Der melderechtliche Hauptwohnsitz und seine Auswirkungen auf andere Amtsstellen

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1 Der melderechtliche Hauptwohnsitz und seine Auswirkungen auf andere Amtsstellen Diplomarbeit Lehrgang Verwaltungsökonom/in Kanton Thurgau 2014 Verfasser/in: Peter Mettier Eingereicht am: 3. Oktober 2014

2 Vorwort II Vorwort Der Wohnsitz hat im schweizerischen Recht eine grosse Bedeutung. Schweizerinnen und Schweizer haben gemäss Bundeverfassung das Recht, sich an jedem Ort des Landes niederzulassen. Der im öffentlichen Recht definierte Auftrag an die politischen Gemeinden lautet, alle Personen zu erfassen, die innerhalb der Gemeinde tatsächlich einen Lebensmittelpunkt begründen oder einen vorübergehenden Aufenthalt haben. Das vom Einwohneramt geführte Einwohnerregister gibt Auskunft über den aktuellen Stand der Bevölkerung und ist Grundlage jeder einwohnerbezogenen Verwaltungstätigkeit der Gemeinde und des Kantons. Sobald eine Person im Einwohnerregister einer Gemeinde angemeldet wird, löst dies eine ganze Reihe von weiteren Verwaltungstätigkeiten aus. Die Auswirkungen auf andere Amtsstellen einer Gemeinde, des Kantons oder des Bezirks sind enorm. Auf den folgenden Seiten erhalten Sie einen Einblick in die Definitionen und Auswirkungen verschiedener Wohnsitzbegriffe des privaten und öffentlichen Rechts. Mit dieser Arbeit möchte ich das Verständnis für gegenseitiges Handeln wecken, eine bereichsübergreifende und vertrauensfördernde Arbeitskultur fördern und die Entscheidungskompetenz der Einwohnerdienste erhöhen. Frauenfeld, 4. September 2014 Peter Mettier

3 Inhaltsverzeichnis III Inhaltsverzeichnis Vorwort... II Inhaltsverzeichnis... III Quellenverzeichnis... V 1 Einleitung Die Wohnsitzbegriffe des privaten und öffentlichen Rechts Der melderechtliche Wohnsitz des Einwohneramtes Niederlassungsgemeinde Aufenthaltsgemeinde Gesetzliche Grundlagen Bundesverfassung Registerharmonisierungsgesetz Kantonale Erlasse Der privatrechtliche Wohnsitz gemäss Zivilgesetzbuch Der Einfluss auf den Wohnsitz im öffentlichen Recht Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde Der Wohnsitz der AHV-Zweigstelle Der Wohnsitz der Krankenkassenkontrollstelle Versicherungspflicht Prämienverbilligung Beiträge für in Verlustscheinen ausgewiesene Forderungen Pflegefinanzierung Der Wohnsitz des Sozialamtes Der Wohnsitz des Arbeitsamtes Der Wohnsitz des Steueramtes Der Wohnsitz des Bürgerrechtsdienstes Der Wohnsitz des Stimmregisterbüros Der Wohnsitz des Bestattungsamtes Weitere Organe der Gemeinde Umfrage Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen des Kantons Sozialversicherungszentrum Gesundheitsamt des Kantons Thurgau Sozialamt des Kantons Thurgau Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Steuerverwaltung Strassenverkehrsamt Wohnsitz in der Schweiz Zuständige Behörde Migrationsamt Amt für Bevölkerungsschutz und Armee Zivilstandsamt des Bezirks Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen Notariat Grundbuchamt Passbüro Veterinäramt Kirchgemeinden Schulgemeinden... 31

4 Inhaltsverzeichnis IV 6.17 Betreibungsamt Friedensrichteramt Gemeindepolizei Kantonspolizei / Kriminalpolizei Straf- und Massnahmenvollzug / Kantonalgefängnis Staatsanwaltschaft, Bezirks-, Ober- und Verwaltungsgericht Umfrage "Das Melderecht im kantonalen Vergleich" Gemeindeautonomie Mietvertrag als Beweismittel Aufenthalt unter drei Monaten Meldepflicht für Schweizer mit Hauptwohnsitz im Ausland Persönliche Meldepflicht in Kollektivhaushalten Fazit Schlusswort Anhang A Übersicht Wohnsitze Anhang B Beispiel Umfrage... 39

5 Quellenverzeichnis V Quellenverzeichnis Rechtsquellen: SR 101 SR SR Bundesverfassung (BV) Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (BüG) Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) SR Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) SR SR SR SR 210 SR SR 272 SR 291 SR Bundesgesetz über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (AwG) Verordnung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (VAwG) Bundesgesetz über die politischen Rechte Art. 2 und 3 (BPR) Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB) Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) Bundesgesetz über die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer amtlicher Personenregister (RHG) SR Registerharmonisierungsverordnung (RHV) SR SR SR SR SR SR Bundesgesetz über die Armee und Militärverwaltung (MG) Verordnung über das Militärische Kontrollwesen (VmK) Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) Strassenverkehrsgesetz (SVG) Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV) Bundesgesetz über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)

6 Quellenverzeichnis VI SR Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) SR Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) SR SR SR RB RB Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung (AVIV) Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (ZUG) Gesetz über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht (KBüG) Gesetz über das Einwohnerregister sowie kantonaler Register (ErG) RB Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz über das Einwohnerregister sowie kantonale Register (ErV) RB Verordnung des Regierungsrates zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und zum Freizügigkeitsabkommen (RRV) RB RB RB RB RB RB RB RB RB Gesetz über das Stimm- und Wahlrecht (StWG) Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz über das Stimm- und Wahlrecht (StWV) Gesetz über die Staats- und Gemeindesteuern (StG) Gesetz über das Gesundheitswesen (GG) Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe (SHG) Verordnung des Regierungsrates zum Einführungsgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung und über die Invalidenversicherung (AHV/IV) Gesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) Gesetz über die Krankenversicherung (TG KVG) Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz über die Krankenversicherung (TG KVV)

7 Quellenverzeichnis VII Referate: RA lic. iur. Peter Rütimann (2013), Das Melderecht unter Einbezug des Datenschutzes, Lehrgang Fachperson Einwohnerdienste Handbücher/Internetquellen: Bundesamt für Statistik/Registerharmonisierung: [ } Amtlicher Katalog der Merkmale: onid=5567 [ ] Handbuch für solothurnische Gemeinden (2014): [ ] Handbuch Verband Aargauer Einwohnerkontrollen (2013): [ ] Handbuch Zürcherischer Einwohnerkontrollen (2014): [ ]

8 Kapitel 1: Einleitung 8 1 Einleitung Das Einwohneramt ist die zentrale Datenbasis der Verwaltung. Eine korrekte Registerführung mit verifizierten, aktuellen Einwohnerdaten ist von grosser Bedeutung. Sie ist die Grundlage für eine optimale Dienstleistung gegenüber Verwaltung und Einwohnern. Die im Einwohnerregister geführten Personen stehen alle in einem Meldeverhältnis mit der Gemeinde. Dabei unterscheidet man zwischen Niederlassung und Aufenthalt. Die Bedeutung ist jedoch für schweizerische und ausländische Staatsangehörige unterschiedlich. Deshalb wird in kantonalen Erlassen auch von Haupt- und Nebenwohnsitz gesprochen. Die meisten Personen haben einen einzigen Wohnsitz mit dem Meldeverhältnis Hauptwohnsitz. 2 Die Wohnsitzbegriffe des privaten und öffentlichen Rechts Es wird nicht nur beim Einwohneramt von Wohnsitz gesprochen. Auch andere Amtsstellen des öffentlichen Rechts wie das Steueramt, die AHV-Zweigstelle, das Stimmregisterbüro, das Arbeitsamt, das Sozialamt etc. verwenden den Begriff Wohnsitz. Fehlt in den öffentlich-rechtlichen Gesetzen eine genaue Definition, wird meist auf den privatrechtlichen Wohnsitz gemäss ZGB verwiesen oder es wird dieser gemäss Rechtslehre und Rechtssprechung analog angewendet. In seltenen Fällen ist nicht definiert, von welchem Wohnsitz gesprochen wird, und es muss auf die bestehende Praxis (Gewohnheitsrecht) abgestützt werden. In der Umgangssprache wird das Wort Wohnsitz hauptsächlich mit dem privatrechtlichen Wohnsitz gemäss ZGB in Verbindung gebracht. Einen Überblick über die verschiedenen Wohnsitze der öffentlichen Verwaltung erhalten Sie in der Tabelle Anhang A.

9 Kapitel 3: Der melderechtliche Wohnsitz des Einwohneramtes 9 3 Der melderechtliche Wohnsitz des Einwohneramtes Der gesetzliche Auftrag an das Einwohneramt einer politischen Gemeinde lautet, alle Personen zu erfassen, die innerhalb der Gemeinde einen Lebensmittelpunkt begründen oder einen Aufenthalt haben. Die Gemeinde hat ein Interesse zu wissen, wer sich auf ihrem Gemeindegebiet aufhält. Das Einwohneramt beurteilt den Wohnsitz mehrheitlich gemäss den gesetzlichen Grundlagen des öffentlichen Rechts, dem Melderecht. Dieses unterscheidet zwischen den beiden Wohnsitzbegriffen Niederlassung (Hauptwohnsitz) und Aufenthalt (Nebenwohnsitz). 3.1 Niederlassungsgemeinde Ist die Hauptwohnsitzgemeinde in der sich eine Person in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, um dort den Mittelpunkt ihres Lebens zu begründen, welcher für Dritte erkennbar sein muss; eine Person wird in derjenigen Gemeinde als niedergelassen betrachtet, in der sie das erforderliche Dokument hinterlegt hat, und sie kann nur einen Hauptwohnsitz haben. Für die Begründung eines melderechtlichen Hauptwohnsitzes müssen drei Merkmale erfüllt sein 1 : 1. Absicht: subjektives Merkmal, setzt Urteilsfähigkeit und Mündigkeit voraus 2. Aufenthalt: physische Anwesenheit; objektives Merkmal, d.h. für Dritte äusserlich wahrnehmbar 3. Dauernder Verbleib: mind. 3 aufeinanderfolgende Monate 3.2 Aufenthaltsgemeinde Ist die Nebenwohnsitzgemeinde, in der sich eine Person zu einem bestimmten Zweck ohne Absicht dauernden Verbleibens mindestens während dreier aufeinanderfolgender Monate oder dreier Monate innerhalb eines Jahres aufhält; der Aufenthalt zum Zweck des Besuchs einer Lehranstalt oder Schule und die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs-, Versorgungs-, Heil- oder Strafanstalt begründen einen Nebenwohnsitz. 1 RA lic. iur. Peter Rütimann (2013), Das Melderecht unter Einbezug des Datenschutzes, Lehrgang Fachperson Einwohnerdienste

10 Kapitel 3: Der melderechtliche Wohnsitz des Einwohneramtes Gesetzliche Grundlagen Bundesverfassung Es besteht für jeden nicht bevormundeten Schweizerbürger ein verfassungsmässiges Recht auf freie Niederlassung. Gem. Art. 24 Abs. 1 der Bundesverfassung kann sich jeder Schweizer und jede Schweizerin an jedem beliebigen Ort des Landes niederlassen. BV, Art. 24 Niederlassungsfreiheit 1 Schweizerinnen und Schweizer haben das Recht, sich an jedem Ort des Landes niederzulassen. 2 Sie haben das Recht, die Schweiz zu verlassen oder in die Schweiz einzureisen. Die Niederlassungsfreiheit berechtigt allerdings nicht, einen beliebigen Ort als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, ohne dass die Absicht, dauernd an diesem Ort zu bleiben und ein Mittelpunkt der Lebensbeziehungen deutlich werden Registerharmonisierungsgesetz Lange Zeit fehlte eine eidgenössische Rechtsgrundlage zur Vereinheitlichung des Personenmeldewesens. Das Bundesgesetz über die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer amtlicher Personenregister (Registerharmonisierungsgesetz, RHG) vom 23. Juni 2006 stellt nun einheitliche Wohnsitzbegriffe und Vorschriften auf: RHG, Art. 3 Begriffe a.einwohnerregister: manuell oder elektronisch durch den Kanton oder die Gemeinde geführtes Register, in dem alle Personen erfasst sind, die sich im Kanton oder in der Gemeinde niedergelassen haben oder aufhalten; b.niederlassungsgemeinde: Gemeinde, in der sich eine Person in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, um dort den Mittelpunkt ihres Lebens zu begründen, welcher für Dritte erkennbar sein muss; eine Person wird in derjenigen Gemeinde als niedergelassen betrachtet, in der sie das erforderliche Dokument hinterlegt hat, und kann nur eine Niederlassungsgemeinde haben; c.aufenthaltsgemeinde: Gemeinde, in der sich eine Person zu einem bestimmten Zweck ohne Absicht dauernden Verbleibens mindestens während dreier aufeinander folgender Monate oder dreier Monate innerhalb eines Jahres aufhält; der Aufenthalt zum Zweck des Besuchs einer Lehranstalt oder Schule und die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs-, Versorgungs-, Heiloder Strafanstalt begründen eine Aufenthaltsgemeinde. Das Registerharmonisierungsgesetz gibt einen Rahmen vor, welchen die Kantone einhalten müssen. Das Registerharmonisierungsgesetz ermöglicht einen elektronischen Austausch von Personendaten zwischen den verschiedenen Registern wie

11 Kapitel 3: Der melderechtliche Wohnsitz des Einwohneramtes 11 zum Beispiel den Einwohnerregistern, dem informatisierten Standesregister (IN- FOSTAR) oder dem zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS). Ausserdem soll das Gesetz durch Schaffung einer einheitlichen und auf die Zielsetzung ausgerichteten Datenbasis auch die Durchführung der elektronischen Volkszählung ermöglichen (Art. 65 BV) Kantonale Erlasse Der Wohnsitzbegriff des Einwohneramtes orientiert sich am gesetzlichen Auftrag, alle Personen zu erfassen, die innerhalb der betreffenden Gemeinde Niederlassung oder Aufenthalt begründen. Niederlassung und Aufenthalt müssen in einem verwaltungsrechtlichen Erlass definiert werden. Die Registrierung im Einwohnerregister wird im öffentlichen Recht der Kantone geregelt und von den Gemeinden vollzogen. Das bedeutet, dass es in der Schweiz faktisch 26 ähnliche Definitionen von Niederlassung und Aufenthalt gibt. Im Thurgauer Gesetz über das Einwohnerregister sowie kantonale Register ist der Wohnsitz wie folgt geregelt: 4 Hauptwohnsitz 1 Hauptwohnsitz im Sinne dieses Gesetzes hat eine Person in der Gemeinde, in der sie sich in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, um dort den Mittelpunkt ihres Lebens zu begründen, der für Dritte erkennbar sein muss. 2 Eine Person kann nur einen Hauptwohnsitz haben. 5 Nebenwohnsitz 1 Nebenwohnsitz im Sinne dieses Gesetzes hat eine Person in der Gemeinde, in der sie sich zu einem bestimmten Zweck ohne Absicht dauernden Verbleibens mindestens während dreier aufeinander folgender Monate oder dreier Monate innerhalb eines Jahres aufhält. 2 Der Aufenthalt zum Zweck des Besuchs einer Lehranstalt oder Schule und die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs-, Versorgungs-, Heil- oder Strafanstalt begründen einen Nebenwohnsitz. 3 Einen Nebenwohnsitz kann nur begründen, wer einen schweizerischen Hauptwohnsitz hat. Der Wohnsitz von Minderjährigen oder Personen unter umfassender Beistandschaft ist im öffentlichen Recht nicht geregelt und wird analog des privaten Rechts des Zivilgesetzbuches angewendet.

12 Kapitel 4: Der privatrechtliche Wohnsitz gemäss Zivilgesetzbuch 12 4 Der privatrechtliche Wohnsitz gemäss Zivilgesetzbuch Der "Urbegriff" des Wohnsitzes ist im Zivilgesetzbuch definiert. Der zivilrechtliche Wohnsitz wird häufig auch als gesetzlicher Wohnsitz bezeichnet dient der Schaffung einer generellen Zuständigkeit in privatrechtlichen Angelegenheiten (z.bsp. bei Gerichtsverfahren oder Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden). ZGB Art Wohnsitz a. Begriff 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz. 2 Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben. 3 Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen. Art. 24 b. Wechsel im Wohnsitz oder Aufenthalt 1 Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes. 2 Ist ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar oder ist ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben und in der Schweiz kein neuer begründet worden, so gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz. Art. 25 c. Wohnsitz Minderjähriger 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. 2 Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde. Art. 26 d. Wohnsitz Volljähriger unter umfassender Beistandschaft Volljährige unter umfassender Beistandschaft haben ihren Wohnsitz am Sitz der Erwachsenenschutzbehörde Der Einfluss auf den Wohnsitz im öffentlichen Recht Der zivilrechtliche Wohnsitz hat einen grossen Einfluss auf die Wohnsitzbegriffe der öffentlichen Verwaltung. Die Definition Absicht des dauernden Verbleibs ist denn 2 Als Sitz der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde gilt unter anderem die Gemeinde, in welcher die Person bei Errichtung der Vormundschaft oder der umfassenden Beistandschaft ihren Wohnsitz hat (RB 210.1, 16e EG ZGB)

13 Kapitel 4: Der privatrechtliche Wohnsitz gemäss Zivilgesetzbuch 13 auch in verschiedenen Erlassen des öffentlichen Rechts wiederzufinden. Oft wird ganz einfach auf den zivilrechtlichen Wohnsitz verwiesen. Fehlen jedoch im öffentlichen Recht (geschriebenes Recht) Bestimmungen über den Wohnsitz einer Person, muss auf die Praxis (Gewohnheitsrecht) oder auf die die Rechtslehre/Rechtsprechung abgestützt werden. In den allermeisten Fällen wir dann der Wohnsitz im öffentlichen Recht analog dem zivilrechtlichen Wohnsitz angewendet. So stützt sich beispielsweise das Einwohneramt beim Wohnsitz von minderjährigen Kindern auf das Privatrecht gemäss Art. 25 ZGB. Auch Personen unter umfassender Beistandschaft werden im Melderecht analog dem privatrechtlichen Wohnsitz gem. Art. 26 ZGB geregelt. Der Hauptunterschied zwischen dem privatrechtlichen Wohnsitz gemäss ZGB und dem melderechtlichen Wohnsitz des Einwohneramtes besteht darin, dass eine Person nach ZGB immer einen Wohnsitz hat, melderechtlich jedoch auch keinen oder mehrere Wohnsitze haben kann. Gemäss ZGB bleibt ein Wohnsitz fiktiv bestehen, bis ein neuer begründet wird. Bei unbekanntem Wohnsitz gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz. Letztendlich wird der zivilrechtliche Wohnsitz einer Person jedoch immer an den räumlichen Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen geknüpft. Wo dieser Mittelpunkt liegt, wird aus dem tatsächlichen Verhalten geschlossen. Nicht entscheidend ist, wo die Person ihre Papiere hinterlegt hat oder wo sie angemeldet ist. 3 Gemäss Bundesgerichtsurteil BGE 127 V 237 betreffend Festlegung und Ausrichtung von Ergänzungsleistungen befindet sich der Wohnsitz einer Person am Ort wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibs aufhält und den sie sich zum Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gemacht hat. 4 Für die Begründung des Wohnsitzes müssen somit zwei Merkmale erfüllt sein: Ein objektives Äusseres, der Aufenthalt, sowie ein subjektives Inneres, die Absicht dauernden Verbleibens. Nach der Rechtsprechung kommt es nicht auf den inneren Willen an, sondern darauf, auf welche Absicht die erkennbaren Umstände objektiv schliessen lassen. 5 3 ZGB für den Alltag, Beobachter Edition (2013) 4 BGE 127 V 237 E. 1 S. 238; BGE 125 III 100 E. 3 S BGE 127 V 237 E. 1 S.238; BGE 125 V 76 E

14 Kapitel 5: Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde 14 5 Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde Nahezu alle Abteilungen einer Gemeindeverwaltung haben ein Interesse zu wissen, wer sich auf ihrem Gemeindegebiet aufhält. Das Einwohnerregister gibt dabei Auskunft über den aktuellen Stand der Bevölkerung, und es ist die Grundlage jeder einwohnerbezogenen Verwaltungstätigkeit der Gemeinde. 5.1 Der Wohnsitz der AHV-Zweigstelle Im Sozialversicherungsrecht bestimmt sich der Wohnsitz einer Person nach den Artikeln des Zivilgesetzbuches. Ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat eine Person an dem Ort, an dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum Vornherein befristet ist. SR Bundesgesetz über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), Art. 13 Die Gemeindezweigstellen arbeiten nach den Weisungen der AHV-Ausgleichskasse und erteilen insbesondere Auskünfte im Rahmen der Durchführung der AHV/IV. RB Verordnung des Regierungsrates zum Einführungsgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung und über die Invalidenversicherung Gesuche um Ausrichtung von Ergänzungsleistungen sind schriftlich bei der Gemeindezweigstelle am zivilrechtlichen Wohnsitz der gesuchstellenden Person einzureichen. Die kantonale Ausgleichskasse ist für die Festsetzung, Auszahlung und allfällige Rückforderungen von Ergänzungsleistungen zuständig. RB Gesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, 1 und 2 Eine Anmeldung einer Person im Einwohnerregister bewirkt, dass die Zuständigkeit der Gemeindezweigstelle und damit der Vollzug in die betreffende Gemeinde gewechselt hat. Eine Abmeldung einer Person aus dem Einwohnerregister bewirkt einen Wechsel der Zuständigkeit der Gemeindezweigstelle, sofern es gleichzeitig in einer anderen Gemeinde zu einer Anmeldung kommt und damit ein zivilrechtlicher Wohnsitz begründet wird. Wird jedoch kein neuer zivilrechtlicher Wohnsitz begründet, bleibt die alte Gemeinde zuständig.

15 Kapitel 5: Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde Der Wohnsitz der Krankenkassenkontrollstelle Versicherungspflicht Der krankenversicherungsrechtliche Wohnsitz richtet sich nach dem zivilrechtlichen Wohnsitz gem. Art des Zivilgesetzbuches. Personen mit zivilrechtlichem Wohnsitz in der Schweiz müssen sich innert drei Monaten nach der Wohnsitznahme oder der Geburt in der Schweiz für Krankenpflege versichern lassen. SR Bundesgesetz über die Krankenversicherung, Art. 3 SR Verordnung über die Krankenversicherung (KVV), Art Prämienverbilligung Die Prämienverbilligung für die obligatorische Krankenversicherung wird Personen mit steuerrechtlichem Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton ausgerichtet. Für die Berechtigung massgebend sind die persönlichen Verhältnisse am 1. Januar des Jahres, in welchem die Prämienverbilligung ausgerichet wird. Auch Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz, die gemäss KVG bei einem Schweizer Krankenversicherer obligatorisch grundversichert sind, haben Anspruch auf Prämienverbilligung, sofern sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen und bei der zuständigen Gemeinde einen Antrag auf Prämienverbilligung stellen. RB Gesetz über die Krankenversicherung, Beiträge für in Verlustscheinen ausgewiesene Forderungen Die Wohnsitz- oder Aufenthaltsgemeinde des Versicherten übernimmt nach Massgabe des KVG die in der Schlussabrechnung des Versicherers ausgewiesenen Forderungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, die zur Ausstellung eines Verlustscheines geführt haben. Die Wohnsitz- oder Aufenthaltsgemeinde, die solche Forderungen übernommen hat, hat gegenüber früheren Wohnsitz- und Aufenthaltsgemeinden im Kanton das Rückgriffsrecht anteilmässig für dort entstandene Forderungen, die in den Verlustscheinen und gleichwertigen Rechtstiteln zusammengefasst wurden. Der Begriff Wohnsitz bezieht sich dabei auf den zivilrechtlichen Wohnsitz. Mit dem Begriff Aufenthaltsgemeinde ist der tatsächliche Aufenthalt einer Person gemeint, ohne dass diese einen melderechtlichen Wohnsitz begründet (Flotante). Ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat eine Person an dem Ort, an dem sie während längerer

16 Kapitel 5: Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde 16 Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum Vornherein befristet ist (SR Bundesgesetz über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), Art. 13). RB Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz über die Krankenversicherung Pflegefinanzierung Es haben Personen Anspruch auf Pflegefinanzierung, welche vor dem Heimeintritt einen gesetzlichen (zivilrechtlichen) Wohnsitz im Kanton Thurgau hatten. Ebenfalls müssen sie sich in einem Heim für Langzeitpflege befinden. Gesuche um Ausrichtung der Restfinanzierung sind schriftlich bei der AHV-Zweigstelle am Wohnsitz des Leistungsbezügers oder der Leistungsbezügerin einzureichen. Mit dem gesetzlichen Wohnsitz ist der zivilrechtliche Wohnsitz gemeint. RB Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz über die Krankenversicherung Die Auswirkungen einer Anmeldung einer Person im Einwohnerregister sind: Die betreffende Person wird verpflichtet, innert drei Monaten seit Zuzug eine obligatorische Grundversicherung nachzuweisen. Der steuerrechtliche und damit auch indirekt der melderechtliche Wohnsitz am 1. Januar eines Jahres, ist u.a. Voraussetzung für den Anspruch auf eine Prämienverbilligung für die obligatorische Krankenversicherung. Eine Anmeldung einer Person gilt als Hauptindiz für die Übernahme von Forderungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, die zur Ausstellung eines Verlustscheines geführt haben. Wird eine Person in einer Gemeinde des Kantons Thurgau angemeldet, hat sie Anspruch auf Pflegefinanzierung, falls sie sich in einem Thurgauer Heim für Langzeitpflege befindet. Eine Abmeldung einer Person im Einwohnerregister gilt als Hauptindiz, dass ab diesem Zeitpunkt auch der Aufenthaltsort wechselt und für die Übernahme von Forderungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung eine andere Gemeinde zuständig ist, sofern die betreffende Person an einem anderen Ort einen zivilrechtlichen Wohnsitz oder einen befristeten Aufenthalt begründet.

17 Kapitel 5: Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde Der Wohnsitz des Sozialamtes Bedürftige haben ihren Unterstützungswohnsitz am Ort, wo sie sich mit der Absicht des dauernden Verbleibs aufhalten, wobei der Aufenthalt in einem Heim, einem Spital oder einer anderen Einrichtung und die behördliche Unterbringung einer volljährigen Person keinen Unterstützungswohnsitz begründen. Solange der Ort, wo sich die Person mit der Absicht des dauernden Verbleibs aufhält, nicht feststeht oder wenn jemand unaufschiebbar der Hilfe bedarf, ist die Gemeinde des Aufenthaltsorts zuständig. SR Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger, Art. 4, 5 und 9 RB Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe, 4 SR 210 ZGB, Art Eine Anmeldung einer Person im Einwohnerregister gilt als Wohnsitzbegründung (Mitindiz für den dauernden Verbleib), wenn nicht nachgewiesen ist, dass der Aufenthalt schon früher oder erst später begonnen hat oder nur vorübergehender Natur ist. Eine Abmeldung einer Person im Einwohnerregister bewirkt: Ist der Zeitpunkt des Wegzugs zweifelhaft, so gilt derjenige der melderechtlichen Abmeldung. 5.4 Der Wohnsitz des Arbeitsamtes Als Wohnsitz des/der Versicherten gilt sein/ihr Wohnsitz nach den Artikeln 23 und 24 des Zivilgesetzbuches. Der einmal begründete Wohnsitz bleibt bestehen bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes. Bevormundete Versicherte, die sich gewöhnlich nicht am Ort aufhalten, wo die Vormundschaftsbehörde ihren Sitz hat, können sich mit schriftlicher Einwilligung des Vormundes an die zuständige Amtsstelle ihres Aufenthaltsortes wenden. Wochenaufenthalter führen die Beratungs- und Kontrollgespräche mit der zuständigen Amtsstelle ihres Haupt- oder Nebenwohnsitzes. Der Arbeitssuchende gilt erst dann als ganz oder teilweise arbeitslos, wenn er sich beim Arbeitsamt seines Wohnortes zur Arbeitsvermittlung gemeldet hat. In Art. 10 Abs. 3 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) ist jedoch nicht klar umschrieben, welcher Wohnsitz damit gemeint ist. Zu Missverständnissen führen kann die Situation, wenn sich eine Person ohne melderechtlichen Wohnsitz bei einem Arbeitsamt zur Arbeitsvermittlung anmelden will. Denn obwohl sich der Wohnsitz des Arbeits-

18 Kapitel 5: Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde 18 amtes grundsätzlich auf den zivilrechtlichen Wohnsitz bezieht, stützt sich das Arbeitsamt in der Praxis auf den melderechtlichen Wohnsitz des Einwohneramtes. Stellt sich jedoch heraus, dass die Person in der betreffenden Gemeinde (noch) keinen melderechtlichen Wohnsitz begründet, wäre sie grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass die Anmeldung zur Arbeitsvermittlung am letzten zivilrechtlichen Wohnort erfolgen müsste. Ob es jedoch in der Praxis keine bessere Lösung gibt, wird derzeit vom Rechtsdienst des Amtes für Wirtschaft und Arbeit geprüft. SR Bundesgesetz über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), Art. 13 SR Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG), Art. 8, 10 und 18 SR Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV), Art. 18 und 19 Welchen Einfluss eine An- oder Abmeldung einer Person im Einwohnerregister die Anmeldung zur Arbeitsvermittlung und zum Bezug von Arbeitslosengeldern hat, ist derzeit in rechtlicher Abklärung. Die Zuständigkeit definiert sich nach den Gesetzen der Arbeitslosenversicherung. 5.5 Der Wohnsitz des Steueramtes Für das Steueramt gilt der steuerrechtliche und wirtschaftliche Wohnsitz. Einen steuerrechtlichen Wohnsitz hat, wer sich mit der Absicht des dauernden Verbleibs aufhält. Der Begriff des Wohnsitzes lehnt sich dabei an den Wohnsitzbegriff im Zivilgesetzbuch an. Der steuerrechtliche Wohnsitz ist an zwei Voraussetzungen geknüpft: 1. Objektive Voraussetzung: der Aufenthalt, 2. Subjektive Voraussetzung: die Absicht des dauernden Verbleibens. Einen steuerrechtlichen Aufenthalt hat eine Person, wenn sie in der Schweiz ungeachtet vorübergehender Unterbrechung: a) während mindestens 30 Tagen verweilt und eine Erwerbstätigkeit ausübt, b) während mindestens 90 Tagen verweilt und keine Erwerbstätigkeit ausübt. Natürliche Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt können aufgrund ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit ebenfalls steuerpflichtig werden (Geschäft oder Grundstück).

19 Kapitel 5: Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde 19 RB Gesetz über die Staats- und Gemeindesteuern, 7-9 SR Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Art. 3 SR 210 ZGB, Art Eine Anmeldung einer Person im Einwohnerregister bewirkt grundsätzlich eine Aufnahme im Steuerregister. Eine Abmeldung einer Person im Einwohnerregister bewirkt in der Regel eine Entlassung aus dem Steuerregister. 5.6 Der Wohnsitz des Bürgerrechtsdienstes Kantons- oder Schweizerbürger können sich um die Aufnahme in das Gemeindebürgerrecht bewerben, wenn sie bei Einreichung des Gesuches ihren Wohnsitz seit mindestens zwei Jahren ohne Unterbruch in der politischen Gemeinde haben. Es ist aus den Erlassen nicht ersichtlich, ob sich der Wohnsitzbegriff des Bürgerrechtsdienstes auf den zivilrechtlichen oder auf den melderechtlichen Wohnsitz bezieht. Das Wohnsitzerfordernis in den Einbürgerungsgesetzen weist jedoch eine Verwandtschaft zu den Integrationsvoraussetzungen auf. Bewerber müssen in der betreffenden Gemeinde tatsächlich gewohnt und gelebt haben, damit sie mit den örtlichen Verhältnissen vertraut sind. Ein ununterbrochener physischer Aufenthalt ist notwendig, sodass man daraus schliessen kann, dass bei Einbürgerungen auf den melderechtlichen Wohnsitzbegriff abgestützt wird. Ausländer, welche die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung besitzen, können sich um die Aufnahme in das Gemeindebürgerrecht bewerben, wenn sie bei Einreichung des Gesuches ihren Wohnsitz seit mindestens drei Jahren ohne Unterbruch in der politischen Gemeinde haben und während insgesamt mindestens sechs Jahren im Kanton wohnhaft sind. RB Gesetz über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht 5 SR Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (BüG), Art. 15, 27 und 36 Eine An- oder Abmeldung einer Person im Einwohnerregister hat somit direkte Auswirkungen auf die Wohnsitzdauer, welche für eine Einbürgerung massgeblich ist.

20 Kapitel 5: Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde Der Wohnsitz des Stimmregisterbüros Das Einwohnerregister dient zugleich als Stimmregister (Gesetz über das Einwohnerregister sowie kantonaler Register, 1 Abs. 4). Die Stimmabgabe erfolgt am politischen Wohnsitz, nämlich in der Gemeinde, wo der/die Stimmberechtigte wohnt und angemeldet ist. Einen politischen Wohnsitz, der nicht dem zivilrechtlichen resp. dem melderechtlichen Wohnsitz entspricht, können insbesondere haben: Bevormundete, Wochenaufenthalter oder Ehegatten, die sich auf richterliche Anordnung hin mit der Absicht dauernden Verbleibens ausserhalb des gemeinsamen Haushaltes aufhalten. Fahrende stimmen in ihrer Heimatgemeinde ab und sind dort nur in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt. Den für das Stimmregisterbüro massgeblichen politischen Wohnsitz findet man in den folgenden Erlassen: RB Gesetz über das Stimm- und Wahlrecht, 3 und 4 RB Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz über das Stimmund Wahlrecht, 4 SR Bundesgesetz über die politischen Rechte, Art. 2 und 3 SR Verordnung über die politischen Rechte, Art. 1 Eine Anmeldung eines/einer Schweizerbürgers/in im Einwohnerregister bewirkt automatisch einen Eintrag im Stimmregister, ausser die Person sei minderjährig, stehe wegen dauernder Urteilsunfähigkeit unter umfassender Beistandschaft oder werde durch eine vorsorgebeauftragte Person vertreten. 5.8 Der Wohnsitz des Bestattungsamtes Anspruch auf eine Bestattung besteht in jener Gemeinde, in welcher der/die Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes Wohnsitz hatte. Dieser Wohnsitzbegriff aus dem kantonalen Gesundheitsgesetz lehnt sich an den zivilrechtlichen Wohnsitz gemäss ZGB. Hatte der/die Verstorbene keinen festen Wohnsitz, wird er/sie in jener Gemeinde bestattet, in welcher der Tod eingetreten ist. RB Gesetz über das Gesundheitswesen, 37 Eine Anmeldung einer Person im Einwohnerregister gilt als Indiz, dass der Verstorbene Anspruch auf eine Bestattung hat. Eine Abmeldung einer Person im Einwohnerregister gilt als Indiz, dass der Verstorbene keinen Anspruch mehr auf eine Bestattung hat. Dies jedoch nur dann, wenn sich die Person gleichzeitig in einer ande-

21 Kapitel 5: Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde 21 ren Gemeinde angemeldet und dort einen neuen zivilrechtlichen Wohnsitz begründet hat. 5.9 Weitere Organe der Gemeinde Das Amt für Gemeindeentwicklung benutzt statistische Auswertungen der Einwohnerdaten. Fachstelle für Integration: Das Einwohnerregister gibt Auskunft über die Berechtigung für Kursbesuche, Subventionsleistungen im Bereich Integrationsangebote und Frühförderangebote sowie Sozialtarife bei der Kinderbetreuung. Das Einwohnerregister ist die Grundlage für Fakturierungen. Werkbetriebe: Die Werkbetriebe versorgen die Bewohner mit umfassenden Dienstleistungen in den Bereichen Elektrizitiät, Erdgas und Wasser. Für die Erhebung der Gebühren dient ein separates EDV-System, welches laufend mit den Daten des Einwohnerregisters abgeglichen wird. Werkhof: Eine Anmeldung einer Person bewirkt, dass bei dieser Person Entsorgungsgebühren erhoben werden. Finanzamt: Die Daten des Einwohnerregisters werden verwendet für die Erhebung der Hundesteuer, für die Fakturierung von Mietzinsen für gemeindeeigene Liegenschaften sowie für das Inkasso der Verwaltungsrechnungen. Hochbauamt: Für die Wohnnutzung zugelassene Wohnungen werden vom Hochbauamt erfasst und ins eidgenössische Gebäuderegister (GWR) übertragen. Bei der Anmeldung müssen Personen den bestehenden Wohnungen zugewiesen werden. Dabei kommen auch nicht bewilligte Wohnverhältnisse zum Vorschein. Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens werden aktuelle Adressen des Einwohnerregisters verwendet. Tiefbauamt: Für Informationsschreiben bezüglich Hinweisen auf öffentliche Auflagen oder ähnliches werden die Daten der Grundeigentümer aus dem Geodatendienst WebGIS Thurgau bezogen. Zur Verifizierung der Daten wird auch das Einwohnerregister herangezogen.

22 Kapitel 5: Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen einer Gemeinde 22 Zivilschutz / Amt für öffentliche Sicherheit: Wie auch das kantonale Amt für Bevölkerungsschutz und Armee lehnt sich das Amt für öffentliche Sicherheit an den zivilrechtlichen Wohnsitz an. Dieser deckt sich bei einer Anmeldung im Einwohnerregister mit dem melderechtlichen Wohnsitz. Anmeldungen im Einwohnerregister von männlichen Personen zwischen 21 und 40 Jahren werden dem Amt für öffentliche Sicherheit automatisch gemeldet. Dieses gleicht die Daten mit der eigenen Software der Zivilschutzstelle ab. Bei einem Umzug innerhalb des Kantons werden die Daten mit der betreffenden Zivilschutzstelle der Region abgeglichen. Total gibt es im Thurgau 12 regionale Zivilschutzstellen. Feuerwehr: Einmal pro Jahr bezieht die Feuerwehr beim Einwohneramt eine Liste der über 21-jährigen Personen und schreibt diese zwecks Rekrutierung an. Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht: Zuständig ist die Schlichtungsbehörde am Ort der gelegenen Sache. Die Schlichtungsbehörde ist Rechtsberatungsstelle und versucht in formlosen Verhandlungen, die Parteien zu versöhnen. Die Parteien müssen persönlich zur Schlichtungsverhandlung erscheinen. Sollte die Briefpost an eine Privatperson nicht mehr zustellbar sein, gelangt das Sekretariat der Schlichtungsbehörde mit einer Adressanfrage an das betreffende Einwohneramt.

23 Kapitel 6: Umfrage Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen des Kantons 23 6 Umfrage Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen des Kantons 22 Amtsstellen des Kantons Thurgau, der Bezirke sowie Kirch- und Schulgemeinden haben an einer Umfrage zu den Auswirkungen des Melderechts teilgenommen. Dabei kam zum Ausdruck, dass sich eine grosse Mehrheit der Organe auf den melderechtlichen Wohnsitz des Einwohneramtes stützt. Alle 22 Organe holen sich für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben Auskünfte aus den Einwohnerregistern des Kantons Thurgau ein. Auf die Frage, wie häufig sie dies tun würden, antworteten 5 mit "2-5 Mal/Monat", 4 mit "2-5 Mal/Woche" und 13 mit "noch mehr". Telefonisch werden Auskünfte von 17 Organen des Kantons eingeholt, per Mail von 6, per Fax von einem Organ und auf dem Postweg von 3 Organen. 11 Organe haben zum Zeitpunkt der Umfrage bereits eine Abfrageberechtigung beim kantonalen Replikat der Einwohnerregister GERES/PEROB beantragt. 6.1 Sozialversicherungszentrum Im Sozialversicherungsrecht bestimmt sich der Wohnsitz einer Person nach den Artikeln des Zivilgesetzbuches. Ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat eine Person an dem Ort, an dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum Vornherein befristet ist. Auskünfte aus den Einwohnerregistern werden benötigt zur vollständigen Erfassung von Leistungsbezügern oder beitragspflichtigen Mitgliedern. Bei Anmeldungen für Ergänzungsleistungen müssen verschiedene Abklärungen gemacht werden: Wo hält sich der Bürger auf, wann und von wo ist er zu- oder weggezogen? Dabei muss die Karenzfrist betreffend Zuständigkeit der Kantone beachtet werden. Bei Anmeldungen von Familienzulagen müssen bei den Bezügern und bei den Kindern die Personalien überprüft werden. Falls die Formulare nicht über die Gemeindezweigstelle, sondern direkt beim Kanton eingereicht werden, sind die Abklärungen umfassender. Bei unzustellbaren Postsendungen müssen Nachforschungen betrieben werden. Bei einer Anmeldung einer Person im Einwohnerregister wird geprüft, ob diese Leistungsbezügerin ist. Wenn ja, werden die Daten überprüft und erfasst. Zieht eine EL- Bezügerin aus einem anderen Kanton zu, kommt es zu einem Wechsel der Zuständigkeit. Alle in der Schweiz wohnenden oder erwerbstätigen Personen sind in der

24 Kapitel 6: Umfrage Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen des Kantons 24 AHV obligatorisch versichert und müssen Beiträge bezahlen. Auswirkungen haben Anmeldungen von selbstständig erwerbenden, nichterwerbstätigen Personen sowie von Hausdienstarbeitgebern. Bei diesen Personen muss eine Abklärung über den Anschluss an eine Ausgleichskasse erfolgen. Auswirkungen einer melderechtliche Abmeldung einer Person aus dem Einwohnerregister: Zieht eine EL-Bezügerin in einen anderen Kanton, kommt es zu einem Wechsel der Zuständigkeit. Bei selbstständig erwerbenden, nichterwerbstätigen Personen sowie von Hausdienstarbeitgebern muss eine Abmeldung bei der Ausgleichskasse geprüft werden. Bei Kantonswechseln sind zudem die neuen Ausgleichskassen durch das Sozialversicherungszentrum entsprechend zu informieren. 6.2 Gesundheitsamt des Kantons Thurgau Zu den Aufgaben des Gesundheitsamtes gehört die gesundheitspolizeiliche Aufsicht in der stationären und ambulanten Gesundheitsversorgung und die kantonale Umsetzung der Krankenversicherungs- und der Heilmittelgesetzgebung. Dabei stützt sich das Gesundheitsamt nicht alleine auf den zivilrechtlichen Wohnsitz gemäss ZGB, sondern zieht auch den melderechtlichen Wohnsitz des Einwohneramtes in Betracht. Die meisten Auskünfte werden eingeholt zwecks Prüfung der Versicherungspflicht sowie Bezugsberechtigung der Prämienverbilligung, im Falle ausserkantonaler Kostengutsprachen zwecks Prüfung der Zahlungspflicht. 6.3 Sozialamt des Kantons Thurgau Das Sozialamt ist Verbindungs- und Koordinationsstelle betreffend die Heimaufsicht gemäss Interkantonaler Vereinbarung für soziale Einrichtungen (IVSE) sowie Verbindungs- und Koordinationsstelle gemäss Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (ZUG). Das Sozialamt ist auch Koordinationsstelle im Asylbereich zwischen dem Bundesamt für Migration, den Gemeinden und anderen Stellen in Zusammenhang mit der Asylbetreuung. Die meisten Auskünfte bei Einwohnerämtern werden eingeholt zwecks Abklärungen der Zuständigkeit für die Finanzierung von Heimaufenthalten, eher selten für Abklärungen der unterstützungsrechtlichen Zuständigkeit.

25 Kapitel 6: Umfrage Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen des Kantons 25 Eine Anmeldung einer Person im Einwohnerregister ist ein gewichtiges Indiz für die Begründung des zivilrechtlichen oder unterstützungsrechtlichen Wohnsitzes mit der Folge, dass die Zuständigkeit gemäss IVSE oder ZUG daran anknüpft. Sie hat deshalb Einfluss auf die Finanzierungszuständigkeit. Eine Abmeldung einer Person im Einwohnerregister ist ein gewichtiges Indiz für die Aufhebung des zivilrechtlichen oder unterstützungsrechtlichen Wohnsitzes mit der Folge, dass die Zuständigkeit gemäss IVSE oder ZUG ändern kann. Sie hat grosse Bedeutung für die Finanzierungszuständigkeit. 6.4 Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Für die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden ist der privatrechtlichen Wohnsitz gemäss ZGB massgeblich. Auskünfte aus den Einwohnerregistern werden eingeholt zwecks Prüfung der Zuständigkeit für den Erlass von Massnahmen. Eine Anmeldung einer Person im Einwohnerregister ist ein gewichtiges Indiz betreffend die Zuständigkeit für den Erlass von Massnahmen. Eine melderechtliche Abmeldung einer Person aus dem Einwohnerregister für sich alleine hat keine direkten Auswirkungen auf die KESB, sofern es sich nicht um eine zivilrechtliche Wohnsitzveränderung handelt. Der Mandatsträger ist verpflichtet, die neue Wohnsituation der betreffenden KESB zu melden. In der Folge prüft diese eine allfällige Übertragung der Massnahme an die zuständige Behörde des neuen Wohnortes. 6.5 Steuerverwaltung Ab dem 1. Januar 2014 sind alle Thurgauer Gemeinden an das von der kantonalen Steuerverwaltung geführte Personen- und Objekteregister PEROB nach dem Schnittstellenstandard ech-0020 angebunden. Auskünfte, welche die Steuerverwaltung zwecks Führung des Steuerregisters benötigt, holt sie direkt beim PEROB ein. Die Voraussetzungen für einen steuerrechtlichen Wohnsitz sind ähnlich wie diejenigen für einen melderechtlichen Wohnsitz: Der objektive Aufenthalt und die subjektive Absicht des dauernden Verbleibs. Deshalb ist eine An- oder Abmeldung einer Person ein wichtiges Indiz für die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes.

26 Kapitel 6: Umfrage Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen des Kantons Strassenverkehrsamt Auf welchen Wohnsitz sich der Wohnsitzbegriff des Strassenverkehrsamtes bezieht, ist in den betreffenden Erlassen nicht explizit erwähnt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich der Wohnsitz des Strassenverkehrsamtes grundsätzlich an den zivilrechtlichen Wohnsitz gemäss ZGB anlehnt. Bei Wochenaufenthaltern, welche im öffentlichen Melderecht einen Nebenwohnsitz begründen, sieht die Strassenverkehrsverordnung eine spezielle Regelung vor Wohnsitz in der Schweiz Lernfahr- und Führerausweise sowie die Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport werden nur Personen erteilt, die in der Schweiz Wohnsitz haben, sich hier aufhalten oder berufsmässig in der Schweiz immatrikulierte Motorfahrzeuge führen wollen. Für Wochenaufenthalter gilt der Familienwohnsitz als Wohnsitz, sofern sie regelmässig durchschnittlich zwei Mal im Monat dorthin zurückkehren. Verlegt der Ausweisinhaber den Wohnsitz, muss er seine neue Adresse der zuständigen Behörde am neuen Wohnsitz innert 14 Tagen mitteilen. SR Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr, Art. 5a und Art Zuständige Behörde Die Ausweise werden von den Verwaltungsbehörden erteilt und entzogen. Zuständig ist für Fahrzeuge der Standortkanton, für Führer der Wohnsitzkanton. Der Bundesrat kann auf den Umtausch des Führerausweises bei Wohnsitzwechsel verzichten und für Militärfahrzeuge und ihre Führer eidgenössische Ausweise vorsehen. Für Fahrzeuge ohne festen Standort und für Führer ohne Wohnsitz in der Schweiz ist der Ort massgebend, an dem sie sich vorwiegend befinden. Im Zweifelsfall ist der Kanton zuständig, der das Verfahren zuerst einleitet. SR Strassenverkehrsgesetz (SVG), Art. 22 In Zusammenhang mit der Zustellung von Rechnungen, Aufgeboten und Verfügungen werden die aktuellen Adressen anhand der Applikation der Steuerverwaltung (EVA) sowie zukünftig anhand des Einwohnerregisters (PEROB) geprüft. Auskünfte aus den Einwohnerregistern werden ausserdem benötigt für Adressnachforschun-

27 Kapitel 6: Umfrage Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen des Kantons 27 gen. Bleibt eine Adressnachforschung z.b. für ein Aufgebot einer ärztlichen Kontrolle erfolglos, wird die Person im internationalen Fahndungsregister ausgeschrieben. Gleichzeitig mit der Anmeldung einer Person im Einwohnerregister wird ein/e Fahrzeughalter/in auch beim Strassenverkehrsamt meldepflichtig. Bleibt diese Meldung aus, so wird die Korrespondenz an falsche Adressen versandt, was aufwändige Nachforschungen zur Folge hat. Gleichzeitig mit der Abmeldung einer Person im Einwohnerregister wird ein/e Fahrzeughalter/in auch beim Strassenverkehrsamt meldepflichtig. Bleibt diese Meldung aus, so können Informationen einer melderechtlichen Abmeldung aus dem Einwohnerregister für Adressnachforschungen genutzt werden. 6.7 Migrationsamt In den ausländerrechtlichen Bestimmungen ist der Wohnsitz unklar definiert. Durch die Mitwirkungspflicht beim Vollzug der ausländerrechtlichen Angelegenheiten und die enge Zusammenarbeit des Migrationsamtes mit dem Einwohneramt gibt es immer wieder Berührungspunkte bei der Definition von Wohnsitzen. Dabei wird ersichtlich, dass der Wohnsitz des Ausländerrechts nicht deckungsgleich ist mit dem melderechtlichen Wohnsitz des Einwohneramtes. Bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass sich das Ausländerrecht einerseits auf das Internationale Privatrecht und andererseits auf das Privatrecht des Zivilgesetzbuches abstützt. So bleibt beispielsweise bei einem Wegzug die Ausländerbewilligung des einmal begründeten Wohnsitzes (innerhalb der Schweiz) bestehen, solange nicht ein neuer Schweizer Wohnsitz begründet wird. Melderechtlich hingegen erfolgt eine Abmeldung, wenn der tatsächliche Wohnsitz aufgegeben worden ist. Hat beispielsweise ein Flüchtling den Wohnsitz im Ausland aufgegeben, so tritt analog des Zivilrechts der gewöhnliche Aufenthalt in der Schweiz an die Stelle des Wohnsitzes. Im öffentlichen Melderecht hingegen wird mit dem Aufenthalt alleine kein Wohnsitz begründet. SR 291 Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPRG), Art Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft SR Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer SR Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit SR 210 ZGB, Art

28 Kapitel 6: Umfrage Auswirkungen des Melderechts auf Amtsstellen des Kantons 28 RB Verordnung des Regierungsrates zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und zum Freizügigkeitsabkommen 6.8 Amt für Bevölkerungsschutz und Armee Der Begriff des militärischen Wohnsitzes lehnt sich an den Wohnsitzbegriff des Zivilgesetzbuches an. Der militärische Wohnsitz ist der Ort, an dem die Ausweisschriften hinterlegt sind oder zuletzt hinterlegt waren. Die Stellungs- oder Meldepflichtigen müssen Wohnsitzwechsel innert 14 Tagen dem zuständigen Kreiskommandanten melden. SR 210 ZGB Art. 23 und 24 SR Verordnung über das Militärische Kontrollwesen (VmK), Art. 13 SR Bundesgesetz über die Armee und Militärverwaltung, Art. 27 Auskünfte aus dem Einwohnerregister werden eingeholt für Aufenthaltsnachforschungen und für die Verifizierung von Name oder Heimatort. Zukünftig ist eine Abfrage beim kantonalen Replikat der Einwohnerregister GERES/PEROB vorgesehen. Auswirkungen einer Anmeldung im Einwohnerregister: Die Einwohnerämter resp. deren Systemanbieter übermitteln dem kantonalen Amt für Bevölkerungsschutz und Armee gemäss Art. 5 Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme (MIG) alle Zu- und Wegzüge von Einwohnern. Diese Daten werden angepasst und im eigenen System (PISA) übernommen. Eine Abmeldung aus dem Einwohnerregister ins Ausland bewirkt, dass die Dienstund Schiesspflicht eines Armeeangehörigen überprüft werden muss. Meldepflichtige, die länger als 12 Monate ins Ausland verreisen wollen, müssen sich einen Auslandurlaub beim zuständigen Kreiskommando bewilligen lassen. Ist der Wohnsitz unbekannt, hat der Kreiskommandant Nachforschungen zu betreiben. In diesen Fällen werden die Einwohnerämter telefonisch oder per Fax kontaktiert. Kann der Aufenthaltsort nicht innert zwei Monaten ermittelt werden, werden die Meldepflichtigen im automatisierten Polizeifandungssystem RIPOL ausgeschrieben.