Natura 2000 im Privatwald. Umsetzungsmöglichkeiten durch die EU-Naturschutzfinanzierung

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1 Natura 2000 im Privatwald Umsetzungsmöglichkeiten durch die EU-Naturschutzfinanzierung

2 Impressum 2014, NABU-Bundesverband 1. Auflage 07/2014 Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.v. Charitéstraße Berlin Tel. (0) Fax (0) NABU@NABU.de Text Steffen Entenmann, Dr. Harald Schaich, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen Redaktion Konstantin Kreiser, Till-David Schade, Stefan Adler, Bernd Pieper, Melanie Konrad Gestaltung Christine Kuchem, Swisttal Bezug Die Broschüre steht zum Download auf Bildnachweis Titelseite: Sabine Aßmann, Innenteil: Steffen Entenmann, Rückseite: Till-David Schade Zitiervorschlag Entenmann S., Schaich H. (2014): Natura 2000 im Privatwald. Umsetzungsmöglichkeiten durch die EU-Naturschutzfinanzierung, Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.v., Berlin. Diese Veröffentlichung wurde im Rahmen des Projektes EU-Naturschutzfinanzierung gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Die in der Studie geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen des Fördergebers übereinstimmen. GEMEINSAM FÜR DIE NATUR Machen Sie mit! Werden Sie NABU-Mitglied, spenden Sie für unsere Naturschutzprojekte.

3 3 Vorwort Einleitung Natura 2000 im Privatwald a. Wald-Lebensraumtypen und Managementmaßnahmen b. Natura 2000 im deutschen Privatwald c. Umsetzung von Natura 2000 in Deutschland Auswahl und rechtliche Sicherung der FFH-Gebiete in Deutschland Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen in Managementplänen Finanzierung von Natura a. Integrierte EU-Kofinanzierung b. Die neue EU-Förderperiode ( ) Integrierte Wald-Naturschutzförderung über ELER Projektförderung durch LIFE Neuerungen und strategische Instrumente für die EU-(Naturschutz-)Förderung Erfahrungen aus der EU-Förderperiode a. Ansatzpunkte und Grundvoraussetzungen in den verschiedenen Bundesländern Vertragsnaturschutz und investive Maßnahmen Finanzierung größerer Projekte durch LIFE b. Bisherige Erfahrungen mit der EU-Finanzierung Erfahrungen mit Ausgleichszahlungen Erfahrungen mit Vertragsnaturschutz-Ansätzen c. Erfahrungen ausgewählter Waldbesitzer mit der Natura-2000-Finanzierung Attraktivität der EU-Förderung für die Privatwaldbesitzer Interesse der Interviewpartner an Naturschutz im Wald Einblick der Waldbesitzer in die Umsetzung von Natura Zusammenfassung der wichtigsten Erfahrungen Empfehlungen für die künftige EU-Naturschutzfinanzierung im Privatwald a. Rahmenbedingungen in der Förderperiode und Konsequenzen für Finanzierungsinstrumente Allgemeine Ausrichtung der ELER-VO und Umsetzung in Deutschland Integrierte LIFE-Projekte b. Praxisrelevante Empfehlungen für die künftige Umsetzung und Erfolgsfaktoren c. ELER-Förderung einzelner Wald-LRT Zusammenfassung Resümee der vergangenen Förderperiode Empfehlungen an Politik und Verwaltung Ausblick Quellen und weitere Informationen Quellen Weiterführende Informationen NABU vor Ort... 54

4 4 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Waldlebensraumtypen, deren Gefährdung und Schutzmaßnahmen, Verbreitung und Zustand nach biogeographischer Region Tabelle 2: Kategorisierung von Natura-2000-Managementmaßnahmen Tabelle 3: Die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) und deren Mittelausstattung in der Förderperiode Tabelle 4: Darstellungen der Natura-2000-relevanten thematischen Ziele der Partnerschaftsvereinbarung (PV) Deutschlands mit der Europäischen Kommission Tabelle 5: Umsetzung von Förderinstrumenten mit Relevanz für Natura 2000 in den Bundesländern in der EU-Förderperiode Tabelle 6: Überblick über die ELER-Programmierung in Deutschland, Förderperiode Tabelle 7: Zusammenfassung wichtiger Inhalte der Interviews und Typisierung der interviewten Privatwaldbesitzer Tabelle 8: Ausgewählte Artikel der ELER-VO 1305/2013, Fördertatbestände und Vergleich mit der vorherigen ELER-VO Tabelle 9: Ausgewählte ELER Artikel nach den Entwürfen der Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum Tabelle 10: Natura-2000-Managementmaßnahmen und prioritäre Maßnahmen in den Bundesländern für ausgewählte Wald-LRT Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Vorkommen der wesentlichen Gruppen von Waldlebensraumtypen in Deutschland Abbildung 2: Flächenanteile der Waldbesitzarten allgemein und des Privatwalds in FFH-Gebieten Abbildung 3: Mehrebenen-System der EU-Förderung am Beispiel des ELER Textbox Box 1: Natura Grundlagen und Umsetzung in der EU und Deutschland... 9

5 5 Abkürzungsverzeichnis Art. EFRE EK ELER ELER-VO EMFF ESF ESI-Fonds EU FFH GSR LRT N-RR PAF PV OPs VSG Artikel Europäischer Fonds für regionale Entwicklung Europäische Kommission Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums ELER-Verordnung Europäischer Meeres- und Fischereifonds Europäischer Sozialfonds Europäische Struktur- und Investitionsfonds, einschließlich des EFRE, des ESF, des Kohäsionsfonds, sowie des ELER und des EMFF Europäische Union Flora-Fauna-Habitat Gemeinsamer Strategischer Rahmen Natura-2000-Lebensraumtyp Nationale Rahmenregelung Prioritärer Aktionsrahmen (Prioritized Action Frameworks) Partnerschafts-Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten und der EK Operationelle Programme, die aufgrund der PV auf Ebene der EU-Regionen entwickelt werden Vogelschutzgebiet

6 6 Vorwort Mit Natura 2000 haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union seit 1992 das größte Schutzgebietsnetzwerk der Welt geschaffen. Auf knapp einem Fünftel der EU-Landfläche können Bewahrung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und gesunder Ökosysteme nun besonders vorangetrieben werden gemeinsam mit Nutzern und Eigentümern der Flächen und mit finanzieller Unterstützung der EU. Beim Schutz und Management der Gebiete hapert es jedoch noch beträchtlich. Auch deshalb ist die Lage der Natur, trotz einzelner Erfolge auch in Deutschland, nach wie vor dramatisch. Nach den jüngsten Daten der Bundesregierung haben rund 60 Prozent aller durch das EU-Recht geschützten Tier- und Pflanzenarten große Probleme. Von den Lebensräumen sind sogar 70 Prozent in einem schlechten oder unzureichenden Zustand, darunter auch viele Waldlebensraumtypen. Bundes- und Landesregierungen sind nach EU-Recht jedoch dazu verpflichtet, die wichtigsten Lebensräume und ihre Arten in einen günstigen Erhaltungszustand zu bringen. Knapp ein Viertel der deutschen Waldflächen liegen in Natura-2000-Gebieten, davon sind wiederum 28 Prozent in privatem Besitz. Damit haben viele Privatwaldbesitzer eine besondere Rolle im Naturschutz, stehen aber auch vor der Herausforderung, ihre ökonomischen Ziele mit den ökologischen Anforderungen zu vereinbaren. Dafür stehen ihnen eine Vielzahl von Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung, besonders durch die Gelder der EU-Agrarpolitik, die durch die Bundesländer verteilt werden. Die vorliegende Studie soll sowohl Privatwaldbesitzern als auch den Vertretern von Behörden und Verbänden Potenziale zur Finanzierung von Naturschutz im Wald aufzeigen, die sich aus der neuen EU-Förderperiode ergeben. Gleichzeitig werden die Erfahrungen der vergangenen Förderperiode analysiert und Empfehlungen für die Zukunft abgeleitet. Ich hoffe, dass wir mit dieser Studie, die Teil eines größeren NABU-Projektes zur EU-Naturschutzfinanzierung ist, einen Beitrag dazu leisten können, dass deutsche Waldbesitzer, die sich für den Schutz der Natur einsetzen, künftig mehr und gezieltere Unterstützung von EU und Bundesländern erhalten werden. Olaf Tschimpke NABU-Präsident

7 7 1. Einleitung Vor dem Hintergrund der neuen EU-Förderperiode und der Umsetzung der neuen europäischen und nationalen Rahmenregelungen in den Bundesländern werden in der vorliegende Studie die Erfahrungen mit Förderinstrumenten zur Umsetzung von Natura 2000 im Privatwald aus der vergangenen Förderperiode analysiert. Darauf aufbauend werden Herausforderungen für die Ausgestaltungen solcher Förderinstrumente zur Umsetzung von Natura 2000 im Privatwald aufgezeigt sowie allgemeine Empfehlungen und praxisorientierte Lösungsstrategien für die Förderperiode erarbeitet. Wegen der naturschutzfachlichen und flächenmäßigen Relevanz des Privatwaldes und der bisher geringen Inanspruchnahme der EU-Fördermittel durch Privatwaldbesitzer konzentriert sich die Studie auf den Privatwald. Wald bedeckt ungefähr ein Drittel der Staatsfläche Deutschlands und ist nach den landwirtschaftlichen Flächen die zweithäufigste Form der Landbedeckung. Aufgrund seiner spezifischen biologischen Vielfalt, seiner zahlreichen ökosystemaren Leistungen (Erosionsschutz, Klimaschutz, Trinkwasser etc.) und seines kulturellen Wertes werden Schutz und Erhalt des Waldes als wichtige gesellschaftliche Aufgaben angesehen (BMU 2007). Deutschlandweit befinden sich rund 44 % der Waldfläche in Privatbesitz (BMEL 2004). Im Privatwald insgesamt, aber vor allem im Klein- (<200 ha) und Kleinstprivatwald (<20 ha), sind die Zielsetzungen der Eigentümer oft sehr heterogen (Bieling & Schraml 2005). Entsprechend unterschiedlich sind Intensität und Form der Bewirtschaftung. Diese Vielfalt der Zielsetzungen, Bewirtschaftungspraktiken und Betriebsgrößen im Privatwald kann zu einer größeren Struktur- und Artenvielfalt der Waldlandschaft beitragen. So wiesen in einer Vergleichsstudie von Buchenmisch- und Schluchtwäldern auf der Schwäbischen Alb Waldbestände im Kleinprivatwald eine höhere Struktur- und Habitatvielfalt auf als Bestände auf gleichen Standorten im Staats- oder Kommunalwald (Schaich & Plieninger 2013). Entsprechend ist der Erhalt der Heterogenität bzw. die stärkere Berücksichtigung naturschutzfachlicher Aspekte in der Privat-Forstwirtschaft auch Teil der Handlungsempfehlungen, um die Ziele der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt zu erreichen (BMU 2007). Mit seinem Flächenanteil ist der Privatwald aber auch für die Einhaltung internationaler Umweltschutz-Verpflichtungen Deutschlands wichtig. So ist der Erhalt von Ökosystemen, Arten und genetischer Vielfalt durch die Einrichtung von Schutzgebietsnetzwerken ein strategisches Ziel für 2020 im Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD 2010, v. a. Aichi-Ziel 10). Das zentrale Instrument zum Erhalt der Biodiversität in Europa ist entsprechend der EU-Biodiversitätsstrategie (EK 2011) die vollständige Umsetzung des Natura-2000-Schutzgebietsnetzwerks (siehe Box 1). Von den insgesamt knapp 11 Millionen Hektar (ha) Wald in Deutschland liegen rund 24 % in Natura-2000-Gebieten (Polley 2009), die über die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie, EK 1992) und die Vogelschutzrichtlinie (VSR, EK 2009) der Europäischen Union ausgewiesen wurden. Rund 19 % des Waldes entfallen dabei auf FFH-Gebiete (Sippel 2007; Rosenkranz et al. 2012). Privatwaldbesitzer sind in vielerlei Hinsicht wichtig für den Erhalt und die Förderung von Wald-Lebensraumtypen (LRT, siehe Tabelle 1) und geschützten Arten im Rahmen der FFH-Richtlinie und für die erfolgreiche Umsetzung von Natura 2000 (NABU 2010). Ein guter Erhaltungszustand eines FFH-Gebiets im Wald stellt sich aufgrund der Bewirtschaftungsgeschichte oder der aktuellen Bestandsstruktur selten von alleine ein oder steht im Widerspruch zu ökonomischen Zielstellungen und aktuellen Nutzungsansprüchen der Waldbesitzer. So spiegelt die einschlägige Literatur zwar häufig die Meinung wider, dass eine forstliche Nutzung

8 8 von Natura-2000-Flächen prinzipiell keinen Nutzungseinschränkungen unterliegt (Müller-Kroehling 2013b) und weiterhin gemäß guter fachlicher Praxis betrieben werden kann (Lehrke et al. 2012). Jedoch dürfen forstwirtschaftliche Maßnahmen nicht zur Verschlechterung des Erhaltungszustands von Wald-LRT führen ( Verschlechterungsverbot gemäß EK 1992, Art. 6 (2)) oder es müssen Maßnahmen zur Aufwertung getroffen werden, sofern sich ein LRT in einem schlechten Erhaltungszustand befindet (Box 1, Tabelle 1). Im Gegensatz zu Offenland-LRT, wo extensive Bewirtschaftungsmaßnahmen notwendig sind, um den ökologischen Zustand zu erhalten, ist in den meisten Wald-LRT mit einem günstigen Erhaltungszustand ein Nutzungsverzicht oft die beste Erhaltungsmaßnahme (Ssymank et al. 1998; Lehrke et al. 2012). In Abhängigkeit des zu schützenden Wald-LRT bzw. der Arten können die Förderung von Totholz und Habitatbäumen, die naturnahe Gestaltung bestehender Waldaußen- und Waldinnenränder, die Reduktion des Anteils lebensraumtypfremder Gehölze oder die Wiederherstellung bzw. Weiterführung traditioneller, die Artenvielfalt fördernder Waldbewirtschaftungsformen (wie etwa die Nieder- oder Mittelwaldwirtschaft oder die Waldweide) sowohl als Erhaltungs- als auch Entwicklungsmaßnahmen dienen. Für die Waldbesitzer entstehen bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen direkte Kosten oder indirekte Kosten in Form entgangener Gewinne (Opportunitätskosten). Um die FFH-Richtlinie im Wald umzusetzen und die Anreize für Naturschutzmaßnahmen im Wald zu erhöhen, sollten Waldbesitzer eine entsprechende finanzielle Kompensation bzw. Honorierung für Nutzungsverzicht bzw. die Umsetzung von aktiven Waldnaturschutzmaßnahmen erhalten (Schaich 2013). Dabei spielt die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen im Wald im Rahmen der Programme und Förderinstrumente der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (EU-GAP) eine wichtige Rolle. Allerdings wurde in Deutschland in der vergangenen EU-Förderperiode nur ein Bruchteil der von der EU zur Verfügung stehenden Mittel für die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen beziehungsweise für den Ausgleich von Einkommensverlusten in Natura-2000-Gebieten im Wald in Anspruch genommen. Somit sind den Privatwaldbesitzern finanzielle Mittel entgangen, die ihnen von der EU für den Waldnaturschutz zur Verfügung gestellt wurden. Im Gegensatz dazu werden die EU-Mittel zur Förderung von Agrarumweltmaßnahmen und zur Kompensation von Einkommensverlusten in Natura-2000-Gebieten in der Landwirtschaft nahezu komplett abgerufen und sind für viele landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland ein wichtiger Einkommensbaustein. Aus Naturschutzsicht ist dies eine verpasste Chance zur ökologischen Aufwertung von Wirtschaftswäldern und zur Sicherung der biologischen Vielfalt im Wald (DVL 2008). Die vorliegende Studie wurde im Rahmen des vom BfN geförderten Verbändeprojektes Förderung des Naturschutzes durch die EU in der Förderperiode mit besonderem Schwerpunkt auf ELER erstellt und vom NABU als Projektnehmer beauftragt. Entsprechend des Bearbeitungszeitraums der vorliegenden Studie (März April 2014) wurden, neben allgemeiner Literatur zum Thema, vor allem Verordnungstexte und Evaluationsberichte zu Finanzierungsinstrumenten der letzten Förderperiode als Grundlage der Analyse einbezogen. Änderungen der Fördermodalitäten der EU-Naturschutzfinanzierung im Wald für die kommende Förderperiode konnten nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden, da die Umsetzung der Ländlichen Entwicklungsprogramme der Bundesländer innerhalb des Bearbeitungszeitraums noch nicht abgeschlossen war. Um die Erfahrungen der betroffenen Klientel zu Finanzierungsinstrumenten und Natura 2000 aus erster Hand berücksichtigen zu können, wurden zusätzlich Gespräche mit Privatwaldbesitzern verschiedener Eigentumsgrößen geführt.

9 9 Natura 2000 steht für das Schutzgebietsnetzwerk der Europäischen Union (EU) zur Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (EK 1992) (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) und der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (EK 2009, ursprüngliche Fassung 79/409 von 1979) (Vogelschutzrichtlinie). Natura 2000 wird seit 1992 in den Mitgliedstaaten der EU schrittweise umgesetzt. Die Richtlinien bilden das legislative Fundament des Naturschutzes in der EU und setzen die völkerrechtlich bindende Berner Konvention zur Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume um. Das Hauptziel der FFH-Richtlinie ist der Erhalt und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und wildlebender Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse (Art. 2). Entsprechend sind in den Anhängen der FFH-Richtlinie Lebensräumtypen (LRT) sowie Arten aufgeführt, für deren Erhaltung Schutzgebiete ausgewiesen werden sollen. Die VSR zielt auf die Erhaltung der in der EU heimischen wildlebenden Vogelarten sowie den Schutz von ca. 200 besonders gefährdeten Arten ab (Art. 1). Box 1: Natura Grundlagen und Umsetzung in der EU und Deutschland Natura-2000-Gebiete bedecken ca. 17,5 % der terrestrischen Fläche der EU- Mitgliedsstaaten (EUSTAFOR 2013) und umfassen ca FFH- und Vogelschutzgebiete, wobei sich die Flächen häufig räumlich überschneiden. Die rund Natura-2000-Gebiete in Deutschland (BfN 2014b) decken eine Gesamtfläche von ca. 7,1 Millionen ha ab, davon 4,8 Millionen ha terrestrische Flächen. Auf EU-Ebene sind ca. 50 % aller Natura-2000-Gebiete Waldflächen (EK 2003). In Deutschland gibt es 91 LRT, zu denen 17 Wald-LRT gehören (Tabelle 1). Rund 16 % der Waldfläche in Deutschland sind LRT nach Anhang I der FFH-Richtlinie, ca. 7,5 % der Gesamtwaldfläche befinden sich innerhalb von FFH-Gebieten (Lehrke et al. 2012). So sind flächenmäßig ca. 29 % aller LRT in FFH-Gebieten den Wald-LRT zuzuordnen. Zwar wurden auf EU-Ebene Leitfäden für die Umsetzung der Richtlinien erlassen (EK 2003), die Verantwortung dafür liegt jedoch bei den Mitgliedstaaten. Diese müssen geeignete Maßnahmen zum Erhalt und zur Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustandes der LRT und geschützter Arten in den Natura-2000-Gebieten ergreifen (Art. 6, FFH-Richtlinie) wurden in Deutschland die FFH-Richtlinie und die VSR im Bundesnaturschutzgesetz ( 31-38, BNatSchG 2009) verankert. An Land sind vornehmlich die Bundesländer für die Umsetzung der geforderten Maßnahmen zuständig (Ellwanger et al. 2006). Die Bundesländer wählen unterschiedliche Ansätze zur Sicherstellung der Schutzgebiete und deren Schutzziele, z. B. durch Managementpläne (Rosenkranz et al. 2012). Die Bundesländer sind auch für die Durchführung des Monitorings der Arten und LRT verantwortlich, auf dessen Grundlage die nationale Berichterstattung über die Umsetzung der Richtlinien erfolgt (Art. 17). Aktuelle Erhaltungszustände der Arten und LRT sind auf der Webseite des Bundesamtes für Naturschutz abrufbar (BfN 2014a).

10 10 2. Natura 2000 im Privatwald a. Wald-Lebensraumtypen und Managementmaßnahmen In Deutschland nehmen 17 verschiedene Wald-Lebensraumtypen (LRT) eine Fläche von rund 1,75 Millionen ha ein (Sippel 2007), wovon sich etwa ha in FFH-Gebieten befinden (Lehrke et al. 2012) (Tabelle 1, Box 1). Die übrigen Waldflächen in den FFH-Gebieten sind keine LRT, sondern wurden zum Schutz von Tier- und Pflanzenarten der Anhänge zur FFH-Richtlinie und anderen LRT wie Fließgewässer, Quellen, Felsen, Magerrasen oder Heiden ausgewiesen, dienen als Pufferflächen oder zur Arrondierung und Erhöhung der Konnektivität der FFH-Gebietskulisse. Sippel (2007) unterteilt die Wald-LRT in Buchenwälder, Eichenwälder, Auwälder, Schluchtwälder, Moorwälder und Nadelwälder. Den größten Anteil der Wald-LRT nehmen mit ca. 80 % die Buchenwälder (LRT 9110 und 9130) ein (Abbildung 1). Die weltweite Verbreitung der Rotbuchenwälder ist auf ein relativ kleines Areal in Mitteleuropa beschränkt, was deren Schutz auch aus internationaler Perspektive rechtfertigt. Der Anteil der Buchenwald-LRT, der sich in FFH-Gebieten befindet (Meldeanteil), ist mit ca. 40 % bei LRT 9110 und 9130 geringer als bei anderen Wald-LRT wie Eichen-, Au-, Schlucht- oder Moorwäldern. Diese nehmen insgesamt eine kleinere Gesamtfläche ein. Der Erhaltungszustand von Buchenwald ist auf einem Großteil der Flächen als günstig einzustufen (Tabelle 1). Im Gegensatz dazu ist der Erhaltungszustand von Eichenwald-LRT auf den meisten Flächen unzureichend. Schlechte Erhaltungszustände haben vor allem LRT mit geringem Gesamtvorkommen (z. B. Hart- und Weichholz-Auenwälder, Moorwälder, Tabelle 1). In den Buchen-LRT ist eine naturnahe forstwirtschaftliche Nutzung grundsätzlich möglich, ohne die Erreichung der FFH-Schutzziele zu gefährden. Jedoch ist eine zu intensive Forstwirtschaft, bei der Naturschutzaspekte gegenüber ökonomischen Zielstellungen nur eine marginale Rolle spielen, in vielen Beständen der zentrale Grund dafür, dass günstige Erhaltungszustände in den Gebieten nicht erreicht werden oder sich verschlechtern (Ssymank et al. 1998). So kann eine zu hohe Frequenz oder Eingriffsstärke bei der Holzernte auf einer großen Fläche die Habitatvielfalt einschränken, etwa wenn eine zu geringe Menge von Alt- und Totholz in den Beständen verbleibt. Mögliche forstwirtschaftliche Einschränkungen in FFH-Gebieten beziehen sich unter anderem auf die Baumartenwahl (Beschränkungen von bestimmten Mischbaumarten wie Nadelbäumen) und den Ausschluss von Bewirtschaftungsverfahren, die die Bestandsstruktur erheblich verändern (z. B. Kahlschlags-Verfahren oder auch Räumungshiebe nach Schirmschlagverfahren bei der Holzernte). Zudem bestehen Mindestanforderungen bezüglich der Menge und Qualität von Totholz sowie der Habitat-Eignung der Wälder und dem Vorhandensein von Fortpflanzungs- und Ruhestätten für Anhang II- und IV-Arten (Lehrke et al. 2012). Buchenwald-LRT sind oft keine kulturbedingten Biotoptypen (ibid.), so dass ein Nutzungsverzicht in einem FFH-Gebiet mit günstigem Erhaltungszustand generell zu deren Erhalt beiträgt.

11 11 Name (Natura Code) Hainsimsen- Buchenwald (9110) Saurer Buchenwald (Unterholz aus Stechpalme / Eibe) (9120) Waldmeister- Buchenwald (9130) Mitteleuropäischer subalpiner Buchenwald mit Ahorn und Rumex (9140) Orchideen-Kalk- Buchenwald (9150) Sternmieren- Eichen-Hainbuchenwald (9160) Labkraut- Eichen-Hainbuchenwald (9170) Schlucht- und Hangmischwälder (9180)* Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen (9190) Moorwälder (91D0)* Erlen-, Eschen u. Weichholzauenwälder an Fließgewässern (91E0) Eichen-Ulmen- Eschen-Auenwälder (91F0) Pannonische Wälder mit Quercus petraea und Carpinus betulus (91G0)* Gefährdung mit Bezug zu einer forstwirtschaftlichen Nutzung atlantisch Nadelholzaufforstungen, hohe Wildbestände, zu intensive forstliche Nutzung, Fragmentierung Nadelholzaufforstungen, zu intensive forstliche Nutzung Nadelholzaufforstungen, Wildbestände, forstliche Nutzung, Zerschneidung Nadelholzaufforstungen, Rodungen Intensive Forstwirtschaft Schutzmaßnahmen mit Bezug zu einer forstwirtschaftlichen Nutzung Nutzung / Pflege nicht erforderlich. Naturnahe Forstwirtschaft ist grundsätzlich möglich. Teilflächen sollten zum Erhalt tot- und altholzreicher Zerfallsphasen ungenutzt bleiben. Ein Teil der Bestände ist durch historische Nutzungsformen entstanden und bedarf einer Pflege, ggf. auch einer Wiederaufnahme der Waldweide. Nutzung oder Pflege nicht erforderlich. Naturnahe Forstwirtschaft möglich. Ein Teil sollte wegen der totholzreichen Zerfallsphasen ungenutzt bleiben. Nutzung / Pflege nicht erforderlich. Forstliche Nutzung wegen Steillagen oft nicht wirtschaftlich und sollte daher ganz unterbleiben. - Nutzung / Pflege nicht erforderlich. Forstliche Nutzung kaum möglich/sollte unterbleiben. Int. Forstwirtschaft, Förderung einzelner Arten, Nadelholzaufforstung, Sukzession Förderung einzelner Arten, Wegebau, Nadelholzaufforstung Intensive Forstwirtschaft, Förderung einzelner Arten, Nadelholzaufforstung Aufforstung und Abtorfung Aufforstung mit Fremdbaumarten (v. a. Hybridpappeln) Aufforstung mit Fremdbaumarten Intensive Nutzung, Kiefer-Aufforstungen, Förderung einzelner Arten Nutzung oder Pflege bei primären Beständen nicht erforderlich. Sekundäre Bestände bedürfen gezielter Pflege bzw. forstlichem Management. Nutzung oder Pflege bei primären Beständen nicht erforderlich. Sekundäre Bestände bedürfen gezielter Pflege bzw. forstlichem Management. Nutzung / Pflege nicht erforderlich. Forstliche Nutzung wegen Steillagen oft nicht wirtschaftlich und sollte daher ganz unterbleiben. Nutzung oder Pflege bei primären Beständen nicht erforderlich. Sekundäre Bestände bedürfen gezielter Pflege bzw. forstlichem Management. Nutzung / Pflege nicht erforderlich (außer Pufferbereiche). Forstliche Nutzung kaum möglich bzw. sollte unterbleiben. In intakten Auen mit natürlicher Überflutungsdynamik ist keine Pflege erforderlich. Eine forstliche Nutzung der wenigen Restbestände sollte möglichst unterbleiben. Die Einstellung der forstlichen Nutzung ist in Teilen erforderlich. Natürliches Verbreitungsgebiet; Gesamtvorkommen; Meldefläche (ha) atlantisch k. D. ~ 458 k. D. k. D. ~ kontinental ~ alpin ~ 800 Zustand / Trend der LRT U1 = U1 = k. D. ~ ~ ~ k. D. ~ k. D. ~ ~ ~ ~ ~ ~ k. D. ~ k. D. ~ ~ ~ ~ ~ ~ k. D. ~ ~ ~ ~ 300 U1 = kontinental FV = alpin FV = FV = --- U1 = U1 = --- U U2 = ~ U2 = ~ ~ FV = U1 - U FV = U2 = U2 = --- U2 = U2 - U2 = U2 = U2 = FV + FV = FV = FV = --- FV = FV = U1 --- Tabelle 1: Waldlebensraumtypen, deren Gefährdung und Schutzmaßnahmen, Verbreitung und Zustand nach biogeographischer Region Informationen über Gefährdung und Schutzmaßnahmen basieren auf Ssymank et al. (1998) und LfU (2002). Daten über Verbreitungsgebiete, geschätzte aktuelle Größen der Wald-LRT, geschätzte Flächen der LRT in gemeldeten FFH-Gebieten (Meldefläche, maximaler Schätzwert), sowie die Erhaltungszustände basieren auf BfN (2014a). FV : günstiger Erhaltungszustand; U1 : ungünstiger/unzureichender Erhaltungszustand; U2 : schlechter Erhaltungszustand. = : stabiler Gesamttrend; - : sich verschlechternder Gesamttrend. --- : kein Vorkommen. k. D. : keine Daten verfügbar. Gefährdungen und Beeinträchtigungen in Bezug zu einer intensiven forstlichen Nutzung schließen unter anderem die Wiederaufforstung mit nicht autochthonen Gehölzen, Ein- /Kahlschlag, Düngung sowie die Beseitigung von Tot- und Altholz mit ein. Mit * gekennzeichnet sind prioritäre Wald-LRT, für die besonders strenge Schutzvorschriften nach Art. 6 der FFH- Richtlinie gelten.

12 12 Name (Natura Code) Gefährdung mit Bezug zu einer forstwirtschaftlichen Nutzung Schutzmaßnahmen mit Bezug zu einer forstwirtschaftlichen Nutzung Natürliches Verbreitungsgebiet; Gesamtvorkommen; Meldefläche (ha) atlantisch kontinental alpin Zustand / Trend der LRT atlantisch kontinental alpin Tabelle 1 (Fortsetzung) Mitteleuropäische Flechten- Kiefernwälder (91T0) Kiefernwälder der sarmatischen Steppe (91U0) Bodensaure Nadelwälder (9410) Alpiner Lärchen- Arvenwald (9420) Nutzung der Rentierflechten, Tritt, zu intensive forstliche Nutzung Zu intensive forstliche Nutzung Intensive Nutzung, Einbringung fremder Arten, z. B. Douglasie Intensive Forstwirtschaft, hohe Wildbestände Naturnahe Forstwirtschaft möglich, jedoch oft unrentabel. Wälder sollten wegen tot- / altholzreichen Zerfallsphasen teilweise ungenutzt bleiben. Nutzung / Pflege bei primären Beständen nicht erforderlich. Sekundäre Bestände entwickeln sich zu Buchen- oder Eichenwäldern und benötigen Pflegemaßnahmen. Nutzung / Pflege nicht erforderlich. Teilflächen sollten zum Erhalt tot- und altholzreicher Zerfallsphasen ungenutzt bleiben. Nutzung / Pflege nicht erforderlich. Teilflächen sollten zum Erhalt tot- und altholzreicher Zerfallsphasen ungenutzt bleiben ~ ~ ~ k. D. ~ U2 - U U ~ ~ U1 = FV = FV = Im Gegensatz zu den meisten Wald-LRT resultiert der Schutzwert von Eichen-Hainbuchen-Wäldern oft aus historischen Bewirtschaftungspraktiken wie der Hute-Wirtschaft (Waldweide) oder der Stockausschlags-Wirtschaft (Tabelle 1). Diese Bestände befinden sich oft auf potenziellen Buchenwaldstandorten, weswegen sich in der Naturverjüngung meist die Buche gegenüber der lichtliebenden Eiche durchsetzt. Somit kann die zukünftige Sicherung der Eichen-LRT nicht durch eine Nutzungsaufgabe gewährleistet werden. Hier müssen geeignete Erhaltungsmaßnahmen, wie die gezielte Förderung von Eichenjungwuchs durch das Zurückdrängen von Konkurrenzbaumarten oder die Wiedereinführung traditioneller Waldbewirtschaftungsformen, umgesetzt werden (Müller-Kroehling 2013a). Rund 15 % der Gesamtfläche aller Wald-LRT in FFH-Gebieten sind solchen bewirtschaftungsabhängigen LRT zuzuordnen (Lehrke et al. 2012). Ein günstiger Erhaltungszustand von Wald-LRT erfordert immer Investitionen in bestimmte Managementmaßnahmen oder die Unterlassung von herkömmlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen. Abbildung 1: Vorkommen der wesentlichen Gruppen von Waldlebensraumtypen in Deutschland nach Sippel (2007). Die Gesamtfläche der Wald-LRT beträgt ca ha. Für die Darstellung wurden die 17 LRT zusammengefasst. Da das Gesamtvorkommen nicht für alle Flächen verfügbar ist, beruht die Darstellung teilweise auf Schätzungen. Siehe Tabelle 1 für Erläuterungen der einzelnen LRT und aktualisierte Zahlen des Gesamtvorkommens der einzelnen LRT, soweit verfügbar, nach BfN (2014a).

13 13 b. Natura 2000 im deutschen Privatwald Bundesweit liegen rund 46 % der bewaldeten Natura-2000-Gebiete im Staatswald und ca. 18 % im Körperschaftswald (Rosenkranz et al. 2012). Der Privatwaldanteil in FFH-Gebieten liegt bei durchschnittlich knapp 30 %, auch wenn es regionale bzw. lokale Unterschiede zwischen den verschiedenen Bundesländern gibt (Abbildung 2). Dieser Flächenanteil unterstreicht die Notwendigkeit, Privatwaldbesitzer in die Umsetzung von Natura 2000 einzubinden. Es können nur zu den FFH-Gebieten Aussagen zu den Eigentumsverhältnissen gemacht werden, da für die Vogelschutzgebiete keine gesicherten Zahlen vorliegen. Der Privatwald-Anteil in FFH-Gebieten ist vor allem in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Niedersachsen relativ hoch, während er in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und insbesondere im Saarland geringer ausfällt (Abbildung 2). Angaben darüber, auf welche Eigentumsarten sich die einzelnen Wald-LRT verteilen, sind derzeit nicht verfügbar, da in den meisten Bundesländern Wald-LRT nicht flächenscharf ausgewiesen werden und nur der Gesamtflächenanteil der unterschiedlichen LRTs für ein gesamtes FFH-Gebiet festgelegt wird. Abbildung 2: Flächenanteile der Waldbesitzarten allgemein und des Privatwalds in FFH-Gebieten Die Verteilung der Privatwald-Anteile in den Bundesländern basiert auf Rosenkranz et al. (2012: 23). Daten für Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein waren hierbei nicht verfügbar. Die Waldfläche nach Eigentumsart in Deutschland basiert auf BMEL 2004; die Fläche der FFH-Gebieten nach Eigentumsart auf Sippel 2007: 13. c. Umsetzung von Natura 2000 in Deutschland Die EU-Mitgliedstaaten tragen für die Umsetzung von Natura 2000 die Verantwortung. Aufgrund seiner föderalen Struktur und Naturschutzgesetzgebung sind in Deutschland allerdings die einzelnen Bundesländer als Regionen (im Sinne der EU) für die Umsetzung von Natura 2000 zuständig und haben trotz vieler Rahmenregelungen einen relativ großen Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung von Detailregelungen zur Sicherung des Schutzgebietsnetzwerks (z. B. rechtliche Sicherung, Managementplanung). Eine Verteilung der einzelnen Lebensraumtypen über die Bundesländer in Deutschland ist verfügbar unter BfN (2013a). Im Folgenden sollen kurz Auswahl, Meldung und rechtliche Sicherung der Gebiete in den Bundesländern, sowie mögliche Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen beleuchtet werden. Dieses Kapitel bezieht sich vor allem auf FFH-Gebiete, da sehr wenige Informationen zur Umsetzung der VSR im Wald vorliegen.

14 14 Auswahl und rechtliche Sicherung der FFH-Gebiete in Deutschland Die Auswahl der FFH-Gebiete und deren Meldung an die EU erfolgten auf der Grundlage fachlicher Aspekte (Repräsentativitätsgrad des in diesem Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensraumtyps, Erhaltungsgrad der für die betreffende Art wichtigen Habitat-Elemente und Wiederherstellungsmöglichkeit, siehe EK (1992, Art. 4)) und wurden im Jahr 2006 abgeschlossen. Zur rechtlichen Sicherung der gemeldeten Gebiete stehen den Bundesländern verschiedene Instrumente zur Verfügung. Die Ausweisung von Natura-2000-Gebieten nach nationalen Schutzkategorien (Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzgebiete etc.) erfolgte für die überwiegende Zahl der Gebiete in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg. Ein anderer rechtlicher Ansatz zur Sicherung der Gebiete sind Sammelverordnungen (durch die eine Unterschutzstellung mehrerer Gebiete in einem Erlass erfolgt), die von Schleswig-Holstein, Thüringen und Hessen angewendet wurden. Rheinland-Pfalz hat die neue Schutzkategorie Natura-2000-Gebiet in das Landesnaturschutzgesetz aufgenommen. Baden-Württemberg und Bayern halten den gesetzlichen Grundschutz in Verbindung mit Vertragsnaturschutzmaßnahmen überwiegend für ausreichend. Im Saarland, in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt steht die rechtliche Sicherung der Gebiete weitgehend noch aus. Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen in Managementplänen Obgleich nicht zwingend durch die EU-Verordnungen vorgeschrieben, sind Bewirtschaftungspläne, Maßnahmenkonzepte sowie Pflege- und Entwicklungspläne bzw. Managementpläne hilfreiche Werkzeuge bei der Erhaltung und der Entwicklung der Natura-2000-Gebiete (EK 2000; Ellwanger et al. 2006). Erhaltung der LRT und Arten in einem FFH-Gebiet schließt alle erforderlichen Maßnahmen für die Sicherung und Wiederherstellung günstiger Erhaltungszustände ein (Ellwanger et al. 2006). Solche Erhaltungsmaßnahmen schließen z. B. den Nutzungsverzicht ausgewählter Biotop-Bäume, den Verzicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder die Pflanzung von standortfremden Nadelgehölzen ein. Von Entwicklungsmaßnahmen spricht man in FFH-Gebieten, wenn man einen schon günstigen Erhaltungszustand von LRT und Arten weiter verbessern will. Diese Entwicklungsmaßnahmen sind freiwillig und nicht, wie die Erhaltungsmaßnahmen, verbindlich durchzuführen. Eine Übersicht möglicher Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen für die Wald-LRT ist beim BfN (2014a) einsehbar. Die Managementpläne legen naturschutzfachliche Ziele (Erhaltungsziele) sowie entsprechende Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen für die LRT und geschützten Arten nach den Anhängen der FFH-Richtlinie bzw. VSR in den entsprechenden Gebieten fest. Dabei ist der Übergang zwischen Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen mitunter fließend. Managementpläne sind besonders wichtig, wenn die Natura-2000-Gebiete vorrangig durch Vereinbarungen mit den Landnutzern gesichert werden sollen. Die Erhaltungsziele werden in den Managementplänen der verschiedenen Bundesländer oft unterschiedlich ausformuliert. Empfehlungen zur (einheitlichen) Ausgestaltung von Managementplänen werden von Ellwanger et al. (2006) und Ssymank et al. (2010) beschrieben. Demnach sollen Managementpläne zumindest eine Listung der vorkommenden LRT sowie Arten enthalten, den Erhaltungszustand der verschiedenen LRT feststellen sowie funktionale Beziehungen zwischen den vorkommenden Lebensraumtypen und bestimmten Tierarten über die Schutzgebietsgrenzen hinaus beschreiben (Lehrke et al. 2012). In Baden-Württemberg gibt die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz hilfreiche Empfehlungen für die Erstellung von Managementplänen (LUBW 2009).

15 15 Rosenkranz et al. (2012) analysierten in elf Bundesländern den Stand der Erstellung und Umsetzung der Managementpläne. Nach einer bundesweiten Umfrage im Rahmen derselben Studie lag der Umsetzungsstand waldbezogener Managementpläne Ende 2011 bei 60 %, sofern in Bearbeitung befindliche Managementpläne berücksichtigt wurden. Vor allem Sachsen und Niedersachsen waren bei der Umsetzung von Managementplänen relativ weit fortgeschritten, während in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und im Saarland bis zum Erhebungszeitpunkt ( ) nur wenige waldbezogenen FFH-Managementpläne erstellt und umgesetzt wurden. Die zum Management von Natura-2000-Gebieten wichtigen Maßnahmen können in die von der EU-Kommission definierten Kategorien Aufbau des Natura-2000-Netzes, Verwaltungs-Infrastrukturen, Fortlaufendes Gebietsmanagement und Monitoring und Investive Maßnahmen eingeteilt werden. Insgesamt 25 Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Management von Natura-2000-Gebieten werden diesen Kategorien zugeordnet (Tabelle 2). Nicht alle Maßnahmen sind relevant für Privatwaldbesitzer, und eine eindeutige Klassifizierung der Maßnahmen ist oft schwierig. Jedoch können verschiedene Fördermöglichkeiten anhand dieser Klassifikation dargestellt und diskutiert werden. Die Umsetzung dieser Maßnahmen verursacht Kosten für die EU, für die Mitgliedstaaten und deren Regionen. Das folgende Kapitel führt in die Finanzierungsmöglichkeiten dieser vielfältigen, für die Umsetzung von Natura 2000 wichtigen Aktivitäten ein.

16 16 Kategorie Nr. Art der Maßnahme Aufbau des Natura Netzes Verwaltungs- Infrastrukturen Fortlaufendes Gebietsmanagement und Monitoring Investive Maßnahmen 1 Durchführung des Gebietsauswahlverfahrens 2 Wissenschaftliche Studien / Bestandsaufnahmen zur Gebietsfeststellung 3 Erstellung von Erstinformationsmaterial und Material für die Öffentlichkeitsarbeit 4 Pilotprojekte 5 Erstellung von Managementplänen, -strategien und -verfahren 6 Aufbau von Verwaltungsstrukturen 7 Konsultation und Vernetzung öffentliche Treffen, Zusammenarbeit mit Landeigentümern 8 Bewertung von Managementplänen, -strategien und -verfahren 9 Laufende Kosten für Verwaltungseinrichtungen (Unterhaltung von Gebäuden und Ausstattung) 10 Unterhaltung öffentlicher Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten von Gebieten, Lehrpfaden /Infotafeln, Beobachtungswarten, Kiosken etc. 11 Laufende Personalkosten 12 Naturschutz-Managementmaßnahmen, Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustandes der Lebensräume und weitere Verbesserung 13 Naturschutz-Managementmaßnahmen, Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustandes der Arten und weitere Verbesserung 14 Naturschutz-Managementmaßnahmen im Zusammenhang mit invasiven gebietsfremden Arten 15 Umsetzung von Managementplänen und Vereinbarungen mit Eigentümern und Bewirtschaftern, um bestimmte Vorschriften zu erfüllen 16 Bereitstellung von Leistungen, Ausgleichszahlungen für den Verzicht auf Rechte / Einkommenseinbußen; Steigerung der Akzeptanz 17 Monitoring und Datenerhebungen 18 Risikomanagement (Vermeidung und Kontrolle von Bränden, Überflutungen, etc.) 19 Überwachung der Gebiete 20 Bereitstellung von Informationen und Material für die Öffentlichkeitsarbeit 21 Schulung und Weiterbildung 22 Einrichtungen zur Steigerung des Besucherzuspruchs und Wertschätzung von Natura 2000-Gebieten 23 Landkauf, einschließlich Ausgleichszahlungen für Erschließungsrechte 24 Zur Wiederherstellung von Lebensräumen oder Artenvorkommen benötigte Infrastruktur 25 Öffentlich nutzbare Infrastruktur, Lehrpfade, Beobachtungswarten und Kioske Tabelle 2: Kategorisierung von Natura-2000-Managementmaßnahmen (Miller & Kettunen 2007: 12 13)

17 17 3. Finanzierung von Natura 2000 Zu den Kosten der Umsetzung von Natura 2000 gehören einmalige Investitionen, wie für die Einrichtung des Gebietsnetzes, für Landkauf oder Managementpläne. Wiederkehrende Kosten betreffen die Gebietsverwaltung, die Durchführung von Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen und (wald-)bauliche beziehungsweise landschaftsplanerische Eingriffe sowie Öffentlichkeitsarbeit (Balzer & Stratmann 2006). Für Deutschland liegen keine aktuellen Zahlen über den Finanzierungsbedarf für die Umsetzung von Natura 2000 vor, jedoch wird dieser auf ca. 160 Millionen Euro Investitionskosten pro Jahr (annualisiert für den Zeitraum ) und ca. 460 Millionen Euro für die laufenden Kosten geschätzt (Gantioler et al. 2010). a. Integrierte EU-Kofinanzierung Obgleich die Kosten im Zusammenhang mit Natura 2000 prinzipiell von den Mitgliedstaaten zu tragen sind, sieht die FFH-Richtlinie (EK 1992) vor, dass die EU sich an den Kosten der Implementierung und Aufrechterhaltung meist in Form einer Kofinanzierung beteiligt (Art. 8). Dies wurde nochmals durch die Europäische Biodiversitätsstrategie bestärkt (EK 2011). Bislang konnte nach groben Schätzungen jedoch nur ein geringer Teil von weniger als 20 % der Natura-2000-Kosten durch EU-Mittel abgedeckt werden (Kettunen et al. 2012). Für den Naturschutz insgesamt und Natura 2000 im Speziellen gibt es über das kleine LIFE-Programm (nur ca. 0,65 % des Gesamtbudgets der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, Klingenstein 2013) hinaus keinen eigenen Finanzierungsfonds in der EU, da diese Handlungsfelder als integrale Bestandteile der Struktur- und Landnutzungspolitiken gesehen werden. Dementsprechend sind für die Finanzierung von Natura 2000 vor allem die EU-Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) der europäischen Agrar- und der Strukturpolitik von Bedeutung (DVL 2008). Zu diesen gehören der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER), der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Europäische Meeres- und Fischereifonds (EMFF) (siehe 3.b, Tabelle 3). Eine Naturschutz-Kofinanzierung durch die EU ist nur möglich, wenn Naturschutzmaßnahmen auf allen Ebenen von der strategischen Ausrichtung auf EU-Ebene über die Ausgestaltung der entsprechenden Fonds und die nationale Ebene bis hin zu den regionalen Programmen in die strategische Ausrichtungen der Fonds integriert sind. Das Mehrebenen-System der Fördermittelvergabe wird anhand des ELER (der für EU-Naturschutzfinanzierung und die Umsetzung von Natura 2000 im Privatwald besonders relevant ist) in Abbildung 3 dargestellt. Auf EU-Ebene werden die Rechtsgrundlagen und Prioritäten für die einzelnen Politikbereiche für Siebenjahres-Förderperioden festgelegt. Die ELER-Verordnung bildet zusammen mit der bilateral zwischen EU-Kommission und jeweiligem Mitgliedstaat ausgehandelten Partnerschaftsvereinbarung (PV, für alle ESI-Fonds) den Rahmen für die Förderaktivitäten. Für Deutschland bundesweit einheitliche Fördertatbestände, die der Umsetzung der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) dienen sollen, werden in der Nationalen Rahmenregelung (NRR) festgelegt (BMELV 2012). ELER-Verordnung, PV und NRR bilden wiederum die Grundlagen zur Erstellung der Förder- und Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum in den Bundesländern. In diesen Entwicklungsprogrammen werden dann die Fördertatbestände, Art und Umfang der Zuwendung sowie formale Voraussetzungen für eine Zuwendung festgelegt. Spezifische Förderrichtlinien der Bundesländer wiederum regeln Bewilligung und die praktische Umsetzung der Förderung im Detail.

18 18 Trotz der hohen Relevanz der EU-Fonds für die Umsetzung von Natura 2000 nehmen die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten der EU-Naturschutzfinanzierung im Wald nur wenig in Anspruch vor allem im Vergleich zu den in der Landwirtschaft hierfür eingesetzten Mitteln. So betrugen die abgerufenen Mittel für förderfähige Waldumweltmaßnahmen zwischen 2007 und 2010 europaweit nur 0,3 % der gesamten zur Verfügung stehenden Mittel (ELER und nationale Mittel, Stand ) (Kettunen et al. 2012). Der Anteil der abgerufenen Mittel für Agrarumweltmaßnahmen betrug im selben Zeitraum hingegen 24,4 % der zur Verfügung stehenden Mittel. Europaweit wurden von 2007 bis 2012 nur ca. 42 % der ursprünglich eingeplanten Mittel des ELER für forstbezogene Maßnahmen abgerufen (Szedlak 2013). Auch in Deutschland überstieg der Abruf von Mitteln für Agrarumweltmaßnahmen den für Waldumweltmaßnahmen um ein Vielfaches (Tabelle 6). Ob in der aktuellen Förderperiode mehr Gelder zur Verfügung stehen und ob diese vermehrt in Anspruch genommen werden, hängt vor allem von der zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Studie noch laufenden Entwicklung der ELER-Programme der Bundesländer ab, die abschließend von der EU-Kommission genehmigt werden müssen. Abbildung 3: Mehrebenen-System der EU-Förderung am Beispiel des ELER (nach Grohe 2010: 33) b. Die neue EU-Förderperiode ( ) Die ESI-Fonds bleiben die wichtigsten Finanzierungsquellen der EU für Natura 2000 in der EU-Förderperiode (Tabelle 3). Besonders der ELER ist vor allem in Deutschland von zentraler Bedeutung für die Umsetzung von Natura 2000 im Privatwald. Die Relevanz der anderen ESI-Fonds (ESF, EFRE und EMFF) ist für Privatwaldbesitzer eher gering. Ausführlichere Beschreibungen aller EU-Fonds für die Naturschutzfinanzierung sind bei Kettunen et al. (2012); Kettunen et al. (2014) und Miller & Kettunen (2007) nachzulesen. Die Finanzausstattung des EU-Haushalts für die EU-Förderperiode befindet sich mit knapp 960 Milliarden Euro ungefähr auf dem Niveau der Förderperiode (EK 2014c). Allerdings sind für die Ausgabenposition Nachhaltiges Wachstum

19 19 und natürliche Ressourcen, zu der auch die erste und zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik gehören, mit 373 Milliarden Euro ungefähr 10 % weniger Mittel als in der vergangenen Förderperiode vorgesehen (ibid.). Für Deutschland wird der finanzielle Rahmen für den Förderzeitraum für alle ESI-Fonds mit 26,5 Milliarden Euro angegeben (BWE 2014b). Name des Fonds Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) Europäischer Sozialfonds (ESF) Gesamt- Finanzausstattung ca. 85 Milliarden Euro (BWE 2014a) ca. 325 Milliarden Euro, einschließlich des Budgets für den Kohesionsfonds (BWE 2014a) Europäischer Meeres- und Fischereifonds (EMFF) steht noch nicht fest (BWE 2014b) Ausstattung für Deutschland 8,3 Milliarden Euro (BWE 2014b) 19,2 Milliarden Euro (BWE 2014b) Tabelle 3: Die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) und deren Mittelausstattung in der Förderperiode Integrierte Wald-Naturschutzförderung über ELER Das Budget des ELER beträgt nur ca. 90 % der Mittelausstattung der vorherigen Förderperiode, was aber durch einen optimierten Mittelabruf wieder ausgeglichen werden könnte. In Anbetracht einer zu erwartenden Erhöhung der Konkurrenz um verfügbare Mittel setzt dies jedoch auch einen innovativeren und effizienteren Umgang mit den EU-Geldern in der Finanzierungsperiode voraus (Kettunen et al. 2014). Die allgemeinen Ziele der neuen ELER Verordnung (ELER-VO, EK 2013d) sind die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft Gewährleistung der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und Klimaschutz Erreichung einer ausgewogenen räumlichen Entwicklung der ländlichen Wirtschaft und der ländlichen Gemeinschaften, [ ] (Art. 4) Aufbauend auf den Zielen der Strategie Europa 2020 und dem Gemeinsamen Strategischen Rahmen (GSR, siehe S. 14) werden sechs Prioritäten für die Entwicklung des ländlichen Raums definiert (Art. 5). Jeder Priorität sind Schwerpunktbereiche zugeordnet, die sich auch in den Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums der Bundesländer niederschlagen müssen. Obgleich alle Prioritäten der übergreifenden Zielsetzung des Umwelt- und Ressourcenschutzes Rechnung tragen sollen, sind Priorität 4 (Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung der mit der Land- und Forstwirtschaft verbundenen Ökosysteme) und 5 (Förderung der Ressourceneffizienz und Unterstützung des Agrar-, und Forstsektors beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimaresistenten Wirtschaft) besonders relevant für die Umsetzung von Natura Die Schwerpunktbereiche der Priorität 4 lauten a) Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung der biologischen Vielfalt (auch in Natura-2000-Gebieten), der Landbewirtschaftung mit hohem Naturwert sowie des Zustands europäischer Landschaften, b) Verbesserung der Wasserwirtschaft und c) Verhinderung der Bodenerosion und Verbesserung der Bodenbewirtschaftung. Die Schwerpunktbereiche der Priorität 5 stellen die Landwirtschaft in den Mittelpunkt, beziehen aber die Forstwirtschaft ein. Schwerpunkt e) stellt die Förderung der Kohlenstoff-Speicherung im Wald explizit heraus. Mindestens 30 % aller EU-Mittel müssen in den Entwicklungsprogrammen für umwelt- und klimarelevante Maßnahmen festgelegt werden (Bormann 2013). Somit ist die Förderung des Waldnaturschutzes weiterhin ein wichtiger Teil des ELER.

20 20 Projektförderung durch LIFE Das LIFE-Programm wird, unabhängig von den ESI-Fonds, zentral von der Europäischen Kommission verwaltet. LIFE ist das einzige direkt auf den Umwelt- und Naturschutz ausgerichtete Finanzierungsinstrument der EU. Für die Förderperiode hat LIFE zwei Unterprogramme: Umwelt und Klimaschutz. Das Umwelt-Unterprogramm hat die Prioritätsbereiche Umwelt und Ressourcen-Effizienz, Natur und Biodiversität und Umwelt-Governance und Information. Für die Förderperiode ist ein Budget von 3,4 Milliarden Euro vorgesehen (EK 2014a), davon 75 % für das Natura 2000-relevante Programm Umwelt (Kettunen et al. 2014). In der Gestaltung von LIFE (EK 2013b) für die Förderperiode sind Integrierte LIFE Projekte vorgesehen. Diese sollen gute Beispiele für eine effiziente und integrative Implementierung der Umwelt- und Naturschutzplanungen oder -strategien sein und können von der regionalen bis zur (trans-)nationalen Ebene reichen (Kettunen et al. 2014). Es können dabei öffentliche Einrichtungen und private Personen gefördert werden, was die Zusammenarbeit zwischen nationalen, regionalen oder lokalen Behörden und nicht-staatlichen Akteuren stärken soll. Die wesentliche Neuerung ist, dass mittels eines Multifonds-Ansatzes LIFE die Erschließung anderer EU-Fonds (EFRE, ELER, ESF) und weiterer nationaler, regionaler und privatwirtschaftlicher Mittel erleichtern soll. Die LIFE-Finanzierung basiert auf Multi-Annual Work Programmes, die durch einen Konsultationsprozess zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission entstehen. Innerhalb dieser Programme gibt es jährlich Projektausschreibungen. Mitgliedstaaten sammeln und reichen Anträge über Projekte, die auch auf eine Umsetzung von Natura 2000 abzielen können, an die Europäische Kommission weiter. Neuerungen und strategische Instrumente für die EU-(Naturschutz-) Förderung In der Förderperiode orientieren sich alle Finanzierungsstrategien an der übergeordneten Strategie Europa 2020 (EK 2010) und den Flaggschiff-Initiativen der EU-Kommission. Europa 2020 zielt auf die drei Prioritätsbereiche Intelligentes Wachstum, Nachhaltiges Wachstum und Integratives Wachstum ab. Es werden in der Strategie verschiedene Leitlinien vorgeschlagen, um Fortschritte für die Prioritätenbereiche herbeizuführen. Die strategischen Ausrichtungen aller ESI-Fonds werden in der aktuellen Förderperiode durch einen Gemeinsamen Strategischen Rahmen (Common Strategic Framework, GSR) koordiniert. Der GSR wird in einer gemeinsamen Bestimmung über die ESI-Fonds festgelegt (EK 2013c). In Art. 9 dieser Bestimmung sind elf thematische Ziele dargelegt, die durch entsprechende Förderung unterstützt werden sollen. Besonders die Ziele 5 (Förderung der Anpassung an den Klimawandel sowie der Risikoprävention und des Risikomanagements) und 6 (Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Förderung der Ressourceneffizienz) sind relevant für die Natura-2000-Förderung im Privatwald (basierend auf Kettunen et al. 2014). Bilaterale Partnerschaftsvereinbarungen (Partnership Agreements, PV) sollten bis Anfang 2014 zwischen der EK und den Mitgliedstaaten ausgearbeitet werden. In den PV werden die von den Staaten verantworteten Ansätze zur Erreichung der GSR-Ziele festgelegt (Art , EK 2013c) und die entsprechende Ausrichtungen der ESI-Fonds in dem jeweiligen Land koordiniert. In der PV zwischen Deutschland und der EK (BWE 2014b) wurden zehn Ziele zu den drei übergeordneten Themen Stärkung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit, Klima, Umwelt, nachhaltige Energie- und Ressourcennutzung und Arbeit, Bildung und soziale Integration aufgestellt (Tabelle 4).