Jahresbericht der Schuldnerberatungsstellen. in Bielefeld. Schuldnerberatung der Stadt Bielefeld

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1 Schuldnerberatung der Stadt Bielefeld Schuldnerhilfe Bielefeld e. V. Kath. Verein für soziale Dienste e. V. -- Jahresbericht 2008 der Schuldnerberatungsstellen in Bielefeld

2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2 2. Das Wichtigste in Kürze 3 3. Fallzahlen Neufälle Altersstruktur Art der Beschäftigung Transferleistungen Gesamtverschuldung Verschuldungsursache Überschuldungsursache 8 4. Abgeschlossene Fälle Schuldnerberatung Insolvenzberatung Anhang 11 1

3 1. Einleitung Laut des SchuldnerAtlasses des Vereins Creditreform für hat die Überschuldung von Privatpersonen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr leicht abgenommen. In Zahlen ausgedrückt sind dennoch weiterhin knapp 6,9 Millionen Menschen über 18 Jahren überschuldet. Auch der bereits im sechsten Jahr veröffentlichte Schuldenkompass 2008 der SCHUFA 2 belegt diese Entwicklung. Beide Unternehmen erklären den Rückgang der Schuldnerquote damit, dass viele ehemalige SchuldnerInnen durch die Wiederaufnahme von Beschäftigungsverhältnissen im Rahmen des Konjunkturaufschwunges zwischen 2006 und 2008 in der Lage waren, ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen und Schuldenverhältnisse abzubauen. In ihrer Studie geht die Creditreform jedoch lediglich von einer erfreulichen Momentaufnahme aus und vermutet bereits für die nahe Zukunft eine erhebliche Verschlechterung der Überschuldungszahlen. Ausgelöst durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise wird sich die Arbeitslosenzahl zwangsläufig wieder erhöhen und in 2009 eine neue Überschuldungswelle auf Rekordniveau auslösen. 3 Für OWL lässt sich der beschriebene Bundestrend 2008 leider nicht bestätigen, was sich allein durch den Anstieg der Verbraucherinsolvenzen in OWL um 27,2 % im Vergleich zu 2007 anführen lässt. Mit 531 neuen Verbraucherinsolvenzverfahren in 2008 verzeichnet Bielefeld einen Zuwachs um 17 % gegenüber dem Vorjahr. Dabei bezeichnend ist, dass, für das gesamte Bundesgebiet, im gleichen Zeitraum ein Rückgang um 6 % festzustellen war. Auf der zentral geführten Warteliste der Bielefelder Schuldnerberatungsstellen befanden sich am noch 321 Personen. Die Wartezeit für den Beginn einer Schuldenregulierung nach InsO beläuft sich dabei auf ca. 12 Monate. Im Vergleich zu anderen Kommunen in OWL sind Bielefelder BürgerInnen mit einer Quote von 5% aller Erwachsenen am häufigsten überschuldet, gefolgt vom Kreis Herford mit 4,6%, bis hin zum Kreis Gütersloh mit 3,6%. 4 Die Gesamtzahl der überschuldeten Privatpersonen ist in Bielefeld von 2007 zu 2008 somit um 2,7 % auf insgesamt ca Personen angestiegen. 4 Mit einer Quote von 11,85 % in 2008 weisen Bielefelder Bürgerinnen und Bürger laut dem SchuldnerAtlas erneut deutlich mehr Verschuldungsmerkmale wie Zahlungsstörungen, Kreditausfälle, Eidesstattliche Versicherungen und Insolvenzen aus als der Bundesdurchschnitt von 10,11%. 5 Laut des Privatverschuldungsindexes der SCHUFA belegt Bielefeld wie auch in 2007 mit Platz 355 von insgesamt 429 Kreisen und Städten der Republik weiterhin einen der hinteren Plätze im Ranking. Für 2009, gleichzeitig dem 10. Jahr nach Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens, prognostiziert die SCHUFA für Bielefeld sogar eine Verschlechterung auf Platz 360. Die genannten Entwicklungen haben für die Schuldnerberatungsstellen in Bielefeld zur Folge, dass es auch zukünftig eine konstant hohe Nachfrage an professioneller Beratung geben wird. Unser nachfolgender Bericht dokumentiert die Beratungstätigkeit der fünf Bielefelder Schuldnerberatungsstellen für das Jahr 2008 anhand einzeln erhobener Eckdaten. 1 aus Presseinformation SchuldnerAtlas Creditreform Wirtschaftsforschung Neuss 2 Empirische Indikatoren der privaten Ver- und Überschuldung in Deutschland; Herausgeber: SCHUFA Holding AG Wiesbaden 3 aus 4 aus Neue Westfälische; Ausgabe Nr. 41 vom aus Neue Westfälische Ausgabe Nr. 259 vom

4 2. DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE: Im Jahr 2008 wurden insgesamt Personen beraten (2007: 3.323). Neufälle: Gesamtzahl: 2008 stieg die Zahl der aktenkundigen Neufälle auf 483 (2007: 446). Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund lag 2008 bei 43%. Aktueller Familienstand: 39% der Neufälle waren ledig bzw. alleinstehend. Verheiratete Personen und getrennt lebende/geschiedene SchuldnerInnen waren jeweils zu 27% vertreten. Kinder/Jugendliche lebten in 43% der Neufälle im Haushalt der SchuldnerInnen. Alter: Die meisten SchuldnerInnen waren zwischen 31 und 40 Jahre alt (133=28%). Die Neufälle verteilten sich in den Altersbereichen 18 bis 30, 31 bis 40 und 41 bis 50 jedoch nahezu gleichmäßig. Wie im Jahr 2007 waren auch in 2008 die meisten Ratsuchenden zwischen 18 und 40 Jahre alt (18 bis 40 Jahre=261 Neufälle; 41 bis über 60 Jahre=218 Neufälle). Arbeitslosigkeit: Der Anteil der KlientInnen ohne Beschäftigung lag 2008 bei 43% (2007: 46%), gefolgt von 28% sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (2007: 33%). Transferleistungsempfänger: Der Hauptanteil wurde mit 49% (2007: 45%) bei den SGB II-Empfängern verzeichnet. Innerhalb von zwei Jahren wurde ein Anstieg um 8% verzeichnet. Insgesamt lag die Leistungsbeziehendenquote nach dem SGB II, III und XII bei 56%. Schuldenhöhe: Die Gesamtschuldensumme lag mit um ca unter der des Vorjahres. Durchschnittlich war ein KlientIn demnach mit verschuldet. Gläubigeranzahl: Im Jahr 2008 wurden insgesamt Gläubiger gezählt. Im Durchschnitt verfügte ein KlientIn über 7,16 Gläubiger. Ver- und Überschuldungsursachen: Konsum war auch 2008 mit fast 55% (2007: 64%) die Verschuldungsursache Nr.1. Bei 11% der Neufälle wurden Schulden durch eine Selbständigkeit, bei etwa 5,4% mit Wohneigentum und bei knapp 5% mit einer Suchterkrankung begründet. Als Überschuldungsursache stand an erster Stelle erneut die Arbeitslosigkeit mit einem Anteil von 32% (2007: 27%). Es folgten unwirtschaftliches Verhalten (22%; 2007: 24%), Trennung (11%; 2007: 12%) und bei jedem zehnten Ratsuchenden (2007: 8%) war eine gescheiterte Selbständigkeit als Ursache der Überschuldung zu nennen. Abgeschlossene Fälle : Im Zeitraum 2008 konnten 362 Fälle abgeschlossen werden. Entschuldung: Bei 14% (2007: 17%) der abgeschlossenen Fälle konnte eine Entschuldung durchgeführt werden. Eine Entschuldungsperspektive konnte bei 69% (2007: 63%) der beendeten Fälle entwickelt werden. Allgemein: Insolvenz: 212 Fälle konnten 2008 abgeschlossen werden. Es wurden 170 Bescheinigungen über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuches (2007: 139) ausgestellt. Ein außergerichtlicher Einigungsversuch gelang im Durchschnitt bei jedem zehnten abgeschlossenen Inso-Fall (2008:24; 2007:22; 2006:13). Die Abbruch-Quote lag bei 8,5%. Bei zehn Vorträgen zum Verbraucherinsoverfahren wurden 657 TeilnehmerInnen gezählt. An vier Vorträgen bei der IHK zum Regelinsolvenzverfahren nahmen 39 Personen teil. Prävention: Durch Präventionsveranstaltungen, u.a. in 22 Schulklassen, konnten in Bielefeld 500 Jugendliche/junge Erwachsene/Erwachsene erreicht werden. 3

5 3. Fallzahlen Seit 1997 erstellen die Bielefelder Schuldnerberatungsstellen der verschiedenen Träger eine gemeinsame Statistik. Die ausführliche statistische Auswertung bezieht sich auf: Neufälle abgeschlossene Fälle Die Schuldnerberatungsstellen waren 2008 mit insgesamt 7,69 Stellen für Beratende besetzt. Auf die Stadt Bielefeld entfielen 1,06 Stellen, auf den SKM Kath. Verein für Soziale Dienste 1,5 Stellen, auf die Schuldnerhilfe e. V. 2,13 Stellen, auf den Ev. Gemeindedienst 2,5 Stellen und auf die Diakonie 0,5 Stellenanteile. Insgesamt lagen folgende Gesamtberatungszahlen vor: Fallzahlen Schuldnerhilfe SKM Ev. Gem. Stadt Diakonie Gesamt Stellenanteile 2,13 1,5 2,5 1,06 0,5 7,69 Aktenkundige Fälle SB davon Neufälle aus Aktenkundige Fälle InsO davon InsO-Neufälle aus telefonische Kurzberatung einmalige persönliche Beratung Kollegenberatung Summen Fallzahlenvergleich Ausschlaggebend für die höheren Gesamtfallzahlen gegenüber dem Jahr 2007 ist, dass die Stellenanteile von 7,49 auf 7,69 im Jahr 2007 aufgestockt wurden. Gesamtfallzahlen 2004 bis Jahr2004 Jahr2005 Jahr2006 Jahr2007 Jahr2008 4

6 3.1 Neufälle In den Schuldnerberatungsstellen wurden 2008 insgesamt 483 neue aktenkundige Fälle registriert Neufälle Schuldnerh. SKM EGD Stadt Diakonie 3.2 Altersstruktur Der größte Anteil der Ratsuchenden ist jetzt zwischen 31 und 40 Jahre alt. Es ist erkennbar, dass ab dem Altersbereich Jahren der Anteil der Ratsuchenden deutlich abnimmt. Altersstruktur unter über 60 5

7 3.3 Art der Beschäftigung Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil der erwerbslosen Ratsuchenden um 5 % gesunken und der der Rentner um 2 % leicht gestiegen. 209 Art der Beschäftigung/Einkommens % 43% 28% 3% 0% 3% 3% 11% 2% 2% keine Beschäftigung sozialvers.pflichtig beschäftigt nicht sozialvers.pflichtig beschäftigt Selbständige Beamte Auszubildende Schüler/Student Rentner Empfänger von Unterhalsleistungen sonstige Einkünfte 3.4 Transferleistungen Die SGB II EmpfängerInnen verzeichneten mit 48,70 % den Hauptanteil der Ratsuchenden. Gemeinsam mit den sonstigen TransferleistungsempfängerInnen stellten sie ca. 56,30 % aller Ratsuchenden dar. Transferleistungsbezug 43,70% 48,70% ,00% 3,70% 0,90% kein Bezug SGB II SGB III SGB XII SGB VII 6

8 3.5 Gesamtverschuldung: Die Gesamtverschuldung aller Neufälle ist auf ,00 gesunken. Durchschnittlich war jede ratsuchende Person demnach mit 20859,00 verschuldet. Der Schwerpunkt lag hier im Bereich von 5 bis 25 T Schuldenhöhe. Vergleich - Gesamtschuldenhöhe Durchschnittliche Gläubigeranzahl pro KlientIn: 7 Gläubiger 3.6 Verschuldungsursache: Konsum als Verschuldungsursache ist gegenüber dem Vorjahr um 9 % gesunken und trotzdem im Jahr 2008 weiterhin die Nr. 1. Selbständigkeit als Grund der Verschuldung ist um 1 % gestiegen und beträgt jetzt 11 %. Hausbau ist um 2 % gestiegen, während Sucht mit 5 % konstant geblieben ist. Verschuldungsursache 55% 21% 11% 5% 5% 2% Konsum Sucht Selbständigkeit Hausbau Straffälligkeit Sonstiges 7

9 3.7 Überschuldungsursache: Die Hauptüberschuldungsursache war auch im Jahr 2008 Arbeitslosigkeit mit einer Steigerung von 5 % auf 32 %, Unwirtschaftliches Verhalten (22 %), Trennung (11 %), Selbständigkeit (10 %) und Krankheit (7 %) folgten. Überschuldungsursache 32% 22% 7% 11% 5% 2% 3% 3% 10% 4% sonstiges Selbständigkeit unw. Verhalten Straffäligkeit Haus Kinder Sucht Trennung Krankheit Arbeitslosigkeit 8

10 4. Abgeschlossene Fälle 4.1 Schuldnerberatung Im Zeitraum 2008 konnten 362 Fälle abgeschlossen werden. Das sind 105 Fälle weniger als 2007 und 41 weniger als Entschuldung: Bei 14% (2007: 17%) der abgeschlossenen Fälle konnte eine Entschuldung durchgeführt werden. Eine Entschuldungsperspektive konnte bei 69% (2007: 63%) der beendeten Fälle entwickelt werden. Abgeschlossene Fälle Schuldnerberatung Entschuldung konnte durchgeführt werden Entschuldungsperspektive entwickelt Sonstige (verzogen, abgebrochen, verstorben) Die Zahlen unterliegen einerseits natürlichen Schwankungen und andererseits sich wandelnden Rahmenbedingungen der Schuldnerberatung. Den veränderten Bedingungen müssen wir begegnen, indem wir uns teilweise länger und intensiver sogenannten "Multiproblem-Fällen" widmen. Der erhebliche zeitliche Mehraufwand spiegelt sich u.a. in den rückläufigen abgeschlossenen Fallzahlen im Jahresvergleich wieder. 9

11 4. 2 Insolvenzberatung Erfolgreich abgeschlossen durch Verbraucherinsolvenzverfahren Schuldnerhilfe SKM EGD Stadt Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Verfahrens ausgestellt Erfolgreicher außergerichtlicher Einigungsversuch abgebrochen Der Anteil der ausgestellten Bescheinigungen gem. 305 InsO, die für eine Insolvenzantragstellung erforderlich sind, ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im Jahr 2008 stellten die Beratungsstellen insgesamt 170 Bescheinigungen über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuches aus und ermöglichten dadurch die Beantragung der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht. Abgeschlossene Fälle InsO-Verfahren Bescheinigung über das Scheitern des AEV ausgestellt Gelungener außergerichtlicher Einigungsversuch Abgebrochen Der Bedarf an der Begleitung im außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren als Voraussetzung für die Beantragung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens ist weiterhin wesentlich höher als die zur Verfügung stehenden Kapazitäten. Im Dezember 2008 befanden sich 321 Personen auf der Warteliste. Die Wartezeit betrug ca. 12 Monate. 10

12 Impressum: DiakonieVerband Brackwede Kirchweg Bielefeld Tel. 0521/ Ev. Gemeindedienst Schildescher Str Bielefeld Tel. 0521/ / / Schuldnerhilfe Bielefeld e.v. Marktstr Bielefeld Tel. 0521/64336 Stadt Bielefeld Amt für soziale Leistungen-Sozialamt Schuldnerberatung Niederwall Bielefeld Tel SKM-Bielefeld e. V. Turnerstr Bielefeld Tel. 0521/ Bielefeld, im April