Tatort Internet Strategie der Schweiz und des Kantons Zürich

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1 Europa Institut an der Universität Zürich Tatort Internet Strategie der Schweiz und des Kantons Zürich 15. Oktober 2012 Dr. Andreas Brunner Leitender Oberstaatsanwalt des Kantons Zürich 1/ 21 Eine zu lange Geschichte 1999 AG BEMIK: Vorschlag Monitoring- u. Clearingstelle auf Stufe Bund 2002 Schweizweite Aktion GENESIS (LANDSLIDE) Kinderpornographie 2002 ZH: Vorschlag schweizweites Kompetenzzentrum Internetkriminalität 2003 Bund: KOBIK 2004 Bund: MELANI ab 2009 ZH: Internetkriminalität Schwerpunkt für Strafverfolgung (RRB) 2013 ZH: 1. Stufe Kompetenzzentrum Cyberkriminalität operativ 2/ 21

2 Begriffliches Cyberwar Cybercrime Cyberproblem 3/ 21 Begriff Internetkriminalität / Cybercrime Internetkriminalität - Cybercrime - High Tech Crime Internetkriminalität bezeichnet Verfahren, die Delikte zum Gegenstand haben, welche mit Mitteln der modernen Informationstechnologien ( Devices, d.h. namentlich Informations- und Kommunikationstechnologien wie z.b. IT, EDV, Computer, Smartphones, Internet, Wireless, Netzwerke etc.) begangen werden oder in welchen solche Mittel wesentliche Beweismittel bilden. 4/ 21

3 Erscheinungsformen Internetkriminalität Datendelikte, z.b. Spamming, Hacking, Skimming Sexualdelikte, z.b. Internetpornographie, Kontaktnahme in Chatrooms Betrugsdelikte, z.b. Anlagebetrug, Phishing, Auktionsbetrug Verbotenes Glücksspiel Betäubungsmitteldelikte, z.b. Rezepte für Ecstasy Handel mit verbotenen oder rezeptpflichtigen Medikamenten Verletzung geistigen Eigentums, z.b. illegaler Upload von Filmen, Musik Gewaltdelikte, z.b. Amok, Rezepte für Sprengwaffen, Chaoten 5/ 21 Kriminalität versus Illegalität (Zivilrecht) Seitensprungportal im Internet zockt Nutzer mit illegaler Gebühr ab: Aus Norwegen CHF / Monat (Schweiz) In wenigen Tagen CH-Mitglieder (30% Frauen) Firmenziel: In zwei Jahren CH-Mitglieder, Umsatz CHF 200 Mio. Spuren löschen CHF (illegal) (Der Sonntag, ) 6/ 21

4 Internetkriminalität - Quantensprung in der Strafverfolgung Gliederung Strafgesetze Verbrechensbekämpfung, Prävention Reale Welt Staaten örtlicher Bezug Bund / Kantone einheitlich pro Staat starke regionale / lokale Kräfte - koordiniert Schriftlichkeiten lokaler Bezug Virtuelle Welt Global village ohne örtlichen Bezug uneinheitlich (z.b. Schutzalter: Jahre) fehlen weitgehend - unkoordiniert weltweit (z.b. Auschwitzlüge) 7/ 21 Internetkriminalität - Schaden 2011 (1) Weltweit: 388 Milliarden US$ (411 Milliarden US$ Drogenhandel) - Schaden beheben (Einzelperson) Ø 10 Tage Millionen erwachsene Opfer Schweiz: 950 Millionen CHF - Schaden beheben Ø 5 Tage (Studie Symantec) 8/ 21

5 Internetkriminalität - Schaden 2011 (2) Europa: US-Banken: 750 Milliarden Euro 80% von grenzüberschreitenden Banden begangen 900 Millionen US$ / Jahr durch reale Räuber / Diebe 12 Milliarden US$ / Jahr durch Cybercrime (Interpol Mai 2012) Achtung: - Schätzungen - Strafrechtlich relevanter Schaden Schätzzahlen 9/ 21 Internetkriminalität Schweiz Cyberkriminalität zurückgegangen CH im Landesvergleich von Rang 43 auf 49 (1. Rang USA) - Nutzer aufmerksamer - Internetfirmen aktiver - Prävention z.t. schon in Schulen Phishing grassiert!! (Studie Symantec) Aber: Kommission US-Kongress gegen Piraterie im Internet setzt Schweiz auf schwarze Liste - zu wenig Massnahmen gegen illegale Downloads vorab von Musik (Urheberrecht ) (Tages-Anzeiger ) 10 / 21

6 Cybercrime Konvention Europarat auch lange: von Schweiz unterzeichnet in Kraft seit CH-Anpassung: Strafbarkeit des Unbefugten Eindringens in Datenverarbeitungsanlage ( Hacking ) vorgelagert. Bereits Zugänglichmachen von Passwörtern etc. strafbar, sofern illegaler Zweck beabsichtigt. Rechtshilfe: Daten können vor Abschluss RH- Verfahren an ersuchende Behörde übermittelt werden. 24-Stunden-Stelle für Unterstützung (z.b. Datensicherung) 11 / 21 Internetkriminalität: Ebene Bund (1) Bundesanwaltschaft: Art. 27 Abs. 2 StPO Bundeskriminalpolizei: (BKP) KOBIK (10 MA) vorab Kinderpornographie Anlaufstelle Verdachtsmeldungen verdachtsloses Monitoring MELANIE (7,5 MA) Melde- u. Analysestelle, Prävention Gefahrenwarnungen 12 / 21

7 Internetkriminalität: Ebene Bund (2) Bundeskriminalpolizei: Kommissariat Pädophilie / Pornographie Koordination und Unterstützung, auch der Kantone Kommissariat IT-Ermittlungen Primär für BA, sekundär Unterstützung der Kantone Ressourcen: 2017: 59 zusätzliche Stellen zur Cyber- Abwehr (Bundesverwaltung, Armee) 13 / 21 Ebene Kanton Zürich (1) 2009: (Vor)projekt Internetkriminalität Analysen: Lückenhaft, unkoordiniert, von Zufälligkeiten abhängig, viel zu wenig gut ausgebildete Mitarbeiter 700 Fälle pro Jahr (ohne Softwarepiraterie) Die zwischen 2003 und 2008 auszuwertende Datenmenge stieg um das 20-fache (Achtung: Cybercrime) 14 / 21

8 Ebene Kanton Zürich (2) 2012: ab 2013: Planung 2015: Rechtsgrundlage für verdachtsunabhängige verdeckte Ermittlung im Internet (Polizeigesetz) Kompetenzzentrum Cyberkriminalität (1. Umsetzungsphase) Staatsanwaltschaft (1,5) - Kantonspolizei (4-6) - Stadtpolizei Zürich (2) Technische Unterstützung / Datenauswertung getrennt: KAPO / STAPO, externe Firma 4 Staatsanwälte 20 Polizeibeamte 12 Informatikspezialisten 15 / 21 Aktuelle Fälle (1) März 2011: Kleinkindererzieher und Kindergottesdienstleiter im Zürcher Oberland beutet mehrere Mädchen sexuell aus. Hielt Taten auf Foto- und Videokamera fest. Lud zudem Kinderporno aus Internet herunter. Ausgangspunkt: KOBIK - Hand-on-Täter! 16 / 21

9 Aktuelle Fälle (2) Ab November 2011: Verbreitung von Schadsoftware (malware) über das Internet: Virus, der auf infizierten Computern Popup- Meldung des EJPD oder Cybercrime Investigation Department oder Suisa erscheinen lässt, welche meldet, dass auf Computer illegale Software (Suisa: Raubkopien) gefunden worden sei. Bei Nichtbezahlen einer Busse werde Computer gesperrt; Schadsoftware mit Lösegeldforderung ( Ransomware ): Bis 25% der Opfer zahlen Lösegeld. 17 / 21 Aktuelle Fälle (3) Sommer 2012: Phishing: Falsche Mitarbeiter von Microsoft geben sich telefonisch als Supportpersonen aus und wollen Opfern bei Behebung von Computerfehlern helfen. Dazu benötigen sie IP-Adressen und weitere Infos zwecks Zugang zum Computer, auch z.b. zu Kreditkartendaten zwecks Plünderung (auch über s etc.). Analog in realer Welt: Enkeltrickbetrüger. 18 / 21

10 Aktuelle Fälle (4) August 2012: DDOS-Attacke auf Wikileaks: Hacker-Angriff durch Überhäufung mit Anfragen (10 Gigabites pro Sekunde), sodass Server unter Last der Zugriffe zusammenbricht. Oktober 2012: DDOS-Attacke auf Regierung und Zentralbank Schwedens als Antwort darauf, dass die Behörden gegen illegale Tauschbörsen vorgehen. 19 / 21 Zielsetzungen Kanton ZH ab 2013 Zeit: Ressourcen: Koordination: Prävention: Temposteigerung von Polizei / Justiz in Umsetzung und Entwicklung - Manpower - Investitionen in technische Unterstützung Bund - Ausland - Wirtschaft Intensivieren (Koordination Bund/Kanton) Zentralisierung: Weiter prüfen, anstreben 20 / 21

11 Vision 20XX Nationale Cybercrime-Strategie: Bekämpfung Abwehr Prävention unter operativer Leitung Bund und unter Einbezug / Mitwirkung Kantone, Wirtschaft sowie Providern und unter Einbezug ausländischer Staaten / Organisationen (Österreich bereits 2012) 21 / 21