Leseprobe. Klaus Ehrlenspiel. Integrierte Produktentwicklung. Denkabläufe, Methodeneinsatz, Zusammenarbeit ISBN:

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1 Leseprobe Klaus Ehrlenspiel Integrierte Produktentwicklung Denkabläufe, Methodeneinsatz, Zusammenarbeit ISBN: Weitere Informationen oder Bestellungen unter sowie im Buchhandel. Carl Hanser Verlag, München

2 216 4 Methodik der Integrierten Produkterstellung im Unternehmen Methoden und Hilfsmittel des Projektmanagements Entsprechend dem interdisziplinären Ansatz des Projektmanagements stammen seine Methoden aus vielen Bereichen. In Bild sind sie nach den oben angesprochenen Aufgaben des Projektmanagements zusammengestellt. Sie entstammen der Systemtechnik, der Betriebswirtschaft (Kostenrechnung, Controlling), den Managementwissenschaften und der Ingenieurplanungsmethodik). Um die Methodenkompetenz eines Unternehmens zu stärken, wird als organisatorischer Markstein zunehmend eine zentrale Stelle oder Gruppe für den Methodeneinsatz geschaffen. (Siehe Text bei Bild a [72/4] und [25/1]). Aufgaben Methoden und Hilfsmittel Zieldefinition Problemanalysen (z. B. in Projektstart-Workshop) Projektdeckungsrechnung (Zeit, Kosten) Siehe Prozesskostenrechnung in Kap Produktplanung (Kapitel 7.2) Aufgabenklärung (Kapitel 7.3) Projektaufbauorganisation Matrix-Organisation (Kapitel 4.3.1) Projektteammanagement (Kapitel 4.3.3) Projektablauforganisation Konfigurationsmanagement [32/4] Phasenorganisation mit Meilensteindefinition (Kapitel ) Projektplanung (Terminplanung) Struktur-, Ablaufplanung [32/4; 33/4; 34/4] Netzplantechnik [38/4] Balken-, Kapazitätsdiagramm (Kapitel 5.2.3) Projektkalkulation Vor-/Nachkalkulation [32/4] Erfahrungsdatenbank Projektsteuerung Meilensteine, Kostentrendanalyse (Bild ) Rückmeldeverfahren, Freigabebesprechungen Projektberichtswesen; Dokumentation Qualitätsaudits [33/4] Bild : Methoden und Hilfsmittel des Projektmanagements mit Kapitelverweisen und Literatur 4.4 Integrierende Vorgehensweisen In diesem Kapitel werden das Simultaneous Engineering (SE) und das Qualitätsmanagement, sowie das Quality Function Deployment (QFD) als Beispiele für in der Praxis bewährte, integrierende Vorgehensweisen des Produkterstellungsprozesses vorgestellt. Die in Kapitel 4.3 dargestellten Methoden der Produkterstellung sind häufig Bestandteile von solchen integrierenden Vorgehensweisen. Eine weitere Vorgehensweise, die in sich eine Reihe von Einzelmethoden und Hilfsmitteln vereinigt, ist die Wertanalyse (Kapitel 9.3.2). Diesen integrierenden Vorgehensweisen ist gemeinsam, dass sie den Gedanken des Informationsrückflusses (Kapitel 4.2.3), der Eigenschaftsfrüherkennung (Bild und

3 4.4 Integrierende Vorgehensweisen ) und der Konzentration auf Kundenbedürfnisse (Bild 4.2-5) verwirklichen, indem sie eine frühe Einbindung der mit der Produkterstellung befassten Abteilungen verfolgen. Dieses Merkmal war bei einer Umfrage zur Verkürzung der Produktentwicklungszeit auch vorrangig. Gleichzeitig soll die Arbeit durch Projektmanagement effektiv organisiert werden (Bild 4.4-1). Nennungen (%) Frühe Einbindung der Abteilungen 68,4 Projektmanagement 52,9 Intensive Planung 46,3 Pragmatismus statt Over Engineering Gute Kommunikationsmöglichkeiten Parallelisierung des Konstruktionsprozesses Einsatz von CAD/CAM 23,5 27,9 26,5 39 Informationssysteme 13,2 Bild 4.4-1: Maßnahmen zur Verkürzung der Produktentwicklungszeit [21/4] Simultaneous Engineering Idee und Arbeitsweise des Simultaneous Engineering Unter der integrierenden Vorgehensweise des Simultaneous Engineerings (SE) versteht man die zielgerichtete, interdisziplinäre Zusammen- und Parallelarbeit von Produkt-, Produktions- und Vertriebsentwicklung mit Hilfe eines straffen Projektmanagements, wobei der gesamte Produktlebenslauf betrachtet wird (Bild 4.4-2). Simultaneous Engineering bedeutet zielgerichtete interdisziplinäre Zusammen- und Parallelarbeit für Produkt-, Produktions- und Vertriebsentwicklung für den ganzen Produktlebenslauf mit straffem Projektmanagement Bild 4.4-2: Definition des Simultaneous Engineering

4 218 4 Methodik der Integrierten Produkterstellung im Unternehmen Im Rahmen des Simultaneous Engineering 1 werden folgende Einzelmethoden (Kapitel 4.3) entsprechend Bild eingesetzt: Teamarbeit (Kapitel 4.3.3), Projektmanagement (Kapitel 4.3.4), Parallelisierung von Arbeitsabläufen (Kapitel 4.3.2), Einbezug der Kunden, Kooperation mit Systemlieferanten, Schwerpunktbildung mit ABC-Analyse, FMEA, DFA, DFM, Target Costing, zielkostengesteuertes Konstruieren, Simulation und Rapid Prototyping. Wichtig auch im Sinne des schnellen und einheitlichen Verständnisses ist eine Betonung der Visualisierung von Zielen und Ergebnissen. Folgende Zielsetzungen sollen mit Unterstützung des Simultaneous Engineering bei der Produkterstellung erreicht werden: Zeiteinsparung bei der Produkterstellung, Kostenverringerung bezüglich der Produktgesamtkosten, insbesondere der Entwicklungs- und Herstellkosten, Qualitätsverbesserung, bezogen auf die Vorstellungen der Kunden [56/4; 58/4]. Die Produktverantwortung wird einem SE-Team übertragen, die der Teamleiter zusammen mit dem Team bis zur Serienfertigung oder den ersten Verkaufserfolgen übernimmt. Dabei wird dieses Team speziell für die Entwicklungs- und Erstellungsdauer eines innovativen Produkts gebildet. Es löst sich nach Abschluss des Projekts wieder auf. Die sonstige Geschäftsabwicklung läuft projektunabhängig im Unternehmen weiter. Es können in einem Unternehmen parallel mehrere SE-Teams arbeiten. Die Merkmale des Simultaneous Engineering sind in Bild zusammenfassend dargestellt. Merkmale des Simultaneous Engineering 1) Organisation der Arbeit Arbeiten im SE-Team (Kernteam und erweitertes Team; Bild 4.3-6) Ablaufplan mit Meilensteinen, Zwischenrevisionen und Freigabebesprechungen Parallelisierung von Produkt-, Fertigungs- und eventuell Vertriebsentwicklung (SE-Team setzt z. B. in der Realisierungsphase mehrere Gruppen ein, die durch gute Kommunikation und vorläufige Annahmen Arbeiten parallel erledigen können.) 2) Gestaltung der Arbeit veränderte Zielsetzung, durch mehr Zeit für Aufgabenklärung und Konzeptphase auf Kosten der Realisierungszeit ("Mach s gleich richtig.") Integration der Ziele und Erfahrungen durch SE-Team und Einbezug von Kunden und Lieferanten Eigenschaftsfrüherkennung für Produkt, Produktion, Vertrieb durch Berechnung, Simulation, frühzeitige Kostenschätzung, orientierende Versuche, Rapid Prototyping, Prototyp mit Serienfertigungsverfahren Einsatz effektiver Werkzeuge z. B. für Visualisierung und Informationssuche mit Dadurch gute tenbanken, CAD,... Reduzierung der Besprechungsdokumentation Kommunikation Bild 4.4-3: Erfolgsmerkmale des Simultaneous Engineering 1 Der Unterschied zwischen SE und Concurrent Engineering (CE) wird vor allem darin gesehen, dass SE bewusst auf die Parallelisierung von Produkt- und Produktionsentwicklung abzielt, während CE im Schwerpunkt eine optimale Produkterstellung durch interdisziplinäre Zusammenarbeit im Team anstrebt. In der Bundesrepublik Deutschland wird beides meist unter SE zusammengefasst. So soll es auch hier geschehen [20/4]. In der Praxis wird es auch einfach als (interdisziplinäre) Projektarbeit bezeichnet.

5 4.4 Integrierende Vorgehensweisen 219 Ein SE-Team kann, muss aber nicht örtlich vereint sein. Es trifft sich nur zu bestimmten Zeiten und kann, wie in Bild gezeigt, zusammengesetzt sein. Der Kunde ist nicht Mitglied des Teams, aber von Zeit zu Zeit eine wichtige Informationsquelle. Insbesondere bei geringer Fertigungstiefe ist die Zusammenarbeit mit Zulieferern im Team von großer Bedeutung. In Abstimmung mit dem Einkauf werden so häufig enge langfristige Beziehungen mit ausgewählten Zulieferern aufgebaut, um den Lieferumfang gemeinsam zu optimieren. In Zukunft wird die Arbeit durch eine rechnerintegrierte Produkterstellung unterstützt werden (Kapitel 9.3.4). Fertigungsvorbereitung Kunde Entsorgung Konstruktion Vertrieb Produktkosten- Controller Materialwirtschaft Zulieferer Produktionsdaten Produktdaten materialwirtsch., betriebswirtsch. Daten Bild 4.4-4: Zusammenarbeit von produkt-, produktions- und vertriebsdefinierenden Bereichen im Team als Voraussetzung für das Simultaneous Engineering (siehe auch Bild ) Auswirkungen des Simultaneous Engineering Die Produkterstellungszeiten werden vom Entwicklungsauftrag bis zum Serienbeginn oft auf die Hälfte und weniger verringert. Trotz des anfangs erhöhten Aufwands werden die Entwicklungskosten insgesamt eher geringer als bei konventioneller Entwicklung. Die Zeiteinsparungen als solche wirken schon kostenverringernd. Durch die frühzeitige Abstimmung werden wiederum lange Iterationsschleifen, Fehler oder aufwendige Änderungen vermieden. Der Grund dafür liegt in den kurzen Regelkreisen oder im direkten Informationsfluss (Kapitel 4.2.3). Bild zeigt zusammenfassend, dass sich intensiver Arbeitseinsatz fähiger Personen aus allen betroffenen Abteilungen gerade in den ersten Phasen der Produkterstellung durch Zeit- und Kosteneinsparungen im weiteren Verlauf mehr als bezahlt macht. Am Anfang werden die Weichen gestellt und die wesentlichen Entscheidungen getroffen, die alle späteren Prozesse bestimmen.

6 220 4 Methodik der Integrierten Produkterstellung im Unternehmen Lebenslaufkosten % HK Hersteller Kostensenkung für Hersteller = -20 % SK SK Nutzer -43 % Durchlaufzeit -25 % Produktionszeit = schneller am Markt bzw. später anfangen konventionelle, sequentielle Produkterstellung integrierte Produkterstellung gleiche Entwicklungskosten EKK Nutzungsbeginn Zeit [beliebige Einheiten] Kostensenkung für den Kunden Lebenslaufkosten Bild 4.4-5: Intensiver Arbeits- und Zeiteinsatz in frühen Phasen der Produkterstellung verkürzen Entwicklungs- und Produktionszeiten und verringern Herstell- und Gebrauchskosten (EKK = Entwicklungs- und Konstruktions-Kosten; SK = Selbstkosten; HK = Herstellkosten). Siehe auch Bild 4.3-5a. Um die Zusammenhänge zu visualisieren, sind in Bild folgende realistische Annahmen für die Entwicklungs-, Herstell- und Betriebskosten getroffen worden, die auf Praxiserfahrungen beruhen (weitere Kosten unberücksichtigt): Durch bessere Planung, intensiveren Personal- und Methodeneinsatz ist die Entwicklungszeit bei der integrierten Produkterstellung (fette Linie) gegenüber der konventionellen Produkterstellung (gestrichelte Linie) auf die Hälfte reduziert (bei Neukonstruktion in Einzelfertigung sogar auf 40 %! [54/4]). Die Entwicklungskosten bleiben mit 30 % der alten Herstellkosten konstant. Durch die integrierte Produktentwicklung werden die Herstellkosten um ca. 25 % gesenkt. Das führt dazu, dass sich auch die Durchlaufzeit in der Fertigung um ca. 25 % verkürzt. Ferner wird angenommen, dass sich die Betriebskosten um 20 % verringern. Damit ergeben sich folgende Vorteile: Für den Hersteller wird die Durchlaufzeit bei diesen Annahmen um insgesamt 43 % kürzer. Er ist somit entweder schneller im Markt oder kann u. U. später mit der Entwicklung anfangen und besser auf Marktänderungen reagieren. Die Selbstkosten sinken um ca. 20 %. Hier wird angenommen, dass diese Senkung direkt im Preis an den Kunden weitergegeben wird. Für den Kunden ergibt sich eine Senkung des Preises um 20 % und abhängig von der Betriebszeit eine erhebliche Senkung der Lebenslaufkosten.

7 4.4 Integrierende Vorgehensweisen 221 Bei Integrierter Produkterstellung (hier speziell: Simultaneous Engineering) können die Entwicklungskosten anfangs sogar höher sein, aber die Herstellkosten und eventuell die Gebrauchskosten werden gerade durch die intensive Anfangsbearbeitung niedriger (Erfahrungswerte: 20 bis 40%). Die Zeiten bis zur Auslieferung werden gegenüber früherer konventioneller Arbeit um 30 bis 50% reduziert. Im allgemeinen wird die Qualität des Produkts besser, die Zahl der Reklamationen nimmt ab. Das sind gemittelte Praxiserfahrungen. Zum Teil geht das aus der Umfrage des VDMA nach Bild 4.3-5a hervor! Die Zeitersparnis hat folgende Ursachen: Parallelisierung der Arbeitsabläufe (vgl. Kapitel 4.3.2) Enge informatorische Zusammenarbeit zwischen den Spezialisten der einzelnen Abteilungen. Man trifft sich regelmäßig im Team zum schnellen und wirkungsvollen Informationsaustausch. In der übrigen Zeit wird das Projekt in abgestimmter Einzelarbeit vorangetrieben. Es gibt einen konsequent einzuhaltenden Entwicklungsplan mit Meilensteinen und Kostenvorgaben. Die Beteiligten des Teams aus den verschiedenen Abteilungen sind in der Regel motiviert, weshalb Liegezeiten und die Suche nach Schuldigen beim Auftreten von Fehlern kaum auftreten. Die Verantwortung für alle Produkteigenschaften wird klar dem Team übertragen. Nach VDMA [54/4] wird die Durchlaufzeit bei Neukonstruktion um 60% reduziert, bei Anpassungs- und Variantenkonstruktion kaum. 50% der Unternehmen praktizieren die überlappende Arbeitsweise des Simultaneous Engineering (Bild 4.4-7; 4.3-5a). Zu den Risiken des Simultaneous Engineering zählen: Das Risiko des Misserfolgs, da die Arbeit stark von der Qualifikation des Teamleiters und der Kooperation der Teammitglieder sowie von der Akzeptanz der Linie abhängt. (Der Teamleiter bekommt u. U. aus Macht-Neid zu wenig Kompetenz). Bei zu hohem Zeitdruck und betonter Parallelarbeit mit vorläufigen Annahmen das Risiko eines nicht optimalen Produkts mit Fehlern. Das Risiko die Linienverantwortung zu vernachlässigen. (Aufgaben der Linie sind: fachliche Heimat, Langfrist-Entwicklungen, Komponenten-Entwicklung, Modellpflege, Auftragsabwicklung und Kundenservice). In manchen Unternehmen wird die Linie durch so genannte Kompetenzzentren ersetzt Praxisbeispiel zu Simultaneous Engineering 1 : Entwicklung eines digitalen Manometers 2 Simultaneous Engineering (SE) wird bisher vor allem bei stark innovativen Produkten, die kurze Innovationszeiten erfordern, angewandt. Dabei handelt es sich meist um Serienprodukte für den Konsumbereich (Consumer-Elektronik und Optik, Haushaltsgeräte, Mess- und Sensortechnik, Kfz-Technik). 1 Ein weiteres Beispiel ist in Kapitel wiedergegeben. Siehe auch den Text bei Bild a. 2 Für die Überlassung der Unterlagen danke ich Herrn Dr.-Ing. R. Hellwig.

8 222 4 Methodik der Integrierten Produkterstellung im Unternehmen Das in Bild gezeigte digitale Manometer wurde mit Hilfe des Simultaneous Engineering in weniger als 1,5 Jahren, statt wie sonst zu erwarten in mindestens 3 Jahren, vom Entwicklungsauftrag bis zur Serienproduktion realisiert. (Dies ist ein mechatronisches Produkt. Siehe deshalb auch Kapitel mit Besprechung der VDI/VDE- Richtlinie 2206 und Kapitel mit Besprechung der VDI/VDE-Richtlinie 2422). Das digitale Manometer vereinigt in sich einen Drucksensor (sieben Druckbereiche bis 1000 bar), eine Verstärker- und die Auswerteelektronik sowie eine LCD-Anzeige. Bemerkenswert sind u. a. folgende technische Merkmale: eine Tendenzanzeige, ein erschütterungsunempfindlicher Grenzwertschalter, ein elektronischer Schleppzeiger, Unempfindlichkeit gegen mechanische Schwingungen. Bild 4.4-6: Digitales Differenzdruckmessgerät Der Projektablauf ist in Bild dargestellt. Man sieht die Parallelisierung der früher im Betrieb als unbedingt sequentiell angesehenen Arbeitsvorgänge. Das SE-Team bestand unter Leitung eines Entwicklers im Kern aus Entwicklung, einschließlich Elektroniker, Vertrieb, Arbeitsvorbereitung und Vorrichtungsbau. Hinzu kamen fallweise Qualitätssicherung, Einkauf, Marketing und Fertigung. Das Team traf sich anfangs alle 1 bis 2, später alle 4 bis 6 Wochen. Der Projektleiter bearbeitete nur dieses termingebundene Projekt. Weitere Projekte übernahm er zur Überbrückung von Wartezeiten. Die Verantwortung des Teams endete mit der störungsfreien Serienfertigung des Produkts. Bei den Meilensteinen der Terminplanung handelte es sich im Wesentlichen um die gewohnten: Entwicklungsantrag, Entwicklungsauftrag, Konzept- und Planungsfreigabe für die Vorserie, Start der Vorserie, Planung der Folgeserie und der Verkaufsfreigabe, Verkaufs- und Angebotsfreigabe. Es galt der Grundsatz: Lieber anfangs höhere Entwicklungskosten als längere Entwicklungszeit. (In Praxi gibt s dann meist doch keine höheren Entwicklungskosten, da Änderungsschleifen eingespart werden und die Gesamt- Entwicklungszeit kürzer wird). Im Einzelnen lief das Projekt folgendermaßen ab (die Nummern geben die Phasen in Bild an): 1 Die Markt- und Mitbewerber-Analyse fand in einem Start-Team von Vertrieb und Entwicklung statt. Gemeinsame Reisen zu potentiellen Kunden wurden unternommen, um frühzeitig die Anforderungen aus erster Hand zu erhalten. 2 Die Anforderungsliste wurde im engen Kontakt mit dem zukünftigen Anwender von Entwicklung (Mechanik und Elektronik) und Vertrieb gemeinsam erstellt (Bild 4.4-8). In der ersten Teamsitzung wurde der Termin für den Änderungsstopp

9 4.4 Integrierende Vorgehensweisen 223 der Anforderungsliste auf den Tag nach Ablauf der Hälfte der geplanten Entwicklungszeit festgelegt. 3 Die Entwicklungsplanung umfasste eine Wirtschaftlichkeitsabschätzung des Entwicklungsprojekts unter Berücksichtigung der Entwicklungskosten. Diese wurden über die voraussichtlich absetzbare Stückzahl der ersten fünf Verkaufsjahre abgeschätzt. Ferner wurden Entwicklungsziele und der Zeitplan mit Entwicklungsschritten festgelegt. Anschließend wurde ein Entwicklungsantrag erstellt. Nach der Erteilung des Entwicklungauftrags wurde ein SE-Team gegründet. Bei den routinemäßigen Entwicklungsbesprechungen mit den Vorgesetzten wurde dem Auftrag eine Priorität vor allgemeinen Linienbelangen eingeräumt. 4 Das Konzipieren, Entwerfen und Berechnen fand hauptsächlich in Einzelarbeit statt. Im SE-Team wurden die Lösungen dann bewertet und ausgewählt. Nach der Lösungsfindung wurden die ersten Skizzen gleich in CAD erstellt, ebenso die Stückliste, die dann laufend weiter vervollständigt wurde. Die Herstellkosten wurden grob abgeschätzt. Markt- u. Mitbewerberanalyse 1 Anforderungsliste Entwicklungsplanung 2 3 Bearbeitung durch Produktentwicklungsteam Konzept, Entwurf, Berechnung 4 Ausarbeitung, Musterfertigung 5 Mustererprobung Vorrichtungskonstr. und -bau 6 7 Arbeitspläne, Materialbeschaffung Produktion Prospekte, Bedienungsanleitungen Vermarktungsstrategien Werbemaßnahmen Vorserienerprobung Änderungen 1. Jahr 2. Jahr Serie Verkauf Entwicklungsantrag Entwicklungsauftrag Gründung des Entwicklungsteams Bild 4.4-7: Ablaufplan des Simultaneous Engineerings bei der Produkterstellung des digitalen Manometers. (Siehe auch die Parallelisierung der Arbeit in den Bildern und 4.3-5a) 5 Parallel zur Konstruktion wurde die Ausarbeitung in Fertigungszeichnungen vorangetrieben; die ersten Muster wurden auf NC-Maschinen hergestellt, um Fertigungsmöglichkeiten zu erproben. Wichtig waren dabei fertigungsgleiche Bedingungen, wie sie bei der späteren Serienfertigung vorlagen.