret über die Beiträge an die Raumplanung vom 15. November Gesetz über die National- und Kantonsstrassen und ihre Finanzierung (Strassengesetz, StrG) vom 17. März Verordnung über die Innerortsstrecken an Kantonsstrassen vom 10. März Verordnung über die Offenhaltung von Versorgungsrouten für Ausnahmetransporte von unteilbaren Lasten vom 22. Dezember 2004 (Ausnahmetransportroutenverordnung, ATRV) Verordnung über Fuss- und Wanderwege vom 3. April Gesetz über den öffentlichen Verkehr (ÖVG) vom 2. September 1975 Verkehrspolitischer Rahmen Bund Strategie Nachhaltige Entwicklung: Leitlinien und Aktionsplan , Bern, 2008 Strategie Nachhaltige Entwicklung: Auszug Langsamverkehr, Bern, 2008 Sachplan Verkehr, Bern, 2006 Leitbild Langsamverkehr (Entwurf), Bern

26 Verkehrspolitischer Rahmen Kanton Aargau Richtplan Gesamtrevision, Botschaft des Regierungsrats an den Grossen Rat vom 4. Mai 2011 "Ortsdurchfahrten", Anleitung zu attraktiven Kantonsstrassen im Siedlungsgebiet, 2009 Mappe Mobilitätsmanagement für Gemeinden, 2008 Mappe Mobilitätsmanagement in Unternehmen, 2008 Mehrjahresprogramm öffentlicher Verkehr, 2007 Konzept Mobilitätsmanagement, 2007 Gesamtverkehrsstrategie "mobilitätaargau", Gesamtstrategie Raumentwicklung "raumentwicklungaargau", 2006 Empfehlungen Kreisverkehrsplätze, 2004 Empfehlungen "Sicht an Knoten und Ausfahrten",

27 A6 Auszüge aus den Beispielplanungen Beispiel Mobilitätsplan und Massnahmenblatt Der planerische Teil im KGV Zofingen 19 schliesst mit dem Mobilitätsplan ab. Die Tabelle zeigt die Ausrichtung. Ausgehend von der Zielsetzung und aufgrund der Schlussfolgerungen aus der Analyse hat die Stadt Zofingen die Handlungsfelder und die entsprechenden Massnahmen / Massnahmenbereiche in einem Mobilitätsplan abgesteckt. Beispiel Mobilitätsplan Massnahmen- A B C D E F G H Verkehrsmanagement Gestaltung und Betrieb von Strassen Verkehr und Nutzungen Fuss- und Radverkehr öv Parkierung bereich Kombinierter Verkehr Mobilitätsmanagement Erkenntnisse aus der Analyse Ziele Das städt. Erschliessungskonzept und die Nutzungsstruktur sind aufeinander abgestimmt. Massnahmen/ - bereiche Tabelle: KGV Zofingen, Aufbau Mobilitätsplan Aus den Schlussfolgerungen des planerischen Teils ergeben sich im operativen Teil die Handlungsfelder und die Massnahmenbereiche. Diese hat die Stadt Zofingen beispielsweise wie folgt umgesetzt. Handlungsfeld B: Gestaltung und Betrieb von Strassen Massnahmenbereich: Untere Grabenstrasse, Bahnhofplatz und Altstadtzugänge West Beispiel Massnahmenbereich Die Beschreibung des Massnahmenbereichs kann, wie in diesem Beispiel mit den Entwicklungsperspektiven ergänzt, eine wichtige Voraussetzung für die Zielerreichung darstellen. Heutiger Zustand Zielsetzungen Beschreibung Abbildung: KGV Zofingen, Inhalte eines Massnahmenbereichs 19 Unter dem Link: steht der KGV Zofingen zum Herunterladen bereit. 27

28 An jeden Massnahmenbereich schliesst sich ein Massnahmenblatt an. In diesem sind die Abhängigkeiten zu anderen Massnahmen, die Kostengrössenordnung etc. angegeben. Beispiel Massnahmenblatt Voraussetzung, Abhängigkeiten Zuständigkeiten Weitere beteiligte Stellen Bezug zu anderen Massnahmen Stand der Bearbeitung, Koordination mit andern beteiligten Stellen, Stand der Realisierung Koordination mit folgenden Projekten: - z.b. Kanton und Stadt z.b. SBB, Gemeinden z.b. Langsamverkehr z.b. noch dem Kanton vorzulegen Etappierung Phase 1: Phase 2: Termine Kostengrössenordnungen Controlling Genehmigung Phase 1: kurzfristig Phase 2: langfristig Tabelle: KGV Zofingen, Massnahmenblatt 28

29 Beispiel Teilpläne Die Teilpläne zeigen Bestehendes und geplante Massnahmen. Abbildung: Beispiel Teilplan MIV Abbildung: Beispiel Teilplan Langsamverkehr 29

30 Beispiel Genehmigungsblatt Die Gemeinden legen fest, welche Inhalte vom Kanton zu genehmigen sind. Beispiele sind: Genehmigungsinhalt Generelles z.b. die inhaltliche Ausrichtung des Berichts einzelne Zielsetzungen einzelne Massnahmen (z.b. Betriebs- und Gestaltungskonzepte in Zusammenarbeit mit dem Kanton, Verbesserungen im Bereich öv in Absprache mit dem Kanton, Erhöhung der Kapazität von P+R und B+R, Netzergänzungen im Bereich Langsamverkehr, Schulwegsicherung, Mobilitätsmanagement: Mobilitätsberatung in Unternehmen, Einführung eines Parkleitsystems, Einführung einer Parkraumbewirtschaftung) 30