Validierung eines Empathiefragebogens

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1 Universität Regensburg Wintersemester 2002 / 2003 Institut für Experimentelle Psychologie Lehrstuhl für Psychologie VI Prof. Dr. H. Lukesch Pflichtwahlpraktikum: Empirische Erhebungen zum Bereich der Medien- und Gesundheitpsychologie Validierung eines Empathiefragebogens Nicole Kornprobst Barbara Schramek Anamaria Vladut

2 Inhalt Inhalt 1. Einleitung 2. Fragestellung und Hypothesen 2.1 Objektivität und Reliabilität 2.2 Validierung des Fragebogens 3. Methode 3.1 Weiterentwicklung des Fragebogens zur Messung von Empathie 3.2 Weitere Methoden der Datengewinnung Messung des aggressiven Bedürfnisses nach Ich-Durchsetzung Messung der Werteakzeptanz 3.3 Stichprobenbeschreibung 3.4 Skalen- und Itemkennwerte 4. Ergebnisse 4.1 Item- und Skalenkennwerte des Empathie-Fragebogens 4.2 Reliabilität des Empathiebogens 4.3 Ergebnisse zu den Validitätshypothesen Ergebnisse zu Hypothese 1 (Werteakzeptanz - Empathie) Ergebnisse zu Hypothese 2 (aggressive Ich-D. - Empathie) Ergebnisse zu Hypothese 3 (Schulart - Empathie) Ergebnisse zu Hypothese 4 (Geschlecht - Empathie) 5. Diskussion 5.1 Kennwerte der Items 5.2 Objektivität des Fragebogens 5.3 Reliabilität des Fragebogens 5.4 Validität des Fragebogens 6. Zusammenfassung 7. Literatur 8. Anhang 2

3 Einleitung 1. Einleitung Einfühlung oder Empathie ist aus phänomenologischer Sichtweise die Fähigkeit des Nacherlebens, des Sichhineinversetzens in ein fremdes Erleben, des Miterlebens des fremden Ichs auf Grund der Wahrnehmung des Ausdrucks oder der Mitteilung der Erlebnisse einer anderen Person beziehungsweise der Kenntnis ihrer seelischen Situation (Dorsch, 1994, S. 184, zit. nach Meindl, 1998). Der Begriff Einfühlung stammt von Theodor Lipps und wurde 1897 in die Psychologie eingeführt. Edward Tichtener führte 1909 den Begriff unter der Bezeichnung empathy in die psychologische Fachsprache ein. Umstritten ist in der Psychologie die Frage, ob Empathie eine emotionale Reaktion oder eine kognitive Fähigkeit ist. Die kognitiv orientierten Empathiekonzepte sehen als Grundannahme Empathie als Fähigkeit zur Rollenübernahme an, also als Fähigkeit, Gefühle, Perspektiven und Gedanken anderer Menschen zu erkennen und zu verstehen. Nach dieser Definition dürfte Empathie erst spät in der Kindheit auftreten. Jedoch belegen Befunde aus entwicklungspsychologischen Untersuchungen, dass empathische Reaktionen zwischen dem sechzehnten und dem vierundzwanzigsten Lebensmonat auftreten können, und zwar dann, wenn das Kind fähig ist, ein Selbstkonzept auszubilden und sich selbst im Spiegel zu erkennen (Bischof-Köhler, 1989, zit. nach Meindl, 1998). Davis (1994, S. 55, zit. nach Purrmann-Viedenz, 1999) definiert die affektiven Komponente der Empathie als die Tendenz, auf die beobachtbaren Erlebnisse einer anderen Person emotional zu reagieren. Hoffmann (1976, S. 126, zit. nach Purrmann-Viedenz, 1999) erklärt die affektive Reaktion auf das persönliche Unbehagen anderer dahingehend, dass Empathie sich auf die unfreiwillig emotional eindringliche Erfahrung eines anderen bezieht, ausgelöst durch ausdrucksvolle Zeichen, die unmittelbar die Gefühle des anderen widerspiegeln oder durch andere Zeichen, welche die affektive Auswirkung eines äußere Ereignisses auf den Beobachter vermitteln (Purrmann-Viedenz, 1999). Gegen diese Richtung spricht die Tatsache, dass an einem empathischen Prozess auch soziale Wahrnehmung beteiligt ist. Da keine dieser Betrachtungsweisen zufriedenstellend ist, wurden Empathiekonzepte unter Berücksichtigung sowohl kognitiver als auch emotionaler Komponenten entwickelt, z.b. das Drei-Komponentenmodell von Feshbach (1987) oder das Empathiemodell von Hoffmann (1979). 3

4 Einleitung Hoffmann definiert Empathie als stellvertretende emotional-mitfühlende Reaktion gegenüber einer anderen Person. Nach seiner Ansicht kann die emotionale Erregung auf verschiedenen Vorgängen beruhen: auf Gefühlsansteckung durch motorische Nachahmung, auf einer klassisch konditionierten Reaktion (Erklärung respondenten Verhaltens) oder auf Rollenübernahme. In Anlehnung an die Stufen der kognitiven Entwicklung von Piaget postuliert Hoffmann eine Abfolge der Entwicklung von Empathie, die vier Stufen umfasst: 1. Globale Empathie Das Kleinkind (erstes Lebensjahr) kann noch nicht zwischen sich selbst und anderen unterscheiden, fremde und eigene Gefühle werden vermischt. Das Kind reagiert so, als passiere das, was dem anderen passiert, ihm selbst. Z.B. ein Baby weint, weil es Hunger hat, ein anderes Baby beginnt grundlos zu weinen, nur weil es das andere Baby weinen hört. 2. Egozentrische Empathie Ab dem zweiten Lebensjahr ist das Kleinkind fähig zu erkennen, dass der anderen Person etwas zustößt und nicht ihm selbst. Das innere Befinden der anderen Person wird noch immer mit dem eigenen Befinden verwechselt. 3. Empathie für die Gefühle eines anderen Zwischen dem zweiten und dem dritten Lebensjahr ist das Kind fähig, zwischen eigenen Gefühlen und Gedanken sowie denen anderer Personen zu unterscheiden. Aufgrund der wachsenden Fähigkeit zur Rollenübernahme kann das Kind Empathie für eine Person empfinden, auch wenn diese abwesend ist. 4. Empathie für die Lebenssituation eines anderen In der späten Kindheit beginnt das Kind zu verstehen, dass andere Personen nicht nur in bestimmten Situationen Freude und Schmerz empfinden können, sondern auch über längere Zeit hinweg. Deshalb kann das Kind auf die allgemeine Befindlichkeit einer Person mit Empathie reagieren. Als Kritikpunkte an dem Modell wird folgendes angeführt: den Stufen 3 und 4 wurden keine genauen Altersangaben zugeordnet; interindividuelle Unterschiede in der Entwicklung von Empathie werden nicht erklärt; soziale Einflussmöglichkeiten werden nicht erwähnt. Empathie spielt in unserem Alltag eine bedeutende Rolle: Wenn z.b. ein Freund Probleme hat und uns um Hilfe bittet, versuchen wir uns in ihn hineinzuversetzen, um ihn verstehen zu können und um dann angemessen auf seine Bitten zu reagieren. Da 4

5 Einleitung Empathie einen bedeutenden Einfluss auf die Entstehung prosozialen Handelns (Friedlmeier, 1993, zit. nach Meindl, 1998) sowie eine aggressionshemmende oder -mindernde Wirkung hat (Feshbach & Feshbach, 1969, zit. nach Meindl, 1998), ist sie für psychologische Forschungen von großem Interesse. 1.1 Empathie und aggressive Ich-Durchsetzung Der Zusammenhang zwischen Empathie und Aggression kann wie folgt beschrieben werden: Wie beim Hilfehandeln hat die Fähigkeit und Bereitschaft zur Einfühlung auch auf aggressives Handeln einen prosozialen Effekt. Sich hineinzuversetzen in die innere Befindlichkeit des Angegriffenen, in einen Leidenszustand, den zu verursachen man selbst im Begriff ist (oder bereits verursacht hat), widerstreitet dem Verlangen, dem anderen Leiden zuzufügen, und hemmt deshalb Aggressionen (Heckhausen, 1989, S. 317, zit. nach Meindl, 1998). In zahlreichen Untersuchungen (Feshbach & Feshbach, 1969; Mehrabian & Epstein, 1972; Miller & Eisenberg, 1988, zit. nach Meindl, 1998) konnte festgestellt werden, dass zwischen Empathie und dem aggressiven Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung ein negativer Zusammenhang besteht. 1.2 Empathie und Schulart Kinder und Jugendliche, die empathisch sind, scheinen in der Schule erfolgreicher zu sein als weniger empathische Schüler. In mehreren unabhängigen Untersuchungen (Bush, 1972; Braustein, 1974, zit. nach Meindl, 1998) konnte festgestellt werden, dass zwischen Empathie und intellektueller Leistungsfähigkeit ein positiver Zusammenhang besteht. Chambers (1957, zit. nach Meindl, 1998) fand heraus, dass Empathie positiv mit Schulleistung korreliert. Nowicky und Duke (1991, zit. nach Meindl, 1998) stellten fest, dass Kinder, die nonverbale Gefühle deuten konnten, in der Schule erfolgreicher waren, obwohl ihr IQ nicht höher war als der von anderen Kindern. 5

6 Einleitung 1.3 Empathie und Geschlecht Der Zusammenhang zwischen Empathie und Geschlechtszugehörigkeit ist bisher nicht eindeutig geklärt. Die Ergebnisse verschiedener Studien stehen im Widerspruch zueinander. So konnten Greenspan, Barenboim und Chadler (1976, zit. nach Meindl, 1998) bei sechs- bis achtjährigen und bei acht- bis zehnjährigen Kindern keine geschlechtsspezifischen Unterschiede nachweisen. Dasselbe gilt auch für die Untersuchungen von Steiner (1976, zit. nach Meindl, 1998) an Jugendlichen. Dagegen wurde in Untersuchungen von Rose, Frankel und Kerr (1956, zit. nach Meindl, 1998) an Studenten nachgewiesen, dass männliche Probanden empathischer sind als weibliche Probanden. Jedoch sind nach Untersuchungen von Hoffmannn und Levine (1976, zit. nach Meindl, 1998) bei vier- bis sechsjährigen Kindern oder von Mehrabian und Epstein (1972, zit. nach Meindl, 1998) bei Studenten Personen weiblichen Geschlechts empathischer als Person männlichen Geschlechts. 1.4 Diagnostik von Empathie Könnte somit eine Verbesserung der Empathiefähigkeit in der Folge die Bereitschaft zum prosozialen Handeln steigen und die zum aggressiven Verhalten mindern? Um solche Fragen beantworten zu können, braucht man vor allem geeignete Meßinstrumente, um Empathie zu erfassen. Bei jüngeren Kindern werden meistens Bildergeschichten (Feshbach & Roe, 1968, zit. nach Meindl, 1998) verwendet, um Empathie zu erheben. Es ist aber noch nicht klar, ob sie wirklich dazu geeignet sind. Man weiß gar nicht genau, ob sie überhaupt Empathie erfassen. Bei Erwachsenen wird Empathie mit Hilfe von Fragebögen oder anhand von Selbstberichten (bzw. über eine Fremdeinschätzung) gemessen. Bei den Selbstberichten besteht die Gefahr, dass die Personen, die hinsichtlich sozialer Erwartungen ihre Gefühle oder die anderer Personen benennen und schildern müssen, nicht wahrheitsgemäß antworten. Bei den existierenden Fragebögen (Hogan, 1969; Mehrabian & Epstein, 1972; Davis, 1980; Eysenck et al., 1990, zit. nach Meindl, 1998) werden als Kritikpunkte die nur 6

7 Einleitung bedingt belegte Konstruktvalidität, Bedenken gegenüber der zugrundeliegenden theoretischen Konzeption oder die Messung von Affektansteckung aufgeführt. Auf Grund dieses bestehenden Mangels an geeigneten Messverfahren für Empathie sollte in der vorliegenden Studie der Fragebogen von Claudia Meindl (1998) weiter entwickelt werden. 7

8 Fragestellung und Hypothesen 2. Fragestellung und Hypothesen Im deutschen Sprachraum steht noch immer kein ausreichend entwickelter und validierter Empathiefragebogen zur Verfügung. Deshalb wird versucht, einen bereits existierenden Fragebogen, den Fragebogen von Meindl (1998), zu verändern und zu verbessern. 2.1 Objektivität und Reliabilität Im Rahmen der Testüberprüfung und -neukonstruktion sollen auch die Objektivität und die Reliabilität des Verfahrens überprüft werden, d.h. der zu entwickelnde Test sollte so beschaffen sein, dass die Ergebnisse nicht durch das Verhalten des Untersuchers, weder bei der aktuellen Testdurchführung, noch bei der Auswertung der Daten, beeinflusst werden. Zur Überprüfung der Reliabilität, also dem Grad der Genauigkeit mit dem der Test misst, soll die interne Konsistenz berechnet werden (Lienert, 1969, S. 15f). Des Weiteren soll die Qualität der Items bezüglich ihrer Trennschärfe und des Schwierigkeitsindex untersucht werden. 2.2 Validierung des Fragebogens Ein weiteres Hauptanliegen dieser Arbeit ist es, die Validität des veränderten Fragebogens zu überprüfen. Es stellt sich also die Frage, ob der Fragebogen wirklich Empathie erfasst. Diese Frage soll auf empirischem Weg überprüft werden. Dazu wird der Zusammenhang zwischen dem Testergebnis und den Messungen eines für sinnvoll gehaltenen Kriteriums ermittelt. Folgende Kriterien wurden gewählt: 1. Werteakzeptanz Die Akzeptanz sozialer Werte und die Orientierung an gesellschaftlich anerkannten Normen erleichtert vermutlich das empatische Handeln (vgl. Kap. 1). H 1 : Zwischen Empathie und Werteakzeptanz besteht ein positiver Zusammenhang. 8

9 Fragestellung und Hypothesen 2. Aggressives Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung In verschiedenen Untersuchungen wurde gefunden, dass Empathie und Aggression negativ miteinander korrelieren (vgl. Kap. 1). Empathie scheint also eine aggressionshemmende oder -mindernde Wirkung zu besitzen. Aus dieser Annahme lässt sich folgende Hypothese ableiten: H 2 : Zwischen Empathie und dem aggressivem Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung besteht ein negativer Zusammenhang. 3. Schulart Empathischere Kinder bzw. Jugendliche scheinen in der Schule erfolgreicher zu sein als weniger empathische (vgl. Kap. 1). Dies führt zu folgender Annahme: H 3 : Realschüler erreichen einen signifikant höheren Empathiewert als Hauptschüler. 4. Geschlecht Des Weiteren liegt die Vermutung nahe, dass Mädchen sich besser in andere Personen hineinversetzen könne als Jungen (vgl. Kap. 1). Deshalb soll auch folgende Hypothese überprüft werden. H 4 : Mädchen erreichen signifikant höhere Empathiewerte als Jungen. 9

10 Methode 3. Methode 3.1. Weiterentwicklung des Fragebogens zur Messung von Empathie Ziel dieser Arbeit war die Weiterentwicklung des Fragebogens zur Messung von Empathie und angemessenem sozialen Verhaltens bei Jugendlichen, der 1997 im Rahmen einer Diplomarbeit von Claudia Meindl erstellt wurde. Dieser Fragebogen bestand aus 15 kurzen Alltagssituationen, die entweder Konflikte oder Hilfeleistungen zwischen zwei Hauptpersonen thematisieren. In jeweils zehn der Situationen spielten zwei Kinder, in den anderen fünf ein Kind und ein Erwachsener die Hauptrolle. Es wurden freudige, furchterweckende, vor allem aber traurige und ärgerliche Ereignisse geschildert. Nach jeder Situation wurden drei Fragen folgender Art gestellt, um Empathie (Frage 1 und 2) oder angemessenes soziales Verhalten (Frage 3) zu messen: Wie fühlt sich Person A? Wie fühlt sich Person B? Wie würdest du an der Stelle von A bzw. B reagieren? Zu jeder Frage gab es zwei Antwortmöglichkeiten, von denen eine dem vermuteten emotionalem Zustand der Person entsprach, während die zweite das eher nicht tat. Die Anzahl der richtigen Antworten ergab dann den Empathiewert (Meindl, 1997). Dieser Fragebogen wurde auf 25 Situationen erweitert. Die Situationen des Originalfragebogens wurden fast vollständig übernommen. Zwei wurden gestrichen, weil sie zwei der neuen Situationen sehr ähnlich waren. Die restlichen dreizehn wurden teilweise leicht verändert, um sie den vermuteten Verhaltensweisen der heutigen Jugend anzupassen. Dann wurden zwölf neue Situationen hinzugefügt, wobei darauf geachtet wurde, dass die Geschlechterverteilung der Hauptfiguren ausgewogen ist. Das Geschlecht der handelnden Personen verteilt sich dabei in den 25 Situationen folgendermaßen: Tabelle1: Verteilung des Geschlechtes der Jugendlichen in den Situationen Interaktionspartner m w m/w Jugendliche Jugendliche-Eltern Jugendliche-Lehrer Anmerkungen: m = männlich, w = weiblich Zu jeder Situation folgen zwei Fragen der folgenden Art: 10

11 Methode Wie fühlt sich Person A? Wie fühlt sich Person B? Die dritte Frage aus dem Fragebogen von Meindl wurde gestrichen, da im vorliegenden Fall nur Empathie gemessen werden sollte. Da die Items des alten Fragebogens in der Untersuchung sehr hohe Schwierigkeitsindices hatten, wurde versucht, die Antworten auf die Fragen schwieriger zu gestalten. Deshalb werden statt der ursprünglichen zwei Alternativen drei vorgegeben, um so die Wahrscheinlichkeit für eine richtige Zufallsantwort von 50 Prozent auf 33 Prozent zu senken. Außerdem wurde versucht, weniger leicht durchschaubare Antwortmöglichkeiten vorzugeben. Von den drei möglichen Antworten entspricht wie im ursprünglichen Fragebogen eine dem vermutlich realen emotionalen Zustand der Figur. Diese wird zur Auswertung mit 1 gewertet, während die beiden anderen Antworten je mit 0 bewertet werden. Durch die Summe der richtigen Antworten erhält man wieder einen Empathiewert. Folgende Antworten wurden als die richtigen im Sinne einer empathischen Reaktion festgelegt: Tabelle 2: Lösungsschablone Frage Nummer richtige Antwort Frage Nummer richtige Antwort Frage Nummer richtige Antwort An den Anfang des Fragebogens wurde eine kurze schriftliche Anweisung für die Probanden gestellt, die etwa folgendermaßen lautete: 11

12 Methode Im folgenden Abschnitt sind einzelne alltägliche Situationen beschrieben, wie sie täglich passieren können. Überlege bitte, wie sich die Hauptpersonen deiner Meinung nach in der jeweiligen Situation fühlen, und kreuze bitte nur eine der drei Antwortmöglichkeiten an. Der Fragebogen ist im Anhang vollständig abgedruckt Weitere Methoden der Datengewinnung Um den Fragebogen zu validieren, wurden noch zwei andere Instrumente eingesetzt. Da es im deutschsprachigen Raum an Fragebögen zur Erfassung von Empathie mangelt und sich in der Diplomarbeit von Claudia Meindl keine Korrelationen zwischen den Empathiewerten des erstellten Fragebogens und den anhand der Fragen zur Empathie des Impulsivitätsfragebogens von Eysenck erhobenen Werten feststellen ließen, wurde auf eine weitere konkurrente Messung der Empathie verzichtet. Stattdessen wurden zwei andere Fragebögen verwendet Messung des aggressiven Bedürfnisses nach Ich-Durchsetzung Wie auch in der Originalarbeit wurde eine Dimension des Persönlichkeitsfragebogens von Seitz und Rausche (1976) verwendet, da sich ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen Empathie und aggressiver Ich-Durchsetzung zeigte (Meindl, 1998). Diese Skala besteht aus 21 Items, die mit stimmt oder stimmt nicht beantwortet werden. Die Summe der mit stimmt angekreuzten Items ergibt den Rohwert für aggressive Ich-Durchsetzung. Jugendliche, die ein hohes Maß aggressiver Ich-Durchsetzung haben, zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihren Willen durchsetzen wollen, sich nichts sagen lassen. Sie zeigen gerne Überlegenheit, Zerstörungswut und kritisieren andere (Seitz & Rausche, 1976, S. 25) Messung der Wertakzeptanz Als zweites Maß wurden die in der Diplomarbeit von Michael Scheungrab (1988) verwendeten Items zur Operationalisierung der Orientierung an konventionellen gesellschaftlichen Normen gewählt. Ursprünglich handelte es sich dabei um 24 Items, die der Autor der goal orientation scale von Clark und Wenninger entnahm und ins Deutsche 12

13 Methode übersetzte. Diese Items geben verschiedene Normen und Werte an, die von Mitgliedern der mittleren und oberen Schichten im Allgemeinen akzeptiert werden. Sie können vom Probanden entweder mit wichtig / sehr wichtig oder weniger wichtig / unwichtig beantwortet werden (Scheungrab, 1988). Von diesen 24 Items wurden jedoch nur 22 übernommen, da zwei Items aufgrund zu geringer Trennschärfe gestrichen werden mussten. 3.3 Stichprobenbeschreibung An der Untersuchung nahmen insgesamt 100 Schüler einer Haupt- und einer Realschule des Landkreises Regensburg teil. Von fünf Schülern waren jedoch die Daten so unvollständig, dass diese Fragebögen nicht in die Auswertung einbezogen werden konnten. Die Schüler und Schülerinnen waren zwischen 12 und 15 Jahren alt, der Mittelwert lag bei (SD = 0.94) Jahren. Es nahmen 49 Jungen und 45 Mädchen teil, eine Angabe fehlte. 42 (44,2 %) der Schüler besuchten eine Hauptschule, 53 (55,8%) eine Realschule. Davon gingen 46 (48,4%) in die siebte Klasse und 49 (51,6%) in die achte Klasse. 3.4 Skalen- und Itemkennwerte Für die beiden Fragebögen, die zur Validierung des Empathiefragebogens verwendet werden sollten, wurde als Maß für die interne Konsistenz der Alpha-Koeffizient von Cronbach berechnet. Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Werte. Tabelle 3: Reliabilität der zwei Skalen Skala Cronbach s α Werteakzeptanz 0.59 Aggressive Ich-Durchsetzung 0.76 Für die Skala Werteakzeptanz ergab sich bei einer ersten Berechnung ein relativ geringer Wert von Daraufhin wurden in einer zweiten Berechnung alle Items, die eine negative Trennschärfe aufwiesen (siehe Tabelle 4), herausgenommen. Der Alpha- Koeffizient liegt nun bei dem in der obigen Tabelle angegebenem Wert. Für die Skala zur Erfassung der aggressiven Ich-Durchsetzung konnte ein befriedigender Realiabilitätswert gefunden werden. Die Trennschärfen für die einzelnen Items finden sich in der folgenden Tabelle. 13

14 Methode Tabelle 4: Itemkennwerte Werteakzeptanz und aggressive Ich-Durchsetzung Item W 1) M 2) SD 3) 4) r it Item A 1) M 2) SD 3) 4) r it Anmerkungen: 1) W = Werteakzeptanz, A = aggressive Ich-Durchsetzung; der Einfachheit halber sind nur die Nummern der Items angegeben, die vollständigen Itemformulierungen finden sich im Anhang; 2) Mittelwert; 3) Standardabweichung; 4) Trennschärfe 14

15 Ergebnisse 4. Ergebnisse 4.1 Item- und Skalenkennwerte des Empathie-Fragebogens Im Mittel kamen die Probanden auf einen Empathiegesamtwert von 34. Der Summenwert kann aufgrund der Bewertung mit 0 und 1 der Antworten einen Wert zwischen 0 und 50 annehmen. Der höchste Empathiewert, der von einem Probanden erreicht wurde, lag bei 45. Der niedrigste betrug 15. Der Mittelwert liegt bei 33,65 mit einer Standardabweichung von 5,81. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Verteilung der Empathiewerte in der gesamten Stichprobe Häufigkeit Empathiegesamtwert Abbildung 1: Verteilung der Empathiewerte Bei der Analyse der Items sind vor allem die Trennschärfen der einzelnen Items und der Schwierigkeitsindex wichtig. Die Trennschärfe ist definiert als Korrelation des Itemwertes mit dem Gesamtwert. Sie gibt an, wie gut das Item zwischen Probanden mit hoher versus geringer Merkmalsausprägung unterscheidet (Lienert, 1969, S. 93). Der Schwierigkeitsindex einer Aufgabe errechnet sich aus dem Anteil der Probanden, die die Frage richtig beantwortet haben. Ein niedriger Schwierigkeitsindex bedeutet demnach, dass die Aufgabe eher schwer ist (Lienert, 1969, S. 87). Die Trennschärfen der Items des Fragebogens liegen bei vier Items unter Null, ansonsten sind alle anderen positiv und liegen zwischen.03 und.46. Die Werte der Schwierigkeitsindices reichen von 32.6 bis 95.8, davon liegen acht unter

16 Ergebnisse Tabelle 5: Schwierigkeitsindices und Trennschärfen der einzelnen Items des Empathiefragebogens Item 1) SI 2) 3) r it Wie fühlt sich Fritz als er sieht, dass sein Handy kaputt ist? Wie fühlt sich Jochen dabei? Wie fühlt sich Sabine jetzt? Was denkt Tanja, als sie das hört? Wie fühlt sich Jürgen, als er sieht, dass er keinen Computer bekommen hat? Wie fühlen sich seine Eltern, weil sie ihm seinen Wunsch nicht erfüllen konnten? Wie fühlt sich Anna, als sie davon rennt? Was denkt Thomas, als er sieht, dass seine Schwester davonrennt? Was denkt der Vater, als er sagt, dass Susanne noch zu jung sei? Wie fühlt sich Susanne, weil sie den Film nicht sehen darf? Wie fühlt sich Michaela? Was geht in Julia vor, als siemichaela um Hilfe bittet? Wie fühlt sich Carmen, als sie hört, dass sie das Geschirr spülen soll? Wie fühlt sich ihre Mutter? Warum ärgert auch Dominik Markus? Wie fühlt sich Markus, weil er gehänselt wird? Was denkt sich der Lehrer, als er sie tadelt? Wie fühlt sich Martina, als sie getadelt wird? Wie fühlt sich Karsten, als er erfährt, dass er doch nicht ins Kino eingeladen wird? Wie fühlt sich Daniela als sie merkt, dass sie nicht mehr genug Geld hat? Wie fühlt sich Torsten, weil er den Ball nicht reingekriegt hat? Was denkt Florian darüber? Wie fühlt sich Ingrid? Was denkt Andrea als sie das hört? Warum macht Jans Vater das? Wie fühlt sich Jan? Wie fühlt Klaus sich? Was geht in Janine vor? Wie fühlt sich Achim? Was geht in Markus vor? Warum erzählt Marion Katrin das? Was geht in Katrin vor, als sie das hört? Wie fühlt sich Jana, als sie erwischt wird? Was geht in ihrer Mutter vor? Wie fühlt sich Steffi? Wie fühlt sich Klaus? Wie fühlt sich Karin? Wie fühlt sich Britta?

17 Ergebnisse Wie fühlt sich Michael? Wie fühlt sich Bernd, als er sieht, dass Michael nur eine Fünf hat? Wie fühlt sich Melanie? Was fühlt Christina in dem Augenblick? Wie fühlt sich Manuel? Wie fühlt sich der Lehrer? Wie fühlt sich Max, als er versetzt wird? Was denkt Anette? Wie fühlt Tobias sich? Was denkt Florian? Was denkt Ronny? Was denkt Oliver? Anmerkungen: 1) Die vollständigen Items finden sich im Anhang; 2) Schwierigkeitsindex; 3) Trennschärfe 4.2 Reliabilität des Empathiebogens Zur Überprüfung der Reliabilität des veränderten Fragebogens wurde als Maß für die interne Konsistenz der Alpha-Koeffizient von Cronbach errechnet. Bei einer ersten Berechnung ergab sich für den gesamten Fragebogen ein α von Da vier der Items (siehe Tabelle 5) eine negative Trennschärfe aufwiesen, wurden sie bei einer zweiten Berechnung weggelassen. Darauf hin ergab sich ein α von Ergebnisse zu den Validitätshypothesen Die Daten zu Empathie, aggressiver Ich-Durchsetzung und Werteakzeptanz sind dem Kolmogorov-Smirnov-Test zufolge nicht normalverteilt. Zur Überprüfung von Zusammenhängen oder Mittelwertsunterschieden zwischen verschiedenen Variablen wurden jedoch trotzdem Korrelationsberechnungen nach Bravais-Pearson und t-tests durchgeführt. Bei dem Fragebogen, mit dem die Werteakzeptanz der Jugendlichen erfasst wurde, beträgt die höchst erreichte Punktzahl 22 (maximal möglicher Wert ist auch 22). Der niedrigste erzielte Wert beträgt 10 Punkte. Der Mittelwert entspricht Punkten mit einer Standardabweichung von 2,81 Punkten. Der letzte Fragebogen erhebt das Bedürfnis nach der aggressiven Ich-Durchsetzung. Die maximale Punktzahl beträgt hier 21 und der höchst erreichte Wert ist 20. Der niedrigste erzielte Punktwert beträgt 1. Der Mittelwert ist mit einer Standardabweichung von

18 Ergebnisse Fünf Jugendliche füllten alle drei Fragebögen nicht vollständig aus, deswegen konnten ihre Daten bei den Berechnungen nicht berücksichtigt werden Ergebnisse zu Hypothese 1 (Werteakzeptanz - Empathie) Die erste Hypothese beinhaltet die Annahme, dass die Akzeptanz gewisser Werte empathisches Handeln erleichtert. Tabelle 6 enthält die Ergebnisse der Korrelationsberechungen. Tabelle 6: Zusammenhang zwischen Empathiewert und Werteakzeptanz (Hypothese 1) Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson r =.058 p =.576 N = 95 Den Ergebnissen zufolge besteht zwischen den Empathiewert und der Werteakzeptanz kein bedeutsamer Zusammenhang, somit kann H1, Zwischen Empathie und Werteakzeptanz besteht ein positiver Zusammenhang, nicht bestätigt werden. In Abbildung 2 sind die Ergebnisse in einem Scatterplot dargestellt. Auch aus diesem wird ersichtlich, dass die Daten nicht korrelieren Empathiegesamtwert Werteakzeptanz Abbildung 2: Scatterplot zum Zusammenhang von Empathiewert und Werteakzeptanz 18

19 Ergebnisse Ergebnisse zu Hypothese 2 (aggressive Ich-Durchsetzung - Empathie) Die zweite Hypothese beinhaltet, dass zwischen Empathie und aggressivem Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung ein negativer Zusammenhang besteht. Tabelle 7: Zusammenhang zwischen Empathiewert und aggressivem Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung (Hypothese 2) Korrelationskoeffizient nach Bravais- Pearson r = p =.329 N = 95 Den Ergebnissen zufolge kann ein negativer Zusammenhang zwischen Empathie und aggressiven Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung ebenfalls nicht belegt werden. Demnach ist auch H 2, Zwischen Empathie und aggressivem Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung besteht ein negativer Zusammenhang, nicht bestätigt. In Abbildung 3 ist der Zusammenhang zwischen dem Empathiewert und dem aggressivem Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung dargestellt. Wie in der Abbildung ersichtlich ist, besteht kein Zusammenhang zwischen den beiden Variablen Empathiegesamtwert Aggressive Ich-Durchsetzung Abbildung 3: Scatterplot zum Zusammenhang von Empathiegesamtwert und aggressivem Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung 19

20 Ergebnisse Ergebnisse zu Hypothese 3 (Schulart - Empathie) Die Hauptschüler erreichten im Mittel einen Empathiewert von mit einer Standardabweichung von 4.48 Punkten. Bei den Realschülern errechnet sich ein Empathiemittelwert von mit einer etwas größeren Standardabweichung von 6.70 Punkten. Die Frage, ob sich Hautschüler und Realschüler in ihrer Empathiefähigkeit unterscheiden, wurde mit einem t-test überprüft. Die Ergebnisse sind in Tabelle 8 zu sehen. Tabelle 8 : Unterschiede zwischen den Schularten in Bezug auf Empathie SCHULE N Mittelwert Standardabweichung Hauptschule 42 33,24 4,48 Realschule 53 33,98 6,70 Levene-Test auf Varianzhomogenität AV : Empathie F = 2,185 p =.143 t-test für unabhängige Stichproben t = df = 93 p =.539 Die Ergebnisse zeigen keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Schularten. Die Hypothese H 3, Realschüler erreichen einen signifikant höheren Empathiewert als Hauptschüler, konnte somit nicht bestätigt werden. In Abbildung 4 sind die Ergebnisse nochmals anschaulich dargestellt Prozent Hauptschule Realschule Empathiegesamtwert Abbildung 4: Verteilung der Empathiewerte unterschieden nach Schulart 20

21 Ergebnisse Ergebnisse zu Hypothese 4 (Geschlecht - Empathie) Die Jungen erreichten im Mittel einen Empathiewert von mit einer Standardabweichung 6.38 Punkten, während die Mädchen einen Empathiemittelwert von mit einer etwas niedrigern Standardabweichung von 4.19 Punkten erreichten. Die Frage, ob sich die Jungen und die Mädchen hinsichtlich ihrer Empathiefähigkeit unterschieden, wurde wiederum mit einem t-test überprüft. Die Ergebnisse sind in Tabelle 9 aufgelistet. Tabelle 9 : Geschlechtsunterschiede in Bezug auf Empathie Geschlecht N Mittelwert Standardabweichung männlich 49 31,57 6,38 weiblich 45 35,84 4,19 Levene-Test auf Varianzhomogenität AV : Empathie F = 3,225 p =.076 Anmerkungen: ** Der Unterschied ist auf dem Niveau 0.01 (zweiseitig) signifikant t-test für unabhängige Stichproben t = -3,799 df = 92 p =.000 ** Die Ergebnisse zeigen, dass Mädchen signifikant höhere Werte für Empathie aufweisen als Jungen. Die Hypothese H 4, Mädchen erreichen signifikant höhere Empathiewerte als Jungen, konnte somit bestätigt werden. In Abbildung 5 werden die Ergebnisse noch einmal veranschaulicht Prozent männlich weiblich Empathiegesamtwert Abbildung 5: Verteilung der Empathiewerte unterschieden nach Geschlecht 21

22 Diskussion 5. Diskussion 5.1 Kennwerte der einzelnen Items Die Trennschärfen der einzelnen Items liegen nur bei vier Items unter Null, ansonsten ergaben sich positive Werte, die von.03 bis.46 reichen. Diese 46 Items können also im Fragebogen belassen werden. Ungefähr 26 % der Items haben einen Schwierigkeitsindex von über 80. Das bedeutet, dass diese Items sehr leicht sind. Bei ungefähr 16 % der Items liegt der Schwierigkeitsindex unter 50. Hier kann man davon ausgehen, dass die vorgegebenen richtigen und falschen Antworten von der Gesamtpopulation nicht als richtig oder falsch erkannt werden. Deshalb müsste man diese Items schwieriger gestalten oder herausnehmen. 5.2 Objektivität des Fragebogens Ziel der Arbeit war es, einen Fragebogen weiterzuentwickeln, der Empathie möglichst objektiv misst. Durch die genaue schriftliche Instruktion, die sich am Anfang des Fragebogens befindet (siehe Anhang), wird die Durchführungsobjektivität gewährleistet. Probleme könnten nur bei Sprachproblemen entstehen, wenn also ein Proband nicht lesen kann oder seine Deutschkenntnisse nicht ausreichen. Die Auswertungsobjektivität wird dadurch gewährleistet, dass der Gesamtwert aus der Summe der richtig beantworteten Items errechnet wird. Somit ist das Ergebnis von der auswertenden Person unabhängig. Fehler können nur beim Zusammenzählen oder durch nicht eindeutig angekreuzte Items entstehen. 5.3 Reliabilität des Fragebogens Ein zweites Gütekriterium eines Tests ist seine Reliabilität. Diese gibt an, wie genau und zuverlässig ein Test das Merkmal misst, das er messen soll. Zur Bestimmung der Reliabilität wurde hier der Alpha-Koeffizient von Cronbach berechnet. Nachdem die Items mit negativen Trennschärfen herausgenommen wurden, beträgt der Alpha- Koeffizient.76. Da der Wert über.7 liegt, ist davon auszugehen, dass die Skala eine hinreichend hohe interne Konsistenz besitzt und somit reliabel ist. 22

23 Diskussion 5.4 Validität des Fragebogens Im Gegensatz zu unseren Erwartungen zeigte sich, dass die Akzeptanz gesellschaftlicher Werte und Normen in keiner Beziehung zu dem empathischen Handeln steht. Es ließen sich keine signifikanten Unterschiede bzw. Korrelationen auf einen Signifikanzniveau von 0.01 (2-seitig) finden. Ein möglicher Grund für dieses Ergebnis könnte sein, dass bei dem Fragebogen für Wertakzeptanz die Probanden gemäß der sozialen Erwünschtheit geantwortet haben könnten. Unter diesen Blickwinkel wäre es sogar ganz gut, wenn die beiden Fragebögen nicht positiv miteinander korrelieren; damit wäre bestätigt, dass der Empathiefragebogen keine soziale Erwünschtheit erhebt. Auch die zweite Hypothese wurde nicht bestätigt. Es konnte nicht gezeigt werden, dass zwischen Empathie und dem aggressiven Bedürfnis nach Ich-Durchsetzung ein negativer Zusammenhang besteht, d.h. dass ausgehend von der Empathie eine aggressionshemmende und/oder -mindernde Wirkung zu vermuten ist. Diese Ergebnisse könnten vielleicht dadurch erklärt werden, dass sich die Schüler nicht getraut haben, bei dem Aggressionsfragebogen wahrheitsgemäß zu antworten, denn aggressive Ich-Durchsetzung gilt als sozial missbilligtes Verhalten und könnte möglicherweise das Lehrer- Urteil auf die Leistungen eines Schülers negativ färben. Aber anderseits wussten die Schüler, dass die Daten anonym bleiben. Auch zwischen den beiden untersuchten Schularten (Haupt- und Realschule) bestand kein Unterschied. Dies würde die Vermutung nahe legen, dass die Schulbildung keinen großen Einfluss auf die Empathiefähigkeit hat. In den in der Einleitung angegeben Untersuchungen zu diesen Themen fanden sich jedoch Unterschiede, ebenso bei Meindl (1998). Eine Erklärung für dieses Ergebnis könnte sein, dass sich Haupt- und Realschüler in der 7. und 8. Klasse in Bayern nicht so deutlich unterscheiden, weil sie bis zur 6. Schulstufe dieselbe Schulbildung genießen. Hier wäre es eventuell sinnvoll, bei zukünftigen Studien Schularten zu wählen, die sich mehr unterscheiden, z.b. Haupschule und Gymnasium. Den Ergebnissen der Untersuchung zufolge sind Mädchen empathischer als Jungen. Dieser Befund entspricht auch dem Ergebnis von der Untersuchung von Meindl (1998). Dies könnte damit erklärt werden, dass die Mädchen aufgrund sozialer Lernmechanismen unterschiedliche Geschlechterrollen erworben haben. So bezeichnet Schenk (1979, S. 107) die Eigenschaften risikobereit, unabhängig und selbstbewußt als typisch männ- 23

24 Diskussion lich, während Frauen eher Sanftheit, Einfühlsamkeit und emotionale Ausdrucksfähigkeit zugesprochen werden. Auch in den Medien sind diese Geschlechtsrollenstereotype präsent. Somit könnten die geschlechtsspezifische Erziehung und der Einfluss der Medien für die Unterschiede in der Empathiefähigkeit von Mädchen und Jungen verantwortlich sein. Des weiteren könnten die im Fragebogen vorhandenen Rechtschreibfehler und Fehler in der Formulierung einen Einfluss auf die Antworten der Schüler gehabt haben. Um dieses in einer weiteren Untersuchung auszuschließen, müsste der Fragebogen vorher noch einmal überarbeitet und korrigiert werden. Und natürlich stellt sich die Frage, in wiefern die vorgegebenen Antworten wirklich den Gefühlen der in den Situationen auftretenden Personen entsprechen. Vielleicht hätte man in einer Voruntersuchung erst einmal die empathischen (?) Reaktionen der Jugendlichen in dieser Altersklasse auf die vorgegebenen Situationen mittels offener Beantwortung ermitteln sollen. 24

25 Zusammenfassung 6. Zusammenfassung Ziel der vorliegenden Arbeit war die Verbesserung und Validierung eines bereits bestehenden Fragebogens zur Messung von Empathie. Dieser im Rahmen einer Diplomarbeit entstandene Fragebogen (Meindl, 1998) bestand aus 15 alltäglichen Situationen, in denen vom Probanden die Gefühle der Hauptpersonen anhand vorgegebener Antworten eingeschätzt werden mussten. Der Fragebogen wurde auf 25 Situationen erweitert, die drei statt der ursprünglichen zwei Antwortmöglichkeiten enthielten. Anhand zweier anderer Fragebögen wurde in einer Untersuchung an einer Haupt- und einer Realschule, an der 100 Schüler teilnahmen, die Validität des Fragebogens untersucht. Dabei ergaben sich folgende Ergebnisse: Von den Items hatten nur vier eine negative Trennschärfe, diese müssen aus dem Fragebogen entfernt werden. Die Reliabilität des Fragebogens ist mit einem Alpha- Koeffizienten von.76 hinreichend hoch. Die Objektivität wird durch eine schriftliche Instruktion und einfaches Zusammenzählen der richtigen Antworten gewährleistet. Die erhobenen Empathiewerte korrelierten aber weder mit den Werten zur aggressiven Ich-Durchsetzung noch mit den Werten zur Werteakzeptanz signifikant. Auch ein Unterschied bezüglich der Schularten ließ sich nicht feststellen. Jedoch konnte die Hypothese, dass Mädchen höhere Werte als Jungen erreichen, bestätigt werden. 25

26 Literatur 7. Literatur Meindl, C. (1998). Entwicklung und Validierung eines Fragebogens zur Erfassung von Empathie und seine Anwendung im Rahmen eines Empathietrainings. Universität Regensburg: unveröffentlichte Diplomarbeit. Lienert, G. A. (1969). Testaufbau und Testanalyse (3. ergänzte Auflage). Weinheim: Beltz. Purrmann-Videnz, M. (1999). Empathie - motivationale Grundlage prosozialen Verhaltens. Universität Engelskirchen: unveröffentlichte Magisterarbeit. Schenk, H. (1979). Geschlechtsrollenwandel und Sexismus. Weinheim: Beltz Scheungrab, M. (1988). Medienkonsum und Delinquenz. Universität Regensburg: unveröffentlichte Diplomarbeit. Seitz, W. & Rausche, A. (1976). Persönlichkeitsfragebogen für Kinder. Westermann: Braunschweig. 26

27 Anhang 8. Anhang Liebe Schülerinnen, liebe Schüler! Im folgenden Fragebogen geht es darum, wie ihr bestimmte Alltagssituationen beurteilt und die Gedanken und Gefühle der Personen in diesen Situationen einschätzt. Es geht bei diesem Fragebogen nicht um richtige oder falsche Antworten; wichtig sind nur eure persönlichen Ansichten und Meinungen. Es ist wichtig, dass ihr wirklich ankreuzt, was ihr denkt. Die Befragung dient einem wissenschaftlichen Zweck, und eure Antworten werden weder der Schule, noch den Lehrern oder euren Eltern zugänglich gemacht. Nennt deshalb bitte auch nicht euren Namen. Wenn ihr den Fragebogen ausgefüllt habt, überprüft bitte noch einmal, dass ihr auch wirklich jede einzelne Frage beantwortet habt. Die Untersuchung und Auswertung der Daten erfolgen anonym. Vielen Dank für eure Mitarbeit! 27

28 Anhang Zum Schluss bitten wir dich noch um einige Angaben zu deiner Person! 1. Geschlecht: männlich weiblich 2. Alter:... (Jahre) 3. In welche Schule gehst Du?... (Schulart) 4. In welche Klasse gehst Du?... (Klasse) Der Fragebogen ist zu Ende! Vielen Dank für Deine Mitarbeit! 41