DIE BRÜCKEN AM FLUSS

Transkript

1 DIE BRÜCKEN AM FLUSS (THE BRIDGES OF MADISON COUNTY) MUSICAL VON JASON ROBERT BROWN UND MARSHA NORMAN Spielzeit 2018/19

2 ZUM STÜCK Iowa: Hier im Mittleren Westen der USA, zwischen endlosen Kornfeldern und vereinzelten Viehweiden, lebt Francesca auf einer Farm mit ihrem Mann Bud und ihren beiden Teenage-Kindern Carolyn und Michael. So hatte sie sich ihr Leben nicht vorgestellt, als sie damals in ihrer Heimatstadt Neapel den US-amerikanischen Soldaten Bud traf, ihn heiratete und ihm in seine Heimat folgte. Und doch ist es ein gutes Leben: eine glückliche Familie, ein funktionierender Bauernhof und eine Nachbarschaft, in der man zusammenhält und sich gegenseitig unterstützt. Eines Tages steht ein Fremder vor der Tür. Robert Kincaid hat sich verfahren und fragt nach dem Weg. Er sucht die Roseman Bridge, eine der historischen überdachten Brücken aus dem 19. Jahrhundert, die hier im Bezirk Madison erhalten geblieben sind. Er ist Fotograf und im Auftrag des Magazins National Geographic unterwegs. Hilfsbereit zeigt Francesca ihm den Weg, und da ihre Familie für ein paar Tage zu einer Landwirtschaftsmesse gefahren ist, lädt sie ihn ein, zum Essen zu bleiben. Schnell bemerken beide, dass sie mehr als nur Sympathie füreinander empfinden. Die nächsten vier Tage werden für Francesca und Robert zu einer erst vorsichtigen, dann leidenschaftlichen Affäre eine tiefe Liebe, die ihr Leben verändert. Robert, der als Fotograf unstet durch die Welt reist, kann sich erstmals vorstellen sich zu binden. Francesca könnte mit Robert ihre Jugendträume verwirklichen und aus der Enge und Langeweile des Landlebens ausbrechen. Doch hegt sie auch große Loyalität zu ihrer Familie, die sie liebt. Wie wird sie sich entscheiden? Der Roman The Bridges of Madison County von Robert James Waller erschien 1992 und wurde innerhalb weniger Monate zum Bestseller. Bis heute gehört er zu den weltweit am häufigsten verkauften Büchern. Schon 1995 verfilmte Clint Eastwood das Buch mit sich selbst und Meryl Streep, die für ihre Darstellung der Francesca unter anderem für den Golden Globe Award und für den Academy Award ( Oscar ) nominiert wurde adaptierten Jason Robert Brown und Marsha Norman die Geschichte für das Musical, das 2014 am Broadway lief und 2017 in Chemnitz zum ersten Mal in Deutschland aufgeführt wurde. Jason Robert Brown errang mit dieser Musik einen Tony Award, einen Drama Desk Award und einen Outer Critics Circle Award. 2 Marysol Ximénez-Carrillo (Francesca), Gerald Michel (Robert) 3

3 ROBERT JAMES WALLER UND SEIN ROMAN Waller wurde 1939 in Charles City, Iowa, USA, geboren. Er war ein über 50-jähriger Univer sitätsdozent für Wirtschaftslehre, als er überraschend mit seinem Roman The Bridges of Madison County an die Öffentlichkeit trat. Die Idee war ihm gekommen, als er mit einem Freund zusammen am Mississippi unterwegs war, um Fotos zu machen, und sich spontan entschloss, auch noch nach Madison zu fahren, um die dortigen überdachten Brücken zu fotografieren. Jahre zuvor hatte Waller, der nicht nur begeisterter Fotograf war, sondern auch Gitarre spielte, einen Song über die Träume einer jungen Frau namens Francesca geschrieben. Nachdem er die Idee zum Roman hatte, habe er ihn in zwei Wochen heruntergeschrieben, erzählte Waller in Interviews. Das Buch wurde zwar in Kritiken als kitschig, sogar als unerträglich triefend bezeichnet, aber Millionen von Leserinnen und Lesern waren tief bewegt von dieser Liebesgeschichte. Auf der Bestsellerliste der New York Times stand der Roman geschlagene drei Jahre lang, Oprah Winfrey sendete seinetwegen eigens eine Sonderausgabe ihrer Fernsehshow aus Madison County, und der Bezirk lockt inzwischen mit seinen sechs noch stehenden überdachten Brücken aus den 1880er Jahren Tausende von Touristen an, unter anderem mit einem jährlichen Covered Bridges Festival. Der Erfolg seines Erstlingsromans war so durchschlagend, dass Waller seine Dozentur an den Nagel hängte und das Schreiben, aber auch Singen/Songwriting und Fotografieren zu seinem Beruf machte. Bis zu seinem Tod 2017 erhielt Waller begeisterte Briefe von Leserinnen und Lesern inzwischen nurmehr etwa fünf pro Woche, früher waren es hundert jede Woche, erzählte er in einem Interview Und er freute sich darüber, dass auf der echten Roseman Bridge im Bezirk Madison im Laufe der Jahre hunderte von Hochzeitszeremonien stattgefunden haben. IHR STUHL IM TfN! Mein Theater. Mein Platz. Mein Stuhl! 4 Alexander Prosek (Bud), Sandra Pangl (Carolyn), Johannes Osenberg (Michael) 5

4 HALBZEIT: ÜBER DIE LEBENSMITTE Frau Professor Perrig-Chiello, seit etwa 40 Jahren gibt es den Begriff der Midlife- Krise" im allgemeinen Sprachgebrauch. Hat er überhaupt einen wissenschaftlichen Kern? PASQUALINA PERRIG-CHIELLO: Es kommt darauf an, wen Sie fragen. Klinische Psychologen, die vor allem mit Menschen mit ernsthaften Problemen arbeiten, würden wohl sagen: Ja, so etwas wie eine Midlife-Krise gibt es tatsächlich. Fragen Sie dagegen Entwicklungspsychologen, die sich eher die Gesamtheit der Bevölkerung anschauen, werden die meisten wohl verneinen. Denn sie stellen fest, dass es sehr große individuelle Unterschiede gibt. Aus meiner persönlichen Sicht und aus meinen Forschungen kann ich sagen: Das mittlere Lebensalter ist eine absolut krisenanfällige Zeit, ähnlich wie die Pubertät oder die Pensionierung, die ja ebenfalls wichtige Übergangsphasen sind. Wovon ist es abhängig, wie solche Phasen bewältigt werden? Marysol Ximénez-Carrillo (Francesca), Alexander Prosek (Bud) Entscheidend ist: Man muss entdecken, dass man nicht nur ein Spielball der Umstände und der eigenen Biografie ist, sondern eine Selbstverantwortlichkeit hat und die auch wahrnehmen kann also die Einsicht, dass man größtenteils selbst für seinen Lebensweg und seine Befindlichkeit verantwortlich ist. Und man nicht die Eltern, den Partner, die Gesellschaft oder das Schicksal dafür verantwortlich machen kann. Bis dahin muss man aber möglicherweise einige Desillusionierungen durchleben, sich von alten Träumen verabschieden. Das Aufgeben von Illusionen gehört zum mittleren Lebensalter. Wer nie desillusioniert wurde, hat auch nie die Chance, durchzustarten und etwas Neues zu wagen. Der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung hat gesagt, man könne die zweite Lebenshälfte nicht nach dem Muster der ersten leben. Viele Menschen begreifen das nur durch eine Krise die sehr schmerzhaft sein kann, aber auch sehr heilsam. Was ist aus Ihrer Sicht das Charakteristische an der Lebensmitte? Viele Menschen stellen rund um den 40. Geburtstag die ersten Zeichen des Alterns an sich fest. Zudem sind die Kinder in einer problematischen Phase, die Eltern werden 6 Elisabeth Köstner (Marian), Gerald Michel (Robert) 7

5 alt und hilfsbedürftig, und viele fühlen sich wie in einem Hamsterrad. Man wird sich der eigenen Endlichkeit bewusst, fragt sich, was habe ich erreicht, was will ich noch erreichen, zieht also Bilanz. Es ist daher auch eine Phase der Neudefinition des Lebens, der Übernahme neuer Rollen, eben ein Übergang in die zweite Lebenshälfte. Woran fehlt es Frauen und Männern in dieser Zeit am meisten? Viele wünschen sich, weniger Zeit für den Beruf aufzuwenden und mehr Zeit für die Partnerschaft. Aber das eindrücklichste Ergebnis war, dass sich fast alle wünschen, mehr Zeit für sich selbst zu haben. Wie passt dieser Wunsch mit der Erkenntnis von Entwicklungspsychologen zusammen, die darauf hinweisen, wie wichtig es ist, in dieser Phase auch Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen? Jens Krause (Charlie), Katharina Schutza (Marge). Der deutsch-amerikanische Psychologe Erik H. Erikson hat davon gesprochen, dass Menschen in der Lebensmitte vor der Entscheidung zwischen Generativität und Stagnation stehen. Vor der Frage, ob sich alles nur um das eigene Ich drehen soll, was nach Erikson dazu führt, dass man in seiner Entwicklung stagniert und am Ende Sinnleere spürt. Oder ob man ein Bedürfnis entwickelt, Werte für die kommende Generation zu schaffen und weiterzugeben was, so Erikson, in der Regel als Bereicherung der eigenen Persönlichkeit empfunden wird. Ich sehe das eine Nuance anders: Mehr Zeit für sich und ein Engagement für die Gesellschaft schließen sich nicht unbedingt aus. Denn nur wer die Zeit dafür hat, in sich zu gehen, kann etwa feststellen, dass die Fixierung beispielsweise auf den Beruf ihn nicht weiterführt, sondern stagnieren lässt. Wer anderen hilft, dem geht es selber gut. Und wer das begriffen hat, der macht das auch für sich selbst. Die Psychologin Prof. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello, 59, forscht an der Universität Bern zu den Themen Lebensmitte und Generationenbeziehungen. 8 Gerald Michel (Robert), Marysol Ximénez-Carrillo (Francesca). 9

6 DAS MELODRAM Schnulze, Gemütsfetzen, Tränendrücker, Edelkitsch die deutsche Sprache hat viele abfällige Worte für das Melodram. Ursprünglich eine Gattung des Theaters aus dem 18. Jahrhundert, die sich von der aristokratischen Tragödie abhob und zur Gefühlssteigerung Musik verwendete, wurde das Melodram zu einem gängigen Genre in der Literatur und im Film. Im Zentrum eines Melodrams stehen innerseelische und emotionale Konflikte der Hauptfiguren. Zumeist sind sie hin- und hergerissen zwischen ihren Idealvorstellungen und den Beschränkungen durch gesellschaftliche Normen. Das klassische Melodram lebt von Extremen: Die Sprache ist meist überhöht, die Gefühlslagen schwanken ohne zur Ruhe zu kommen, und es geht um nichts Geringeres als den Kampf zwischen Gut und Böse. Hier ist die Welt eine Arena des heftigsten moralischen Kampfes, es gibt keinen Mittelweg. Ein Happy End ist nicht vorgesehen. Allerdings fällt durch die genussvoll-pathetische Zeichnung der Figuren und Konflikte das Verständnis des Vorgeführten leicht. So ist es kein Zufall, dass das beliebte Format der Fernseh-Soap-Opera (täglich oder wöchentlich ausgestrahlte Serien) den typischen Handlungsmustern des Melodrams folgt und sogenannte Groschenromane nach wie vor sehr populär sind. Im Film haben es einige Melodrame zu Weltruhm gebracht: Mit Vom Winde verweht, Titanic, Angst essen Seele auf und Love Story seien hier nur einige genannt. Auch Die Brücken am Fluss gehört in diese Reihe. Der große Erfolg des Romans ist möglicherweise aber auch darauf zurückzuführen, dass der Autor Pathos und Sentimentalität der Erzählung mit einem schriftstellerischen Kniff abfedert: Er behauptet, die Geschichte sei wahr und er habe sie von Francescas Kindern nach ihrem Tod erzählt bekommen. Er fügt Briefe und andere scheinbar dokumentarische Texte in seinen Roman ein. So wird die übergroße Liebe zwischen Francesca und Robert, von der der Autor sie noch in hohem Alter schwärmen lässt, beglaubigt. Aus diesen Dokumenten speist sich der Schluss des Musicals, wenn Francesca und Robert rückblickend erzählen, wie ihr kurzes Aufeinandertreffen ihr Leben verändert hat. 10 Gerald Michel (Robert), Marysol Ximénez-Carrillo (Francesca) 11

7 DIE BRÜCKEN AM FLUSS (THE BRIDGES OF MADISON COUNTY) Buch von Marsha Norman Musik und Gesangstexte von Jason Robert Brown Orchestrierung von Jason Robert Brown Nach dem Roman von Robert James Waller Deutsch von Wolfgang Adenberg PREMIERE 8. September 2018 im Großen Haus, Hildesheim AUFFÜHRUNGSDAUER ca. 2 Stunden 40 Minuten, inklusive einer Pause INSZENIERUNG Craig Simmons MUSIKALISCHE LEITUNG Andreas Unsicker AUSSTATTUNG Esther Bätschmann DRAMATURGIE Astrid Reibstein Die Übertragung des Aufführungsrechts erfolgt in Übereinkunft mit MUSIC THEATRE INTERNATIONAL (EUROPE) LTD, London. Bühnenvertrieb in Deutschland: MUSIK UND BÜHNE Verlagsgesellschaft mbh, Wiesbaden. Die Weltpremiere von DIE BRÜCKEN AM FLUSS (THE BRIDGES OF MADISON COUNTY) wurde vom Williamstown Theatre Festival im August 2013 unter der künstlerischen Leitung von Jerry Gersten produziert. Originalproduktion am Broadway (2014) von Jeffrey Richards, Stacy Mindich, Jerry Frankel Gutterman Chernoff, Hunter Arnold, Ken Davenport, Carl Daikeler, Michael DeSantis, Aaron Priest, Libby Adler Mages / Mari Glick Stuart, Scott M. Delman, Independent Presenters Network, Red Mountain Theatre Company, Caiola Productions, Remmel T. Dickinson, Ken Greiner, David Lancaster, Bellanca Smigel Rutter, Mark S. Golub, Will Trice mit Warner Bros. Theatre Ventures und The Shubert Organization in Verbindung mit The Williamstown Theatre Festival. ENSEMBLE Francesca Johnson Marysol Ximénez-Carrillo Robert Kincaid Gerald Michel Richard Bud Johnson Alexander Prosek Michael, Sohn von Francesca und Bud Johannes Osenberg Carolyn, Tochter von Francesca und Bud Sandra Pangl Marian, Roberts frühere Ehefrau/ Chiara u.a. Elisabeth Köstner Marge u.a. Katharina Schutza Charlie, Marges Ehemann u.a. Jens Krause Country Sängerin/ Kellnerin u.a. Lisa Maria Hörl Junger Bud/ Barkeeper/ Dekan u.a. Jürgen Brehm DIE BAND Musikalische Leitung, Klavier und Keyboard Andreas Unsicker Violine 1 Rebecca Czech/ Simon Streuff Violine 2 Simon Streuff/ Katharina Pfänder Bratsche Maria Pache/ Franziska Buttkus Violoncello Dorothee Pöhl/ Lev Kucher E-Gitarre/ Akustische Gitarre Ralph König/ Markus Ottenberg E-Bass/ Kontrabass Lars Lehmann/ Peter Pichl Schlagzeug/ Percussion Kristof Hinz/ Simon Schröder In Übereinkunft mit Warner Bros. Theatre Ventures Inc. Craig Simmons Andreas Unsicker Esther Bätschmann Marysol Ximénez- Gerald Michel Alexander Prosek Johannes Osenberg Carrillo 12 13

8 Regieassistenz und Abendspielleitung Anja Telloke DanceCaptain Jürgen Brehm Ausstattungsassistenz Melanie Slabon Inspizienz Stefan Garbelmann Soufflage Tanja Kleine Regiehospitanz Piet-Sönnich Borgaes TECHNIK/WERKSTÄTTEN Technische Direktion Konstanze Gindl* Ausstattungsleitung Hannes Neumaier* Technische Leitung Produktion Andrea Radisch* Mitarbeiter Technische Direktion Alexander Maxein Bühnentechnik Marcus Riedel*, Oliver Perschke, Wilm Ahlers Beleuchtung Lothar Neumann*, Dominik Schneemann, Janine Christ Ton Indra Bodnar*, Paul Flemming Maske Carmen Bartsch-Klute*, Thora Geißler, Ines Keßler, Julia Rüggeberg, Sabrina Siemann Requisite Silvia Meier*, Friederike Thelen Schneidereien Annette Reineking-Plaumann*, Egon Voppichler*, Kerstin Joshi, Sabine Roth Werkstättenleitung Werner Marschler* Tischlerei Johannes Niepel*, Dietmar Ernst* Malsaal Lasse Malicki Schlosserei Joachim Stief* Dekoration Danja Eggers-Husarek, Anita Quade IMPRESSUM TfN Theater für Niedersachsen Theaterstraße 6, Hildesheim Spielzeit 2018/19 Intendant Jörg Gade Prokurist/in Claudia Hampe, Florian Ziemen Redaktion Astrid Reibstein Texte Die Texte sind Originalbeiträge von Astrid Reibstein, außer S. 7-9: Claus Peter Simon: Das Ende der Kompromisse. Interview aus GEO Wissen Nr. 50, Ausgabe 11 (2012), stark gekürzt. Probenfotos Jochen Quast Porträtfotos T.Behind-Photographics, privat Titelbild LOOK//one GmbH Layout Jolanta Bienia Druck Quensen Verlag + Druck GmbH Fotografieren sowie Ton- und Bildaufzeichnungen sind nicht gestattet und verstoßen gegen das Urheberrechtsgesetz. Gefördert durch: Sponsoren/Partner: Medienpartner: Freunde des Theater für Niedersachsen e. V. * Abteilungsleiter/-in Sandra Pangl Elisabeth Köstner Katharina Schutza Jens Krause Lisa Maria Hörl Jürgen Brehm 14 15

9 AB JETZT TEILT SICH MEIN LEBEN IN VOR DIR UND DANACH. Francesca