Uraufführung DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 10+ von Bernd Heiber nach dem Roman Die Dschungelbücher von Rudyard Kipling BEGLEITMATERIAL ZUM STÜCK

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1 Uraufführung DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 10+ von Bernd Heiber nach dem Roman Die Dschungelbücher von Rudyard Kipling BEGLEITMATERIAL ZUM STÜCK

2 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 2 Es spielen: Anton Berman Birgit Berthold Lutz Dechant Caroline Erdmann Marie Gesien Elisabeth Heckel Niels Heuser Stefan Kowalski Jakob Kraze Franziska Krol Johannes Hendrik Langer Matthias Müller Thomas Pasieka Kostia Rapoport Franziska Ritter Andrej von Sallwitz Dschungelband Hathi / Affe/Messua Affe / Messuas Mann Affe / Frau/Die weiße Kobra Junger Wolf / Affe / Frau Rakscha / Affe/Frau Mowgli Balu / Mann Shir Khan / Affe / Ein Fremder Junger Wolf / Affe / Ein Mädchen Graubruder / Affe / Kaa Dschungelband Wolf / Affe / Buldeo Dschungelband Baghira Akela/Affe Sascha Bunge Angelika Wedde Anton Berman, Matthias Müller, Kostia Rapoport Karola Marsch Irina-Simona Barca, Frank Röpke Eddi Damer Marc Lautner Rainer Pagel Jörg Wartenberg, Sebastian Köster Chiara Galesi, Anne-Sophie Attinost Anne Richter Jutta Rutz Karla Steudel, Ilonka Schrön Jens Blau Ute Seyer, Birgit Wilde, Sabine Hannemann Kerstin Narr Die Rechte für das Stück liegen beim henschel Theaterverlag Berlin. Foto- und Videoaufnahmen während der Vorstellung sind nicht gestattet. Premiere: 29. April 2014 Bühne 1 ca. 140 Minuten mit Pause Regie Bühne + Kostüme Musik Dramaturgie Theaterpädagogik Technischer Direktor Bühnenmeister Licht Ton + Video Regieassistenz Inspizienz Soufflage Maske Requisite Ankleiderei Kostümbildassistenz Herstellung der Dekoration unter der Leitung von Jörg Heinemann in den Werkstätten der Stiftung Oper in Berlin Bühnenservice / Herstellung Lichteffekte: Christian Rösler Herstellung der Kostüme durch die Firma Gewänder / Maren Fink-Wegener Herstellung des Schlangenkopfes Kaa: Bianca Lamelas Herstellung der Wolfsmasken: IMITAT Beate Kelm Herstellung des Elefantenkopfes: Esther Janshen

3 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 3 Inhalt Einleitung 4 Über den Autor 6 Gesetze regeln das Zusammenleben in Gemeinschaften 7 Über den Umgang mit dem Fremden 9 Vor- und Nachbereitung im Unterricht Mowglis Zugehörigkeit zu den Wölfen/Menschen Umgang mit dem Fremden Erziehungsmodelle 12 Kooperation oder Disziplin? 13 Das Gesetz des Dschungels 14 Mögliche Aufgabe an die Schüler 16 Hinweise für den Theaterbesuch 17 Impressum 18

4 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 4 Einleitung Mit der Inszenierung Das Gesetz des Dschungels hat Regisseur Sascha Bunge Rudyard Kiplings Meisterwerk von 1894 neu interpretiert. Die vielgestaltige Geschichte von Rudyard Kipling ist ein großartiger Entwicklungsroman. Er erzählt vom Jungen Mowgli auf seinem Weg zum jungen Erwachsenen. Indem Kipling seinen zentralen Helden Mowgli als Menschen in die Dschungelwelt der wilden Tiere versetzt, lässt er ihn herausragen und stattet ihn mit einem besonderen Fokus aus. Wir treten als Zuschauer oder Leser in den originalen Dschungelbüchern in Mowglis Leben ein, als er etwa 10 Jahre alt ist und beginnt, Fragen nach seinem Woher zu stellen. Was bisher Spiel, Tollerei und Erprobung war, wird nun zur Prüfung: Wohin gehört er, der Menschenjunge unter den wilden Tieren? Ist er einer von ihnen? Kann er einer von ihnen sein? Wo ist sein Platz? Ist seine Familie dort, wo er aufgezogen wurde oder da, wo man ihn gebar? Muss er gehen? Kann er bleiben? Rudyard Kiplings Geschichte um den Jungen Mowgli wird zum großen Bild um Fragen, die sich jeder Mensch einmal stellen muss. Die Fragen nach der Herkunft und die Bestimmung durch sie. Gleichzeitig geht es im Roman und in der Inszenierung um die Macht, die Regeln und Gesetze von Gesellschaften, die das Fremde und Unbekannte ausschließen oder integrieren. Wie offen zeigt sich eine Gemeinschaft für Anderes? Warum wird der Fremde als Eindringling und Feind abgewiesen? Diese Themen werden auf mehreren Ebenen verhandelt und ausgetragen. Dabei nimmt Mowgli immer eine Ausnahmestellung ein. Die Jungwölfe lassen sich von Shir Khan, dem Tiger, gegen Mowgli aufbringen und fordern seinen Ausschluss, weil er keiner von ihnen sei. Die Menschen suchen ihm etwas Animalisches, Nichtmenschliches anzuhängen, weil er im Dschungel unter den Wölfen aufwuchs. Auch sie lehnen ihn ab. Welchen Weg kann Mowgli nun beschreiten, wenn ihm der Rückhalt in beiden Lagern entzogen wird? Sowohl der Autor Rudyard Kipling als auch der Regisseur Sascha Bunge haben diese Fragen konsequent und eindringlich behandelt und in ihren Werken untersucht. Sascha Bunge hat dafür große Bilder gefunden, in denen sich Mowgli immer einer Gruppe gegenüber sieht, die ihn zur Außenposition zwingt. Er kann nicht umhin, als seinen ganz eigenen, individuellen Weg suchen zu müssen. Natürlich stehen ihm auch in der Inszenierung der Panther Baghira und der Bär Balu zur Seite. Aber sie sind Lehrer und Erzieher, die nicht sein Leben übernehmen, sondern ihn aus dem Hintergrund begleiten. Sie weisen ihm keinen Weg, sie geben im Handlungsinstrumente an die Hand. Benutzen, nach Wegen und Lösungen suchen, diese Wege gehen, das muss Mowgli selbst. Sascha Bunge verfolgt damit ein Erziehungsmodell, das ganz auf die Selbstermächtigung von Mowgli setzt. In dieser Sicht wird ihm kein Kampf, keine Auseinandersetzung, keine Enttäuschung, kein Riss erspart, bis Mowgli als sein Ich seinen eigenen Weg gehen wird. Die hier besprochenen Themen verweisen darauf, dass Das Gesetz des Dschungels mit der Disneyund anderen niedlichen Adaptionen nichts gemein hat. Das Stück ist kein Märchen, es ist eine Parabel. Der Berliner Autor Bernd Heiber hat in enger Vorbereitung mit dem Regisseur Sascha Bunge eine Theaterfassung nach den Dschungelbüchern geschrieben. Längst nicht alle Geschichten daraus sind in die Fassung eingeflossen. Zentrale Geschichte ist die um Mowgli und seine Erlebnisse. Eingebettet wird Mowglis Geschichte in einen Urmythos, der davon erzählt, wie in das paradiesische Miteinander aller Tiere Zwietracht, Hass, Kampf, Mord und Rache kamen. Die Inszenierung beginnt mit Hathis Geschichte, dem Urelefanten, der davon berichtet, wie aus dem Richter über alle Tiere, dem Tiger Shir Khan, ein blutrünstiges, aber auch einsames und von allen anderen gemiedenes Raubtier wurde, dessen natürlicher Feind der Mensch wurde. Und so muss Shir Khan Mowgli folgen, muss ihn töten wollen, aus

5 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 5 dem Dschungel entfernt haben wollen. Es ist ihm eingeschrieben worden, es ist zum Gesetz geworden. Mowgli versucht mit allen Mitteln, dieses Gesetz, das Gesetz des Tötens, auszusetzen. Am Ende aber stehen sie sich zu zweit gegenüber: Mowgli und Shir Khan. Und nur einer von ihnen kann weiterleben. Sascha Bunge hat die Geschichte um Mowgli und die Gesetze in Gemeinschaften als großes musikalisches und sinnliches Bildertheater mit vielen Gruppenszenen entworfen. Die Inszenierung lädt ein, die großen Fragen des Menschseins zu betrachten. Wir wünschen Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern einen anregenden und aufregenden Theaterbesuch. Für Ihre Anmerkungen, Fragen und Ihre Kritik erreichen sie uns unter Kontakt Theaterpädagogik tp@parkaue.de Irina-Simona Barca und Frank Röpke Szenenfoto mit Ensemble und Lutz Dechant

6 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 6 Über den Autor Rudyard Kipling kam 1865 als Joseph Rudyard Kipling in Bombay, Indien zur Welt. Kiplings Vater arbeitete anfangs als Schuldirektor einer Kunstschule in Lahore, wurde aber bald nach der Geburt seines Sohnes Kurator des Museums besuchten die Kiplings die englische Heimat, wobei Rudyard und seine Schwester Alice nicht mit den Eltern nach Indien zurückkehrten, sondern bei Pflegeeltern in Southsea blieben, um ihre Schulausbildung in England zu absolvieren. Während seines Aufenthalts in der Pflegefamilie litt Kipling unter den körperlichen und seelischen Demütigungen, die ihm durch seine Pflegeeltern zugefügt wurden. Berichte dieser Erfahrungen finden sich immer wieder in seinen Werken, wie auch später in seiner Autobiografie Something of Myself, die 1935 veröffentlicht wurde. Einziger Zufluchtsort während seines Aufenthalts in England war das Haus seiner Tante Georgiana Burne-Jones in London. Nach einem sechsjährigen Martyrium durfte Kipling 1877 Southsea verlassen und führte seine schulische Ausbildung am United Services College in Westward fort. Während dieser Zeit begann er bereits erste Gedichte zu schreiben, meist satirische Kopien von Autoren wie Shelley und Swinburne. (Ricketts, 37) 1882 kehrte der damals siebzehnjährige Kipling nach Bombay zurück und begann als Journalist bei der Civil and Military Gazette zu arbeiten. In den darauffolgenden Jahren veröffentlichte er mehrere Kurzgeschichten und Gedichte. Im Jahr 1889 verließ Kipling Indien, um über China, Japan und Amerika nach England zurückzukehren. Während seines Aufenthalts in den USA lernte er seine spätere Frau Caroline Balestier kennen, die er 1892 in London heiratete. Zwischen 1894 und 1895 veröffentlichte Kipling seine Dschungelbücher. Jene Geschichten, für die er auch heute noch bekannt ist und die ihn, durch wiederholte Adaptionen in Filmen, wie kein anderes Werk überdauern. Wie in einigen anderen Erzählungen finden sich in Mowglis Geschichte Aspekte von Kiplings Kindheit, allen voran das Gefühl der Einsamkeit und des Nicht-Dazugehörens. (Ricketts 206) Durch seine pro-britische Haltung während des zweiten Burenkrieges litt Kiplings Ansehen als Autor Anfang des 20. Jahrhunderts. Er wurde nicht mehr ernst genommen und sein Bild findet sich in vielen Karikaturen dieser Zeit. Einzig seine Kinderliteratur blieb verschont und so bekam sein Roman Kim, der 1901 veröffentlicht wurde, ebenso gute Kritiken wie die Genau-so-Geschichten aus dem Jahr Während er in England nicht mehr als einer der großen Schriftsteller seiner Zeit gesehen wurde, stieg sein Ansehen im Ausland umso mehr und so erhielt er 1907, als erster britischer Autor, den Nobelpreis für Literatur. Ebenso wurden ihm in den 1920er Jahren mehrere Ehrendoktortitel verliehen, unter anderem von der Sorbonne in Paris und der Universität Straßburg. Im Laufe seiner Karriere wurde ihm mehrfach die Ritterwürde angeboten, zuletzt von Georg V. persönlich. Kipling lehnte diese Ehrung jedoch jedes Mal ab. In den letzten Jahren seines Lebens fungierte Kipling als Ghostwriter für George V. und schrieb unter anderem die erste Weihnachtsrede des Königs, die im Radio live übertragen wurde. Kipling starb 1936 in London nach einem Blutsturz. Sein Grab befindet sich zwischen denen von Thomas Hardy und Charles Dickens in der poets corner der Westminster Abbey. Quellen: Karlin, Daniel: Rudyard Kipling. Oxford: University Press, Ricketts, Harry: The Unforgiving Minute: A Life of Rudyard Kipling. London: Chatto & Windus, 1999.

7 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 7 Gesetze regeln das Zusammenleben in Gemeinschaften Wir sind es gewohnt, in einer Gesellschaft zu leben, in der das Zusammenleben von festen Gesetzen geregelt ist, die zuvor von einer höherstehenden, gesetzgebenden Gewalt beschlossen wurden und dann durch die ausführende Gewalt durchgesetzt werden. So besteht bei uns die Möglichkeit, durch einen Blick in das Strafgesetzbuch herauszufinden, dass Diebstahl mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden kann. ( 242 StGB) Gleichzeitig existieren in unserer Gesellschaft auch Sitten und Normen, die nicht schriftlich festgehalten werden und dazu dienen, unser Zusammenleben zu strukturieren. Wir lernen zum Beispiel, dass es unhöflich ist, sich an der Kasse im Supermarkt, ohne zu fragen, vorzudrängeln. Tut man es dennoch, wird man womöglich mit dem Unmut des Gegenübers konfrontiert, rechtliche Folgen hat ein solches Verhalten jedoch nicht. Somit ist nach unserem Verständnis klar, dass die schriftlich festgehaltenen Regeln einen höheren Stellenwert einnehmen, als mündliche Vereinbarungen. Ein Zusammenleben, ohne die Sicherheit niedergeschriebener Gesetze, scheint für uns unmöglich. Bedarf es jedoch immer einer höheren Gewalt, um Gesetze zu formulieren und durchzusetzen? Die Antwort auf diese Frage hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. So war Cicero der Meinung, dass das Gesetz die höchste Vernunft ist und es in der Natur des Menschen liegt, Recht zu tun und Unrecht zu unterlassen. (De Legibus, I, VI 18-19) Dieses Bild eines natürlichen Gesetzes wurde im 18. Jahrhundert nicht mehr angenommen. Der Rechtsgelehrte Sir William Blackstone sah Gesetze als Verhaltensregeln, von der höchsten Gewalt in einem Staat festgelegt, die rechtes Tun vorschreiben und unrechtes verbieten. (Blackstone, Commentaries on the Laws of England Book I, Part I, Section II) Es ist dieses Bild von Gesetzen, das bis heute in unseren Köpfen verankert ist und so können wir uns nur schwer vorstellen, dass es noch immer Völker gibt, die ganz ohne diese Form von schriftlich festgelegten Gesetzen auskommen und dennoch eine Rechtssprechung besitzen. Die Maori in Neuseeland haben beispielsweise eine Form von Gesetz, die seit Generationen nur mündlich weitergegeben wird und sich in hohem Maß auf alltägliche, eher pragmatische Dinge des Zusammenlebens bezieht. Die Gesetze der Maori basieren auf Geschichten und Mythen, die ihre Sitten und Ideale beinhalten. Die Maori nennen ihre Rechtssprechung tikanga Maori, was sich mit wie die Maori Dinge tun übersetzen lässt und als eine Art Gewohnheitsrecht gesehen werden kann, also einer Rechtssprechung, die auf Traditionen und Ritualen basiert und von den Maori seit jeher praktiziert wird. Da es keine feste verschriftlichte Form gibt, hat jeder Maori-Stamm die Möglichkeit tikanga anders auszulegen. Nur der Grundgedanke bleibt in jeder Auslegung der gleiche: Tikanga Maori dient dazu, ein friedliches Zusammenleben nicht nur der Menschen untereinander, sondern auch mit der Natur zu sichern. Wird dieses Zusammenleben durch ein Vergehen gestört, betrachten die Maori diese Störung weniger als Straftat, sondern vielmehr als Bruch in der Beziehung des Individuums mit seiner Umwelt. Um diesen Bruch zu beseitigen, bedarf es keines Gerichtsprozesses, stattdessen findet eine Versammlung der Stammesmitglieder statt, in der darüber diskutiert wird, wie sich die Beziehung wieder herstellen lässt. Die Verantwortung für eine Tat wird nicht vom Individuum allein getragen. Es findet also keine Bestrafung eines einzelnen Täters statt, sondern vielmehr eine Suche nach Mitteln der Wiedergutmachung, die alle Mitglieder eines Stammes angeht. Zusätzlich zu Richtlinien, wie Vergehen innerhalb der Gesellschaft zu handhaben sind, finden sich im tikanga Maori auch Informationen dazu, welche Rolle einzelne Mitglieder innerhalb eines Stammes

8 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 8 Szenenfoto mit Stefan Kowalski, Franziska Ritter und Johannes Hendrik Langer spielen und was ihre entsprechenden Aufgaben sind. Es legt fest, unter welchen Umständen eine Versammlung einberufen werden sollte und wer wann das Wort ergreifen darf. Neben der Regulierung von weltlichen Dingen beschreibt das tikanga Maori auch den Umgang zwischen Menschen und der spirituellen Welt. In diesem Zusammenhang bestimmt es gewisse Orte, die für die Maori als heilig gelten und als solche zu respektieren sind. Obwohl anfangs versucht wurde, mit Hilfe des Vertrages von Waitangi möglichst viel von der Kultur und den Ritualen der Maori zu erhalten, sahen die Engländer das tikanga Maori als minderwertig gegenüber der westlichen Rechtssprechung an. Erst als bemerkt wurde, dass sich das Gesetz, wie die Engländer es kannten, aufgrund der kulturellen Umstände nicht eins zu eins in Neuseeland umsetzen ließ, fand eine Mischung der beiden unterschiedlichen Gesetzestypen statt. So ist es in der heutigen Rechtssprechung nicht selten der Fall, dass tikanga Maori über dem offiziellen Gesetz nach Vorbild der westlichen Welt steht, wie sich im Foreshore and Seabed Case von 2003 gezeigt hat. Hier entschied Richter Elias, dass die Sitten der Maori, was den Besitz und den Nutzen der Küsten und Meeresböden angeht, jedem englischen Recht übergeordnet und daher als Gesetz in Neuseeland anzuerkennen sind. (Joseph, 82) Kiplings Gesetz des Dschungels erinnert in Form und Inhalt an ein Gewohnheitsrecht, wie es sich zum Beispiel bei den Maori finden lässt. Das Gesetz wurde von den Tieren ausgehandelt, um ein friedliches Zusammenleben zu sichern und lässt dabei selbst die Schwächsten nicht außer Acht, auch wenn man im Allgemeinen mit dem Gesetz des Dschungels das Recht des Stärkeren verbindet. Es spricht den Tieren eine menschliche Vernunft zu, die es dem Leser leicht macht zu vergessen, dass es sich um Tiere handelt. Der Text findet sich im Teil zur Vor- und Nachbereitung. Quellen: Joseph, Robert: Re-Creating Legal Space for the First Law of Aotearoa-New Zealand. In: Waikato Law Review. Taumauri, 2009, Vol 17. S Vieilli, Stephanie: Maori Customary Law: A Relational Approach to Justice. In: International Indigenous Policy Journal. 2012, Vol 3 (1).

9 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 9 Über den Umgang mit dem Fremden MENSCHEN: Sie sind Fremde. MOWGLI: Aber sie sehen doch aus wie wir. In unserem Alltag sehen wir uns oft mit dem Fremden konfrontiert und nehmen es als solches wahr. Eine genaue Definition, warum wir etwas als fremd betrachten, finden wir in den meisten Fällen jedoch nicht, die Antwort ist vielmehr: Es ist fremd, weil es nicht Teil des uns Bekannten ist. So unterscheidet die Wissenschaft beispielsweise zwischen dem Fremden als das Andere, das Neue, das Ungewohnte und dem Bekannten, Vertrauten, als das Normale. (Trübswasser) Was aber das Normale ist, lässt sich nicht klar definieren, es hängt von den Werten und Normen ab, mit denen ein Mensch aufwächst und die ihm vorgelebt und vermittelt werden. In dieser Umgebung, die als kultureller Hintergrund bezeichnet werden kann, bildet sich die jeweilige Identität des Menschen aus. Wie man mit dem Fremden umgeht und es beurteilt, hängt dabei von der Stärke dieser Identität ab. Je schwächer sie ist, desto höher das Bedürfnis noch schwächeren Gruppen, wie Minderheiten einer Gesellschaft, feindselig zu begegnen, da die Bedrohung dieser Gruppen für die eigene Identität umso größer erscheint. Unterstützt wird diese scheinbare Bedrohung durch Stereotype und Vorurteile, die in der Wahrnehmung der Welt eines jeden Menschen verankert sind. Es bedarf jedoch einer Trennung zwischen Stereotypen und Vorurteilen. Vorurteile sind meist negativer Art und beeinflussen somit auch den Umgang mit dem Fremden negativ. Stereotypen hingegen sind nicht immer negativ behaftet, sie entsprechen vorgefertigten Bildern und Meinungen, die notwendig sind, um die Welt mit möglichst wenig Aufwand wahrnehmen zu können. Es ist also nicht nur das Bild des Fremden, das über Stereotype definiert wird, sondern auch das Bild des Eigenen, womit Stereotype als identitätsstiftend betrachtet werden können. Unterschieden werden kann zwischen individuellen Stereotypen, die dazu dienen eine eigene Identität auszubilden, und gesellschaftlichen Stereotypen, die den Gruppenzusammenhalt und das Wir-Gefühl innerhalb einer Gemeinschaft stärken, da sich diese Gemeinschaft mit Hilfe der vorgefertigten Bilder und Meinungen von anderen Gruppen abgrenzt. Auch wenn eine solche Abgrenzung wichtig für das Entwickeln einer eigenen Identität ist, bleiben immer noch unterschiedliche Möglichkeiten, mit dem Fremden umzugehen. Es ist beispielsweise möglich, dem Fremden so offen zu begegnen, dass er Teil des Eigenen wird und sein Fremdsein sich damit auflöst. Allerdings bedarf es dafür eines Prozesses, der viel Zeit in Anspruch nehmen kann und keinesfalls immer friedlich verläuft. Es lässt sich nur schwer sagen, wann dieser Prozess abgeschlossen ist, wie sich auch in unserer eigenen Gesellschaft zeigt, in der trotz Globalisierung und Multikulturalität Abgrenzungen verschiedener Gruppen stattfinden, die mit stereotypen Argumenten begründet werden, die wir uns als längst überholt wünschen. Die zweite Möglichkeit, dem Fremden zu begegnen, ist mit Ablehnung und Feindseligkeit. In diesem Fall haben sich die Stereotype, mit denen man dem Anderen begegnet, in Vorurteile verwandelt, die meist mit einer negativen Einstellung gegenüber anderen einhergehen. Die Abgrenzung geschieht hier nicht nur auf einer verbalen Ebene, sondern auch durch das Ausgrenzen des Fremden aus einer festen Gemeinschaft, die nicht bereit ist, sich ihm zu öffnen. Diese Art der Ausgrenzung erlebt Mowgli gleich zweimal. Erst sind es die Wölfe, die ihn verstoßen, weil er ein Mensch ist und es keinem Menschen

10 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 10 gestattet ist, unter den Tieren des Dschungels zu leben. Die Tatsache, dass er mit ihnen aufgewachsen ist und sich immer an das Gesetz des Dschungels gehalten hat, zählt für sie ebenso wenig, wie der Vertrag, den Baghira mit ihnen geschlossen hat, als er Mowgli mit einem Büffel in das Pack einkaufte. Doch auch die Menschen sind nicht bereit ihn wieder als ihresgleichen aufzunehmen, da seine Fähigkeit sich mit Tieren zu verständigen von ihnen nicht verstanden und als Hexerei angesehen wird. Er bleibt also in beiden Fällen das Andere und erhält nicht die Chance, als Mitglied in eine bereits bestehende Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Quellen: Groth, Sybille. Bilder vom Fremden. Marburg: Tectum Verlag, Roth, Klaus: Bilder in den Köpfen Stereotypen, Mythen, Identitäten aus ethnologischer Sicht. In Valeria Heuberger et.al. (Hrsg.) Das Bild vom Anderen. Frankfurt a. M.: Peter Lang, S Trübswasser, Gerhild. Das Eigene und das Fremde. Psychoanalytische Betrachtungen zum Umgang mit dem Fremden. truebswasser.com/pdf/eigene.pdf

11 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 11 Vor- und Nachbereitung im Unterricht In diesem Teil finden Sie verschiedene Textauszüge zu unterschiedlichen Themen der Inszenierung, so dass Sie aus einer breiten Palette Ihren eigenen Fokus für die Behandlung mit den Schülern wählen können. Auszüge aus Rudyard Kiplings Werk Die Dschungelbücher stehen neben Auszügen aus der Stückfassung des Autors Bernd Heiber. 1. Mowglis Zugehörigkeit zu den Wölfen/ Menschen: Welcher Akzeptanz/Nichtakzeptanz ist er ausgesetzt? Fragen an heutige Klassen/Schüler: In welchen Zusammenhängen kennt ihr Ausgrenzung? Wofür wird jemand ausgegrenzt? Wie findet sie statt? Welche Möglichkeiten zu reagieren hat der Ausgegrenzte? Wie erlebt der Ausgegrenzte seine Ausgrenzung? Auszug aus Rudyard Kiplings Die Dschungelbücher : [...] Dann brüllte Shere Khan: [...] Es geht um das Menschenjunge, das schon zu lange lebt. Freies Volk, er war von Anfang an mein Fleisch. Gebt ihn mir. Ich habe dieses dumme Mensch-Wolf-Spiel satt. Er stört den Dschungel seit zehn Jahren. Gebt mir das Menschenjunge, sonst werde ich immer hier jagen und euch keinen einzigen Knochen abgeben. Er ist ein Mensch, ein Kind von Menschen, und bis ins Mark meiner Knochen hasse ich ihn! Da gellte mehr als die Hälfte des Rudels: Ein Mensch! Ein Mensch! Was hat ein Mensch bei uns zu suchen? Er soll gehen, wo er hingehört. Und alle Leute aus den Dörfern auf uns hetzen?, schrie Shere Khan. Nein, gebt ihn mir. Er ist ein Mensch und keiner von uns kann ihm in die Augen sehen. Akela hob abermals den Kopf und sagte: Er hat unsere Speisen gegessen. Er hat mit uns geschlafen. Er hat Wild für uns gejagt. Er hat kein Wort des Dschungel-Gesetzes gebrochen. [...] Kein Menschenjunges darf mit dem Volk des Dschungels laufen, heulte Shere Khan. Gebt ihn mir! Er ist unser Bruder in allem außer im Blut, fuhr Akela fort; und ihr wollt ihn hier töten! [...] einen Bruder für den gesprochen wurde und der ins Rudel gekauft wurde gemäß dem Gesetz des Dschungels. Er ist ein Mensch ein Mensch ein Mensch!, knurrte das Rudel; [...] [...] Das ist wohl, weil ich Shere Khan getötet habe, sagte er sich; aber ein Steinschauer pfiff um seine Ohren, und die Dörfler schrien: Hexer! Wolfsbalg! Dschungeldämon! Geh fort! Geh schnell fort oder der Priester wird dich wieder zum Wolf machen. Schieß, Buldeo, schieß! Die alte Tower- Muskete ging mit einem Knall los und ein junger Büffel brüllte vor Schmerzen. Noch mehr Hexerei!, schrien die Dörfler. Er kann Kugeln ablenken. Buldeo, das war dein Büffel. Also, was soll das denn?, fragte Mowgli verblüfft, als die Steine dichter flogen. Sie sind dem Rudel ganz ähnlich, diese deine Brüder, sagte Akela; gelassen setzte er sich nieder. Ich glaube fast, wenn Kugeln irgendwas zu bedeuten haben, dann wollen sie dich ausstoßen. Wolf! Wolfskind! Geh fort!, schrie der Priester; dabei schwenkte er einen Spross der heiligen tulsi-pflanze. Schon wieder? Letztes Mal war es, weil ich ein Mensch war. Diesmal, weil ich ein Wolf bin. Komm, Akela, wir gehen. Eine Frau es war Messua kam zur Herde herübergelaufen und rief: O, mein Sohn, mein Sohn! Sie sagen, du bist ein Hexer, der sich in ein Tier verwandeln kann. Ich glaube es nicht, aber geh, sonst töten sie dich. Buldeo sagt, du bist ein Zauberer, aber ich weiß, dass du Nathus Tod gerächt hast. [ ]

12 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS Umgang mit dem Fremden: Was sind die Gründe, warum eine Gemeinschaft einen Fremden nicht bei sich aufnehmen will? Was hindert die Gemeinschaft daran? Was verliert sie durch die Ausgrenzung des Fremden? Was gewinnt sie durch die Ausgrenzung des Fremden? Akt II Szene 4 aus Bernd Heibers Theaterfassung: Als Mowgli einige Meter entfernt ist, kommt ihm ein in ärmlichen Lumpen gekleideter FREMDER mit einem alten klapperigen Fahrrad entgegen. Bei ihm ist ein MÄDCHEN, etwa in Mowglis Alter. Es hat einen bunt- gefärbten Haarschopf. Auf dem Gepäckträger befindet sich allerlei Trödel zu einem riesigen losen Haufen gebunden. Das Gefährt ist sehr wackelig und der Fremde ist nicht sehr kräftig. Als er auf einen herumliegen- den Ast fährt, stürzt er. Ein Teil der Sachen fällt vom Gepäckträger. Der Fremde steht wieder auf, schafft es aber nicht allein, das Fahrrad wieder aufzurichten und zugleich die heruntergefallenen Sachen vom Gepäck- träger aufzuheben. Das Mädchen versucht es, ist aber nicht stark genug. Mowgli sieht, dass die Frauen mit verächtlichem Gesicht vorbeigehen, ohne zu helfen. Mowgli hilft dem Mann, das Fahrrad wieder aufzurichten und dem Mädchen, die herunter gefallenen Sachen auf dem Gepäck- träger zu verstauen. Der Mann spricht dabei in einer fremden unverständlichen Sprache. BULDEO kommt und denkt auch nicht daran, zu helfen. Mowgli sammelt die letzten Sachen auf. Darunter ist ein sehr schönes Messer. Mowgli gibt es dem Mann. Der bedankt sich bei Mowgli, indem er ihm das Messer schenkt. Mowgli steckt das Messer ein und bedankt sich seinerseits. Das Mädchen schenkt ihm ein Lächeln. In dem Moment kommt MESSUAS MANN und zieht Mowgli eilig weg. MESSUAS MANN (zu dem Fremden): Geh! Mach, dass du weiterkommst! Verschwinde! Der Fremde und das Mädchen schieben das Fahrrad davon. MESSUAS MANN: Was wollte der von dir? Sieh nach, ob er dir etwas gestohlen hat! Mowgli versteckt das Messer. MOWGLI: Er hat mir nichts gestohlen. Ich habe ihnen nur geholfen, ihre Sachen wieder aufzuladen. MESSUAS MANN: Ihre Sachen! Zusammengestohlen haben sie die! Wenn man nicht aufpasst, beklauen diese Fremden einen, ohne mit der Wimper zu zucken. Fehlt dir auch wirklich nichts? Mowgli sieht den Fremden hinterher. Das Mädchen dreht sich noch einmal zu ihm um, ehe sie abgehen. MOWGLI: Nein, mir fehlt nichts. Wer sind diese Fremden? MESSUAS MANN: Sei sind böse, schamlos und schmutzig. Sie sind nicht wie wir. Sie haben keine Gesetze. Wir essen nicht, wo sie essen und trinken nicht, wo sie trinken. Und wir meiden die Plätze, wo sie hinkommen. Hast du verstanden? MOWGLI: Aber wer sind sie, wenn sie keine Menschen sind? MESSUAS MANN: Sie sind Fremde. MOWGLI: Aber sie sehen doch aus wie wir. [ ] 3. Erziehungsmodelle: Welcher Art Erziehung unterliegt Mowgli durch Balu und durch Baghira? Wie möchtest du von deinen Eltern erzogen werden? Nenne konkrete Beispiele. Wie und wozu würdest du dein Kind erziehen wollen? Nenne konkrete Beispiele. Welche Lehrer haben bei euch einen guten Stand, welche weniger? Warum ist das so? Nennt konkrete Gründe. Akt I Szene 1 aus Bernd Heibers Theaterfassung: [...] BALU: Hast du Mowgli gesehen? Er schwänzt schon wieder den Unterricht. BAGHIRA: Kein Wunder. Du bist zu streng mit ihm, Balu. BALU: Wölfling ist Wölfling. Er muss alle Gesetze des Dschungels lernen. BAGHIRA: Aber bedenke doch, wie jung er ist. Wie kann denn in seinem kleinen Kopf Platz für all dein vieles Gerede sein?

13 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 13 BALU: Ist irgendetwas im Dschungel zu jung, um getötet zu werden? Darum lehre ich ihn alles, darum schlage ich ihn bisweilen nur ein wenig und ganz sanft -, wenn er etwas vergisst. BAGHIRA: Sanft! Was verstehst du denn von Sanftheit, alter Pelzfuß! BALU: Besser, er hat jetzt ein paar blaue Flecke, als dass er später durch Unwissenheit zu Schaden kommt! Denn ich habe ihn lieb. BAGHIRA: Ganz braun und blau war sein Gesicht, als ich ihn das letzte Mal sah von deiner Liebe. BALU: Ich lehre ihn die Meisterworte, die ihm Schutz gewähren bei allen Völkern des Dschungels. Ist das nicht ein paar Schläge wert? BAGHIRA: Na, pass nur auf, dass du ihn nicht totschlägst. Er ist kein Baumstamm, an dem du deine stumpfen Krallen schärfen kannst. Kooperation oder Disziplin? Jesper Juul, führender dänischer Erziehungswissenschaftler und Familientherapeut und Autor zahlreicher Bücher über Erziehung heute, vertritt die Meinung, dass Kinder durch Imitation zu guten Mitgliedern einer Gesellschaft werden. Alles was sie über richtiges Verhalten lernen, schauen sie sich bei den Eltern ab, weshalb für ihn die Beziehung zwischen Kindern und Eltern wichtiger ist, als die Erziehung des Kindes durch die Eltern. Dabei ist es seiner Meinung nach besonders wichtig, dass Eltern authentisch sind, wozu auch Schreien und Weinen gehört. Dennoch sagt Juul, dass die Eltern diejenigen sein müssen, die ihre Kinder führen und dass Kinder gleichwürdig, aber eben nicht gleichberechtigt sind. Die Idee der Belohnung lehnt er ebenso wie Bestrafungen ab, da so keine Nähe-Beziehung zwischen Kindern und Eltern entsteht und das Verhältnis eher dem zwischen einem Chef und seinen Mitarbeitern ähneln würde. Auch spricht sich Juul gegen das Besuchen von Kindergärten für Kinder unter zwei Jahren aus, da der damit verbundene Stress und die Trennungsangst zu viel für die Kinder sind und ihnen auf längere Sicht schaden. (Zusammengefasst aus Wikipedia Jesper Juul, Interview mit Jesper Juul in der Süddeutschen Zeitung und Ich kämpfe täglich mit deutschen Müttern aus dem Zeitmagazin) Bernhard Bueb, ein deutscher Theologe und Pädagoge, spricht sich für mehr Disziplin und Autorität in der Erziehung aus. Seiner Meinung nach sehnen sich Kinder danach, gefordert und geführt zu werden. Ein wichtiges Mittel ist dabei die Ganztagserziehung. So spricht er sich dafür aus, flächendeckend Kindergärten und Ganztagsschulen einzuführen, in denen die Kinder lernen, Ziele zu verfolgen und selbstständig zu arbeiten. Auch für ihn ist es wichtig, dass die Eltern authentisch sind und ein starkes Selbstwertgefühl besitzen, denn nur so sind sie in der Lage, Konflikte mit ihren Kindern auszuhalten und zu bewältigen. (Zusammengefasst aus Da geht s lang in der ARD und Ist das zu viel verlangt? in Die Zeit) Amy Chua, US-amerikanische Hochschullehrerin, Juristin und Publizistin, wird auch die Tiger-Mutter genannt, da sie ihre Töchter nach chinesischem Vorbild erzog. Mittelpunkt dieser Erziehungsmethode ist es, Kinder dazu anzuhalten, hart zu arbeiten, um Höchstleistungen zu erbringen und das Beste aus dem Kind herauszuholen. Laut Chua ist das notwendig, um den Kindern zu zeigen, dass man an sie glaubt und davon überzeugt ist, dass sie mehr können, als sie sich selbst zutrauen. Ihre eigenen Töchter hat Chua dazu angehalten, Klavier und Geige zu lernen und mehrere Stunden am Tag zu üben, bis sie in der Lage waren, das Gelernte fehlerfrei zu spielen. Laut Chua fördert der Erfolg das Selbstvertrauen der Kin- der und sorgt dafür, dass sie sich glücklicher fühlen. Die Familie steht beim chinesischen Erziehungsstil im Mittelpunkt und so werden soziale Beziehungen außerhalb der Familie als unwichtig angesehen. Chuas Töchter durften so auch nie bei Freunden übernachten oder Kinderpartys besuchen. (Zusammengefasst aus Erziehung: Zwang funktioniert im Spiegel und Stofftiere ins Feuer und Pinkelverbot von Deutschlandradio Kultur)

14 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 14 Szenenfoto mit Niels Heuser, Jakob Kraze und Ensemble Das Gesetz des Dschungels Dies ist das Gesetz des Dschungels, so alt und so wahr wie die Welt; und der Wolf, der es bricht, muss sterben, und es lebe der Wolf, der es hält. Wie Lianen den Baum umkreisen, kreist auch das Gesetz, wie ein Strudel denn der Wolf ist des Rudels Stärke und die Stärke des Wolfs ist das Rudel. Wasch dich täglich vom Schwanz bis zur Nase; trink tief, aber gib dabei Acht; und bedenke: der Tag ist fürs Schlafen, und vergiss nicht: fürs Jagen die Nacht. Dem Tiger nachlaufen mag der Schakal, um Überreste zu fressen bedenke: Der Wolf ist ein Jäger: Zieh los, beschaff selber dein Essen.

15 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 15 Halt Frieden mit den Herren des Dschungels: dem Tiger, dem Panther, dem Bären; du sollst Hathi den Schweiger nicht plagen, den Keiler im Lager nicht stören. Trifft Rudel auf Rudel im Dschungel, und keines will weichen bleib liegen, bis die Führer gesprochen haben und vielleicht gute Worte siegen. Kämpfst du mit einem Wolf deines Rudels, dann tu es entfernt und allein; dass nicht Krieg das Rudel vermindre, zieh keine andren hinein. Das Lager des Wolfs ist ihm Zuflucht, und wo er die Heimstatt hat, tritt auch der Hauptwolf nicht ein und auch nicht der Rudelrat. Das Lager des Wolfs ist ihm Zuflucht, doch liegt es zu offen dort, soll der Rat ihm Botschaft senden, und er soll es ändern sofort. Beim frühen Töten seid leise, dass ihr den Wald nicht weckt, sonst gehen die Brüder leer aus, wenn ihr die Hirsche erschreckt. Tötet für euch, die Gefährtin, die Jungen, denn Essen muss sein, doch nie zum Vergnügen und nie einen Menschen siebenmal nein! Die Beute des Wolfs ist sein Fleisch. Er verfüge, wie s ihm beliebt, das Rudel darf erst davon essen, wenn er die Erlaubnis gibt. Hat der Töter gegessen, ist es Wölflingsrecht, zu verzehren eine Kehle voll Beute, und keiner darf es dem Jährling verwehren. Lagerrecht ist das Recht der Mutter. Damit ihre Jungen leben, fordert sie von jeder Beute ein Stück jeder muss es ihr geben. Höhlenrecht ist das Recht des Vaters; er ist von den Pflichten des Rudels befreit, jagt für sich allein; nur der Rat kann ihn richten. Wegen des Alters, der Zähne, der Klugheit, die wägt und misst, ist das Wort des Hauptwolfs Gesetz in allem, was noch offen ist. Dies sind die Gesetze des Dschungels für jeden des Dschungel-Volkes, aber Hüfte und Huf des Gesetzes und sein Haupt ist: Befolg es! aus: Rudyard Kiplings Die Dschungelbücher Nimmst du dem Schwächeren Beute, verschling nicht alles ganz schnell; Rudelrecht ist das Recht des Geringsten; lass ihm den Kopf und das Fell. Rudelbeute ist Rudelfleisch. Wo es liegt, magst du es zerbeißen; doch wer davon in sein Lager bringt, den soll das Rudel zerreißen.

16 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 16 Mögliche Aufgabe an die Schüler: Arbeitet in Kleingruppen von 4 5 Mitschülern. Lest die Gesetze des Dschungels. Sucht euch zwei oder drei zusammenpassende Gesetze heraus und versucht, zu ihnen eine Geschichte zu erfinden. Überlegt, welche Tiere in eurer Geschichte vorkommen. Was müssen die Tiere in eurer Geschichte erleben, damit sich die von euch ausgewählten Gesetze vermitteln? Ihr habt verschiedene Möglichkeiten, eure Geschichte zu präsentieren: Schreibt die Geschichte auf und lest sie vor. Erzählt sie euren Mitschülern. Spielt eure Geschichte vor. Zeichnet sie als Comicgeschichte. Zeichnet eure Geschichte in mehreren Bildern. Zur Präsentation könnt ihr auch mehrere Varianten einbeziehen: Zum Beispiel könnt ihr gemalt oder als Comic gezeichnet haben und dazu vorlesen. Sicher fallen euch noch andere Kombinationen ein. Szenenfoto mit Birgit Bertold, Niels Heuser und Lutz Dechant

17 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS 17 Hinweise für den Theaterbesuch Liebe Lehrerin, lieber Lehrer, viele Kinder und Jugendliche besuchen zum ersten Mal ein Theater oder haben wenig Erfahrung damit. Wir bitten Sie, im Vorfeld eines Besuches sich mit Ihrer Klasse die besondere Situation zu vergegenwärtigen und die nachfolgenden Regeln zu besprechen. Damit eine Vorstellung gelingt, müssen sich Darsteller und Zuschauer konzentrieren können. Dafür braucht es Aufmerksamkeit. Alle Beteiligten müssen dafür Sorge tragen. Wer die Regeln nicht einhält, beraubt sich selbst dessen, wofür er Eintritt gezahlt hat und natürlich auch alle anderen Besucher. Folgende Regeln tragen zum Gelingen eines Theaterbesuchs bei: 1. Wir bitten, rechtzeitig im Theater einzutreffen, so dass jeder in Ruhe den Mantel und seine Tasche an der Garderobe abgeben und ohne Eile seinen Platz aufsuchen kann. Unsere Garderobe wird beaufsichtigt und ist im Eintrittspreis enthalten. 2. Während der Vorstellung auf die Toilette zu gehen, stört sowohl die Darsteller als auch die übrigen Zuschauer. Wir bitten darum, sich entsprechend zu organisieren. In unseren Programmzetteln lässt sich auch nachlesen, ob es eine Pause in der Vorstellung gibt. 3. Es ist nicht gestattet, während der Vorstellung zu essen und zu trinken, Musik zu hören und Gespräche zu führen. Mobilfunktelefone und mp3-player müssen vollständig ausgeschaltet sein. Während der Vorstellung darf weder telefoniert noch gesimst oder fotografiert werden. 4. Der Applaus am Ende einer Vorstellung bezeugt den Respekt vor der Arbeit der Schauspieler und des gesamten Teams unabhängig vom Urteil über die Inszenierung. Wem es gut gefallen hat, der gibt mehr Beifall wem nicht, entsprechend weniger. Wichtig ist, erst nach dem Ende des Applauses den Saal zu verlassen. Unser Einlasspersonal die ARTIS GmbH steht den Zuschauern als organisatorischer Ansprechpartner am Tag der Vorstellung zur Verfügung. Wir sind an den Erfahrungen des Publikums mit den Inszenierungen interessiert. Für Gespräche stehen wir zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich direkt an die stückbetreuende Dramaturgin / Theaterpädagogin, an den stückbetreuenden Dramaturgen / Theaterpädagogen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. Ihr THEATER AN DER PARKAUE

18 18 IMPRESSUM Spielzeit 2013/2014 THEATER AN DER PARKAUE Junges Staatstheater Berlin Parkaue Berlin Tel Intendant: Kay Wuschek Redaktion: Karola Marsch Mitarbeit: Michèle Fischer Gestaltung: pp030 Produktionsbüro Heike Praetor Fotos: Christian Brachwitz Titelfoto mit Niels Heuser, Franziska Ritter Abschlussfoto mit Niels Heuser, Franziska Krol Kontakt Theaterpädagogik: Irina-Simona Barca und Frank Röpke