Ute Hippach-Schneider; Bernadette Toth (Hrsg.) Übersc hrift. VET Research Report 2009

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1 Ute Hippach-Schneider; Bernadette Toth (Hrsg.) ReferNet-Research Report Deutschland Übersc hrift VET Research Report 2009 Setzen Sie hi er I hre Botsc haft ei n. Di e best e Wirkung erzi elen Sie, wenn Sie sich auf z wei oder dr ei Sätz e besc hränken.

2 Research Report 2009 November 2009

3 Autorinnen und Autoren: Susanne Berger (Kapitel 1) Prof. Dr. Sandra Bohlinger (Kapitel 3) Prof. Dr. Dietmar Frommberger (Kapitel 4) Prof. Dr. Matthias Pilz (Kapitel 1) Dr. Ingrid Wilkens (Kapitel 2) Herausgeber: Bundesinstitut für Berufsbildung Robert Schuman Platz Bonn Bestell Nr.: Copyright: Die veröffentlichten Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers dar. Dieser Bericht gehört zu einer Serie von nationalen ReferNet Forschungsberichten. Die Erstellung des Reports wurde von der Europäischen Gemeinschaft kofinanziert. ISBN

4 Vorwort Research Report 2009 Was beschäftigt die Berufsbildungsforscher eines Landes? Gibt es überhaupt nennenswerte Forschung? Welches sind die Themen, die untersucht und bearbeitet werden, welches dabei die relevanten Fragestellungen und wesentliche Ergebnisse? Die Antworten hierauf ermöglichen einen ganz eigenen Blick auf das Berufsbildungssystem eines Staates, denn sie zeichnen brennpunktartig die Baustellen auf und sind Indikator für Ansehen und Wichtigkeit beruflicher Bildung. In allen Ländern, die im ReferNet vertreten sind, wurde im Jahr 2009 versucht, diese Fragen in vier inhaltlichen Schwerpunktbereichen zu beantworten. Gemeinsame Themen für alle Netzwerkmitglieder sind Benefits of VET sowie Mobility and Migration. Da es darüber hinaus zahlreiche aktuelle Fragestellungen gibt, die in den Mitgliedsstaaten völlig unterschiedliche Relevanz haben, wurde den nationalen Koordinatoren die Entscheidung überlassen, zwei weitere Themen auszuwählen. Für Deutschland sind dies Effectiveness and quality assurance sowie Transitions. Interessanterweise haben das Thema Effectiveness and quality assurance sieben weitere Staaten gewählt und es ist somit der am häufigsten bearbeitete Schwerpunkt; der Themenkomplex Transitions wurde von vier weiteren Staaten als wichtiger Forschungsbereich eingestuft und steht in der Beliebtheitsskala auf Rang 3. Das zeigt, wie zentral insbesondere die Bedeutung der Themen Qualität und Effektivität in Europa ist. Im Vergleich zu den anderen ReferNet Berichten, wie dem Politikbericht 2008 und dem Länderbericht 2009, gab es für den ReferNet Forschungsbericht 2009 kaum gemeinsame Guidelines für die nationalen Konsortia. Es sollte hier gezielt ein möglichst großer Spielraum für Analyse und Beschreibung der nationalen Berufsbildungsforschung gesichert bleiben. Für den deutschen ReferNet Bericht konnten ausgewiesene Experten als Autorinnen und Autoren für die einzelnen Schwerpunkte gewonnen werden. Dies macht den Bericht zu einer nützlichen und hilfreichen Quelle für alle, die sich einen Überblick über die wesentlichen Forschungsfragen in diesen Teilgebieten verschaffen wollen. Der Bericht ist Teil des Cedefop ReferNet Arbeitsprogramms Ute Hippach Schneider Koordinatorin des deutschen ReferNet Konsortiums Bundesinstitut für Berufsbildung Bernadette Toth Mitarbeiterin im deutschen ReferNet Team Bundesinstitut für Berufsbildung Bonn, im Januar 2010

5 Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 Susanne Berger und Matthias Pilz Benefits of VET 6 Ingrid Wilkens Mobility and Migration 50 Sandra Bohlinger Effectiveness and quality assurance 86 Dietmar Frommberger Transitions and research on transitions in VET 117 Abkürzungsverzeichnis 154 Autorinnen und Autoren 156

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7 Benefits of VET Susanne Berger und Matthias Pilz 1. Aktuelle Forschungsaktivitäten zur Beruflichen Bildung in Deutschland der letzten fünf Jahre 6 2. Synthese der wesentlichen Forschungsergebnisse nach Zielgruppen Betrieblicher Nutzen Sozialer und gesellschaftlicher Nutzen Volkswirtschaftlicher Nutzen Individueller Nutzen der Teilnehmer Resümee und offene Fragen Bibliografie Aktuelle Forschungsaktivitäten zur Beruflichen Bildung in Deutschland der letzten fünf Jahre Die strukturellen Veränderungen im Wirtschafts und Beschäftigungssystem, die zunehmende Globalisierung und der demografische Wandel beeinflussen die Anforderungen am Arbeitsplatz und heben gerade in den letzten Jahren die Bedeutung und den Wert einer umfassenden beruflichen Bildung hervor (vgl. Kremer, 2008(a), S. 2). Im Rahmen der Erarbeitung des ReferNet Forschungsberichtes von 2009 sollen daher in der vorliegenden Analyse die wichtigsten aktuellen Forschungsaktivitäten in Deutschland zum Thema Benefits of VET dargestellt und knapp diskutiert werden. Wird von der Beruflichen Bildung in Deutschland gesprochen, so wird diese oft (vglereinfachend) mit dem dualen Berufsausbildungssystem gleichgesetzt, obgleich diese spezifische Ausbildungsform einer parallelen Ausbildung in Betrieb und Berufsschule lediglich einen Teil in der Gesamtheit der zur beruflichen Aus und Fortbildung zählenden Maßnahmen des Deutschen Bildungssystems ausmacht. In der beruflichen Erstausbildung haben sich in Deutschland, im Gegensatz zu beispielsweise der Schweiz oder Österreich, die beiden Systeme der betrieblichen Berufsausbildung im dualen System einerseits und der ausschließlich schulischen Berufsausbildung andererseits weitgehend unabhängig voneinander entwickelt (Kremer, 2006, S. 28). Da das duale Berufsausbildungssystem in Deutschland sowohl quantitativ als auch qualitativ das wichtigste Subsystem des Berufsbildungssystems darstellt, soll in der vorliegenden Darstellung

8 Benefits of VET 7 insbesondere hierauf der Schwerpunkt gesetzt werden. Dies schließt jedoch die Betrachtung anderer, vor allem vollzeitschulischer beruflicher Bildungsgänge nicht aus. 2. Synthese der wesentlichen Forschungsergebnisse nach Zielgruppen Im Folgenden sollen die wesentlichen Forschungsaktivitäten und Ergebnisse zum Nutzen und zu den Erträgen der beruflichen Bildung in Deutschland für den Zeitraum 2004 bis 2009 vorgestellt werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und zur besseren Abgrenzung werden die Forschungsresultate je nach Zielgruppen separat voneinander aufgeführt und dabei jeweils die forschungsrelevanten Hauptpositionen hervorgehoben. Interdependenzen werden an geeigneten Stellen ergänzend dargestellt. Bei Betrachtung der aktuellen Forschungsanstrengungen im Bereich der positiven Effekte und des Nutzens der beruflichen Bildung fällt nicht nur die fast ausschließliche Beschäftigung mit den Erträgen des dualen Systems auf, weiterhin heben sich vor allem die anteilsmäßig großen Forschungsaktivitäten im Bereich der betrieblichen Vorteile hervor, welche daher als erste im nachstehenden Kapitel behandelt werden. Darauf folgend sollen aktuelle Forschungsanstrengungen und Ergebnisse im Bezug auf die Vorteile der deutschen beruflichen Bildung für die Gesamtgesellschaft, die Volkswirtschaft und schließlich für das Individuum aufgezeigt werden. Es versteht sich von selbst, dass etwaige Überschneidungen in der Darstellung der Forschungsergebnisse zwischen den einzelnen Zielgruppen nicht ausbleiben können und auch sollen, da diese wiederum auf die umfassenden Wechselwirkungen der Beziehungen zwischen allen Beteiligten im Bereich der beruflichen Bildung aufmerksam machen. 2.1 Betrieblicher Nutzen Aktuelle Forschungen zum betrieblichen Nutzen der beruflichen Bildung in Deutschland beschäftigen sich vorrangig mit den unternehmerischen Erträgen aus der beruflichen Erstausbildung im dualen System. Dies ist vor allem damit zu erklären, dass in vielen Beschäftigungsfeldern die betriebliche Ausbildung mitunter der wichtigste Einstiegspfad in den Arbeitsmarkt ist (vgl. Deißinger, 2005, S. 143). Die Investitions und Standortentscheidungen von Unternehmen sind im Zuge der Globalisierung mitunter in hohe Maße von der Qualifizierung der Arbeitskräfte in einem Land beeinflusst. Neben beispielsweise dem nationalen Lohnniveau ist somit auch die Gestaltung beruflicher Bildung ein entscheidender Standortfaktor im Wettbewerb von Industrie und Exportnationen. Die berufliche Bildung in Deutschland wird, wie bereits oben angemerkt, vor allem durch das sogenannte duale System, d.h. der Verknüpfung von schulischem und betrieblichem Lernort, realisiert. Jährlich beginnen etwa Zweidrittel eines Schülerjahrgangs eine duale Berufsausbildung und finden damit einen Einstieg in die Berufs und Arbeitswelt (vgl. BIBB, 2009(a), S. 77 und Döring; Sailmann, 2005).

9 8 Susanne Berger und Matthias Pilz Absolventinnen und Absolventen 1 des dualen Systems zeichnen sich durch eine berufliche Handlungsfähigkeit ( 1 Abs.3 BBiG) aus, die es ihnen erlaubt, innerhalb eines beruflichen Handlungsfeldes selbstständig und weitgehend eigenverantwortlich zu arbeiten (vgl. Frank, 2009, S. 5). Um jedoch mit der Entwicklung der Betriebe hinsichtlich beispielsweise des technologischen Fortschritts oder aber auch den sich ändernden Arbeitsstrukturen Schritt zu halten, ist auch die berufliche Bildung einem ständigen Wandel unterzogen. Die Anpassungsfähigkeit auf die Anforderungen der Betriebe und die Offenheit des dualen Systems zeigen sich nicht nur in den jährlich neu geschaffenen und modernisierten Ausbildungsberufen, sondern beispielsweise auch in den Neuerungen im Rahmen der Reform des Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2005 (vgl. Kapitel 2.3). Unternehmungsbefragungen zeigen, dass Betriebe das hochwertige Produkt (Kremer, 2006) der dualen Ausbildung schätzen und durch dessen Qualität und Anpassungsfähigkeit vor allem im Blick auf die Deckung des eigenen Fachkräftebedarfs profitieren, was Gegenstand des Folgekapitels sein soll. Die Bereitschaft der Betriebe, in die Berufsausbildung zu investieren und hiermit auch zunächst Kosten auf sich zu nehmen, ist vor allem durch den zukünftigen Personalbedarf motiviert. Dieses sogenannte Investitionsmotiv ist neben dem Reputations und Kosteneinsparungsmotiv ein in der einschlägigen Literatur diskutierter theoretischer Ansatz zur Beschreibung und Zuordnung unternehmerischer Beweggründe zur Ausbildungsbeteiligung (vgl. z.b. Beicht et al., 2004). Die betriebliche Ausbildung zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses Das Investitionsmotiv ist unabhängig von Branche und Größe der Unternehmen allgemeinhin von großer Bedeutung für die Ausbildungsbeteiligung, was auch die Schlussfolgerungen von Ebbinghaus und Ulmer (2009) aus einer Umfrage von Betrieben bestätigen. In dieser Befragung gab jeder sechste von zehn Unternehmern an, dass die Deckung des zukünftigen Personalbedarfs von großer Bedeutung für die Ausbildungsbeteiligung sei. 2 Die ausbildenden Betriebe schätzen nicht nur die flexiblen Einsatzmöglichkeiten der selbst ausgebildeten und damit auch betrieblich spezialisierten Fachkräfte, sie gehen dadurch auch ein minderes Risiko bezüglich der Fehleinschätzung bei der Rekrutierung von externem Personal ein (vgl. Ebbinghaus und Ulmer, 2009, S. 21; Walden et al., 2003, S. 45). Diese These wird desgleichen durch die Aussage des Leiters der Siemens AG Professional Education, Herrn Günther Hohlweg, im Interview mit dem f bb untermauert: [ ] Die Siemens AG hält das duale Ausbildungssystem für die zeitgemäße Form der Berufsausbildung und auch für die Zukunft entwicklungsfähig. [ ] 1 Die nun folgende Darstellung verzichtet zugunsten der besseren Lesbarkeit auf die sprachliche Differenzierung zwischen den Geschlechtern. Selbstverständlich sind stets sowohl Frauen als auch Männer angesprochen. [Anm. d. Verf.] 2 Ähnliche Ergebnisse lieferten bereits in 2004 Beicht et al.

10 Benefits of VET 9 Unternehmen bilden den eigenen Nachwuchs im Unternehmen aus und können ihn so frühzeitig auf die betrieblichen Belange vorbereiten. [ ] Die Einarbeitungszeit für die spätere Tätigkeit ist in die Ausbildungszeit integriert. Ein weiteres Motiv von Unternehmen, in die eigene Ausbildung zu investieren, ist die demografische Entwicklung in Deutschland. Einerseits ist ein fortdauernder Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen, andererseits geht mit der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft (2030 werden schätzungsweise knapp zehn Prozent mehr Menschen als heute das 65. Lebensjahr überschritten haben) ein Mangel an Fachkräften einher (vgl. Statistisches Bundesamt, 2006). Daraus könnte gefolgert werden, dass die Betriebe zur Qualifizierung von Fachkräften auf die duale Berufsausbildung zurückgreifen müssen, um sich dadurch ihren eigenen betrieblichen Nachwuchs zu sichern. Ausgehend von dieser These untersuchte Troltsch (2008) auf der Datenbasis des BIBB Ausbildungsmonitors von 2007, inwiefern die Ausbildungsbereitschaft von Betrieben am künftigen Fachkräftebedarf orientiert ist. 3 Die ersten Ergebnisse der Erhebung 4 zeigten, dass diejenigen Unternehmen, die in der Vergangenheit Fachkräfte mittleren Qualifikationsniveaus eingestellt hatten, tendenziell auch bereit dazu sind, Ausbildungsstellen anzubieten, um weiterhin ihren Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern zu decken. Des Weiteren belegten die Ergebnisse der Befragung, dass die Bereitschaft der Betriebe Ausbildungsplätze anzubieten, nicht durch die bisherige oder geplante Einstellung von (Fach ) Hochschulabsolventen gemindert werden. Ähnliche Ergebnisse wie Troltsch gewann auch Ebbinghaus (2009) im Rahmen des Forschungsprojekts Qualitätssicherung in der betrieblichen Berufsausbildung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). 5 Aus der Befragung ging hervor, dass die eigene Ausbildung für die Betriebe eines der wichtigsten Instrumente zur Deckung ihres Fachkräftebedarfs ist, insbesondere dann, wenn mit einer hohen Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften gerechnet wird. Ist hingegen der erwartete betriebliche Bedarf eher gering, setzen sowohl Kleinstbetriebe als auch Großunternehmen auf das Mittel der Fort und Weiterbildung des bestehenden Mitarbeiterpools. Hingegen wird die Deckung des künftigen Fachkräftebedarfs vielfach von den Betrieben weder durch die Einstellung von Hochschul oder 3 Stichprobe: Telefonische Kontaktierung von Betrieben, von denen an der Untersuchung teilnahmen. Es wurden drei Erhebungswellen von TNS Infratest Sozialforschung im Jahr 2007 durchgeführt(vgl. Troltsch, 2008). 4 Die Gesamtergebnisse der BIBB Kosten Nutzenerhebung 2007 werden zu Anfang des Jahres 2010 veröffentlicht(vgl. Auskunft von Reinhold Weiß, Ständiger Vertreter des Präsidenten und Forschungsdirektor des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zur Eröffnung der BIBB Fachtagung Die Ausbildungsentscheidung von Betrieben: Ökonomische Forschungsansätze und Analysen" vom 23. bis in Bonn.). 5 Stichprobe: Befragt wurden ca Betriebe, die in einem oder mehreren der Jahre 2005, 2006 oder 2007 gemäß BBiG/HwO ausgebildet haben. Die Befragung erfolgte schriftlich postalisch mit einem standardisierten Fragebogen. Für weitere Informationen wird verwiesen an: Ebbinghaus, 2009, S

11 10 Susanne Berger und Matthias Pilz Fachhochschulabsolventen noch durch die Beschäftigung von Leiharbeitskräften anvisiert (vgl. Ebbinghaus, 2009, S. 28). 6 Getreu der ersten Befunde der Betriebsbefragung des BIBB zu Kostenund Nutzen der betrieblichen Berufsausbildung von begründeten 84% der Betriebe ihre Bereitschaft zur Ausbildung damit, auf diese Weise den betrieblichen Anforderungen entsprechende Nachwuchskräfte zu qualifizieren. Weiterhin beurteilten 70% der ausbildenden Unternehmen die Option bei der Übernahme der eigenen Auszubildenden, die Besten auszuwählen, als sehr wichtig bzw. wichtig. Als weitere wichtige Gründe für die betriebseigene Qualifikation wurden ebenso die Vermeidung des Risikos, Fehleinschätzungen bei der Personalwahl einzugehen und zu hohen Personalfluktuationen vorzubeugen, genannt (vgl. BIBB 2009(a), S. 240). Diese Umfrageergebnisse bestätigte ebenfalls der Leiter der beruflichen Ausbildung der Knorr Bremse AG, Herr Josef Stanglmaier, in einem Interview mit dem Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f bb): Fazit: Im System der dualen Ausbildung und bei Ausnutzung der Möglichkeiten hat ein nach dem dualen System ausbildendes Unternehmen im Anschluss an die Ausbildung genau den Mitarbeiter, den es braucht. [ ] (Loebe, Severing, 2008, S. 182). In einer zwischen Deutschland und Großbritannien vergleichenden Studie zum Ausbildungsverhalten konnte Pilz (2009(a)) auf Basis von Betriebsbefragungen gleichfalls feststellen, dass in Deutschland die Kosten für die Ausbildungsbereitschaft nicht allein dominieren, sondern die gesicherte und langfristige Bindung gut qualifizierter Arbeitskräfte in Kombination mit einem gesellschaftlichen Anspruch, der erfüllt werden soll und zu Reputationsgewinnen führt, entscheidende Parameter sind. Die Kosten und Nutzenabwägungen der Betriebe für die eigene Ausbildung In die Kosten Nutzenabwägung der betrieblichen Berufsausbildung fließen auch Elemente mit ein, die nur bedingt quantifiziert werden können. Um im Folgenden die Überlegungen der Unternehmer und das Zusammenspiel von Investitions, Reputations und 6 Ähnliche Ergebnisse lieferte bereits Walden et al. (2003) bei einer Befragung von ausbildenden und nichtausbildenden Unternehmen im Jahr Danach stuften 70% der ausbildenden Betriebe die eigene gewerblichtechnische bzw. 52% die eigene kaufmännische Ausbildung in der künftigen Deckung ihres Qualifikationsbedarfs im Fachkräftebereich als sehr wichtig bzw. wichtig ein(vgl. ebd., S. 45). 6 Die Kosten und Nutzenerhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) beruht auf der konzeptionellen Grundlage der Sachverständigenkommission von Insgesamt führte das BIBB vier Erhebungen in den Jahren 1980, 1991, 2000 und 2007 durch. Im Jahr 2007 wurden Personal und Ausbildungsverantwortliche in Ausbildungsbetrieben persönlich befragt. Untersucht wurden die 51 am stärksten besetzen Ausbildungsberufe in den Bereichen Industrie und Handel, Handwerk, öffentlicher Dienst, Landwirtschaft und den freien Berufen. Für weitere Informationen zur aktuellen Erhebung wird verwiesen auf: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), 2009(a).

12 Benefits of VET 11 Kosteneinsparungsmotiv besser nachvollziehen zu können, sollen in Anlehnung an Beicht et al. (2004) die Ausbildungskosten dem Nutzen schematisch gegenübergestellt werden. Abbildung 1: Übersicht über die Kosten der betrieblichen Berufsausbildung für die Unternehmen 8 Kosten Personalkosten der Sonstige Kosten Auszubildenden Personalkosten des Anlage und Sachkosten (z.b. Kammer (Bruttojahresgehälter und gesetzliche sowie freiwillige Sozialleistungen) Ausbildungs personals (haupt und nebenberufliche Ausbilder sowie externes Personal) (Materialien für den Arbeitsplatz, die Lehrwerkstatt und den innerbetrieblichen Unterricht, z.b. auch gebühren, Kosten für externe Kurse etc.) Abbildung 2: Übersicht über den Nutzen der betrieblichen Berufsausbildung für die Unternehmen Erträge Leistungs Erträge aus unterschiede produktiven Leistungen der Auszubildenden (Eingesparte) Kosten für die Rekrutierung externer Fachkräfte (z.b. Bewerbungs Angebotsnutzen (Image des Betriebs) (Eingesparte) Ausfallkosten für Fachkräfteman gel und personelle zwischen selbst ausgebildetem und externem Personal verfahren inkl. Fehlentscheidungen Inserierungskosten, Personalkosten etc.) 8 Beicht et al., (2004) bezogen in ihrer Untersuchung zwei verschiedene Wege zur Berechnung der Personalkosten für das Ausbildungspersonal mit ein: Kosten unter Ausschluss für Teilzeitausbildungspersonal und Kosten unter Berücksichtigung derselben. [Anm. d. Verf.]

13 12 Susanne Berger und Matthias Pilz Mittels des am Institut für Technik und Wirtschaft (ITB) der Universität Bremen von Felix Rauner et al. (2007) entwickelten Selbstevaluationsinstruments für Ausbildungsbetriebe Qualität Erträge Kosten (QEK) wird aktuell den Unternehmen selbst ein Werkzeug an die Hand gegeben, das ihnen ermöglichen soll, die zentrale Kosten Nutzen Frage sowie die Qualität ihrer betrieblichen Ausbildung aufzuschlüsseln. Das QEK Instrument orientiert sich bei der Gegenüberstellung von Bruttokosten und Erträgen der Ausbildung an dem oben aufgeführten Verfahren nach Beicht et al. (2004). Durch den Einsatz des Selbstevaluationsinstruments erkennen sie [die Betriebe], welche Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Organisation und Gestaltung ihrer Ausbildung bestehen. Außerdem stellt das Instrument Durchschnittswerte zur Verfügung, damit die jeweiligen Betriebe feststellen können, wie sie [ ] hinsichtlich Kosten/Nutzen und Qualität ihrer Ausbildung abschneiden (Heinemann and Rauner, 2008, S. 90). 9 Im methodischen Rückgriff auf das QEK Instrument erhob und bilanzierte Haasler (2008) die Kosten und Nutzen der betrieblichen Ausbildung der Feintechnik GmbH, einem kleinen nordrhein westfälischen Unternehmen mit sieben Auszubildenden. Die Erhebung zeigte, dass auch schon kleine und mittlere Unternehmen nicht nur qualitativ hochwertig, sondern auch kostendeckend ausbilden können. Demnach konnte das oben genannte Unternehmen über die gesamte Ausbildungsdauer hinweg einen Gewinn erwirtschaften, der sich auf etwa jährlich belief (vgl. Haasler, 2008, S. 168f.). Insgesamt gesehen, so die Bewertung von Wenzelmann et al. (2009) der ersten Ergebnisse der BIBB Kosten und Nutzenerhebung 2007, bleibt festzuhalten, dass Ausbildungsbetriebe in der Regel von der Ausbildung Jugendlicher profitieren. Zwar entstehen den Betrieben durch die Ausbildung vielfach Kosten, diese können aber durch die Übernahme und die damit eingesparten Personalgewinnungs und Einarbeitungskosten neuer Fachkräfte und durch weniger gut messbare Faktoren, wie etwa Imagegewinn, kompensiert werden (Wenzelmann et al., 2009, S.10). Ausbildungsbeteiligung als Imagegewinn Ausgehend von der oben zitierten Aussage ist es nicht verwunderlich, dass für viele Unternehmen bei der Ausbildungsbeteiligung nicht nur die Qualifizierung künftiger Fachkräfte im Vordergrund steht, sondern die Betriebe ebenfalls stark durch das Reputationsmotiv geleitet sind (vgl. Ebbinghaus, Ulmer, 2009, S. 22). Je größer dabei ein Unternehmen ist, desto mehr errechnet es sich durch die Ausbildung eine Profilierung des Betriebsimages in der Öffentlichkeit, bei Kunden und Lieferanten sowie eine Steigerung der Attraktivität des Betriebs für leistungsfähige Arbeitskräfte(vgl. ebd.). Dies bestätigte ebenfalls Richard Hartmann, Ausbildungsleiter bei BASF SE, der durch die eigene 9 Für weitere Informationen zum QEK Forschungstool wird verwiesen auf: Rauner, Erste ausgewählte Ergebnisse zum Einsatz des Tools in der Forschungspraxis finden sich in Piening and Rauner 2008.

14 Benefits of VET 13 betriebliche Ausbildung das Ansehen des Unternehmens am Arbeitsmarkt und in der Öffentlichkeit gestärkt sieht. 10 Im direkten Vergleich dazu spielen reine Kostenüberlegungen im Sinne des Kosteneinsparungsmotivs eher eine untergeordnete Rolle. Im Allgemeinen sind es eher kleine Betriebe von einem bis neun Mitarbeiter, für die die Auszubildenden vor allem ein kostengünstiges Äquivalent zu regulären Arbeitskräften darstellen und demnach ein Ersatz für Hilfskräfte und Geringqualifizierte bzw. in geringem Ausmaß auch für Fachkräfte sind (Bellmann et al., 2007, S. 5, Ebbinghaus, 2009, S. 25). Dies, so Bellmann, kann unter anderem durch die in Kleinbetrieben häufiger auftretenden Auftragsschwankungen begründet werden, sodass beispielsweise in Auftragsspitzen die Auszubildenden verschärft produktiv eingesetzt werden können. Überblick über die Nettokosten betrieblicher Ausbildung Die Ausbildung ist für die Betriebe günstiger geworden und für viele Unternehmen mehr denn je eine lohnende Investition konstatiert Weiß, Vizepräsident des BIBB, anlässlich der BIBB Fachtagung Die Ausbildungsentscheidung von Betrieben: Ökonomische Forschungsansätze und Analysen" (vgl. Wiedemann, 2009) Weiß bezieht sich hier auf die ersten Daten der aktuellen Kosten Nutzenerhebung des BIBB. Demgemäß belaufen sich die jährlichen Nettokosten der betrieblichen Ausbildung für das einzelne Unternehmen pro Auszubildendem auf Gegenüber der vorhergehenden BIBB Kosten Nutzenanalyse von 2000 sind damit, begründet vor allem durch den erhöhten produktiven Einsatz der Auszubildenden, die Ausbildungsnettokosten für deutsche Unternehmen um 40% gesunken. Zwischen den einzelnen Betrieben ist hier jedoch eine hohe Varianz zu beobachten: So erwirtschaften, auf Deutschland hochgerechnet, etwa ein Drittel der Auszubildenden bereits während der Ausbildung Nettoerträge für ihren Betrieb, während für 10% der Auszubildenden die Nettokosten bei mehr als Euro im Jahr liegen (Wenzelmann et al., 2009, S. 3). Eine Erklärung für diese große Streuung sehen Wenzelmann et al. erstens in unterschiedlich hohen Gehältern in Ost und Westdeutschland. Zweitens, so die Autoren, steigen auch mit der Größe des Betriebes die Nettokosten pro Auszubildendem an (z.b. wg. Beschäftigung hauptamtlichen Ausbildungspersonals). Eher überraschend scheint daher der mit wachsender Betriebsgröße zusammenhängende Anstieg der Zufriedenheit mit dem Kosten Nutzenverhältnis der betrieblichen Ausbildung: 77% der Großbetriebe mit über 500 Mitarbeitern sind gemäß der BIBB Kosten Nutzenerhebung 2007 sehr zufrieden bzw. zufrieden (vgl. ebd.). Eine dritte Erklärung für die hohe Varianz in den Ausbildungsnettokosten zwischen den einzelnen Betrieben sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen. Während beispielsweise vor allem im Öffentlichen Dienst sowie in Industrie und Handel relativ hohe Ausbildungsnettokosten anfallen, sind diese in der Landwirtschaft, sowie auch im Hotel und Gastgewerbe eher gering. Des 10 Vortrag von Herrn Dr. Richard Hartmann, BASF SE; in der BIBB Fachtagung Die Ausbildungsentscheidung von Betrieben: Ökonomische Forschungsansätze und Analysen" vom 23. bis in Bonn.

15 14 Susanne Berger und Matthias Pilz Weiteren sind die Kosten für Auszubildende, die zum Teil in Lehrwerkstätten ausgebildet werden, relativ hoch: Die Bruttokosten betragen in diesem Fall durchschnittlich Euro, während nur relativ geringe Erträge in Höhe von Euro erwirtschaftet werden (Wenzelmann et al., 2009, S. 4). Wenzelmann et al. schlussfolgern, dass auch, wenn die Ausbildung und die daran anschließende Übernahme der betriebseigenen Absolventen [ ] keine zwingende Voraussetzung für eine positive Kosten Nutzenbilanz ist [ ], die Ausbildungsbetriebe meist von der Ausbildung junger Menschen profitieren (ebd., S. 10). Es kann daher aus den vorgestellten Untersuchungsergebnissen abgeleitet werden, dass eine Investition in die berufliche Bildung eine lukrative Investition für deutsche Betriebe sein kann, vor allem, wenn diese damit verbunden wird, den eigenen betrieblich qualifizierten Nachwuchs zu sichern. Die zunächst aufgewandten Kosten könnten sich darüber hinaus für den ausbildenden Betrieb noch weiter amortisieren, wenn über die Weiterbeschäftigung nach der Erstausbildung hinaus der Mitarbeiter innerhalb der beruflichen Weiterbildung zusätzlich qualifiziert und für die Anforderungen des Betriebes spezialisiert wird. Die subjektive Einschätzung der Unternehmen ist, dass die betriebliche Ausbildung sich wirtschaftlich lohnt: 60% der Betriebe sind mit dem Kosten Nutzen Verhältnis der Ausbildung sehr zufrieden bzw. zufrieden, nur 11% sind unzufrieden (vgl. ebd.). Mit dem Fokus auf den Vergleich der Nettokosten der betrieblichen Ausbildung zwischen Deutschland und der Schweiz wurden in einer aktuellen Studie von Dionisius et al. gegenwärtig Werte aus beiden Ländern gegenübergestellt 11 (vgl. Dionisius et al., 2008). Ausgehend von dem beträchtlichen Unterschied in den Nettokosten der betrieblichen Ausbildung, im Gegensatz zu deutschen Betrieben, welche durch die Ausbildungsbeteiligung jährlich Nettokosten von ca pro Auszubildendem 12 auf sich nehmen, erzielen schweizerische Unternehmen einen Ertrag von ca. 913, gingen Dionisius et al. der Frage nach, welche Parameter diese Differenz beeinflussen und inwiefern eine Veränderung der Einflussgrößen Auswirkungen auf die Nettokosten der betrieblichen Ausbildung haben. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass der große Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz in den Nettokosten betrieblicher Ausbildung nicht allein auf strukturelle Differenzen zwischen beiden Ländern zurückgeführt 11 Für die Gegenüberstellung der Datensätze aus Deutschland und der Schweiz wurden aufseiten der Bruttokosten der Ausbildung die Personalkosten für Ausbildungspersonal und Auszubildende sowie Material und Sachkosten miteingerechnet(vgl. Zusammensetzung der Bruttokosten der Ausbildung in Abb. 1). Aufseiten der Nettokosten wurden in der Aufbereitung der Daten lediglich die Erträge durch die produktiven Leistungen des Auszubildenden herangezogen (vgl. Dionisius et al. 2008, S. 4) [Anm. d. Verf.]. 12 Die abweichenden Nettokosten der Studie von Dionisius et al. (2008) von denen der BIBB Kosten Nutzen Analyse (vgl. Kapitel ) erklären sich durch unterschiedliche methodische Vorgehensweisen und Berechnungen (siehe vorherige Fußnote)

16 Benefits of VET 15 werden kann: Die Erträge bei der Ausbildung junger Menschen fundieren vor allem auf dem weitaus größeren Anteil an produktiver Arbeit der Auszubildenden im Betrieb. Während deutsche Auszubildende im Betrieb etwa zu 57% produktive Arbeiten erledigen, beteiligen sich die Auszubildenden aus dem Nachbarland mit 83% ihrer Arbeitszeit an produktiven Tätigkeiten im Unternehmen (vgl. ebd., S. 7). In ihrer Studie simulierten Dionisius et al. darüber hinaus, inwiefern beispielsweise nach schweizerischem Vorbild eine Anhebung des Pensums an produktiver Arbeit der Auszubildenden im Betrieb die Nettokosten für deutsche Unternehmen senken würde. Zwar zeigten die Ergebnisse der Simulation, dass hierdurch sicherlich eine Kosteneinsparung zu erwarten wäre, jedoch schränken Dionisius et al. gleichzeitig ein, dass dies mit den Gegebenheiten am deutschen Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft nur schwer in die Praxis umzusetzen wäre: (vgl. ebd., S. 16f.) Warum deutsche Betriebe trotz anfallender Nettokosten dennoch auf die Ausbildung im dualen System setzen, versuchen Dionisius et al. in einem vorläufigen Fazit durch die höhere zukunftsgerichtete Investitionsstrategie deutscher Unternehmen zu begründen, da die Betriebe durch die Ausbildung junger Menschen den eigenen Bedarf an qualifizierten Fachkräften sichern wollen. Die Zahlen zur Mobilität junger Absolventen bestätigen diese Annahme, nach denen in der Schweiz nur etwa 36% der Jugendlichen nach der Ausbildung in ihrem Ausbildungsbetrieb bleiben, während die Hälfte der deutschen Absolventen eine Anstellung im ehemaligen Ausbildungsunternehmen erhält (vgl. ebd., S. 16). Fazit: Der Nutzen der Ausbildung für die Betriebe in der Schweiz ist bereits so gut, dass eine Übernahme nach der Ausbildung nicht notwendig ist. Exkurs: Aufwendungen der Betriebe für die berufliche Weiterbildung Obwohl der Schwerpunkt dieses Kapitels vorrangig auf den unternehmerischen Kosten und Nutzen der beruflichen Erstausbildung liegt (vgl. Kapitel 2.1), soll ein Blick auf die Tendenzen und Kosten der Weiterbildung aus Sicht der Betriebe nicht ganz ausbleiben. Wie bereits in Kapitel angedeutet, wird davon ausgegangen, dass in Zukunft viele Unternehmen aufgrund der rasanten technologischen und strukturellen Entwicklung sowie des demografischen Wandelns vor der Herausforderung der Deckung ihres Fachkräftebedarfs stehen werden. Demgemäß gewinnt nicht nur die berufliche Erstausbildung, sondern auch das Lebenslange Lernen künftig mehr und mehr an Bedeutung. Übereinstimmend gehen nach einer repräsentativen Umfrage bei deutschen Unternehmen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln ( IW Weiterbildungserhebung 2005 ) 56% der befragten Betriebe von einem steigenden Weiterbildungsbedarf aus. Der wichtigste Antrieb für betriebliche Weiterbildung wird auch künftig ein konkret vorliegender Qualifizierungsbedarf für Mitarbeiter sein. Drei Viertel der befragten Unternehmen wollen ihre Weiterbildung daraufhin konzipieren. Dabei will mehr als jedes zweite Unternehmen Wünsche und Vorschläge der Mitarbeiter stärker berücksichtigen (Werner, 2006, S. 14). Gemäß der IW Weiterbildungserhebung 2005, welche bereits die fünfte Studie in Folge des IW zu den Trends sowie Kosten der beruflichen Weiterbildung bei deutschen Unternehmen ist,

17 16 Susanne Berger und Matthias Pilz waren im Geschäftsjahr 2004 hochgerechnet auf alle Betriebe in Deutschland 84,4% in der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter aktiv. 13 Auffallend ist hier die mit der Betriebsgröße ansteigende Weiterbildungsbeteiligung der Unternehmen: So bildeten im Jahr ,2% der Unternehmen mit 500 und mehr Mitarbeitern weiter (vgl. ebd., S. 2f). Die Aufwendungen der Unternehmen je Mitarbeiter beliefen sich durchschnittlich auf Euro, wovon ein Drittel auf direkte Kosten, d.h. unmittelbare Ausgaben z.b. für Teilnahmegebühren oder Lern und Arbeitsmittel und zwei Drittel auf indirekte Kosten (Opportunitätskosten) entfielen (vgl. ebd., S. 9f). Dieser Wert liegt deutlich höher als der Wert von 869 Euro der vierten IW Weiterbildungserhebung für 2001, allerdings noch unter dem entsprechenden Wert der Erhebung für 1998, der bei 1128 Euro lag (ebd.). Im Gegensatz zum Erhebungsjahr 2001 investierten deutsche Unternehmen drei Jahre später vor allem in externe Lehrveranstaltungen, was zugleich zu einer Erhöhung der indirekten Kosten aufgrund der Freistellung der Mitarbeiter führte. Daneben intensivierte (und damit verteuerte) sich zunehmend das selbst gesteuerte Lernen mit Medien gegenüber 2001 (vgl. ebd., S. 11). Mit dem Blick in die Zukunft hoben die befragten Betriebe in der Untersuchung vor allem die Bedeutung der Eigeninitiative ihrer Mitarbeiter bezüglich der Weiterbildung, auch um ihre eigene Beschäftigungsfähigkeit zu sichern, hervor: Dem stimmten knapp 70% der Unternehmen zu (vgl. ebd., S. 17). Ausblick Zusammenfassend bietet somit die Aus und Weiterbildungsbeteiligung vor allem mit Blick in die Zukunft für Betriebe eine Chance, von der sich durch Modernität, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit auszeichnenden Struktur der deutschen beruflichen Bildung zu profitieren. In vertiefenden Analysen wird es nun darauf ankommen, nicht nur die Kosten Nutzen Frage sowie die Qualität der Ausbildung separat voneinander zu erforschen, sondern auch die Prozessund Outputqualität der Ausbildung sowie deren Planung, Gestaltung und Durchführung mit der tatsächlichen Ausbildungsbeteiligung in Bezug zu setzen. So könnte es in diesem Rahmen interessant sein danach zu fragen, ob oder inwiefern beispielsweise ein Zusammenhang 13 Zum Weiterbildungsbegriff des IW: In der IW Weiterbildungserhebung wird traditionell ein weit gefasster Weiterbildungsbegriff zugrunde gelegt. Demzufolge zählen neben den klassischen organisierten Weiterbildungsveranstaltungen in Form externer und interner Seminare auch Informationsveranstaltungen, Umschulungen sowie arbeitsplatznahe und selbst gesteuerte Lernformen zur betrieblichen Weiterbildung. Relevant ist dabei ein beruflicher Bezug in Abgrenzung zur allgemeinen Weiterbildung. Neben formalisierter Weiterbildung werden auch die zunehmenden nicht formalen sowie intendierten informellen Lernprozesse berücksichtigt (ebd., S.2).

18 Benefits of VET 17 zwischen der Übernahmequote von Ausbildungsabsolventen und der Ausprägung der Betriebsspezifität der Ausbildung in deutschen Ausbildungsbetrieben besteht Sozialer und gesellschaftlicher Nutzen Das deutsche duale Berufsausbildungssystem hat sich seit Ende des Zweiten Weltkrieges trotz massiver Änderungen in Wirtschaft und Gesellschaft in hervorragender Weise immer wieder bewährt sowie auch qualitativ und quantitativ weiterentwickelt (vgl. Kremer, 2006) Demnach profitiert nicht nur das einzelne Unternehmen von dessen Leistungsfähigkeit, sondern auch die Gesamtgesellschaft. Das duale System im Wandel von Gesellschaft und Arbeitswelt Selbstverständlich bleibt auch die berufliche Bildung von weltwirtschaftlichen, technologischen und beschäftigungsstrukturellen Veränderungen nicht unberührt und versucht durch ihre Innovationskraft den neuen Anforderungen der Arbeitswelt gerecht zu werden. Als Beispiel ließe sich unter anderem der Beitrag des dualen Systems im Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg nennen, das durch seine qualitativ hochwertige Erstausbildung und die darauf aufbauende fachliche Weiterbildung in den zwei Jahrzehnten der Nachkriegszeit den rasch steigenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften weitgehend befriedigte. Weiterhin wurden vor allem in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts weitreichende Neuerungen innerhalb des dualen Systems vorgenommen, wie beispielsweise die Stufenausbildung, die die schrittweise Spezialisierung in den vorrangig breiter angelegten Berufsfeldern ermöglichte (vgl. Burkart, 2004, S. 208f.) Gegenwärtig kann nach Fulst Blei (2003) zunächst festgehalten werden, dass durch den oben beschriebenen strukturellen Wandel bedingt vor allem Tätigkeiten zunehmend entfallen werden, die keine oder nur eine geringe Qualifikation voraussetzen. Darüber hinaus werden allgemeinhin die Ansprüche an das Qualifikationsniveau der Beschäftigten steigen, von denen nicht nur eine optimale Kombination von fachlichen und sozialen Kompetenzen, Flexibilität und Anpassungsbereitschaft, aber auch die Bereitschaft zur Eigeninitiative und Verantwortungsübernahme erwartet werden (vgl. dazu auch ausführlich die Studie zum Qualifikationsbedarf bis 2020 im Auftrag der Bund Länder Kommission, Bonn 2007). Inwiefern das duale Berufsausbildungssystem auch dem momentanen Wandel der Gesellschaft und Arbeitswelt gerecht wird und somit auch zum sozialen Frieden beiträgt, soll anhand aktueller Forschungsaktivitäten in den folgenden Unterkapiteln erörtert werden. 14 Zur Breite der Berufsausbildung im dualen System, bzw. im Umkehrschluss deren Betriebsspezifität vgl. auch Kapitel 2.2

19 18 Susanne Berger und Matthias Pilz Das deutsche Berufskonzept Traditionell bildet in Deutschland das Konstrukt des Berufskonzepts den Eckpfeiler des dualen Systems. Kloas (1997) benennt als Standards des deutschen Berufskonzepts 1. die qualifizierte Tätigkeit, d.h. die Vermittlung von Fach, Sozial, und Methodenkompetenz; 2. die Elastizität der breit angelegten beruflichen Basis; 3. die damit verbundene Transferfähigkeit von beruflicher Handlungsfähigkeit auf neue Situationen; 4. die Initialqualifikation und Kompetenz zum Weiterlernen; 5. die Mobilität gewährleistende Transparenz und bundesweite Anerkennung erworbener Kompetenzen und ferner 6. die Tarif sowie sozialrechtliche Absicherung des Auszubildenden. Die Qualitätssicherung erfolgt einerseits über die Kontrolle des Outputs der beruflichen Ausbildung, welche durch die Kammerprüfung realisiert wird; andererseits wird die Input Seite durch die Ausbildereignungsprüfung, die gesetzlichen Anforderungen an die Ausbildungsbetriebe und die Ausbildungsordnung mit Ausbildungsrahmenlehrplan geregelt (vgl. Kloas, 1997, S. 22f.; Pilz 2009(a); Deißinger, 2001, S. 17f.). Das Berufskonzept setzt auf anerkannte und institutionell geregelte Berufsabschlüsse, die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) vermitteln [ ] ( 1 Abs.3 BBiG). Diese Breite beruflicher Handlungsfähigkeit ermöglicht den Absolventen des dualen Systems nach ihrer Ausbildung, in mehreren Berufsfeldern eine Stelle zu finden. Die hohe Mobilität der Ausgebildeten zeigt sich ebenfalls in der vergleichsweise eher kurzen Verweildauer in Arbeitslosigkeit nach Abschluss einer Ausbildung im dualen System (vgl. Pilz, 2004, S. 184). Während ein Anteil von 22,9% der Jugendlichen nach Abschluss der Ausbildung noch etwa einen Monat lang arbeitslos ist, beträgt dieser acht Monate später nur noch 11% und liegt damit knapp unter der Jugendarbeitslosenquote von derzeit 11,2% (vgl. BIBB, 2009(a), S. 189 und Eurostat, 2009). Allerdings variiert die Arbeitslosenquote im Anschluss an die Ausbildung zwischen alten und neuen Bundesländern beträchtlich. Der Anteil der Arbeitslosen einen Monat nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung betrug 2003 in den neuen Ländern 37,7 % gegenüber 19,4 % in den alten Bundesländern, was vor allem auf die strukturellen ökonomischen Voraussetzungen Ostdeutschlands zurückzuführen ist (vgl. ebd.). Flexibilisierungs und Modernisierungsmaßnahmen im Rahmen der Neuerungen des BBiG Mit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) in den Jahren 2003/2005 sowie der jährlichen Modernisierung bestehender Berufsbilder und der Neuschaffung von Ausbildungsberufen versucht das deutsche berufliche Bildungssystem den immer komplexer und internationaler werdenden Anforderungen der Arbeitswelt Rechnung zu tragen. So ergeben sich durch die neuen Regelungen des BBiG mehr Möglichkeiten zur Kooperation zwischen einzelnen Betrieben einerseits und zwischen Unternehmen und beruflichen (vglollzeit ) Schulen andererseits (vgl. Kremer, 2006, S. 30f.). Um mehr kleineren und mittleren Betrieben,

20 Benefits of VET 19 die bisher nicht die vollen Rahmenbedingungen für die betriebliche Ausbildung erfüllten, die Möglichkeit zu geben, den Einstieg in die Ausbildungsbeteiligung und damit die Chance zur Qualifizierung des eigenen Fachkräftenachwuchses zu geben, können sich nach den neuen Regelungen des BBiG mehrere natürliche und juristische Personen, darunter auch berufsbildende Schulen, zu einem sogenannten Ausbildungsverbund zusammenschließen (vgl. ebd.). Darüber hinaus können Jugendliche nach einer entsprechenden gleichwertigen Berufsausbildung an der beruflichen Vollzeitschule zur sogenannten Kammerprüfung zugelassen werden. Auch vor der Einführung von Qualifizierungsbausteinen in der Berufsausbidlungsvorbereitung (vgl. Kapitel 2.2) wird eine Vielzahl an Vorteilen erwartet, diese liegen beispielsweise in einer erhöhten Systemflexibilität (Wahlmodule in Ausbildungsberufen und beruflichen Fortbildungsgängen, Mehrfachverwendbarkeit einzelner Module für verschiedene Berufe und Zielgruppen), in einer Vereinfachung der Ordnungsarbeit [ ] und in der Chance, auf der Ebene von Modulen eher zu Entsprechungen/Anerkennungen von Teilqualifikationen zu gelangen als bei kompletten Berufsbildern [ ] (Kloas, 2006, S. 41). Darüber hinaus besteht die Hoffnung, insbesondere leistungsschwachen und sozial benachteiligten Jugendlichen, Teilqualifikationen zu zertifizieren, die ihnen bessere Chancen am Arbeitsmarkt ermöglichen sollen. Langfristig angelegte Untersuchungen über die Nutzung der neuen Möglichkeiten des BBiG durch alle Beteiligten und die Effizienz der aufgeführten Maßnahmen stehen noch aus. Inwiefern des Weiteren auf diese Weise eine annähernde Gleichwertigkeit der betrieblichen und schulischen Berufsausbildung erreicht werden kann, muss in Zukunft noch erörtert werden. So hält zwar Feller (2006) fest, dass viele berufliche Vollzeitschulen bereits von den neuen Möglichkeiten, die ihnen das BBiG bietet, profitieren sowie vorbildlich mit der Wirtschaft kooperieren und so zum Beispiel mit den Betrieben technische Geräte und Schulungen austauschen, jedoch kaum von einer flächendeckenden Verbreitung solcher Handlungsweisen gesprochen werden kann (vgl. Feller, 2006, S. 51). Qualifizierungsbausteine in der betrieblichen und schulischen Berufsausbildungsvorbereitung Beispielhaft soll an dieser Stelle auf Forschungsaktivitäten zum Einsatz von Qualifizierungsbausteinen in der betrieblichen sowie schulischen Berufsausbildungsvorbereitung eingegangen werden. Erste Erkenntnisse über den Umgang mit Qualifizierungsbausteinen liefert eine im Jahr 2004 durchgeführte Studie des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), nach der über 80% der befragten Betriebe bereits die Qualifizierungsbausteine erfolgreich einsetzen (vgl. Kloas and Kramer, 2005, S. 15).

21 20 Susanne Berger und Matthias Pilz Während in anderen Branchen ein separiertes Nebeneinander verschiedener Qualifizierungsbausteine herrscht, entwickelte das Handwerk im Jahr 2003 etwa 100 Qualifizierungsbausteine für die 17 meist frequentierten Handwerksberufe, welche seither bundesweit in der betrieblichen Einstiegsqualifizierung (EQJ) ihre Anwendung finden. Nach erfolgreicher Absolvierung erhalten die Jugendlichen ein betriebliches Zeugnis und ein Zertifikat der Handwerkskammer (vgl. ebd.). Die Evaluation des im schulischen Kontext stattfindenden Modellversuchs Qualifizierungsbausteine in der Ausbildungsvorbereitung (QUAV) des Landes Rheinland Pfalz lieferte im Jahr 2006 positive Beurteilungen bei Schülern und Lehrern. Das Konzept des QUAV ist in Rheinland Pfalz in das Berufsvorbereitungsjahr eingebettet und soll vor allem Schüler mit besonderem Förderbedarf darin unterstützen, einen Ausbildungsplatz zu erwerben (vgl. Hörmann, 2006, S. 37). Eine erste Erhebung zeigte, dass mehr als die Hälfte der ursprünglich aus Haupt sowie Förderschulen stammenden Schülerschaft die Prüfung zum Qualifizierungsbaustein mit Erfolg absolvierte. Etwa 90% der Schüler bejahten sowohl die Aussage, an der Arbeit mit dem Qualifizierungsbaustein Spaß gehabt zu haben, als auch darüber hinaus etwas dazugelernt zu haben. Aus Sicht der Lehrkräfte wurden unter anderem eine erhöhte Motivation und ein Zuwachs an sozialen Kompetenzen bescheinigt (vgl. ebd., S. 39). Letztendlich bleibt dennoch festzuhalten, dass aktuell vor allem umfassende, d.h. branchen und länderübergreifende Evaluationsergebnisse zum Einsatz und zur Bewährung der Qualifizierungsbausteine noch ausstehen. Von besonderem Interesse wäre hierbei, inwiefern den Jugendlichen durch die Qualifizierungsbausteine tatsächlich die Aufnahme einer Ausbildung im dualen System erleichtert wird und die absolvierten Bausteine auch zeitlich angerechnet werden. Das Programm JOBSTARTER CONNECT Die oben beschriebenen Qualifizierungsbausteine in der beruflichen Ausbildungsvorbereitung sind von den sogenannten Ausbildungsbausteinen (ABBS) im Rahmen des Programms JOBSTARTER CONNECT wie folgt zu unterscheiden: Während das Ziel im Rahmen der Qualifizierungsbausteine ist, durch die Vermittlung von Grundlagen an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen (vgl. 1, Abs. 2 BBiG), fokussiert JOBSTARTER CONNECT durch den Einsatz der Ausbildungsbausteine ausbildungsfähigen, aber marktbenachteiligten Jugendlichen eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf zu ermöglichen (vgl. BMBF, 2009(a)). Gemäß der Definition des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sind Ausbildungsbausteine [ ] abgegrenzte und bundesweit standardisierte Einheiten innerhalb der Gesamtstruktur eines Ausbildungsberufsbildes. [ ] Ausbildungsbausteine bilden insgesamt die relevanten berufstypischen und einsatzgebietsüblichen Arbeits und Geschäftsprozesse ab, die das berufliche Handeln der ausgebildeten Fachkräfte in ihrer Gesamtheit maßgeblich bestimmen und die didaktisch (als Lernprozess sinnvoll) abgebildet werden können. Ausbildungsbausteine entstehen aus einer Reformulierung und inhaltlichen Zusammenführung der geltenden Ordnungsmittel: Ausbildungsrahmenplan und Rahmenlehrplan. Die einzelnen ABBS entstehen aus einem ganzheitlichen Ausbildungsberufsbild, umgekehrt repräsentieren sie in ihrer

22 Benefits of VET 21 Gesamtheit die Einheit des Berufsbildes und bilden die Berufsbildpositionen vollständig ab (BMBF, 2009(a)). Bisher liegen für 14 Berufsausbildungen Ausbildungsbausteine zur modellhaften Erprobung vor, die innerhalb 27 ausgewählter Projekte der ersten Förderrunde seit dem 1. April 2009 ihren Weg in die Praxis fanden. Aktuelle Forschungsergebnisse zur Akzeptanz der Ausbildungsbausteine am Arbeitsmarkt, in der Gesellschaft und durch die Jugendlichen selbst stehen bisher noch aus (vgl. Pilz 2009(b), S. 163). Berufliche Bildung als soziales Aufstiegsmittel Die betrieblich verankerte Berufsausbildung eröffnet Menschen aus allen gesellschaftlichen Gruppen die Chance auf Beschäftigung als qualifizierte Fachkraft und schafft damit eine wichtige Grundlage für soziale Integration und gesellschaftliche Teilhabe (Kremer, 2008(a), S. 2). Allerdings können in den letzten Jahren durch die enorm angestiegene Zahl an Absolventen aus allgemein bildenden Schulen, einer tendenziell schwierigen Wirtschaftslage und dem daraus resultierenden eingeschränkten Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen immer weniger Jugendliche von dieser Chance profitieren (vgl. Weber, 2008, S. 190) Durch die Schaffung eines sogenannten Übergangssystems sollen diejenigen Schüler aufgefangen werden, die nach der allgemeinbildenden Schule keinen Ausbildungsplatz erhalten. Die Zielgruppe solcher Maßnahmen sind vor allem die als benachteiligt geltenden Jugendlichen mit oder ohne Hauptschulabschluss sowie in der Regel leistungsschwache Schüler mit mittlerem Bildungsabschluss. Soziale Integration benachteiligter Jugendlicher Obwohl es für die Aufnahme einer Ausbildung im dualen System keine formalen Zugangsvoraussetzungen gibt, erlangen immer weniger benachteiligte junge Menschen die Möglichkeit, eine entsprechende Ausbildung zu absolvieren. Zu dieser Zielgruppe zählen vor allem Jugendliche mit oder ohne Hauptschulabschluss, Abgänger aus Sonderschulen/Förderschulen für Lernbehinderte (unabhängig vom erreichten Schulabschluss), jedoch aber auch immer mehr leistungsschwächere Schulabgänger mit mittlerem Bildungsabschluss. Als sozial benachteiligt gelten des Weiteren junge Menschen, die nach Feststellung des Psychologischen Dienstes verhaltensgestört sind, Legastheniker, ehemals drogenabhängige Jugendliche, strafentlassene und strafgefangene Jugendliche sowie aber auch junge Menschen mit Migrationshintergrund (vgl. 211 SGB III). Wie bereits in den Vorjahren bestätigen die Daten des Bildungsberichts(vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2008) für das Jahr 2008, dass im dualen System annähernd zwei Drittel der Ausbildungsplätze mit Absolventen mit mittlerem oder höherem Schulabschluss besetzt waren und nur noch etwa ein Drittel von Schülern mit und ohne Hauptschulabschluss eingenommen wurden (vgl. ebd., S. 158) Diese Einmündungsquoten zeigen, so die Autorengruppe, [ ] dass das duale System eine seiner traditionell großen Stärken, Kinder aus