Vermögenssteuer: Bewertung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke

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1 Praxisfestlegung Steuerverwaltung Graubünden StG 57; GRUNDSÄTZLICHES Für die Veranlagung der Vermögenssteuer ist bei Grundstücken grundsätzlich der Verkehrswert unter angemessener Berücksichtigung des Ertrages und der Ertragsfähigkeit massgebend (StG 56 I). Auf längere Dauer land- oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke werden hingegen zum tieferen Ertragswert besteuert (StG 57 I). Dies gilt gemäss StG 57 III nicht, wenn solche Grundstücke zum Zwecke der Spekulation oder Kapitalanlage erworben wurden oder offensichtlich diesen Zwecken dienen; sie unterliegen der Regelbewertung gemäss StG 56 I (Verkehrswert unter angemessener Berücksichtigung des Ertrages und der Ertragsfähigkeit). StG 57 III bildet mithin die Ausnahme zur Ausnahme. Mit der Bestimmung von StG 57 I wollte der Gesetzgeber insbesondere jene Baugrundstücke steuerlich begünstigen, bei denen hinreichend Gewähr dafür besteht, dass sie auch in Zukunft landwirtschaftlich genutzt werden, so dass ihre Baulandqualität in absehbarer Zeit nicht zum Tragen kommt (PVG 1980 Nr. 63). Die Begriffe der Kapitalanlage und der Spekulation werden in Gesetz und Verordnung nicht näher umschrieben; es sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu würdigen, um eine entsprechende Qualifikation vornehmen zu können (VGE 258/96, publ. in ZGRG 2/97, S. 57 f.). Spekulationsabsicht als Beweggrund zu einem Landerwerb liegt vor allem dann vor, "wenn der Käufer beabsichtigt, das Objekt bei sich bietender Gelegenheit, möglichst bald, mit Gewinn wieder zu veräussern" (PVG 1985 Nr. 61). Eine Kapitalanlage liegt dagegen dann vor, wenn ein Grundstück zu Baulandpreisen gekauft und unverändert landwirtschaftlich genutzt wird. Beim Kauf von Bauland mit der anschliessenden Erstellung von Mietwohnungen und der Vermietung derselben fehlt es am Kriterium der landwirtschaftlichen Nutzung, weshalb eine Bewertung zum Ertragswert a priori entfällt. In der Folge wird näher auf den Beweggrund für einen Grundstückskauf eingegangen. 2. BEWEGGRUND FÜR GRUNDSTÜCKSKAUF Als Indizien für den Erwerbszweck können u.a. der Kaufpreis, die rege Bautätigkeit in der Gemeinde, die berufliche Tätigkeit des Erwerbers und die kurze Eigentumsdauer herangezogen werden (VGU A 01 43). Steht fest, dass mit dem Kauf des betreffenden Grundstückes Kapitalanlage oder Spekulation beabsichtigt war, richtet sich die Besteuerung des Grundstückes während der ganzen Eigentumsdauer nach StG 56 I, auch wenn sich die ursprüngliche Absicht nicht He ( Gh) doc P

2 verwirklichen liess (VGE 258/96, publ. in ZGRG 2/97, S. 57 f.) bzw. das zur Kapitalanlage erworbene Grundstück längere Zeit der Landwirtschaft gedient hat (VGE 770/97). vgl. auch die graphische Darstellung im Anhang. 2.1 Kaufpreis / Übernahmepreis des Grundstückes Ein übersetzter Kaufpreis kann im Einzelfall auf Erwerb zu Spekulationszwecken oder Kapitalanlage schliessen lassen (VGU A 01 43; VGU A 99 27). Dies ist bspw. dann der Fall, wenn für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke in der Bauzone Preise bezahlt werden, die deutlich über den Ansätzen liegen, die ansonsten für landwirtschaftliches Land bezahlt werden. Das VGer entschied bei Quadratmeterpreisen von Fr für im Jahre 1981 erworbenes Land auf Kapitalanlage bzw. auf Spekulation und Besteuerung nach StG 57 III i.v.m. StG 56 I (vgl. VGE 258/96, publ. in ZGRG 2/97, S. 57 f.; VGE 465/90). In VGU A hielt das Verwaltungsgericht fest, dass bei Schätzungswerten von Fr. 50. /m 2 die gekaufte Liegenschaft "offensichtlich der Kapitalanlage dient". Da im streitigen Fall mehrere Grundstücke, darunter solche in und solche ausserhalb der Bauzone, zu einem Einheitspreis erworben wurden, musste für den Quadratmeterpreis der fraglichen Parzelle auf die entsprechende Schätzung abgestellt werden. Für die Beurteilung, ob ein Erwerbspreis für landwirtschaftlich genutzten Boden als übersetzt zu qualifizieren ist, können die Bestimmungen von Art des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB, in Kraft seit ) sowie die entsprechende Lehre und Rechtsprechung herangezogen werden. Als übersetzt gilt ein Erwerbspreis, wenn er die Preise für vergleichbare landwirtschaftliche Grundstücke im Mittel der letzten 5 Jahre um 5% übersteigt (BGBB 66). Als Folge des neuen bäuerlichen Bodenrechts (in Kraft getreten am 1. Januar 1994) werden die Erwerbspreise heute vom Grundbuchinspektorat Graubünden im Rahmen des Erwerbsbewilligungsverfahrens im Sinne von BGBB 61 ff. für bewilligungspflichtige Grundstücke (über 2'500 m 2 ) noch bei maximal Fr. 10. bis Fr. 12. pro m 2 angesetzt. Der maximal zulässige Erwerbspreis für Rebland wird vom Grundbuchinspektorat Graubünden für bewilligungspflichtige Grundstücke (über 1'500 m 2 ) bei Fr. 80. / m 2 angesetzt. Für Grundstücke, welche durch Erbgang oder Tausch erworben wurden, ist entscheidend, ob der Erwerber die übrigen Erben mit Ausgleichszahlungen abgelten oder bei Tausch einen Aufpreis leisten musste (analoge Kriterien wie bei der Realisierung von stillen Reserven bei der Geschäftsübernahme aus einer Erbschaft). Beide Geschäfte lassen sich mit einem Kauf vergleichen, weshalb der Anrechnungswert bezüglich der Höhe gleich zu beurteilen ist, wie der eigentliche Kaufpreis. Eine Kapitalanlage ist zudem anzunehmen, wenn Boden in der LA-Zone gegen Bauland eingetauscht wird doc 2

3 2.2 Erwerb für den Eigenbedarf Der Erwerb für den Eigenbedarf, bspw. zum Bau eines Eigenheimes, gilt als Kapitalanlage (VGU A 01 43; VGU A 99 27; VGE 258/96, publ. in ZGRG 2/97, S. 57 f.), welcher in der Regel längerfristige Überlegungen zugrunde liegen. 2.3 Berufliche Tätigkeit des Erwerbers Die berufliche Tätigkeit des Erwerbers (bspw. als Architekt, Bauhandwerker, Immobilienhändler oder Generalunternehmer) kann den Schluss zulassen, dass ein Grundstückserwerb zu Spekulationszwecken erfolgt ist. 3. DAS AKTUELLE DIENEN Zum Verkehrswert unter angemessener Berücksichtigung des Ertrages und der Ertragsfähigkeit werden nicht nur Grundstücke besteuert, die zum Zwecke der Spekulation oder der Kapitalanlage erworben wurden, sondern ausdrücklich auch jene, die offensichtlich der Kapitalanlage oder der Spekulation dienen (StG 57 III). Der Unterschied zwischen diesen beiden Tatbestandsvarianten liegt darin, dass der Erwerbsgrund im fraglichen Zeitpunkt beurteilt wird und in der Folge keine Änderung erfährt. Das jeweilige Dienen kann sich dagegen im Laufe der Zeit ändern. Deshalb ist es durchaus möglich, dass vom Erwerbsgrund her die Besteuerung zum Ertragswert erfolgen müsste, das Grundstück aber trotzdem zum Verkehrswert unter angemessener Berücksichtigung des Ertragswerts zu bewerten ist, weil es neu der Spekulation oder Kapitalanlage dient. Bei der Prüfung der Anwendbarkeit von StG 57 III ist also wie folgt vorzugehen: In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob der Erwerbsgrund in der Spekulation oder Kapitalanlage lag. Ist dies zu verneinen, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob das Grundstück im Beurteilungszeitpunkt der Spekulation oder der Kapitalanlage dient. Lag der in der Vergangenheit liegende Erwerbsgrund in der Kapitalanlage, ist die Besteuerung zum Ertragswert gestützt auf StG 57 III selbst dann ausgeschlossen, wenn sich die ursprünglich beabsichtigte Nutzung später nicht verwirklichen liess. Entscheidend ist vielmehr, dass als Erwerbsgrund eine Kapitalanlage beabsichtigt war, was die Besteuerung zum Ertragswert während der ganzen Eigentumsdauer ausschliesst (VGE 258/96). Einzig für den Fall, dass das betreffende Grundstück weder zum Zwecke der Spekulation bzw. Kapitalanlage erworben wurde noch im Beurteilungszeitpunkt diesen Zwecken dient, erfolgt die Besteuerung nach StG 57 I allein zum Ertragswert. Das reine Halten eines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes trotz vorhandenen Verkaufsmöglichkeiten zu Baulandpreisen genügt für sich alleine nicht, um die Voraussetzung der Spekulation oder der Kapitalanlage zu bejahen. Vorausgesetzt wird vielmehr ein qualifiziertes Mitwirken des Eigentümers. Dies ist bspw. Trotz abweichender Meinung des Verwaltungsgerichts im Urteil dann der Fall, wenn der Eigentümer sich für eine Einzonung stark macht, einen Teil der Parzelle verkauft, einen Quartierplan veranlasst oder sich daran aktiv beteiligt, doc 3

4 das Grundstück belehnt, sich die freie Verfügbarkeit über das verpachtete Land ausdrücklich vorbehält (VGE 490/90). sich gegen eine Auszonung wehrt. Mit dem Einreichen eines Rechtsmittels gegen eine Aus- oder Umzonung dient das betreffende Grundstück nicht mehr der Landwirtschaft, sondern offensichtlich der Kapitalanlage (vgl. StG 57 III). Würde die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund stehen, hätte sich der Grundeigentümer gegen eine Aus- oder Umzonung nicht zur Wehr setzen müssen. Die vom Verwaltungsgericht Graubünden in VGU A vertretene abweichende Auffassung überzeugt nicht. 4. SPEZIALFÄLLE 4.1 Gärtnereien Kulturland von Gärtnereien gilt nur dann als landwirtschaftlich genutzt und ist damit dem bäuerlichen Bodenrecht unterstellt, wenn es sich um freies Kulturland (Freilandkulturen, z.b. Erdebeeren, Gemüse) des produzierenden Gartenbaues handelt (vgl. BGBB 6 I und 7 II). In diesen Fällen rechtfertigt sich eine Besteuerung nach StG 57 I. Ansonsten wird Kulturland von Betrieben des Gartenbaues, von Handelsgärtnereien und Dienstleistungsbetrieben (Treibhäuser) i.d.r. als nichtlandwirtschaftlich betrachtet. In diesen Fällen gilt die Bewertung nach StG 56 I. In Zweifelsfällen kann das Grundbuchinspektorat Graubünden über die landwirtschaftliche oder nichtlandwirtschaftliche Qualifikation Auskunft erteilen. 4.2 Rebland Rebland wird grundsätzlich zum Ertragswert bewertet. Dieser beträgt je nach Lage Fr. 6. bis Fr. 8. pro m 2. Rebland, das zur Arrondierung von Wohnliegenschaften zu Baulandpreisen erworben wird, ist allerdings zum Verkehrswert und nicht zum Ertragswert zu besteuern. 5. BEMESSUNGSGRUNDLAGE FALLS SPEKULATION ODER KAPITALANLAGE Landwirtschaftlich genutzte Grundstücke in der Bauzone werden zum Verkehrswert unter angemessener Berücksichtigung des Ertrages und der Ertragsfähigkeit bewertet, wenn sie zum Zwecke der Spekulation oder der Kapitalanlage erworben wurden (StG 57 III i.v.m. StG 56 I). Der Verkehrswert bestimmt nach Massgabe der Überbauwahrscheinlichkeit mehr oder weniger stark den Steuerwert (VGE 570/86). Aus diesem Grunde wird in der Praxis bei der Steuerwertfestsetzung zwischen Grundstücken, die zum Zwecke der Spekulation (hohe Überbauwahrscheinlichkeit) und solchen, die zum Zwecke der Kapitalanlage erworben wurden bzw. solchen Zwecken dienen, unterschieden doc 4

5 5.1 Zum Zwecke der Kapitalanlage Dient das Grundstück der Kapitalanlage, ohne dass eine Überbauung unmittelbar bevorsteht, beträgt der Steuerwert 2/3 des Verkehrswertes (v.a. langjähriger Besitz, Grundstücke ohne Überbauungsabsicht aus Erbschaft übernommen). Wurde das Grundstück dagegen zum Zwecke der Kapitalanlage erworben und steht eine Überbauung unmittelbar bevor, erfolgt die Bewertung zum Verkehrswert. 5.2 Zum Zwecke der Spekulation Grundstücke, welche zum Zwecke der Spekulation erworben wurden oder solchen Zwecken dienen, werden zum Verkehrswert besteuert doc 5

6 Erwerbsgrund als Kriterium für die Bewertung von unüberbauten Grundstücken, insbesondere von landwirtschaftlich genutztem Bauland StG 56 und 57 Kriterien Unüberbaute Grundstücke Nutzung Landwirtschaftliche Nutzung übrige Nutzung Zone LA-Zone Bauzone Erwerbsart Erbgang Tausch Kauf Erbgang/Tausch Kauf ohne Aufgeld des Erwerbers mit Aufgeld des Erwerbers Preis m 2 unter über unter über Steuerwert Landwirtschaftlicher Ertragswert StG 57 I VW / EW StG 56 I zum Zwecke der Spekulation oder unmittelbaren Überbauung LA-EW StG 57 I VW / EW StG 56 I zum Zwecke der Kapitalanlage ohne Überbauungsabsicht 1/1 Verkehrswert 2/3 Verkehrswert *) Dieser Wert entspricht den 1992/1993 im Churer Rheintal maximal erzielten Quadratmeterpreisen für landwirtschaftlich genutztes Wies- und Ackerland. (Stand Landesindex Lebenskosten 1966 = 100: 303 Punkte). Für Handänderungen aus früheren Jahren und für Grundstücke in anderen Regionen ist dieser Wert angemessen zu reduzieren. Bei Handänderungen ab 1994 liegt dieser Preis bei ca. Fr (vgl. Art. 66 des bäuerlichen Bodenrechts / BGBB). Für Rebland liegt der maximal erzielte und nach BGBB 66 tolerierte Quadratmeterpreis bei ca. Fr Preise darüber gelten nach BGBB als übersetzt und sprechen deshalb für eine Bewertung nach StG 56 I doc 6