Visuelle und messtechnische Erkennung sicherheitsrelevanter Defekte an Fundamenten von Windenergieanlagen

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1 Visuelle und messtechnische Erkennung sicherheitsrelevanter Defekte an Fundamenten von Windenergieanlagen Boris Resnik, Norbert Schiefelbein und Dirk Werner Keywords: Wind Turbines, Foundation, Structural Health Monitoring, Condition-Monitoring-System Zusammenfassung: Für die dynamisch stark beanspruchten WEA-Bauwerke ist eine effektive Qualitätskontrolle von entscheidender Bedeutung. Es ist bekannt, dass gefährliche Defekte im Bereich der Betonfundamente nicht nur durch äußere Einwirkungen, wie z.b. Temperaturänderungen oder durch zeitabhängiges Materialverhalten, sondern auch durch verdeckte Baumängel und Planungsfehler hervorgerufen werden. Bei der Überprüfung von WEA-Fundamenten wird von den gültigen Richtlinien und Normen sowohl detaillierte Beschreibung und Beurteilung von entstandenen Rissen als auch spezielle Messverfahren empfohlen. In den letzten Jahren wurden von den Autoren sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen dieser Methoden gezeigt und neue Wege vorgeschlagen. Abstract: For the dynamically heavy used wind turbines, an effective quality control is of critical importance. It is known that dangerous defects in the foundations of wind turbines not only occur due to external influences such as temperature changes or time-dependent material behavior, but may also be caused by covert construction defects or design errors. The regular control of wind turbines as well as the detailed description and assessment through special measurement methods is recommended by current guidelines and standards. In the last years, the authors developed both the potential benefits as well as possible limitations of these methods and provided insights on new solutions. FGeoBau I Berlin I 2013 I Bd. 4 I X-X

2 64 Boris Resnik, Norbert Schiefelbein und Dirk Werner 1 EINFÜHRUNG Durch die enormen Investitionen der letzten Jahre leistet die Windenergie schon heute einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung Deutschlands. Derzeit sind in Deutschland bereits mehr als 22 Tausend WEA in Betrieb. Über 10 Tausend dieser Anlagen wurden allerdings vor 2003 errichtet und erreichen im kommenden Jahrzehnt das Ende ihrer geplanten Lebensdauer von ca. 20 Jahren. Um die ehrgeizigen Ausbauziele der Energiewende dennoch erreichen zu können, muss in Zukunft neben der Erschließung neuer Anlagenstandorte auch erheblicher Aufwand für die Instandhaltung bzw. die Sanierung der bestehenden Anlagen betrieben werden. Eine maßgebliche Grundvoraussetzung dafür sind aktuelle und objektive Nachweise vorhandener Mängel. Wegen immer größeren Ausmaßen von modernen WEA werden ihre tragenden Konstruktionen filigraner und graziler, während ihre Beanspruchungen kontinuierlich zunehmen. Außerdem müssen diese Bauwerke in den letzten Jahren immer häufiger an den Stellen errichtet werden, die von ihren natürlichen Voraussetzungen her wenig geeignet sind. Unter diesem Hintergrund hat sich in den letzten Jahren angesichts vermehrt auftretender Fundamentschäden an WEA unterschiedlicher Hersteller gezeigt, dass im Bereich der Turmeinbindung im Fundament ein spezifischer Schwachpunkt der gesamten Bauwerkskonstruktion vorliegt. Ein typisches Schadensbild ist dabei ein halbkreis- oder ein ringförmig um den Turm verlaufender Riss bzw. Abplatzungen an der Oberseite der Fundamente sowie Wassereintritt im Fundamentinneren (s. Abb. 1). Die Ursache für diese Schäden sind zumeist irreguläre große Bewegungen am Fundamenteinbauteilen (FET) der WEA, die z. B. aufgrund verdeckter Baumängel bei der Fundamentherstellung oder auch durch Planungsfehler hervorgerufen werden. Bisher existiert leider keine zuverlässige statistische Auswertung von Fundamentschäden, da diese Informationen von den Herstellern bzw. Betreibern der WEA meistens nicht frei gegeben werden. Die Dunkelziffer von Schäden mit unkalkulierbaren Folgen ist jedoch nach Einschätzung von vielen Experten hoch. Aus den veröffentlichen Daten (vgl. ISET et al. 2008) ist zu erkennen, dass die tragenden Komponenten, zu denen auch die Fundamente gehören, einen relativ kleinen aber jedoch signifikanten Anteil von insgesamt 10% aller registrierten Schäden bei den modernen WEA aufweisen. Die Folgen von Schäden an den tragenden Komponenten haben außerdem wesentlich größere Ausfallszeiten als im Bereich der Elektrik (ohne Generator) zur Folge, die besonders für die Fundamente unter Umständen mehrere Monate betragen und manchmal sogar zum Totalausfall von Anlagen führen können. Je früher die Unregelmäßigkeiten und Schäden erkannt werden, desto größer ist das Spektrum von Möglichkeiten, einen ungeplanten Anlagenstillstand und eine teurere Sanierung zu verhindern. Durch die rasante Entwicklung der Mikroelektronik, Computertechnik und Kommunikation ist es in den letzten Jahren möglich geworden, den aktuellen Zustand gefährdeter Bauwerke auf einem wesentlich höheren technischen Niveau zu kontrollieren. Diese Vorgehensweise hat sich im Bauwesen unter dem Begriff Structural Health Monitoring (SHM) etabliert (vgl. Resnik 2011). Trotz der bekannten Probleme wurde die Anwendung dieser Vorgehensweise bei den WEA- Fundamenten bis jetzt kaum durchgesetzt. Von modernen Windkraftanlagen stellen Turm und Gründung Abb. 1: Typische Defekte (exemplarisch)

3 Visuelle und messtechnische Erkennung sicherheitsrelevanter Defekte an Fundamenten von Windenergieanlagen 65 die bautechnischen Komponenten dar, deren Bedeutung von Maschinenbauern oft unterschätzt wird (vgl. Gasch & Twele 2011:101). 2 BAUTECHNISCHE UNTERSUCHUNGEN VON WEA-FUNDAMENTEN Im Sinne der DIN EN und der DIN umfasst die Instandhaltung alle technischen und administrativen Maßnahmen sowie das Management der Maßnahmen, die zur Erkennung des Ist-Zustandes, zur Erhaltung des funktionsfähigen Zustandes, zur Rückführung in diesen und zur Steigerung der Funktionssicherheit während des Lebenszyklus einer Einheit benötigt werden. Entsprechend der gültigen Regelung für die modernen WEA ist auch ihre Gründungs- und Tragstruktur während des Betriebs durch Sachverständige in regelmäßigen Intervallen zu prüfen. Die sichtbaren Risse auf den Fundamenten sind als erste Zeichen von Deformationsprozessen im Bauwerk zu betrachten (Werner, 2012). Genauso wie bei anderen Gründungen dieser Art entstehen sie in den WEA- Fundamenten durch (örtliche) Überschreitung der aufnehmbaren Zugspannung des Betons i.d.r. senkrecht zur Hauptzugspannung. Da die Zugspannungen ohne Risse nicht durch den Stahl aufgenommen werden, sind Risse somit im Stahlbetonbau kaum zu vermeiden. Durch die Verwendung von größeren Stabdurchmessern entstehen weniger aber größere Risse. Bei kleineren Stabdurchmessern entstehen zwar mehr, aber dafür kleinere Risse. Durch die Risse kann Regenwasser eintreten, welches die Bewehrung angreift. Die Bewehrung korrodiert folglich und die Stabilität wird beeinträchtigt. Zudem kann der Riss durch das Regenwasser weiter ausgewaschen werden, wodurch noch mehr Bewehrung freigelegt wird. Das in Fundament eingedrungene Wasser vergrößert bei Frost sein Volumen und kann zusätzliche Hohlstellen erzeugen. Die Analyse von entstandenen Rissen, d.h. ihrer Breite, ihrer Form (Verlauf der Breite längs des Risses), Tiefe, Lage, Alter usw., sind bei den regelmäßigen Untersuchungen von einer sehr großen Bedeutung. So deuten z.b. die parallelen Rissufer auf gleichmäßige Spannungen hin. Bei V-förmigen Rissen hat in vielen Fällen an der größeren Rissbreite eine größere Kraft gewirkt bzw. wurde an der schmaleren Stelle eine größere Verschiebung durch die Konstruktion behindert. Daraus können die ersten Hinweise zur Rissursache gewonnen werden (s. Abb. 2). Ein wichtiger Parameter zur Beurteilung des Fundamentzustandes ist die festgestellte Rissaktivität (zeitliche Veränderung), die durch das messtechnische Dokumentieren bei periodischen Untersuchungen aber auch einzeln, z.b. mit Dehnungsmessstreifen, erfasst werden können. Erfassung der Schäden im Inneren der WEA- Fundamente ist wesentlich komplizierter als bei den sichtbaren Rissen. Würde man dabei die zerstörenden Prüfmethoden in Betracht ziehen, müssten mehrere Proben an verschiedenen Stellen des Bauteils entnommen werden, um eine genaue Untersuchung zu ermöglichen. Da die zu prüfenden Anlagen jedoch noch im Betrieb sind, kommen solche Methoden meistens nicht in Betracht. Im Stahlbetonbau werden inzwischen auch verschiedene Methoden zur zerstörungsfreien Prüfung von Bauteilen angewendet, die durch die ständige Weiterentwicklung in den letzten Jahren wesentlich vereinfacht und verbessert wurden. Die Ultraschallmessungen gehören zu solchen Prüfmethoden. Dadurch lassen sich auch die inneren Schäden und Materialfehler in den behandelten WEA-Fundamenten frühzeitig, d.h. bevor sie z.b. als Risse an der Oberfläche oder Wasserschäden sichtbar werden, feststellen. Die genaue Kenntnis der Lage und der Ausdehnung von solchen Anomalien in den Fundamenten helfen deren Bedeutung für die Sicherheit des Bauwerkes und die zeitliche Entwicklung besser zu beurteilen. Obwohl Abb. 2: Typische Rissformen (exemplarisch)

4 66 Boris Resnik, Norbert Schiefelbein und Dirk Werner dieses Verfahren auf den gleichen Prinzipien wie z.b. in der Medizintechnik beruht, ist es im Bauwesen erst seit einigen Jahren im Einsatz und als Gegenstand der angewandten Forschung zu betrachten. Die Ultraschallmessung beruht auf dem Prinzip der Schallwellenausbreitung im Material und erfolgt im Niederfrequenzbereich. Ein Impuls wird dabei vom Sender in das Bauteil (s. Abb. 3) geschickt. Der erste Ausschlag auf dem Monitor ist der Übergang in das Bauteil. Sollte der Impuls auf eine Fehlstelle, einen Riss oder ein Bewehrungseisen treffen, wird dieser wieder reflektiert und ein weiter Ausschlag ist auf dem Monitor zu erkennen. Impulse, die ungehindert das Bauteil durchlaufen, werden spätestens an der Rückwand reflektiert, wodurch ein erneuter Ausschlag entsteht. Sollten zu viele Hindernisse im Weg sein (z.b. großer Fehler), erreicht kein Impuls die Rückwand und das entsprechende Echo entfällt (vgl. Krautkrämer 1986). An der HTW Berlin wird zurzeit die Anwendung des Messsystems MIRA (s. Abb. 3 rechts) untersucht, das durch den Unternehmen ACS Acoustic-Control- Systems Ltd. mit Sitz in Moskau entwickelt und vertrieben wird. Mit diesem Gerät können unterschiedliche Aufgaben im Bereich der zerstörungsfreien Prüfung von Beton gelöst werden. Die Messung erfolgt mit Ultraschallen im Frequenzbereich zwischen khz. Die Prüfköpfe werden über die Griffe des Gerätes an das Bauteil gepresst, wobei über einen Druckkontakt die Ausbreitung der Scherwellen (Transversalwellen) ausgelöst wird. Da die Prüfköpfe über trockenen Punktkontakt (Dry-Point-Contact) funktionieren und somit kein Kontaktmittel benötigen, ist eine rückstandslose Messung möglich. In Abhängigkeit von der Materialbeschaffenheit können die Tiefen eines Bauteils bis zu 2,00 m untersucht werden. Das Gerät funktioniert gleichzeitig als Sender und Empfänger. Die empfangenen Signale werden durch ein Steuerungsmodul verarbeitet und können sofort an einen Feldcomputer übertragen und ausgewertet werden. Mithilfe der Rekonstruktionsberechnung SAFT (Synthetic Aperture Focusing Technique) können verschiedene Schnitte des Bauteils dargestellt werden. Durch das Zusammenfügen aller Scans kann ein 3D- Model des geprüften Bauteils erstellt werden. Die bereits durchgeführten Testmessungen an unterschiedlichen Windkraftanlagen (vgl. Schirowski 2013) bestätigen, dass diese Methode erfolgreich zur Unterstützung der anderen Methoden dienen kann. Ein inhomogenes Betongefüge oder ein anderes Material, führt zu Streuungen oder Reflektionen der Ultraschallsignale, wodurch Kiesnester, Fehlstellen, Risse und die vorhandene Bewehrung schnell erkannt werden können. Die gewonnenen Erfahrungen zeigen allerdings auch, dass die Interpretation der gewonnenen Erkenntnisse einen gewissen Grad an Erfahrung erfordert und weiter verbessert werden muss. Abb. 3: Prinzip der Ultraschallmessungen von WEA- Fundamenten

5 Visuelle und messtechnische Erkennung sicherheitsrelevanter Defekte an Fundamenten von Windenergieanlagen 67 3 ÜBERWACHUNG VON WEA- FUNDAMENTEN ALS BESTANDTEIL DES GEODÄTISCHEN MONITORINGS Präzise geodätische Deformationsmessungen sind spätestens seit den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem Bau von Staumauern und Brücken zu einem Standardverfahren der Bauwerksüberwachung geworden. Basierend auf den damals hoch entwickelten optischen bzw. mechanischen Messverfahren und mathematischen Auswertemodellen erlaubten sie objektive Nachweise des Zustandes eines Bauwerks über bestimmte Zeitintervalle, auch wenn es sich dabei nur um eine begrenzte Anzahl rein geometrischer Parameter handelte. Bei anderen vorhandenen Verfahren der Überwachung dominierten dagegen sehr lange Zeit handwerkliche Methoden auf der Basis von visueller Beurteilung. Zwar wurden dafür auch unterschiedliche Hilfsmittel eingesetzt, dennoch waren die Ergebnisse meistens vom subjektiven Erkennen von Schäden durch das die Prüfung durchführende Personal abhängig. In den letzten Jahrzehnten wurden außerhalb des Vermessungswesens sehr viele alternativen Messverfahren mit elektrischen Extensometern, Dehnungsmessstreifen, faseroptische Sensoren usw. entwickelt, die in jedem Fall im Nahbereich die üblichen geodätischen Punktmessungen ersetzen können und einen wesentlich höheren Automatisierungsgrad aufweisen. Durch die rasante Entwicklung der Mikroelektronik können gleichzeitig auch die klassischen geodätischen Instrumente, wie z.b. motorisierte Tachy-meter, im Routinebetrieb ohne einen Bediener auskommen und automatisch Messwerte mit hohen Abtastfrequenzen liefern. Das Problem bei der Auswahl eines Messsystems bzw. Verfahrens liegt dabei folglich lediglich darin, eine adäquate, der Problemstellung angepasste, den Anforderungen an die Genauigkeit erfüllende und zugleich kostengünstige Lösung zu finden. Bei aller Einfachheit dieser Anforderung, erfordert ihre Realisierung weitere umfangreiche und interdisziplinäre Forschungsarbeit. Ein typisches Beispiel dieser Art stellen die speziellen Prüfverfahren bei den WEA-Fundamenten dar. Bei solchen Prüfungen müssen unter dem Einfluss einer dynamischen Belastung kurzfristige Deformationen ermittelt und analysiert werden. Zu diesem Zweck wird bei laufendem Betrieb der WEA entweder ein Notstopp durchgeführt oder es werden nach Auskopplung des Generators die Rotorblätter schlagartig in eine windneutrale Stellung gedreht. Der auf Höhe der Rotorachse entstandene Impuls wird in Form einer Stoßwelle in den Turm und über die bestehende Flanschverbindung in das Fundament eingeleitet. Für die Beurteilung des Bauwerkszustandes soll dabei vor allem die Frage beantwortet werden, ob der Turm der WEA fest im Fundament eingebunden ist. Die Lösung dieser Aufgabe kann mit unterschiedlichen messtechnischen Mitteln erreicht werden. Bedingt durch die hohe Komplexität der messtechnischen Anforderungen wird meistens ein System aus vielen verschiedenen Einzelsensoren eingesetzt, das exemplarisch nach der Methodik der Gesellschaft für Informations -Management mbh gim (vgl. Friedrich et al. 2012) in Abbildung 4 links gezeigt wird. Zur Überwindung der Nachteile des bisher verwendeten Messsystems wurde von den Antragstellern in den letzten Jahren ein neuartiges System auf Basis von Beschleunigungssensoren (s. Abb. 4 rechts) entwickelt und bereits bei mehreren Projekten getestet (vgl. Resnik & Schiefelbein 2013). Die Positionierung von zwei Beschleunigungssensoren vertikal übereinander soll dabei als Ersatz für die bisher verwendeten DMS zur Ermittlung des Verlaufs der Stauchung bzw. Dehnung der Turmwand dienen. Weitere einzelne Schwingungssensoren sollen die absoluten Bewegungen der Kontrollpunkte auf dem Fundament liefern und somit die Distanzsensoren ersetzen. Abb. 4: Messsysteme (exemplarisch)

6 68 Boris Resnik, Norbert Schiefelbein und Dirk Werner Die vorbeugende Überwachung hat sich inzwischen bei allen wichtigen Bestandteilen von modernen WEA wie Rotor, Getriebe, Generator, Gondelverstellung usw. zu einem Standard entwickelt und unter dem Begriff Condition-Monitoring-Systeme (CMS) etabliert. Das am häufigsten eingesetzte Diagnosewerkzeug zur Zustandsüberwachung ist die Schwingungsanalyse. Mit ihrer Hilfe können Unregelmäßigkeiten der Abb. 5: Messsysteme (exemplarisch) Messwerte beteiligten Wellen, Lager und Zahnradstufen (s. Abb. 5) frühzeitig und ohne Zerlegung des Antriebsstranges erkannt werden. Eine Kontrolle der Fundamente im Rahmen der CMS ist heutzutage noch nicht üblich, kommt aber nach Meinung der Antragsteller angesichts vermehrt auftretender Schäden in den kommenden Jahren ebenfalls in den Mittelpunkt des Interesses. Es ist bekannt, dass die schlanken Bauwerke wie Türme von WEA mit niedrigen Eigenfrequenzen bei geringer Dämpfung, auf Grund natürlicher Anregungsquellen, wie Wind oder Betrieb, in Schwingungen mit einer relativ großer Amplitude versetzt werden können. Nach der Meinung des Antragstellers ist es möglich, durch eine dauerhafte messtechnische Erfassung der dynamischen Charakteristik von diesen üblichen Schwingungen am Fundament und Turm den Zustand der Verbindung zwischen beiden zu beurteilen und kritische Änderungen frühzeitig zu detektieren. Für solche Anwendungen wird das Messsystem aus mehreren Beschleunigungsaufnehmern innerhalb des Turms fest eingebaut (s. Abb. 4 rechts) und mit dem zentralen Prozessor der WEA verbunden (vgl. Resnik & Schiefelbein 2013). Als Ergebnis erhält man die bestimmten dynamischen Parameter (Kennwerte) wie z. B. Verhältnis von Amplituden oder auch den ermittelten Dämpfungskoeffizienten bei den vordefinierten Eigenfrequenzen, die in Echtzeit im Sinne der Kategorien gut und sicherheitskritisch klassifiziert werden (s. Abb. 6). Zeigen sich in den Ergebnissen FFT-Analyse Abb. 6: Konzept der CMS-Überwachung von Fundamenten (exemplarisch) Kontrollwerte

7 Visuelle und messtechnische Erkennung sicherheitsrelevanter Defekte an Fundamenten von Windenergieanlagen 69 der permanenten Überwachung außergewöhnliche und signifikante Verschiebungen, so können deren Ursachen genauer u.a. mit den oben genannten Methoden untersucht sowie entsprechende Korrekturmaßnahmen ergriffen werden (vgl. Werner 2012). 4 SCHLUSSFOLGERUNGEN Wie alle komplizierten Ingenieurbauwerke unterliegen auch die modernen WEA einem hohen Schadensrisiko. Da viele WEA im kommenden Jahrzehnt das Ende ihrer geplanten Lebensdauer erreichen, werden Kompetenzen in den Bereichen der Lebensdauerproblematik immer stärker zu einem wichtigen nationalen und internationalen Wettbewerbsfaktor. Während die Notwendigkeit von regelmäßigen Untersuchungen prinzipiell eine wachsende Akzeptanz bei Herstellern und Betreibern findet, wurden Einbeziehung von technischen Mitteln sowie die Möglichkeiten von kontinuierlichen Messungen im Rahmen von Condition- Monitoring-Systemen (CMS) in diesem Bereich kaum untersucht. Hauptgründe dafür sind die benötigten umfangreichen Investitionen in der Entwicklungsphase und die Notwendigkeit einer intensiven interdisziplinären Forschungsarbeit. Anhand der inzwischen gewonnen Erkenntnisse wollen die Autoren in den kommenden Jahren das vorhandene Forschungspotenziale ihrer Hochschulen mit den langjährigen Erfahrungen des kooperierenden Ingenieurbüros bündeln. Somit können alle Ansätze auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau realisiert und anschließend auf ihre unmittelbare Praxistauglichkeit hin überprüft werden. Resnik, B. (2011): Structural Heallth Monitoring und Paradigmenwechsel bei den geodätischen Überwachungsmessungen. In: Zeitschrift Forum, Heft 4. Resnik B. & Schiefelbein N. (2013): Frühzeitige Erkennung sicherheitsrelevanter Defekte an Fundamenteinbauteilen von Windenergieanlagen. In: Hanke &Weinold (Hrsg.), 17. Internationale Geodätische Woche, Heidelberg. Werner D. (2012): Ursachen und Sanierung von Schäden an Windenergieanlagen Einige Praxisbeispiele zu Fundamenten. VDI-Konferenz Hamburg. Vortrag. Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET); Verein an der Universität Kassel e.v. & Information und Energiewirtschaft (Hrsg.) (2008): Windenergie Report Deutschland online in Internet: wind/download/windenergie_report_2008_de.pdf [Stand: ]. Krautkrämer J. & Krautkrämer H. (1986): Werkstoffprüfung mit Ultraschall. 5. Auflage, Berlin. Schirowski M. (2013): Beitrag zur zerstörungsfreien Prüfung der Fundamente von Windenergieanlage mit dem Ziel der Laufzeitverlängerung. Masterarbeit. HTW Berlin. 5 LITERATURVERZEICHNIS Gasch, R. & Twele, J. (Hrsg.) (2011): Windenkraftanlagen. Grundlagen, Entwurf, Planung und Betrieb. Wiesbaden. Friedrich, A.; Resnik, B. & Schiefelbein, N. (2012): Frühzeitige Erkennung von sicherheitsrelevanten Bauwerkszuständen an Windenergieanlagen mit Hilfe dynamischer Belastungstests. Messtechnik im Bauwesen. Berlin.

8 70 Boris Resnik, Norbert Schiefelbein und Dirk Werner Kontaktdaten: Prof. Dr. Boris Resnik Beuth Hochschule für Technik Berlin, Fachbereich III, Bauingenieur- und Geoinformationswesen Dipl.-Ing. Norbert Schiefelbein Gesellschaft für Informations-Management mbh Berlin (gim) Gruberzeile 83 B, Berlin Prof. Dr.-Ing. Dirk Werner Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Fachbereich Bauingenieurwesen