Die persönliche Haftung des Geschäftsführers im Falle der Verletzung geistigen Eigentums

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1 Dr. Markus Hoffmann, LL.M., Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz Die persönliche Haftung des Geschäftsführers im Falle der Verletzung geistigen Eigentums 1

2 1. Haftungsgrundsätze Innenhaftung Im GmbH- und Aktiengesellschaftsrecht gilt zunächst Prinzip der Haftungskonzentration: Die Haftung der Organe besteht im Regelfall nur der Gesellschaft gegenüber. (Innenhaftung Bsp. 43 Abs. 2 GmbHG) Da die (Innen)haftungsnormen primär dem Schutz der Gesellschaft vor unsorgfältiger Geschäftsführung durch die hierfür verantwortlichen Organe dienen, können sich Dritte hierauf nicht berufen. Außenhaftung Unmittelbar gegen die Geschäftsführer gerichtete Ansprüche der Gläubiger der Gesellschaft, sind aber gleichwohl in zahlreichen Fällen möglich. Eine wichtiger Fall ist der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz der persönlichen Organhaftung bei Immaterialgutsverletzungen (Verletzung von Patenten, Marken, Designs oder Urheberrechten Dritter, einschließlich der Begehung von Wettbewerbsverstößen) 2

3 2. Relevanz -> Verletzung von Geistigem Eigentum ist kaum rechtssicher auszuschließen und gehört zu den Grundrisiken im Markt; -> Verletzung von Geistigem Eigentum kann existenzielle Konsequenzen für das Unternehmen nach sich ziehen. Außenhaftung führt dann oft zum Regress im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis; -> Hohe Streitwerte führen bei persönlicher Inanspruchnahme zu hohen persönlichen Prozessrisiken 3

4 3. Haftungskonstellationen Fallbeispiel 1: Der einzige Geschäftsführer einer GmbH mit 2 Angestellten setzt persönlich ein widerrechtlich kopiertes Produktbild auf die Website des Onlineshops der GmbH Unstrittig unmittelbare eigene Verletzungstäterschaft durch positives Handeln; Haftung folgt aus den Verletzungsnormen der Sondergesetze des Immaterialgüterrechtes (schon RG GRUR 1929, 354, 356 Kruschensalz) Fallbeispiel 2: Der einzige Geschäftsführer einer GmbH mit 2 Angestellten beauftragt seinen Mitarbeiter im Wissen, dass es sich um ein widerrechtlich kopiertes Produktbild handelt, dieses auf die Website des Onlineshops der GmbH zu setzen Unstrittig ebenfalls eigene Verletzungstäterschaft durch positives Tun; (BGH GRUR 1957, 342, 347 Underberg; GRUR 1959, 428, 429 Michaelismesse; NJW 1975, 1969, 1970 Flammkaschierverfahren 1; GRUR 1986, 248, 250 Sporthosen; GRUR 2005,1061, 1064 Telefonische Gewinnauskunft) 4

5 3. Haftungskonstellationen Fallbeispiel 3: Die Marketingverantwortliche eines Restaurants stellt am Montag morgen vor dem Geschäft folgendes Schild auf. Der einzige Geschäftsführer der Betreiber-GmbH hat dies nicht selbst veranlasst, weiß am Montag morgen auch nichts davon, hat aber in der Vergangenheit im Vorbeifahren das Schild vor dem Restaurant bereits bemerkt. Haftet der Geschäftsführer persönlich für den Verstoß am Montagmorgen? Auch hier unstrittig unmittelbare eigene Verletzungstäterschaft; Diesmal durch Unterlassen; Geschäftsführer muss bei im Geschäftsgang mehrfach in der Vergangenheit vorgekommenen Verstößen, von denen er Kenntnis hatte, alles in seiner Macht stehende tun, um diese künftig zu verhindern (BGH GRUR 2012, 184, 187 Tz. 32); 5

6 3. Haftungskonstellationen Fallbeispiel 4: wie Fall 3 Der Geschäftsführer hat keine Kenntnis vom aktuellen oder von früheren Markenrechtsverstößen. Er hat das Restaurant aber seit mehr als 2 Jahren überhaupt nicht mehr besucht. Haftung für eigenes Unterlassen auch dann, wenn sich Geschäftsführer um die Betriebsleitung überhaupt nicht kümmert, und sich damit selbst von vornherein der Möglichkeit beraubt, Rechtsverstöße zur Kenntnis zu nehmen und zu unterbinden (OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 240) 6

7 3. Haftungskonstellationen Fallbeispiel 5a: wie Fall 4 Der Restaurantbetrieb wurde stets ordnungsgemäß und umsichtig betrieben. Fallbeispiel 5b: wie Fall 5a Es handelt sich beim Geschäftsbetrieb der GmbH um eine selbstgeführte Restaurantkette mit Restaurants in Nord- und Süddeutschland. Es gibt 2 Geschäftsführer, von denen einer die Restaurants der Region Nord und der andere die Restaurants der Region Süd leitet. HAFTUNG STRITTIG ABER HERRSCHENDE MEINUNG: Grundsätzliche Störerhaftung aufgrund der bloßen Geschäftführerstellung auch bei Nichtkenntnis aber Kennenmüssen möglich, wenn sich Verstoß innerhalb des Verantwortungsbereichs des Geschäftsführers abspielt. TEILWEISE SOGAR: Haftung auch für fremden Verantwortungsbereich über Wissenszurechnung nach 166 BGB analog (OLG Frankfurt GRUR-RR 2001, 198, 199 Haftung des zweiten Geschäftsführers) 7

8 4. Konkreter Haftungsumfang Der Unterlassungsanspruch in Bezug auf Fortsetzung der Verletzung Der Schadensersatzanspruch für bisherige Verletzungshandlungen Durch EU-Enforcement-Richtlinie wurden obige Ansprüche unter Beibehaltung der bestehenden Strukturen und durch weitgehend inhaltsgleiche Änderungen der einzelnen Gesetze des Geistigen Eigentums 2008 reformiert 8

9 4. Konkreter Haftungsumfang Der Unterlassungsanspruch in Bezug auf Fortsetzung der Verletzung Anspruchsziel gerichtet auf künftige Ausräumung der Verletzung und Absicherung der sog. Wiederholungsgefahr; ausnahmsweise auch dann schon zulässig, wenn eine noch nicht eingetretene Verletzung ernsthaft droht, sog. Erstbegehungsgefahr; Auf Verschulden kommt es nicht an! 9

10 4. Konkreter Haftungsumfang Der Schadensersatzanspruch für bisherige Verletzungshandlungen Berechnungsmethoden (alternativ) - Konkreter Schaden einschließlich entgangener Gewinn - Verletzergewinn - angemessene Lizenzgebühr Stets verschuldensabhängig: Rechtsprechung geht aber von einer sehr geringen Fahrlässigkeitsgrenze aus! 10

11 4. Konkreter Haftungsumfang Unterlassungsanspruch Haftung des Geschäftsführers als Handelnder (eigenes Tun oder Unterlassen) Schadensersatzanspruch Haftung des Geschäftsführers als Störer 11

12 5. Konsequenzen - Unterlassenshaftung hat im Außenverhältnis mit Ausnahme der Rechtsverfolgungsund Prozesskosten dem Grunde nach keine unmittelbaren persönlichen finanziellen Folgen, solange dem titulierten und vollstreckbaren Unterlassungsgebot entsprechend gehandelt wird; bei Folgeverstößen tritt Verwirkung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft beim Geschäftsführer sowohl als Vertreter der GmbH als auch als persönlich Haftender ein; Gleiches gilt bei Streitbeilegung per strafbewährter Unterlassungserklärung Persönliche Haftung für verwirkte Vertragsstrafe, wenn Erklärung persönlich abgegeben wurde. -Im Innenverhältnis kann für die durch die Unterlassenspflicht dem Unternehmen entstehende Nachteile Regresspflicht bestehen. 12

13 5. Konsequenzen -Für Schadensersatz kann der Geschäftsführer bei Verschulden mit seinem Privatvermögen haften. Geschäftsführer ist neben juristischer Person Gesamtschuldner; -Gesamtschuldnerausgleichsansprüchen gegen die Gesellschaft können Regressansprüche im Innenverhältnis gegenüber stehen; im Extremfall haftet Geschäftsführer dann vollständig; 13

14 6. Haftungsbegrenzungen Außenhaftung -> Prüfung der eigenen D&O-Versicherung, Immaterialgüterrechtsverletzungen sind nicht selten explizit ausgeschlossen! -> Gestaffeltes Risikomanagement, nicht jede Ausprägung Geistigen Eigentums ist gleich ein Pulverfass; kritisch vor allem Patent! -> Recherchen und Passivanmeldungen Innenhaftung -> Vertragliche Haftungsbeschränkungen 14

15 15 Fragen