Interaktion und Evaluierungsmethode. Intelligente Mensch-Maschine-Interaktion - IMMI SS 2011 Prof. Didier Stricker Didier.Stricker@dfki.

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Interaktion und Evaluierungsmethode. Intelligente Mensch-Maschine-Interaktion - IMMI SS 2011 Prof. Didier Stricker Didier.Stricker@dfki."

Transkript

1 Interaktion und Evaluierungsmethode Intelligente Mensch-Maschine-Interaktion - IMMI SS 2011 Prof. Didier Stricker Didier.Stricker@dfki.de

2 Inhalt Einführung Hicks Gesetz Fitts Gesetz Accot-Zhai Gesetz

3 Reminder Measure capacity of the HC channel Sensory motor action Interaction device Motion and interaction See Fitts s law: application of Shannon information theory to human performance userfriendly.org

4 WIMP WIMP: Windows, Icons, Menus und Pointer WIMP auf Deutsch: Fenster, Symbole, Menüs und Zeiger bezeichnet das derzeit dominierende Grundkonzept moderner grafischer Benutzerschnittstellen (GUIs) für Arbeitsplatzrechner. userfriendly.org

5 WIMP Methodik Grundkonzept der Direktmanipulation: Mittels Werkzeug (Programm) kann beliebiges Material (Dokument) in einem Gebäude (Betriebssystem) bearbeitet werden, ohne kryptische Befehlszeilen eintippen zu müssen. Auf dem menschengerechten WIMP- Prinzip basiert u. a. das WYSIWYG- Prinzip. Das Akronym für das Prinzip What You See Is What You Get ( Was du siehst, ist [das,] was du bekommst. ).

6 WIMP Erstes Produkt: 1983: Apple Lisa Technische Eckdaten waren eine mit 5 MHz getaktete Motorola 68000er CPU und 1MB RAM. Preis: ca $

7

8 Die Qual der Wahl Viele Eingabegeräte viele Anwendungen Mouse Stylus Touchscreen Touchpad Joystick... Wie soll das richtige Eingabegerät ausgewählt werden? It s cool ist kein Argument Eindrücke können täuschen Es gibt Unterschiede von Benutzer zu Benutzer Ziel: Eingabegeräte evaluieren Vermessung der Leistungsfähigkeit einer MMI

9 Wieso Evaluierung? Iteratives Design Beobachtung / Ideen Design/ Implementierung Produkt/ Wissen Evaluierung der Leistungsfähigkeit (performance) Die Evaluierung sollte nicht von den Entwicklern durchgeführt werden ;-)!!!

10 Qualitative Evaluierung Touchscreen Pros Cons Stylus / light pen Pros Cons Werkszeug: Fragenbogen - Umfragen

11 Quantitative Evaluierung Was soll gemessen werden? Hängt von Aufgabe/Anwendungsszenario ab. Gewöhnliche Indikatoren: Dauer der Durchführung Fehlerquote Lernkurve: Erfolgsgrad des Lernens über den Verlauf der Zeit Ermüdung usw. Ein paar grundsätzliche Gesetze Hick-Hymann, Fitts und Accot-Zhai Choice reaction time Motor performance

12 HCI & Informationstheorie Charakterisierung der Kapazität des Kanals Mensch-Computer Ziel: Leistung des Systems Mensch + Rechner bei der Ausführung einer gegebenen Aufgabe unter Benutzung einer gegebenen Schnittstelle userfriendly.org

13 Informationstheorie Ziel: Beschreibung von Kommunikationssystemen Übertragung von elektrischen Signalen Theorie wurde ursprünglich (Shannon, 1948) für die Entwicklung und Verbesserung telegraphischer Kommunikationssysteme entwickelt (Seo, 2005) Berechnung der Kanalkapazität (Bit/s)

14 Übertragungskanal Shannon-Hartley-Gesetz Übertragungskanal mit Rauschen C S : Kapazität - maximal mögliche Bitrate [bit/s] B: Bandbreite (1 Hz = 1/s) S: Leistung (Signal) pro Symbol N: Leistung des Rauschen (Noise) S/N: Signal-Rausch-Verhältnis (ld = log 2 = ln/ln(2))

15 Hicks and Fitts Hicks Kanal: das visuelle Wahrnehmungssystem Stimulus am Display Antwort vom Benutzer Fitts Kanal: das motorische System Signal: Stärke der Bewegung Rauschen: Breite des Zieles (Seow,05)

16 Hick s Gesetz

17 Hicks Gesetz (1952) Wie lange dauert es aus einer Auswahl von n möglichen Zielen ein Ziel auszusuchen? z.b. Menüeinträge Hicks Gesetz bei gleich wahrscheinlichen Zielen RT [ms] = a + b log 2 (n+1) RT: Reaction Time Hicks Gesetz bei ungleichen Wahrscheinlichkeiten für ein Ziel i mit Wahrscheinlichkeit p(i) RT [ms] = a + b log 2 (1/p(i)+1)

18 Experiment (1952) It works! Definition der Funktion: log 10 (n + 1) - Hick (1952). Reaktionszeit (RT) nimmt logarithmisch mit der Anzahl der Wahlmöglichkeiten zu.

19 Hicks Gesetz (1952) Die Koeffizienten a und b sind abhängig vom Interaktionsgerät und von der Erfahrung des Nutzers mit der spezifischen Selektion Aus Hicks Gesetz folgt, dass hierarchische Menüs nicht vorteilhaft sind. 1 Menü mit 8 Einträgen vs. 2 Menüs à 4 Einträge (a = 50, b= 150) T (8) = * log 2 (9) = 525 msec T (4) = * log 2 (5) = 398 msec a + b log 2 (9) < 2 (a + b log 2 (5))

20 Fitts Gesetz

21 Evaluierung: Maus-Selektion (Pointing) Interaktion mit einer WIMP-Oberfläche WIMP: Windows, Icons, Menu, Pointer Aufgabe: Selektion eines Zielobjektes Kriterien für diese Aufgabe: Zeit, Fehlerquote A W

22 Fitts Gesetz (Paul Fitts, 1954) Ursprünglich hatte Fitts 1954 ein Gesetz gesucht, mit dem man menschliche Greifvorgänge, zum Beispiel den Griff zum Telefonhörer, mathematisch modellieren kann. Pin Reciprocal Tipping Disc

23 Fitts Gesetz Basiert nicht auf Beschreibung der Muskelgruppen, sondern auf den Arbeiten von Shannon (informationstheoretischer Ansatz) Gelungene Übertragung der Begriffe Kanalkapazität und Störung auf die Psychomotorik des Menschen Kanalkapazität = Kapazität des motorischen Systems Elektronisches Signal = Zielentfernung Rauschen des Kanals = Breite des Zielgebietes (Toleranz der Bewegung) Kernaussage: Bei menschlichen Zielbewegungen werden Informationen übertragen!

24 Fitts Gesetz Fitts Gesetz: A W MT: Movement Time; Einheit ist [s] ID: index of difficulty - Schwierigkeitsgrad [bit] a [s] und b [s/bit] sind experimentell ermittelte Konstanten b: Aktivierungszeit; a: Arbeitszeit je Bit dar. 1/b wird auch als Leistungsindex IP (Index of Performance) bezeichnet

25 Fitts Gesetz Log Version: Fitts (1954) MT = a + b log2 (2A/W) Mackenzie (1992) MT = a + b log2 (A/W+1) Lineare Version: Schmidt et al. (1979) MT = a A/W Exponentielle Version Meyer et al. (1988) MT = a (D/W) 1/N

26 Generischer Ausdruck des Fitts Gesetz: ID = f (A/W) (1) MT = a + b * ID (2) MT hängt von der relativen Amplitude/Größe der Bewegung ab Fitts Gesetz ist Skalierungsinvariant

27 Fitts Gesetz Target 1 Target 2 Skalierungsinvariant: ID gleich gleicher Schwierigkeitsgrad Target 1 Target 2 ID kleiner einfacher

28 Beispiel

29 Anwendungsbeispiel 1 Pop-up Linear Menu Today Sunday Monday Tuesday Wednesday Thursday Friday Saturday Pop-up Pie Menu Welches Menü ist besser geeignet? Pie Menü (größere Fläche & kürzere Distanz)

30 D verringern: Drag-and-Pop Baudisch, P., Cutrell, E., Robbins, D., Czerwinski, M., Tandler, P. Bederson, B., and Zierlinger, A. Drag-and-Pop and Drag-and-Pick: Techniques for Accessing Remote Screen Content on Touch- and Pen-operated Systems. In Proceedings of Interact 2003, Zurich Switzerland, August 2003, pp

31 W vergrößern McGuffin, M. and R. Balakrishnan, R. (2002). Acquisition of Expanding Targets. Proc. of CHI 02 (pp ).

32 Ikons (Ziel) vergrößern Demo Verbesserung nur in vertikaler Richtung (durch Expansion ) in horizontale Richtung, der Abstand bleibt mit und ohne Expansion gleich.

33 Anwendungsbeispiel 2 Toolbar mit 16 Ikons, Dimension 16x16 Wie kann diese graphische Oberfläche effizienter gestaltet werden (Größe der Ikons bleibt gleich)?

34 Anwendungsbeispiel 2 Antwort: Die 16 Ikons auf eine Linie links vom Bildschirm anordnen. Warum? Die tatsächliche Breite der Ikons W links ist unendlich. Die Handbewegung ist auf der linken Seiten nicht eingeschränkt.

35 Anwendungsbeispiel 3 Evaluierung der PC-Maus (Douglas Engelbart and William English, 1964)

36 Patent PC-Maus (Engelbart)

37 Evaluierung: PC-Maus Erste Anwendung des Fitts Gesetz im Bereich HCI: Card, English, Burr, 1978 Evaluation of mouse, rate controlled isometric joystick, step keys and text keys for text selection on a CRT, Ergonomics, vol. 21,

38 Evaluierung: PC-Maus Aufgabe hand on space bar (press starts trial) word gets highlighted move to the highlighted word and select it intended to approximate editing task Input devices Mouse Joystick Arrow keys Text keys Movement commands Character Word Paragraph

39 Evaluierung: PC-Maus Mouse t = 1030 ms + 96 ms ID Joystick t = 990 ms ms ID mean times mouse 1660 ms joystick 1830 ms text keys 2260 ms arrow keys 2510 ms error rates from 5% (mouse) to 13% (arrow keys)

40 Ergebnis Ergebnis: Die PC-Maus ist das schnellste und genaueste Eingabegerät für die Selektion (Pointing) unter den 4 Alternativen Aber: Es gibt weitere Randbedingungen... Bildschirmgröße Unterschied zwischen Benutzern Lernkurve Erfahrung der Benutzer Alter

41 Beispiel in Shneiderman & Plaisant, 2004

42 Beyond Fitts Law: Accot and Zhai Aufgaben, die auf Trajektorien basieren Nicht nur Pointing sondern auch Steering z.b.: Malen, in Menu-Hierarchie navigieren

43 Variablen Länge des Tunnels Breite des Tunnels Accot und Zhai (1997) A W Konflikt zwischen Geschwindigkeit & Genauigkeit (speed-accuracy tradeoff) Schnellere Bewegung geringere Genauigkeit Beispiel Buchstaben schreiben Dauer ist unabhängig von der Größe Genauigkeit nimmt mit Größe ab Fahrzeug fahren Schwieriger zu steuern bei hoher Geschwindigkeit Grund: Verarbeitung der visuellen Informationen nimmt Zeit in Anspruch - Feed-Back wird schlechter mit hohen Geschwindigkeit

44 Experiment 1: Goal Passing Aufgabe: Schnelle Bewegung von Punkt 1 durch Punkt 2 die Bewegung muss nicht gestoppt werden. Nur die Richtung ist wichtig (Fitts-Experiment war 1D; die Position in X-Richtung war die einzige Variable)

45 Ergbenisse Die Experimente zeigen, dass Fitts' Gesetz angewendet werden kann. t = a + b log2 (A/W+1) t = a + b ID ID = log2 (A/W+1) Achtung: Fitts Gesetz: W war die Breite des Zieles. Hier: W ist in der Richtung senkrecht zur Bewegung definiert.

46 Experiment 2: Vom Ziel zum Tunnel 1 Ziel: A ID log 2 ( 1) W 2 Ziele: A ID 2 log ( 2 2W N Ziele: 1) A W A/2 A/2 A/N A/N A/N ID N log 2 ( A NW 1) N Ziele: x Lim log ( x 1) 2 x 0 ln ID N A NW 2 A W (1/ln2 ignoriert -> als Konst. b) A W

47 Experiment 2: Validierung Experiment Aufgabe: Trajektorie Linearer Tunnel A= Pixel W=20-90 Pixel Ergebnis Experimentale Daten bestätigen das theoretische Modell

48 Experiment 3: Kegel

49 Experiement 3: Validierung Experiment Aufgabe: Trajektorie Tunnel W1=20-50, W2=8 A= Ergebnis Bestätigung der Prädiktion (Modells)

50 Verallgemeinerung

51

52 Validierung Experiment #Kurve = Breite: w= Experimente, 2 Wiederholungen Ergebnis Exzellente Übereinstimmung mit der Theorie

53 Accot-Zhai: Lokales Gesetz Accot-Zhai Gesetz T C a b C ds W ( s ) c ds W(s) Prädiktion der globalen Zeit T c Lokales Gesetz v ( s ) W ( s ) : Zeitkonstant empirisch ermittelt Prädiktion der Geschwindigkeit v(s): Die Geschwindigkeit bei jedem Punkt mit Abszisse s ist proportional zur Breite W(s) des Pfades an diesem Punkt.

54

55 Anwendung: Prädiktion der Zeit in Menus

56 Vergleich von Geräten (Accot & Zhai, CHI 99) Time Aufgabe: Trajektorie (Steering not Pointing) Trackball Touchpad Trackpoint Mouse Stylus Steering Index of Difficulty

57 Zusammenfassung: Accot-Zhai Die Zeit für eingeschränkte/geführte Trajektorien kann prädiziert werden Accot-Zhai Gesetze sind vom Fitts Gesetz abgeleitet durch Experimente validiert Drei Versionen lineare Tunnel Beliebiger Weg Lokales Gesetz für die Bestimmung der Geschwindigkeit Anwendung menu performance vorhersagen Analyse/Optimierung unterschiedlicher UI Elemente

58 Reading Accot & Zhai (1997) Beyond Fitts Law: Models for Trajectory-based HCI Tasks, ACM CHI 97, SEOW, Information theoretic models of HCI: a comparison of the Hick-Hyman law and Fitts' law, HUMAN COMPUTER INTERACTION, 2005, Volume 20, pp