Steuerung der Windenergienutzung im Gemeindegebiet Bestwig

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Steuerung der Windenergienutzung im Gemeindegebiet Bestwig"

Transkript

1 Steuerung der Windenergienutzung im Gemeindegebiet Bestwig Wo steht Bestwig? Rechtliche Anforderungen mögliche Planungsschritte Potenzialflächen Regionalplanung Bürgerinformation Dipl.-Ing. Michael Ahn Stadtplaner AKNW / DASL WoltersPartner Architekten & Stadtplaner GmbH Coesfeld michael.ahn@wolterspartner.de

2 Windnutzung in Bestwig heute 2 Konzentrationszonen mit 43 ha in Berlar und Wasserfall seit 2005 Höhenbeschränkt auf 139 bzw. 124 m (keine Anlage über 140 m) Faktisch ausgenutzt (5 Anlagen Berlar, 3 Anlagen Wasserfall) In Wasserfall stehen die Anlagen seit 2003, in Berlar wurden die ersten 2007 genehmigt. Ist das substanziell? Wahrscheinlich schon aufgrund der Höhenbeschränkung und der Tatsache, dass auch andere Planungsträger in Bestwig größere Potenziale sehen, nicht.

3 Konzentrationszonen für Windenergienutzung in Möhnesee Planungsrechtliche Hintergründe Der FNP der Gemeinde Bestwig ist gültig und hinsichtlich der Windstandorte für Jedermann verbindlich. Ein Planungszwang besteht zur Zeit (noch) nicht. Gemeinde Möhnesee

4 Planungsrechtliche Hintergründe Warum beschäftigt sich die Gemeinde erneut mit Windenergie Es gibt konkrete Anträge für der Errichtung weiter Windkraftanlagen. Diese müssen derzeit außerhalb der beiden Konzentrationszonen abgelehnt werden. Es gibt politische Ziele in Sachen Klimaschutz CO2-Reduzierung, Klimawandel und Energiewende raus aus dem Atom Die Obergerichte haben sehr hohe Anforderungen an die Steuerung der Windkraftnutzung durch die Gemeinden gestellt substanziell Raum schaffen Die Landesplanung schafft derzeit Vorgaben, die nach dem Anpassungsgebot in 1 Abs. 4 Baugesetzbuch von den Gemeinden ohnehin zu übernehmen sind. Es baut sich ein Planungszwang auf, dem sich die Gemeinde Bestwig früher oder später stellen muss. Geplant werden muss, soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. ( 1 Abs. 3 Baugesetzbuch)

5 Planungsrechtliche Hintergründe

6 Planungsrechtliche Hintergründe In NRW wurden die Energieziele noch verstärkt und durch ein Klimaschutzgesetz verbindlich gemacht. 3 Klimaschutzziele (1) Die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen in Nordrhein-Westfalen soll bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent und bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990 verringert werden. (2) Zur Verringerung der Treibhausgasemissionen kommen der Steigerung des Ressourcenschutzes, der Ressourcen- und Energieeffizienz, der Energieeinsparung und dem Ausbau Erneuerbarer Energien besondere Bedeutung zu.

7 Planungsrechtliche Hintergründe Rechtslage Die Nutzung der Windenergie im Außenbereich ist seit 1996/97 (Novelle BauGB, damals Umweltministerin: Angela Merkel, Minister für Raumordnung: Klaus Töpfer) privilegiert. Damit wurde durch Bundesrecht (Baugesetzbuch) ein Eigentumsanspruch geschaffen, der nach Artikel 14 Grundgesetz geschützt ist. Mit dem gemäß 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eingeräumte Planungsvorbehalt kann die Kommune diese allgemeine Privilegierung außer Kraft setzen. Dies ist gleichbedeutend mit einem Bauverbot auf den Flächen, die von Windkraftnutzung frei gehalten werden sollen. Die massive Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des privaten Eigentums setzt eine schlüssige und abgewogene Planung für das gesamte Stadtgebiet voraus. Die Rechtsprechung verlangt von den Kommunen für jede Fläche, die aus der Privilegierung ausgenommen wird, eine schlüssige Begründung. Der Verdacht von Willkür oder eine fehlende Abwägung führen zur Unwirksamkeit der Gesamtplanung. Die Abwägung ist detailliert zu dokumentieren und transparent zu gestalten. Sie unterliegt festen Regeln durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

8 und da wäre dann noch die Regionalplanung, die mit eigenen Zielen in das Thema Windenergie eingestiegen ist und die Gemeinden mehr oder weniger in Zugzwang setzt.

9 Die Landesregierung erwartet, dass sich die Regionen und Kommunen bei Setzung eines Mindestziels nicht mit der Erfüllung des Minimums begnügen, sondern vielfach darüber hinaus gehendes Engagement zeigen und damit eine Flächenkulisse von insgesamt ca. 2% für die Windenergienutzung eröffnet wird. Die Träger der Regionalplanung legen hierzu Vorranggebiete für die Windenergienutzung mindestens in folgendem Umfang zeichnerisch fest: - Planungsgebiet Arnsberg ha, - Planungsgebiet Detmold ha, - Planungsgebiet Düsseldorf ha, Auszug LEP-Entwurf Planungsgebiet Köln ha, - Planungsgebiet Münster ha, - Planungsgebiet des Regionalverbands Ruhr ha.

10

11

12 Vorgehensweise für eine möglichst rechtsichere Anwendung des Planungsvorbehalts Definition einer Referenzanlage (kleinerer, marktgängiger Anlagentyp) 150 m Gesamthöhe 100 m Rotordurchmesser Emissionsspektrum - ertragsoptimiert 106,5 db(a) - schallreduziert 103,5 db(a) - stark schallreduziert 100,5 db(a) Foto: Christian Steiness, ict-aeolus.eu

13 Lesehilfe: 3 WKA im ertragsoptimierten Modus benötigen im Mittel 500 m Abstand um Mischgebietswerte einzuhalten Erfahrungswerte LANUV in Abhängigkeit von Emissionssspektrum und Anzahl der Anlagen (hier bezogen auf einen Immissionsrichtwert von 45 db(a) = Nachtwert für MI- Gebiete) Quelle: Detlef Piorr; Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen und Immissionschutz; Stand

14 Lesehilfe: 3 WKA im ertragsoptimierten Modus benötigen im Mittel 800 m Abstand um WA-Werte (allgemeines Wohngebiet) einzuhalten. Im schallreduzierten Modus reichen 600 m. Erfahrungswerte LANUV in Abhängigkeit von Emissionssspektrum und Anzahl der Anlagen (hier bezogen auf einen Immissionsrichtwert von 40 db(a) = Nachtwert für WA- Gebiete) Quelle: Detlef Piorr; Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen und Immissionschutz; Stand

15 Arbeitsschritte Die zwingenden Schritte Durch eine Vielzahl von Entscheidungen der Rechtsprechung ist der Abwägungsprozess bei der Ausweisung von Konzentrationszonen streng strukturiert worden. Die Anwendung der vom BVerwG aufgezeigten Arbeitsschritte ist seit dem Urteil vom (Az. 4 CN 1.11) zwingend. Im ersten Schritt sind harte Tabukriterien zu bestimmen. Die entsprechenden Flächen sind auszusondern. Bedauerlicherweise gibt es hier Spielräume. Im zweiten Schritt ist die Kommune scheinbar frei in der Bestimmung weicher Kriterien, bei denen es sich in der Regel um Vorsorgekriterien handelt. Die Freiheit der Abwägung endet jedoch an der Frage, ob der Windenergienutzung substanziell Raum gelassen werden kann. Im dritten Schritt sind die ermittelten Potenzialflächen individuell auf konkurrierende Belange zu prüfen, die bei der Betrachtung pauschaler Kriterien nicht berücksichtigt werden konnten. Dies betrifft insbesondere den Artenschutz Im vierten Schritt wird geprüft, ob substanziell Raum bleibt. Wenn das strittig ist, sind die Schritte 2 und 3 mit anderer Gewichtung zu wiederholen.

16 Konzentrationszonen für Windenergienutzung in Möhnesee Planungsrechtliche Hintergründe Eine Abwägung des Rates der Gemeinde Bestwig zu den harten und weichen Tabukriterien steht noch aus. Gemeinde Möhnesee

17

18

19

20 Nur harte Tabus Hier hat die Gemeinde keinen Einfluss. Über alle restlichen Flächen entscheidet der Rat der Gemeinde mit der Festlegung weicher Tabukriterien. Die Entscheidung hat eine Grenze: Windenergie muss sich gegenüber konkurrierenden Belangen durchsetzen können. Werden die Schrauben zu eng gezogen, droht die Planung bei einer gerichtlichen Überprüfung zu scheitern.

21 Tabukriterien Besonderheiten der Zonen Es muss eine tatsächliche Konzentration hergestellt werden; derzeit geht man von mindestens 3 Anlagen aus. Die dazu erforderlich Mindestgröße liegt bei 10 (unrealistisch) bis 25 ha. Gemäß Urteil des BVerwG aus dem Jahr 2004 müssen die Zonen so beschaffen sein, dass eine Windkraftanlage vollständig, also mit Rotor in der Zone liegt. Schmale Flächen und spitze Ecken müssen daher herausgerechnet werden.

22 Mindestgröße Mindestgröße Ausgehend von der Annahme (rechtlich noch nicht entschieden), das drei Anlagen eine Konzentration bilden, ergibt sich bei zurückhaltenden Annahmen zur Anlagengröße (150 m Höhe, 100 m Rotordurchmesser) und zu den Turbulenzabständen ein differenziertes Windfeld (vgl. nächste Folie).

23 Mindestgröße

24 Artenschutz (EU-Recht

25 Konzentrationszonen für Windenergienutzung in Möhnesee Planungsrechtliche Hintergründe Die Grundlage eines schlüssigen Gesamtkonzeptes darf nicht verlassen werden. Es gibt keine Möglichkeit, Sonder- bzw. Vorabregelungen für einzelne Flächen zu planen. Der Eingriff in das Eigentum setzt eine Gleichbehandlung voraus. Gemeinde Möhnesee

26 Danke für die Aufmerksamkeit Die finanzielle Förderung und ihre Höhe sollen für Strom aus erneuerbaren Energien und aus Grubengas bis spätestens 2017 durch Ausschreibungen ermittelt werden ( 2 Abs. 5 EEG 2014). Foto: Michael Ahn / Ort: Energiepark Saerbeck