Die ausgewählten Untersuchungsmerkmale. In Anlehnung an Walla (1994) wurden. Die Kommunalschulden je Einwohner

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1 Kurzbericht Statisti und Informationsmanagement, Monatsheft 8/1998 Die Situation der ommunalen Haushalte in Stuttgart und in der Region Stadt-Umland-Beziehungen sind ein Dauerthema der ommunalen und regionalen Politi. Anhaltende Abwanderungen ins Umland verschlechtern die Einommensstrutur der Stadtbevölerung und führen zu Verlusten beim Gemeindeanteil an der Einommensteuer. Betriebsverlagerungen ins Umland verschlechtern die Gewerbestrutur und schwächen die Steuerraft der Kernstadt. Da häufig mit dem Wegzug ins Umland der Arbeitsplatz in der Kernstadt beibehalten wird, entstehen Pendlerströme, die Verehrsprobleme, Umweltbelastungen und erhöhten Infrastruturbedarf erzeugen. Die Einrichtungen von Einaufszentren und Verbrauchermärten außerhalb der Stadt lenen Kaufraftströme und Steuerraft von der Kernstadt ins Umland. Dieser Ausbeutung der Kernstadt durch ihr Umland steht allerdings gegenüber, daß die Kernstadt öologisch am Tropf des Umlandes hängt (Mäding, 1995, S. 614). Mit wachsender Suburbanisierung erhöht sich die zentralörtliche Belastung der großen Oberzentren, die sich aus der Funtion als Arbeitsund Versorgungszentren für die eigene Bevölerung und für die des Umlandes ergeben; die Konzentration sozialer Probleme und Problemgruppen führt zu explodierenden Sozialetats (vgl. Schwarz, 1996, S. 3,4). Über neue Formen des Vorteilsund Lastenausgleichs in der Region muß nachgedacht werden (Reidenbach, 1997, S. 60). Der vorliegende Beitrag befaßt sich mit einer vergleichenden Betrachtung der Situation der ommunalen Haushalte der Städte und Gemeinden in der Region Stuttgart und deren Entwiclung in der ersten Hälfte der 90er Jahre. Hierzu wurde ein Indiatorenset von drei Mermalen ausgewählt, die dann in einer Meßziffer ommunaler Wohlstand onzentriert werden. Die ausgewählten Untersuchungsmermale In Anlehnung an Walla (1994) wurden die drei Mermale Kommunalschulden je Einwohner, Steuerraftmeßzahl je Einwohner und Entschuldungsdauer ausgewählt. Die Kommunalschulden je Einwohner umfassen für das Jahr 1990 ausschließlich die Kämmereischulden (fundierte Schulden) der Gemeinden. Da bis 1995 in zahlreichen Städten und Gemeinden im Umland ommunale Eigenbetriebe eingerichtet wurden und so die Darstellung der Kämmereischulden ein vollständiges Bild der Verschuldungssituation einer Kommune mehr ergeben würde, wurden für 1995 jeweils auch die Schulden der Eigenbetriebe berücsichtigt. Nicht enthalten sind die Schulden der Kranenhäuser, die ohnehin in der Gesamtsumme nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Ebenso außer Betracht bleiben die ommunalen Schulden im weiten Sinn (Zwecverbände, Wirtschaftsunternehmen), da diese nur am Sitzort erhoben werden önnen und eine eindeutige regionale Zuordnung nicht möglich ist. Eine gewisse Beeinträchtigung des Vergleiches der Daten von Stuttgart mit denen der übrigen Städte und Gemeinden stellt der Umstand dar, daß im Schuldenstand Stuttgarts auch die (Stadt-) Kreisschulden enthalten sind, bei den übrigen Gemeinden die Landreisschulden jedoch nicht eingeschlossen sind. Die Steuerraftmeßzahl je Einwohner ist ein wichtiger Indiator für die Finanzraft einer Gemeinde. Ausgangspunt für deren Berechnung sind die Einnahmen der Gemeinden aus der Grundsteuer A und B, der Gewerbesteuer nach Ertrag und Kapital, dem Gemeindeanteil an der Einommensteuer sowie die Zahlungen an Gewerbesteuerumlage. Weitere ommunale Steuern wie zum Beispiel die Hundesteuer oder die Vergnügungssteuer werden bei der Ermittlung der Steuerraftmeßzahl nicht berücsichtigt. Die Steuerraftmeßzahl wird normiert, und zwar bei den Steuern, für die die Gemeinden die Hebesatzompetenz haben (Grundsteuer, Gewerbesteuer), durch die Anwendungen von fitiven landeseinheitlichen Hebesätzen (sog. Nivellierungshebesätze), die bewiren, daß nicht das Steueraufommen, sondern die Steuerraft vermittelt wird (Ecay, 1995, S. 593). Die Steuermeßzahl ist zugleich ein wichtiges Ecdatum des ommunalen Finanzausgleichs. Das dritte ausgewählte Mermal, die ommunale Entschuldungsdauer, ist der Quotient aus den beiden anderen Mermalen (Kommunalschulden je Einwohner dividiert durch ommunale Steuerraftmeßzahl je Einwohner); im Verein mit diesen beiden Mermalen erlaubt er eine Relativierung des ommunalen Wohlstands (Walla, 1994, S. 185). Die Berechnung der Indiatoren und der Meßziffer Die genannten Mermale wurden relativiert und als Konzentrationsmaße dargestellt 1. Diese zeigen für das Betrachtungsjahr Abweichungen der einzelnen Gemeinden vom übergeordneten Durchschnitt (hier: der Region Stuttgart insgesamt). Werte über 100 gelten als eher günstig, solche von unter 100 eher als ungünstig. Reziproe Konzentrationsmaße 2 müssen bei Indiatoren verwandt werden, bei denen Werte über 100 nicht als günstig, sondern als ungünstig bewertet werden. Das ist der Fall bei den Indiatoren ommunale Entschuldungsdauer und ommunale Schulden je Einwohner. Die drei Indiatoren wurden ungewichtet zu einer Meßziffer 3 aggregiert. Diese beschreibt in prägnanter Weise die Situation des ommunalen Wohlstandes in den Gemeinden der Region. 205

2 Die Ergebnisse Stuttgarts im Regionalvergleich Die Situation des ommunalen Haushalts der Stadt Stuttgart ist auf der einen Seite durch eine im Vergleich zu den Gemeinden der Landreise der Region leicht überdurchschnittlichen Steuerraft, auf der anderen Seite aber durch eine erheblich höheren Verschuldung geennzeichnet (vgl. Tabelle 1). Dabei hat sich der Indiator ommunale Steuerraft von 1990 bis 1995 in Relation zur Regionsentwiclung von 126 auf 113 verschlechtert, während die Verschuldungssituation auf unverändert (ungünstigem) Niveau verharrte. Die Meßziffer ommunaler Wohlstand faßt die im Regionsvergleich sehr ungünstige Situation der Landeshauptstadt zusammen. Unübersehbar hat sich die Schere zwischen Stuttgart und den Städten und Gemeinden der Region von 1990 bis 1995 weiter zuungunsten der Landeshauptstadt geöffnet. Unter dem Regionsdurchschnitt liegt - wenn auch napp - nur noch der Landreis Göppingen. Den Trend einer Verschlechterung der ommunalen Wohlstandssituation teilen die Landreise Böblingen und Esslingen mit der Landeshauptstadt Stuttgart. Die Ursachen sind gleichwohl unterschiedlicher Art: Im Kreis Böblingen verschlechterte sich die Steuerraft der Gemeinden, im Kreis Esslingen entwicelte sich insbesondere die Verschuldung der Gemeinden negativer als der Regionstrend. Eine bessere Entwiclung als die Region nahmen von 1990 bis 1995 der Landreis Ludwigsburg und mehr noch der Landreis Rems-Murr. Im Ludwigsburger Kreis war dafür überwiegend die günstige Entwiclung der Steuerraft der Gemeinden im Regionalvergleich ausschlaggebend; im Rems-Murr-Kreis verbesserten sich sowohl die Steuerbasis als auch der Verschuldungsgrad der Gemeinden. Kommunaler Wohlstand in den Kreisen der Region Stuttgart 1990 und Kommunale Kommunale Kommunalschulden 3) Kommunaler Kreis Entschuldungsdauer 1) Steuerraft 2) je Einwohner Wohlstand 4) (rezipro) je Einwohner (rezipro) Stuttgart Böblingen Esslingen Göppingen Ludwigsburg Rems-Murr Region Stuttgart ) 2) 3) 4) Steuerraftmeßzahl. Meßziffer aus den drei vorgenannten Indiatoren. Tabelle 1

3 Etwas differenzierter stellt sich die Situation dar, wenn man die größten Städte (ab Einwohner) in der Region einer Betrachtung unterzieht. Aus Tabelle 2 wird ersichtlich, daß lediglich Göppingen einen ähnlich ungünstigen Stand des ommunalen Wohlstandes im Regionsvergleich wie Stuttgart erreicht. Unter dem Regionsmittel liegen auch die Meßziffern von Esslingen und neuerdings von Sindelfingen. Während sich in der Stadt Esslingen die Gesamtsituation etwas verbesserte - trotz eines relativen Verlustes an Steuerraft, dafür aber einer überproportionalen Verbesserung der Verschuldungssituation -, erlebte der städtische Haushalt Sindelfingens eine regelrechte Talfahrt, nach dem dort die Steuerraftbasis in erheblichem Maße erodierte. Auch die Stadt Böblingen mußte eine Reduzierung ihres ommunalen Wohlstandes im Zeitraum von 1990 bis 1995 auf das Durchschnittsniveau der Region Stuttgart hinnehmen. Auf der Sonnenseite der Entwiclung standen die Städte Bietigheim-Bissingen, Fellbach und vor allem Ludwigsburg und Waiblingen. Diese onnten sich zum Teil beträchtlich von der Regionsentwiclung positiv abheben. Neben einer verbesserten Steuerraftbasis entwicelten sich in diesen Städten insbesondere die Verschuldungssituation günstiger als der Durchschnitt der Regionsgemeinden. Kommunaler Wohlstand in ausgewählten Städten der Region Stuttgart 1990 und 1995 Kommunale Kommunale Kommunalschulden 3) Kommunaler Stadt Entschuldungsdauer 1) Steuerraft 2) je Einwohner Wohlstand 4) (ab Ew) (rezipro) je Einwohner (rezipro) Stuttgart Böblingen Leonberg Sindelfingen Esslingen Göppingen Ludwigsburg Bietigheim-Bissingen Fellbach Waiblingen Region Stuttgart ) Quotient aus Kommunalschulden je Einwohner /ommunale Steuerraft je Einwohner. 2) 3) 4) Steuerraftmeßzahl. Meßziffer aus den drei vorgenannten Indiatoren. Tabelle 2 Ein differenziertes Bild des ommunalen Wohlstandes in der Region vermittelt die folgende Karte. Das Kartenbild (bzw. die Häufigeitsauszählung der Meßziffernlassen) läßt zunächst erennen, daß sich von 1990 bis 1995 die ommunalen Wohlstandsverhältnisse tendenziell angeglichen haben. Es gibt weniger Gemeinden unter den Regionsniveau, aber auch weniger Gemeinden, die extrem über dem Regionswert liegen. Eine weitere Beobachtung ist festzuhalten: Um die Landeshauptstadt ebenso wie um die Kreisstädte bzw. größeren Städte in den Landreisen sind sowohl 1990 als auch 1995 eine ringförmige Zone hohen ommunalen Wohlstandes auszumachen, ein Specgürtel, der selbst um die Stadt Göppingen erennbar ist, in einem Landreis, der ansonsten doch spürbar unterhalb des Regionsniveaus zurücbleibt.

4 Kommunaler Wohlstand in den Gemeinden der Region Stuttgart 1990 und Fellbach Waiblingen Bietigheim- Bissingen Ludwigsburg Leonberg Stuttgart Esslingen Sindelfingen Böblingen Göppingen 208 Häufigeiten unter bis unter bis unter und mehr Region= m 1995 Bietigheim- Bissingen Gemeinden Stuttgart/ Landreise Ludwigsburg Sindelfingen Böblingen Stuttgart Leonberg Fellbach Waiblingen Esslingen Göppingen Häufigeiten unter bis unter bis unter und mehr Region=100 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg; eigene Berechnungen

5 Fazit Die vergleichende Untersuchung des ommunalen Wohlstandes der Gemeinden in der Region Stuttgart verdeutlicht für beide Betrachtungsjahre gleichermaßen die erheblichen Struturunterschiede innerhalb der Region. Im Schatten der Entwiclung steht die Kernstadt der Region, das Oberzentrum Stuttgart. Ansatzweise vergleichbare Probleme haben die leineren Kernstädte Esslingen sowie Böblingen und Sindelfingen. Andere Kernstädte wie Ludwigsburg und Waiblingen zeichnen sich zwar durch eine günstigere Ausgangssituation ihrer ommunalen Wohlstandssituation Anfang der 90er Jahre aus, erzielten obendrein bis 1995 weitere beachtliche Verbesserungen, ungleich besser stehen in aller Regel freilich die angrenzenden Randgemeinden da. Die Situation der ommunalen Haushalte in der Region wird demnach einerseits dominiert durch ein regionsweites Zentrum (Stuttgart) - Peripherie-Gefälle, das andererseits von einem leinräumigen Stadt-Land-Gefälle ergänzt wird. Thomas Schwarz 1) Konzentrationsmaß: K r,i = (x ri /y rj ) : ( r x ri / r y rj ) * 100 x i = Profilvariable i (z.b. Steuerraftmeßzahl); y j = Bezugsvariable j (z.b. Einwohner) r = Index des betrachteten Raumes; r = Summen für Gesamtraum (Region) Vorteil: Nachteil: leicht zu verstehen, dimensionslos und zu Meßziffern zusammenfaßbar. nicht vollständig, linear interpretierbar. 2) Reziproes K-Maß: K r,i,rez = (y rj /x ri ) : ( r y rj / r x ri ) * 100 wobei: x i = Profilvariable i (z.b. Schulden); y j = Bezugsvariable j (z.b. Einwohner) r = Index des betrachteten Raumes; r = Summen für Gesamtraum (Region) 3) Meßziffer: M r = (K r1 + K r K rn )/n 209 Literaturverzeichnis: Ecay, Hans-Friedrich: Möglicheiten der Anpassung und Veränderung des ommunalen Finanzausgleichssystems für raumordnerische Zielsetzungen, in: Information zur Raumentwiclung Heft 8/9, 1995, S Mäding, Heinrich: Überlegungen zur Eignung des ommunalen Finanzausgleiches zur Förderung raumordnungspolitischer Konzepte, in: Informationen zur Raumentwiclung, Heft 8/1995, S Reidenbach, Michael: Die Zuunft der ommunalen Finanzen, in: Hencel, Dietrich u. a. (Hrsg.): Entscheidungsfelder städtischer Zuunft. Schriften des Dt. Instituts für Urbanisti Bd. 90. Stuttgart, Berlin, Köln 1997, S Schwarz, Thomas: Zur Entwiclung der Gewerbesteuer und der Sozialen Leistungen. Statisti und Informationsmanagement, Monatsheft 9/1996, S. 3-4 Ullrich, Adalbert: Zum Stand der ommunalen Schulden Ende 1994, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl, Heft 8/1995, S Walla, Wolfgang: Die Rolle von Indiatoren in der Stadt- und Raumplanung in Metropolitan-Gebieten, dargestellt am Beispiel Stuttgart, in: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.): Jahrbuch Baden-Württemberg 1994, S