DIE CHIRURGISCHE BEHANDLUNG VON KRANKHAFTEM ÜBERGEWICHT

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "DIE CHIRURGISCHE BEHANDLUNG VON KRANKHAFTEM ÜBERGEWICHT"

Transkript

1 DIE CHIRURGISCHE BEHANDLUNG VON KRANKHAFTEM ÜBERGEWICHT KOMPETENZ, DIE VERTRAUEN SCHAFFT. 24H HERZ- UND BAUCHNOTFALL T KLINIK BEAU-SITE BERNER VISZERALCHIRURGIE SCHÄNZLIHALDE 11 CH-3013 BERN T F ZENTRUM FÜR BARIATRISCHE CHIRURGIE SPITALGASSE 30 CH-3011 BERN T F BC@HIN.CH /14 bc medien ag KROMER PRINT AG HIRSLANDEN A MEDICLINIC INTERNATIONAL COMPANY

2 EINFÜHRUNG INHALTSVERZEICHNIS EINFÜHRUNG Ursachen Vorurteile Folgekrankheiten KONSERVATIVE BEHANDLUNG CHIRURGISCHE BEHANDLUNG Das anpassbare Magenband Der Standard-Magenbypass Der Schlauchmagen («Sleeve-Magen») Malabsorptive Eingriffe Übergewichtige sind mit ihrem Problem nicht allein. Die Weltgesundheitsorganisation bezeichnet Adipositas (krankmachendes Übergewicht) als das grösste chronische Gesundheitsproblem überhaupt. In den meisten westlichen Industrienationen liegt der Anteil an übergewichtigen Menschen bei über 30 Prozent. Je nach Nation verursachen Adipositas und ihre Folgeerkrankungen fünf bis zehn Prozent der Gesamtkosten des Gesundheitswesens. Was ist Adipositas? Adipositas ist eine Erbkrankheit und wird als übermässige Vermehrung von Körperfett, verbunden mit erhöhten Gesundheitsrisiken, definiert. Das krankhafte Übergewicht ist polygenetisch bedingt, das heisst, es sind mehrere, möglicherweise über 25 verschiedene Defekte an verschiedenen Genen möglich. Je nach Ausmass und Verteilung des Gendefektes entsteht das Übergewicht schon im Kleinkindesalter oder tritt später im Laufe des Lebens auf. Body Mass Index (BMI) Es gibt keine goldene Regel für das Körpergewicht. Heutzutage hat sich aber für internationale medizinische Vergleiche der so genannte Body- Copyright 2014 PD Dr. med. Rudolf Steffen, Bern 3

3 4 Klassifikation Body-Mass-Index (BMI) kg/m 2 Untergewicht < 20 Normalgewicht Übergewicht Adipositas Grad I Adipositas Grad II Adipositas Grad III Super-Adipositas > 50 mass-index (BMI) durchgesetzt. Er basiert auf dem Körpergewicht in Kilogramm, geteilt durch die Körpergrösse in Metern im Quadrat. Eine Person, die 90 Kilogramm wiegt und eine Grösse von 1,75 Metern hat, kann ihren BMI also wie folgt berechnen: 90 / (1,75 x 1,75) = 29,41. Übergewichtsklassen Die Aufteilung in unterschiedliche Übergewichtsklassen ist wichtig für die Behandlung. Ab einem BMI von 27 kg/m 2 nimmt die Lebenserwartung mit steigendem Gewicht ab. Wenn ein Mensch einen BMI von 35 und mehr erreicht hat, kann man davon ausgehen, dass eine erblich bedingte Adipositas vorliegt. In diesen Fällen ist prinzipiell eine Operation als Behandlungsstrategie zu wählen. Das gilt auch für Patientinnen und Patienten mit einem BMI von 30 und mehr, falls bereits Folgekrankheiten wie Zuckerkrankheit, hoher Blutdruck, Störungen der Blutfette oder gravierende Probleme an den Gelenken bestehen. Für die Risikoklassifizierung ist auch die Erscheinungsform des Übergewichts entscheidend. Diese wird am Verhältnis des Taillenumfangs zum Hüftumfang gemessen. Bei Männern spricht man von einer androiden Fettverteilung («apfelförmiger Typ», Fett am Bauch), bei Frauen eher von einer gynoiden Fettverteilung («birnenförmiger Typ», Fett an Hüften und Oberschenkeln). «AB EINEM BMI VON 30 KG/M 2 GILT DAS ÜBERGEWICHT ALS ADIPOSITAS UND MUSS BEHANDELT WERDEN.» URSACHEN Krankhaft Übergewichtige können weder etwas dafür, dass sie dick sind, noch können sie leider viel dagegen unternehmen. Vielmehr leiden diese Menschen an den genetisch bedingten Defekten der Steuerung ihres Körpererscheinungsbildes. Vieles darüber ist unbekannt, einiges ist gut erforscht und belegt. «DER HAUPTGRUND FÜR DIE ENTSTEHUNG VON KRANK- HAFTEM ÜBERGEWICHT LIEGT MIT RUND 75% IN DER GENETISCH DEFEKTEN ERBSUBSTANZ.» Das Ausmass des Übergewichtes hängt nur zum Teil von der Ernährung ab. Soziokulturelle Einflüsse sind etwa zu 25 Prozent an den Ursachen der Adipositas beteiligt. Der Hauptgrund für die Entstehung des krankhaften Übergewichts liegt mit rund 75 Prozent in der defekten Erbsubstanz, die innerhalb der betroffenen Familien von Generation zu Generation weitervererbt wird. Genetische Faktoren Der Beweis für das Vorliegen einer Erbkrankheit hat die medizinische Forschung Mitte der 80er Jahre erbracht. Damals wurden in den Vereinigten Staaten fast 4000 Familien untersucht, wobei ein Elternteil krankhaft übergewichtig war und in der Familie sowohl adoptierte als auch eigene Kinder aufwuchsen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein eigenes Kind ebenfalls krankhaft übergewichtig ist, bei 80 Prozent liegt. Demgegenüber war die Wahrscheinlichkeit des Übergewichts eines adoptiertes Kindes, das in der genau gleichen Familie unter denselben Bedingungen aufwuchs, nur bei 30 bis 40 Prozent. In Zwillingsforschungen fand man eine signifikante Diskrepanz zwischen eineiigen und zweieiigen Zwillingen. Der kanadische Molekularbiologe Claude Bouchard hat 1991 einen so genannten «Auffütterungsversuch» durchgeführt. Er hat zwölf eineiige Zwillingspaare mit zwölf Einzelpersonen verglichen. Die zu Untersuchenden nahmen in 100 Tagen einen Überschuss von Kalorien zu sich. Die Zwillinge verhielten sich alle sehr ähnlich, das heisst, beide nahmen immer zusammen entweder stark oder schwach zu. 5

4 Die Menge und die Verteilung der Fettreserven werden von einem sogenannten «Adipostaten» im Gehirn reguliert. Wenn dieser defekt ist, passiert das gleiche wie bei einem zu hoch eingestellten Thermostaten in einem Haus: Die Wohnung wird zu warm und entsprechend wird der Mensch zu dick. Ein übergewichtiger Mensch muss etwa drei bis vier Mal mehr essen als eine schlanke Person, um im Gehirn die gleiche Sättigungsmeldung zu erhalten. Hinzu kommt, dass bei übergewichtigen Menschen die Fettdepots aufgrund gewisser Enzyme weniger schnell abgebaut werden. Die molekularbiologische Forschung konzentriert sich auf die Suche nach den Gendefekten und hat bereits fassbare Resultate gebracht, unter anderem zum Hormon Leptin. Es wird von den Fettzellen produziert und ist verantwortlich für das langfristige Sättigungsgefühl. Bei krankhaft übergewichtigen Menschen wird das Hormon zu wenig produziert oder das Hirn kann die Konzentration im Blut nicht richtig messen. Die Folge ist, dass das Sättigungsgefühl bei den dicken Menschen nicht wie bei den schlanken durch das Leptin kontrolliert wird, sondern quasi entkoppelt die Nahrungsaufnahme erhöht. Die Forschung arbeitet zurzeit daran, das Leptin nachzubauen. Der komplexe Vorgang für die Entstehung einer Fettsucht kann jedoch nicht auf einem einzigen Mechanismus beruhen und so sind Entwicklungen in diesem Bereich mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten. Nicht-genetische Faktoren Auch nicht-genetische Faktoren spielen bei der Entwicklung von Übergewicht eine wichtige Rolle. Jeder Mensch, der sich ungesund ernährt, läuft Gefahr, übergewichtig zu werden. Studien haben gezeigt, dass das Gewicht in den niedrigen sozioökonomischen Gruppen prozentual höher ist. Zunehmende Bewegungsarmut und veränderte Arbeitsformen führen zu einer deutlichen Abnahme des pro Tag notwendigen Energiebedarfs. Zusammen mit einer übermässigen Nahrungszufuhr führt dies zu einer Anhäufung überflüssiger Energie in Form von Körperfett. Obwohl die genetische Komponente klar ist, sollte jede übergewichtige Person vor einem operativen Eingriff während insgesamt mindestens zwei Jahren unter spezialärztlicher Führung versuchen, ihr Gewicht zu reduzieren. 6 7

5 VORURTEILE Übergewichtig sein ist eine schreckliche Last. Dicke Menschen werden häufig mit Faulheit, Trägheit, fehlender Intelligenz, Unsauberkeit und Willensschwäche assoziiert. Keines dieser Vorurteile ist haltbar und trotzdem werden Übergewichtige in vielen Lebensbereichen diskriminiert. Schule Ein Grossteil der krankhaft Übergewichtigen ist bereits im Schulalter dick. Diese Kinder leiden nicht nur unter den Hänseleien der Mitschüler, sondern werden vom Lehrkörper häufig zurückgestellt. Viele werden im Turnen herumgehetzt und so zum Gespött aller Anwesenden. Kinder unter sechs Jahren bezeichneten ein dickes Kind auf einer Zeichnung als «faul, dreckig, dumm, hässlich, als Betrüger und als Lügner». Das gezeichnete dicke Kind wurde im Vergleich mit einem «normalen» Kind, einem Kind mit fehlenden Händen oder einem Kind mit Entstellungen im Gesicht als am wenigsten liebenswert bezeichnet. Besonders tragisch: Sogar dicke Kinder kamen selbst zur gleichen Rangfolge. Arbeit Über die Diskriminierung von Übergewichtigen bei der Arbeit gibt es etliche Untersuchungen. In einer Befragung gaben Arbeitgeber an, dass sie übergewichtige Angestellte als weniger leistungsfähig, weniger zuverlässig und als häufiger krankgeschrieben betrachten als Normalgewichtige. In einer anderen Studie wurden auf Video aufgenommene Bewerbungsgespräche untersucht und dicke mit schlanken Bewerbern verglichen: Einem schlanken Bewerber mit gleicher Qualifikation wurde in fast allen Fällen gegenüber einem dicken der Vorzug gegeben. 44 Prozent der Arbeitgeber gaben an, dass sie übergewichtige Menschen nur sehr ungern anstellen würden, 16 Prozent sagten, dass sie eine übergewichtige Person unter keinen Umständen unter Vertrag nehmen würden. Eine Studie bewertete die Gehaltsaussicht von Dicken und kam zum Schluss, dass pro Kilogramm übergewichtigem Fett rund 2000 Dollars pro Jahr an Gehalt verloren gehen. Partnerschaft Auch bei der Partnersuche werden übergewichtige Menschen diskriminiert. Die Wahrscheinlichkeit einer festen Beziehung ist deutlich geringer als bei Normalgewichtigen, wobei dicke Frauen noch mehr benachteiligt sind als dicke Männer. In Interviews mit Studenten wurden Kokainsüchtige, Ladendiebe oder körperlich Behinderte als Partner begehrenswerter eingeschätzt als Übergewichtige. Ein weiteres Vorurteil beruht auf der Ansicht, dass Übergewichtige aufgrund einer psychischen Krankheit dick sind. Häufig verhält es sich jedoch gerade umgekehrt: Viele Übergewichtige werden psychisch krank, weil sie dick sind. Diese Aussage ist durch amerikanische, skandinavische und eigene Studien belegt. 8 9

6 KONSERVATIVE BEHANDLUNG FOLGEKRANKHEITEN Die mit Übergewicht assoziierten Krankheiten sind für adipöse Menschen oft die Hauptmotivation für eine Operation. Jede krankhafte Veränderung, die mit zunehmendem Übergewicht schlimmer und durch Gewichtsverlust verringert wird, gilt als Folgekrankheit. Dazu gehören unter anderem Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Gicht, Überlastung der Gelenke mit Arthrose, Überlastung des Rückens, Atemnot und Schlafstörungen (Schlaf-Apnoe), Krebs und nicht zuletzt Hautinfektionen. Auch das Blutvolumen nimmt bei Übergewicht zu und belastet das eher schwächere Herz chronisch. Unter den genannten Folgekrankheiten bildet das «tödliche Quartett» eine Einheit: Diabetes, hoher Blutdruck, erhöhter Fettspiegel im Blut und Fettsucht. Sie stellen nebst Rauchen die vier der fünf Hauptrisikofaktoren für den Herzinfarkt dar. Auch die meisten Krebskrankheiten kommen bei Übergewichtigen häufiger vor als bei Normalgewichtigen. Folgekrankheiten von Übergewicht schränken die Lebenserwartung ein. Das Sterblichkeitsrisiko von Männern im Alter zwischen 15 und 39 Jahren, die mehr als 115 Kilogramm wiegen, ist fast 200 Prozent höher als das ihrer schlanken Altersgenossen. Mit Zunahme des Gewichtes steigen die Sterblichkeitsraten fast parallel. Bei krankhaft Übergewichtigen erreicht nur einer von sieben Patienten die normale Lebenserwartung. «EINE GEWICHTSREDUKTION HILFT, FOLGEKRANKHEITEN ZU REDUZIEREN UND SOMIT DIE LEBENSERWARTUNG ZU STEIGERN.» Schlanksein durch Rauchen ist gesundheistschädigend Raucher haben eine höhere Fettverbrennung als Nichtraucher. Deshalb nehmen Menschen, die aufhören zu rauchen oft zu, wenn sie nicht gleichzeitig kalorienreduziert essen. Viele Patientinnen und Patienten rauchen, um abzunehmen. Sie handeln sich dadurch ein hohes Krebsrisiko ein und treiben somit den Teufel mit dem Beelzebub aus. Bei einem BMI von über 30 kg/m 2, also beim Vorliegen einer Adipositas, muss Übergewicht behandelt werden, da längerfristig schwerwiegende gesundheitliche Konsequenzen durch Folgekrankheiten drohen. Nach einer Analyse der Ernährung durch eine Ernährungsberaterin kann bestimmt werden, ob die Zusammensetzung der Nahrung ausgewogen ist und ob beispielsweise ein Vitamindefizit vorliegt. Darauf basierend wird eine individuelle Diät zusammengestellt. Damit nehmen Patientinnen und Patienten pro Woche bis zu einem Kilo ab und in drei bis vier Monaten bis zu 20 Kilogramm. Daneben erhalten sie einen individuellen Trainingsplan für körperliche Aktivitäten unter fachkundiger Leitung (Physiotherapeut, Arzt). Besonders geeignet sind Nordic-Walking, Velofahren, Schwimmen und Aqua-Fit, also möglichst gelenkschonende Ausdauersportarten, sowie gezieltes Krafttraining. Nicht selten liegen auch psychopathologische und psychosoziale Probleme mit gestörtem Ess- und Ernährungsverhalten vor. Diese bedürfen manchmal der Unterstützung und Therapie. Da die an der Regulation der Nahrungsaufnahme beteiligten Mechanismen noch weitgehend unbekannt sind, ist eine medikamentöse Therapie der Adipositas erst in Ansätzen möglich und eine «Wunderdroge» noch nicht in Sicht. Zeitlich begrenzt und unter ärztlicher Kontrolle können appetitzügelnde Medikamente eingesetzt werden, wobei von amphetaminhaltigen Präparaten dringend abgeraten wird. Trotz all dieser Möglichkeiten gelingt es in der Regel den bisher bekannten konservativen Behandlungsprogrammen nicht, das Gewicht der Patientinnen und Patienten dauerhaft zu reduzieren. Jeder Therapieabbruch wird von einer überschiessenden Fettgewebs-Akkumulation gefolgt und beeinträchtigt spätere Fettgewebsreduktionen. Es finden sich deshalb immer häufiger Betroffene, die einen BMI von über 35 kg/m 2 aufweisen. Für diese Gruppe der Betroffenen stellt die moderne chirurgische Behandlung der Krankheit eine gute Möglichkeit dar. Diese führt in der Regel zu einer langfristigen und dauerhaften Gewichtsreduktion

7 CHIRURGISCHE BEHANDLUNG 1992 gab es in der Schweiz nur in Lausanne die Möglichkeit einer Übergewichtsoperation. PD Dr. Rudolf Steffen hat an der Klinik Beau-Site damals als erster in der deutschen Schweiz mit der bariatrischen Chirurgie begonnen und von Anfang an ein interdisziplinär strukturiertes Programm angeboten kamen die laparoskopisch implantierbaren Systeme («Schlüssellochtechnik») auf implantierten bereits 100 Chirurgen an 50 Spitälern Magenbänder. Das hatte den Vorteil, dass den in der Schweiz von dieser Krankheit betroffenen bis Patientinnen und Patienten geholfen werden konnte und die Akzeptanz von Diagnose und Behandlung stieg. Leider hielt die Nachsorge vielerorts mit den Operationen nicht Schritt. Die Betreuung der operierten Patientinnen und Patienten ist von zentraler Bedeutung, da die Krankheit durch den Eingriff nicht geheilt wird und ein an sich gesundes Organsystem verändert wird. Ende der 90er Jahre waren dann auch die Techniken für die Bypasschirurgie zur breiten Anwendung reif. Da mit einem Magenband häufig funktionelle Speiseröhrenprobleme auftreten, setzte ein Wechsel vom Band zum Bypass ein. «HEUTZUTAGE GEHÖRT DER MAGENBYPASS ZU DEN STANDARDOPERATIONEN IN DER CHIRURGISCHEN BEHANDLUNG VON ÜBER- GEWICHT.» Bei welchen Patientinnen und Patienten ist eine Operation sinnvoll? Folgende Kriterien entsprechen internationalen Standards: Übergewicht von mehr als 80 Prozent oder 42 Kilogramm über dem Idealgewicht BMI (Bodymass-Index) über 35 kg/m 2 oder BMI über 35 kg/m 2 bei Patientinnen und Patienten mit Übergewichtsfolgekrankheiten. In der Schweiz werden nur Operationen bei BMI > 35 kg/m 2 von den Krankenkassen als Pflichtleistung übernommen Mindestens 5 Jahre Übergewicht Versagen der nichtoperativen Behandlungen. Die Versicherungen verlangen eine konservative Behandlung während insgesamt 2 Jahren (nicht am Stück) unter fachkundiger Führung Keine schweren Allgemeinerkrankungen, keine Alkoholkrankheit oder gravierende psychische Krankheiten 12 13

8 Erwartungen Häufig sind die Hoffnungen, die mit einer Operation verbunden werden, unrealistisch. Nur wenige Patientinnen und Patienten erreichen nach einem Eingriff ihr Idealgewicht. Rund die Hälfte braucht nach der Gewichtsreduktion einen plastisch-chirurgischen Eingriff um überschüssige Haut zu entfernen. Nebst diesen Fakten müssen auch sekundäre Erwartungen bezüglich Arbeit, Partnerschaft und Sexualität genannt und diskutiert werden. Bedingungen für die Kostengutsprache Bevor ein chirurgischer Eingriff geplant werden kann, müssen wichtige Abklärungen durchgeführt werden, die von der «Swiss Society for the Surgery of Morbid Obesity and Metabolic Disorders (SMOB)» empfohlen werden. Diese Richtlinien wurden durch die politischen Behörden in der Krankenpflegeleistungsverordnung (KLV) vom in Kraft gesetzt. Die Krankenkassen bezahlen einen solchen Eingriff nur, wenn ein Body-Mass-Index von mindestens 35 kg/m 2 vorliegt und eine insgesamt zweijährige adäquate Therapie zur Gewichtsreduktion zuvor erfolglos war. Eine Altersgrenze für die Operation gibt es nicht mehr; bei Patientinnen und Patienten über 65 Jahren sind jedoch Operationsrisiken und Lebenserwartung aufgrund der Begleiterkrankungen sorgfältig abzuwägen. Die Klinik Beau-Site in Bern zählt seit Jahren zu den renommiertesten Referenzzentren der Schweiz wurde sie mit PD Dr. Rudolf Steffen durch die «International Federation for the Surgery of Obesity and Metabolic Disorders» (IFSO) als bisher einziges Schweizer «Center of Excellence» akkreditiert. Ziele Damit eine Behandlung als erfolgreich gilt, werden folgende international gültigen Kriterien verlangt: 1. Reduktion des Übergewichts um mindestens 50% 2. und dies für mindestens 5 Jahre Das Ziel ist also eine anhaltende Reduktion des Übergewichts. Punkt 1 können fast alle Diäten erreichen das macht sie so populär. Punkt 2, der Langzeiterfolg, wird aber mit konservativen Methoden nur sehr selten erreicht. Die einzige Behandlungsform, die die oben erwähnten Kriterien erfüllt, ist ein chirurgischer Eingriff. Risiken Kandidatinnen und Kandidaten für einen chirurgischen Eingriff müssen sich bewusst sein, dass der Weg nicht eben ist. Es kann zu Komplikationen oder Zweitoperationen kommen. Je jünger Patientinnen oder Patienten Stellen Sie sich die richtigen Fragen Fragen Sie sich, ob Sie mit einer Reduktion von etwa 50% des Übergewichts zufrieden sind. Werden Sie sich bewusst, dass das Ziel der Behandlung nicht das Erreichen des Idealgewichts ist und dass wir keine Schönheitsoperation durchführen. Setzen Sie sich hin und rechnen Sie aus, wie viel 50 Prozent Übergewichtsreduktion für Sie ausmachen. Überlegen Sie sich auch, was es ausmacht, die Folgekrankheiten nicht mehr tragen zu müssen, zum Beispiel kein Insulin spritzen zu müssen, den Blutdruck in den Griff zu kriegen und nicht mehr die Folgen der Fettstoffwechselstörung fürchten zu müssen. Die letztgenannten Ziele werden schon bei wesentlich geringerer Übergewichtsreduktion in vielen Fällen erreicht. zum Zeitpunkt der Erstoperation sind, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie in ihrem Leben noch weitere Eingriffe brauchen werden. Das Sterblichkeitsrisiko beträgt je nach gewähltem Eingriff 1:100 (Bypassoperation) bis 1:800 (nur Magenbandoperation). Dabei sind alle Patientinnen und Patienten eingeschlossen, also auch die Gewichtsklassen über 200 Kilogramm oder Herzkranke, bei denen ein besonders hohes Risiko besteht. Diese Raten sind wiederum zehn Mal geringer als die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von fünf Jahren an den Folgen des unbehandelten krankhaften Übergewichtes zu sterben. Zu den allgemeinen Risiken gehören die üblichen Risiken von Narkose und Operation, wie Blutung und Wundinfekte. Dazu gehört auch das Thromboserisiko und damit verbunden das Lungenembolierisiko. Letztere sind gegenüber der normalgewichtigen Vergleichsbevölkerung, die einen ähnlichen Eingriff zu überstehen hat, nicht erhöht. Auch Lungenentzündungen oder Narbenbrüche (bei Patientinnen und Patienten mit Bauchschnitt) können den Verlauf komplizieren. Daneben gibt es spezifische Risiken, die nur bei einer jeweiligen Operationstechnik auftreten können. Diese Risiken werden in den entsprechenden Abschnitten erläutert. Gewichtsabnahme Patientinnen und Patienten können mit einer Gewichtsabnahme von 40 bis 70 Prozent des Übergewichts innerhalb von sechs Monaten bis zwei Jahren rechnen. Wenn nämlich der Körper nur noch so viele Kalorien verbraucht wie der Patient nach der Operation zu sich nehmen kann, stabilisiert sich das Gewicht

9 DAS ANPASSBARE MAGENBAND Nachsorge Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat die Übergewichtschirurgie in die Liste der Pflichtleistungen für die Krankenkassen aufgenommen. Damit verbunden sind Qualitätskontrollen. Als anerkanntes Zentrum für bariatrische Chirurgie liefert die Klinik Beau-Site dem BAG die anonymisierten Daten der operierten Patientinnen und Patienten, aber auch die Nachsorgedaten, das heisst, den Verlauf der Behandlung. Das BAG verlangt im Minimum zwei Kontrollen beim Spezialisten pro Jahr. Dabei werden auch Begleiterkrankungen wie Mangelerscheinungen erfasst, was wiederum Untersuchungen bedingt. Um die Qualität der Nachsorge zu gewährleisten, muss die Klinik die operierten Patientinnen und Patienten an die Nachsorge erinnern und diejenigen, die nicht zu den Kontrollen erscheinen, schriftlich mahnen. Eingriffsarten In den folgenden Kapiteln werden die wichtigsten Operationsverfahren erläutert. Diese stellen nur eine Auswahl aus einem fast zweiseitigen Sammelkatalog von möglichen Eingriffen dar. Die Techniken, in denen wir besondere Erfahrungen haben und die wir anbie- ten, werden ausführlicher vorgestellt. Grundsätzlich unterscheiden wir zwei Grundprinzipien: Restriktive Eingriffe (Latein: restringere = einschnüren) Dabei wird der Magen zweigeteilt, in einen sehr kleinen Vormagen und den übrigen Hauptmagen. Patientinnen und Patienten haben nach diesem Eingriff beim Essen ein frühzeitiges Sättigungsgefühl, wodurch sie weniger Kalorien zu sich nehmen. Zu den restriktiven Eingriffen gehören unter anderem das anpassbare Magenband, der Standard Magenbypass und der Schlauchmagen. Malabsorptive Eingriffe (Latein: Malabsorption = schlecht aufnehmen oder schlecht verdauen) Durch Umleitung des natürlichen Speiseweges vom Magen bis zum Dickdarm kann nur noch ein Teil der gegessenen Nahrung aus dem Darm aufgenommen werden. Das gängigste Prinzip ist dabei die teilweise Ausschaltung des Dünndarms. Die Klinik Beau-Site bietet die Technik der anpassbaren Magenbänder seit 1996 an. Seither wurden über tausend Magenbänder eingepflanzt. Im Laufe der schon bald 20 Jahre musste bei mehr als der Hälfte der Patientinnen und Patienten das Band wieder entfernt werden. Fast immer wurde gleichzeitig ein Magenbypass angelegt. Auf Grund der Ergebnisse ist das Spezialistenteam der Klinik Beau-Site mit der Implantation von Magenbändern zurückhaltend geworden. Junge Menschen, speziell Jugendliche, sind aber nach wie vor Kandidaten für einen solchen Eingriff, weil die Anatomie intakt bleibt und sich die Erfolge in dieser Altersgruppe durchaus sehen lassen können. Der Eingriff Die Operation wird in Vollnarkose durchgeführt, die Patientin oder der Patient steht unter antibiotischem Schutz und erhält Medikamente gegen tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien. Die Operation erfolgt laparoskopisch, das heisst, dass der Bauch nicht aufgeschnitten wird. Durch fünf kleine Einschnitte werden eine stabförmige Fernsehkamera und die Instrumente in die aufgeblähte Bauchhöhle geführt. Das Magenband wird durch die Bauchwand in die Bauchhöhle hineingebracht und um den Magen herum verschlauft. Es besteht aus einem festen Teil und einem Ballonteil. Der Ballon ist verbunden mit einem Schlauch und dieser wiederum mit einem Port, das heisst ein Ventil, das unter die Haut auf den Knochen des Brustbeines angenäht wird. In dieses Ventil wird nach der Operation mit einer speziellen Nadel wasserähnliche Flüssigkeit eingefüllt. Danach wird der Verbindungsschlauch durch einen der Instrumentenkanäle, herausgezogen. Das Fett wird durchtrennt, bis der Knochen des Brustbeins freigelegt ist. Anschliessend wird eine Tasche gebildet. Den Übergang vom Das Magenband wird um den obersten Teil des Magens herum geschlungen, so dass der Magen, ähnlich einer Sanduhr, in zwei Abteilungen eingeschnürt wird

10 kleinen Vormagen (Pouch = Tasche) zum Hauptmagen kann man sich wie bei einer Sanduhr vorstellen. Die Grösse des Pouches hilft, das Sättigungsgefühl mitzubestimmen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein funktionierender Pouch mit dem Durchmesser einer Espressotasse ideal ist. Bei den anpassbaren Magenbändern bildet sich dieser Pouch im Laufe von einigen Monaten nach der Operation von selber aus und der Ausgang des Pouches kann fein eingestellt werden. Gegen Ende der Operation wird der Verbindungsschlauch auf den Port aufgesteckt und letzterer wird in der gebildeten Tasche festgenäht. Über dem Port wird die Wunde verschlossen. Anschliessend werden die Patientinnen oder der Patienten für wenige Stunden auf die Überwachungsstation gebracht, danach ins Zimmer. Nach dem Aufwachen dürfen sie bereits trinken und erhalten ausreichend Schmerzmittel. Die Schmerzen halten sich insgesamt jedoch in Grenzen. Was am meisten weh tut, ist die Stelle, wo der Port eingenäht ist. Spitalaufenthalt und Arbeitsunfähigkeit Der Spitalaufenthalt beträgt zwischen zwei und drei Tagen, die Arbeitsunfähigkeit je nach Beruf ein bis drei Wochen. Nachsorge In der ersten Woche dürfen die Patientinnen und Patienten nur trinken, in der zweiten Woche pürierte Kost zu sich nehmen und ab der dritten Woche dann faserarme Normalkost. Bezüglich Mengen bestehen keine Vorschriften. Am Anfang ist das Band noch leer und viele nehmen in der ersten Phase möglicherweise kein Gewicht ab. Im Durchschnitt gehen aber etwa zehn Prozent des Übergewichts bereits verloren. Danach kommt die Bandanpassung in drei bis vier Schritten in monatlichen Abständen. Das geschieht mit einer schmerzarmen Spritze in den Port. Eingefüllt wird ein wasserähnliches Röntgenkontrastmittel, mit dem das Band unter Durchleuchtung sichtbar ist. Der Port wird in kleinen Schritten gefüllt, damit die optimale Bandweite langsam gefunden werden kann. Diese ist erreicht, wenn Patientinnen und Patienten mit etwa einem Drittel bis einem Viertel der bisherigen Nahrungsmenge satt sind. Danach werden die Kontrollintervalle länger und individuell abgemacht. Die Hausärztin oder der Hausarzt übernimmt die Aufgabe der Zucker-, Blutwerte- und Blutdruckkontrollen. Risiken In der Klinik Beau-Site gab es bisher keine Todesfälle nach diesem Eingriff. Seltene Komplikationen sind Blutungen, Lungenentzündungen, Verletzung der Milz mit nachfolgend notwendiger Entfernung des Organs, Thrombose und Lungenembolien, Luftembolien durch die Luft, die es zur laparoskopischen Operation braucht. Risiken am Port Der Port kann schmerzen, wandern, vereitern oder kippen. Zudem kann der Schlauch abrutschen. Bei ausgeprägter Gewichtsabnahme kann er auch unter der Haut vorstehen und sichtbar werden. Diese Risiken liegen im Bereich von zwei bis drei Prozent Wahrscheinlichkeit pro Jahr. Sie bedürfen einer operativen Korrektur, die jedoch nicht aufwändig ist und in den meisten Fällen mit einem ambulanten Eingriff erledigt werden kann. Risiken am Band Bänder können durchlässig werden. Die Flüssigkeit, die beim Leck austritt, ist harmlos (es handelt sich um Wasser), aber das Band verliert dann sofort seine Funktion und muss operativ ersetzt werden. Das Band kann auch vereitern, was jedoch eine sehr seltene Komplikation ist. Daneben sind in der Literatur Verletzungen der Speiseröhre und des Magens beschrieben. Technische Komplikationen Die häufigste Komplikation ist das so genannte «Slipping». Dabei rutscht der Magen durch das Band hinauf, so dass der Pouch viel zu gross wird. In der Klinik Beau-Site kam das bei 2.7% der Fälle pro Jahr vor. Auch diese Komplikation bedarf einer erneuten Operation. Weiter kann das Magenband in den Magen hineinwandern (1% pro Jahr). Die meisten dieser in den Magen hinein gewanderten Bänder konnten durch eine Magenspiegelung entfernt werden. In aller Regel sind sowohl das Slipping als auch die Bandpenetration ungefährlich, ziehen aber eine Nachoperation nach sich. In äusserst seltenen Fällen kann es beim Slipping zu gefährlichen Einklemmungen von Magenanteilen kommen, bis hin zum Absterben solcher Magenanteile. Dies ist dann eine sehr gravierende Komplikation, die unter Umständen die Entfernung des gesamten Magens nach sich zieht. Slippings müssen ernst genommen werden, damit das Band frühzeitig gelockert werden kann. Bei Bandpenetrationen sind in der Literatur Blutungskomplikationen beschrieben. Auch ein Magenleck könnte theoretisch auftreten. Beides kam in der Klinik Beau-Site bisher noch nicht vor

11 Bei Komplikationen müssen sich Patientinnen und Patienten immer umgehend an das Spezialistenteam wenden. Nur so können schlimmere Komplikationen vermieden werden. Zusammenfassend muss mit drei bis fünf Prozent solcher technischen Komplikationen pro Jahr gerechnet werden, was Zweit- oder Mehroperationen zur Folge hat. Funktionelle Komplikationen Langfristig kommen mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten mit der Einschnürung nicht zu Gang. Sie erbrechen dauernd, die Speiseröhre wird überlastet und sie nehmen dabei sogar an Gewicht zu. Die Ursachen sind noch nicht klar. In diesen Fällen muss das Band entfernt und meistens gleichzeitig ein Magenbypass gemacht werden. Das Erbrechen nach der Operation gilt nicht unbedingt als Komplikation, sondern eher als Folge des Bandes. Erbrochen wird in der Regel nur dann, wenn Betroffene unter Stress und Zeitdruck essen und grosse Bissen hinunter schlingen. Wenn ein Bissen stecken bleibt, sollten sie unverzüglich einen Spezialisten kontaktieren, damit das Band geöffnet werden kann. Mit zu- Vorteile Geringe Belastung durch die laparoskopische Technik. Der Magen wird weder geschnitten noch genäht. Die Bandweite kann angepasst werden. Der Eingriff ist sicher. nehmender Erfahrung im Umgang mit der neuen Situation lernen fast alle Patientinnen und Patienten, dass sie sehr sorgfältig kauen und sich fürs Essen Zeit nehmen müssen. Das Magenband führt seltener zu Mangelerscheinungen als der Bypass. Trotzdem müssen insbesondere die Spurenelemente überwacht werden. Die häufigste Mangelerscheinung ist bei menstruierenden Frauen der Eisenmangel. Entsprechende Präparate, auch Polyvitaminpräparate werden vom Nachsorgeteam bei Bedarf verschrieben. Gewichtsverlust Mit dem Band verlieren Betroffene etwa 60 Prozent des Übergewichts. So kann zum Beispiel eine 160 cm grosse Frau mit 120 kg Körpergewicht und damit 60 kg Übergewicht erwarten, dass sie die Hälfte verliert, das heisst, etwa 30 kg. Für Patienten und Patientinnen, die weniger Gewicht verlieren, muss ein anderer Weg gefunden werden, beispielsweise eine zusätzliche medikamentöse Behandlung oder ein operatives Bypassverfahren. Nachteile Rund drei Viertel aller Magenbandpatienten erfahren Komplikationen oder nehmen ungenügend ab. DER STANDARD-MAGENBYPASS Der Standard-Magenbypass ist der häufigste Routineeingriff des Zentrums für bariatrische Chirurgie der Klinik Beau-Site. Bisher wurden mehr als 2000 Magenbypassoperationen durchgeführt, im Schnitt zwischen 150 bis 200 pro Jahr. Obwohl die Laparoskopie für Patientinnen und Patienten immense Vorteile bringt, bleibt der Magenbypass ein grosser Eingriff, bei dem geschnitten und genäht wird. Entsprechend birgt er gegenüber dem Magenband mehr Risiken. Der Eingriff Die Vorbereitungen für den Eingriff sind mit denen einer Magenbandoperation im vorangehenden Kapitel vergleichbar. Beim Magenbypass wird der Pouch (=Tasche) aber chirurgisch gebildet und entspricht etwa dem halben Durchmesser einer Espressotasse. Er weitet sich innerhalb eines Jahres aus. Entsprechend ist die Einschränkung beim Essen anfänglich ausgeprägt und nimmt mit der Zeit ab. Die Pouchgrösse bestimmt das Essverhalten nach der Operation. Bei einem gut funktionierenden Bypass stellt sich das Sättigungsgefühl bereits bei einem Viertel bis einem Drittel der bis zur Operation eingenommenen Mahlzeitenmenge ein. Der Ausgang in den Hauptmagen wird komplett verschlossen. An dieser Stelle wird eine Dünndarmschlinge hochgenäht, so dass der Magen und der Zwölffingerdarm aus der Nahrungspassage ausgeschlossen werden. Spitalaufenthalt und Arbeitsunfähigkeit Laparoskopisch Operierte sind 4 5 Tage im Spital und 2 4 Wochen arbeitsunfähig Offen Operierte sind 8 10 Tage im Spital und 8 10 Wochen arbeitsunfähig. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Patientin oder ein Patient offen operiert werden muss, beträgt weniger als ein Prozent Beim Standard-Magenbypass wird der Magen ganz oben zweigeteilt

12 Nachsorge Mangelerscheinungen für Spurenelemente und Vitamine sind beim Magenbypass sehr häufig. Die Nachsorge ist deshalb lebenswichtig. Die Mangelerscheinungen betreffen nebst dem Spurenelementstoffwechsel (Eisen, Zink, usw.) auch die Vitamine und damit auch den Knochenstoffwechsel. Langfristig drohen bei nicht angemessenen Ersatzbehandlungen Komplikationen. Betroffene spüren die Mängel nicht und es können Schäden auftreten, die bleibende Folgen (z.b. am zentralen Nervensystem, Knochen) hinterlassen! «LANGFRISTIG DROHEN BEI NICHT ANGEMESSENEN ERSATZBEHANDLUNGEN KOMPLIKATIONEN.» Risiken Frühe Komplikationen Eine gefürchtete Komplikation ist das Nahtleck. Es kommt bei offen Operierten häufiger vor als bei laparoskopisch Operierten und ist in der Klinik Beau- Site bei Ersteingriffen praktisch verschwunden. Bei Zweiteingriffen liegt die Wahrscheinlichkeit eines Nahtlecks unter einem Prozent. Die zweithäufigste Komplikation im Zusammenhang mit der Operation sind Blutungen. Diese treten fast ausschliesslich an den Nähten auf. Betroffene haben am zweiten oder dritten Tag nach der Operation Blut im Stuhl. Meist ist dieses Ereignis harmlos und hört von selbst auf. Die Patientinnen und Patienten werden beobachtet und falls Anzeichen bestehen, dass die Blutung nicht von selbst stoppt, wird die Blutungsquelle anlässlich einer Magenspiegelung verödet. Intraoperative Verletzungen von Begleitorganen könnten rein theoretisch eine Erweiterung des Eingriffs notwendig machen. Das kann die Milz betreffen, aber auch den Restmagen oder die Leber. Bei voroperierten Patientinnen und Patienten ist allgemein das Blutungsrisiko etwas höher, ebenfalls das Verletzungsrisiko des Dünndarms bei Verwachsungen. Letzteres ist in der Klinik Beau-Site bisher nicht aufgetreten. Wundinfektionen und kleinere Lungenentzündungen können ebenfalls in seltenen Fällen auftreten, machen aber kaum eine erneute Operation notwendig. Im Zeitraum von vier bis sechs Wochen nach der Operation kann es zu Nahtschrumpfung am Übergang zwischen der geschaffenen Magentasche und dem Darm führen. Betroffene merken das daran, dass sie immer schlechter essen und am Schluss kaum mehr trinken können. Sie sollten sich frühzeitig beim Spezialistenteam melden. Die Behandlung dieser Nahtschrumpfung erfolgt ambulant durch eine Magenspiegelung. Im Durchschnitt beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Nahtschrumpfung etwa zehn Prozent. In der Klinik Beau- Site sind bei Aufdehnungen bisher keine Komplikationen eingetreten. Späte Komplikationen Nach einem Eingriff kann es bei zirka zwei bis drei Prozent zu einem Darmverschluss kommen. Ursache dafür sind Verwachsungen oder eine innere Darmverschlingung. Etwa ein Prozent der Betroffenen entwickelt ein Magengeschwür, dessen Behandlung medikamentös ist. Das Dumping ist eher eine Folge des Eingriffs als eine Komplikation. Es tritt bei etwa 15 Prozent der Patienten mit Magenbypass auf und ist eigentlich eine Zuckerunverträglichkeit. Wenn Zucker in grösseren Mengen (z.b. in Form von Kuchen, Torten, Coca Cola) in die dem Pouch angenähte Darmschlinge gelangt, wird Wasser aus der Blutbahn in den Darm gezogen. Die Folge ist Herzklopfen, Schwindel und Durchfall. Seltener, aber gefährlicher ist das Spätdumping. Dies ist eine Unterzuckerung und kann sogar zu einem Koma führen. Gemeinsam sind beiden Dumpingformen der schnelle Übertritt der Nahrung von Magenpouch in den Dünndarm. Zur Behand- Vorteile DIE international anerkannte Operation zur Gewichtsreduktion. Effiziente Übergewichtsabnahme um rund 70 Prozent mit Versagerquote von langfristig etwa 15 Prozent durch sekundäre Gewichtszunahme. Zweitoperationen sind hier die Regel. Dokumentierte Langzeiterfahrung (mehr als 30 Jahre). Weniger Festnahrungsprobleme als bei den Magenbändern. Kann aufgehoben resp. zurückoperiert werden. lung muss der Magen wieder eingeschnürt werden, damit die Nahrungspassage verzögert wird. Das kann zum Beispiel durch einen Ring (Fobi-Ring) um den Magenpouch erreicht werden. Gewichtsverlust Patientinnen und Patienten mit einem Standard-Magenbypass können etwa 10 bis 15 Prozent mehr Übergewichtsreduktion erwarten als mit einem alleinigen einschnürenden Eingriff, also etwa 60 bis 70 Prozent des Übergewichtes. Sie nehmen schneller ab als Magenbandträger. Nach neun bis zwölf Monaten flacht die Kurve ab, etwa dann, wenn der chirurgisch geschaffene Pouch sich auf den Durchmesser einer halben Kaffeetassengrösse erweitert hat. Nachteile Invasiver Eingriff mit potentiell schlimmen Komplikationen bis hin zur Sterblichkeit. Fast sichere Mangelzustände für Vitamine und Mineralstoffe. Regelmässige Kontrollen sind lebenswichtig

13 DER SCHLAUCHMAGEN MALABSORPTIVE EINGRIFFE Beim Schlauchmagen («Sleeve-Magen») werden 80 bis 85 Prozent des gesunden Magens definitiv entfernt. Es bleibt ein schlauchartiger Restmagen in der Verlängerung der Speiseröhre übrig. In der Klinik Beau-Site besteht vor allem in seiner ursprünglichen Anwendung als Teil des Marceaux Magenbypasses Erfahrung. Er wird auch bei entzündlichen Darmerkrankungen oder nach Voroperationen mit vielen Verwachsungen angewendet. Vorteile (gegenüber dem Bypass) Einfachere Operation. Keine Veränderung des Speiseweges. Keine Komplikationen am Darm. Kein Dumping. Die Operation kann als sicher gewertet werden und Komplikationen sind sehr selten geworden. Aus der Zeit der offenen Chirurgie wurde aber auch die Erfahrung gemacht, dass Lecks eher schwierig zu behandeln sind. Nachteile (gegenüber dem Bypass) Kann nicht zurückoperiert werden und 85 Prozent des gesunden Magens werden entfernt. Lecks gehen schlechter zu. Belastung der Speiseröhre häufiger. Langzeitresultate noch nicht gesichert. Schwieriger zu standardisieren (unterschiedliche Schlauchgrössen = unterschiedliche Resultate). Gemeinsames Ziel dieser Operationen ist es, das Fett im Darm durchgehen zu lassen, so dass es im Stuhl direkt ausgeschieden wird. Bei sogenannten biliopankreatischen Diversionen wird im Magen-Darm-Trakt eine Situation geschaffen, mit der die Verdauungsfermente aus der Bauchspeicheldrüse und die Galle nur noch auf etwa zehn Prozent der ursprünglichen Dünndarmlänge einwirken können. Verdauungsfermente und Galle braucht es aber im Dünndarm, um Fett zu verdauen. Durch die Verkürzung dieser Einwirkstrecke reicht diese nicht mehr, um das mit der Nahrung eingenommene Fett zu verdauen und es wird mit dem Stuhl ausgeschieden. Bei dieser Variante wird aber nicht ausschliesslich das Fett ausgeschieden, sondern ebenfalls Eisen, gewisse Vitaminen und Salze. Diese lebenswichtigen Substanzen müssen nach der Operation mindestens in der Phase der raschen Gewichtsabnahme ersetzt werden. Entsprechend sind mehr Kontrollen als bei den einfacheren Eingriffen notwendig. Da diese Eingriffe einerseits hoch effizient, andererseits potentiell gefährlich sind, sind sie für eine bestimmte Patientengruppe reserviert. Prinzipiell sind dies Patientinnen und Patienten im Bereich der so genannten Superobesitas, das heisst ab einem BMI von 50 kg/m2, insbesondere, wenn eine Stammfettsucht besteht und wenn gravierende Stoffwechselkrankheiten wie Zuckerkrankheit und Bluthochdruck vorhanden sind. Spitalaufenthalt und Arbeitsunfähigkeit Gleich wie beim Magenbypass Wahrscheinlichkeit eines Bauchschnittes ist höher (um die fünf Prozent) Nachsorge Die Nachsorge in einem Team, das Erfahrung mit malabsorptiven Eingriffen hat, ist lebenswichtig. Gewichtsverlust Zu erwarten ist ein Gewichtsverlust von 70 bis 80 Prozent des Übergewichts. Bei Patientinnen und Patienten der Klinik Beau-Site betrug er im Mittel 76 Prozent nach zwei Jahren

14 Risiken Das Sterblichkeitsrisiko und schwerwiegende Komplikationen sind höher als bei den einfachen Eingriffen. Allerdings nicht wegen der Operationstechnik, sondern wegen den weit gewichtigeren und damit kränkeren Patientinnen und Patienten. Auch Blutungen, Wundinfekte, Lungenentzündungen und Narbenbrüche gehören zu den allgemeinen Risiken. Frühe Komplikationen Gefürchtetste Komplikation ist wiederum das Nahtleck. Daneben die Thrombose und Embolie und wie oben erwähnt, die Blutung. Späte Komplikationen Die Nahtschrumpfung tritt bei rund fünf Prozent der Betroffenen innerhalb von vier bis sechs Wochen nach der Operation auf. Drei Prozent leiden unter einem Anastomosengeschwür am neuen Übergang vom Magen in den Darm. Säurehemmende Medikamente sind lebenswichtig, da solche Geschwüre durchbrechen oder heftig bluten können. Der Magenbypass kann zu «scharf» sein. Rund drei bis vier Prozent der Betroffenen entwickeln chronische Durchfälle oder schwere Eiweissmangelzustände. Patientinnen und Patienten mit chronischen Durchfällen müssen nach der Stuhluntersuchung meistens erneut operiert werden, wobei die Verdauungsstrecke verlängert wird. Eiweissmangelzustände können unter Umständen durch Eiweisszusätze zum Essen verbessert werden. Wenn dies nicht ausreicht, muss auch hier eine Zweitoperation geplant werden. Vorteile Der Gewichtsverlust ist noch höher als bei Magenbändern und dem Standard-Magenbypass und beträgt um die 70 bis 80 Prozent des Übergewichts. Die für alle einschnürenden Verfahren typischen Gewichtswiederanstiege nach zwei bis drei Jahren kommen bei malabsorptiven Eingriffen nicht vor. Rund drei bis vier Prozent der Operierten erfahren innere Hernien, das heisst Darmabknickungen. Diese treten eher mild in Form von Koliken nach dem Essen auf und müssen in der Regel reoperiert werden. Es gibt aber auch akute Darmverschlüsse (0,5 1%). Solche sind lebensgefährlich und eine Notoperation innerhalb von kurzer Zeit ist unumgänglich. Nachteile Der Hauptnachteil liegt in den Mangelerscheinungen. Diese treten fast immer auf und sind zum Teil erheblich. Patientinnen und Patienten die sich nicht nachkontrollieren lassen, können an den Mangelerscheinungen sterben oder bleibende Gesundheitsschäden wie Osteoporose, Nierensteine, Nierenschädigung, Haarausfall davon tragen. Sämtliche fettlöslichen Vitamine müssen regelmässig ersetzt werden. Ein weiterer Nachteil sind die stinkenden Fettstühle. Stuhlentleerungen sind zwischen drei und fünf Mal pro Tag die Regel. Der Stuhlgang ist breiig. Wind und Stuhlgang können derart störend stinken, dass Betroffene sich sozial zurückziehen. Diese Nebenerscheinungen können durch Auswahl der Nahrung und auch durch Medikamente günstig beeinflusst werden