Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen

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1 Predigt vom Propst des Sprengels Hanau, Bernd Böttner, im Abendmahlsgottesdienst zur Tagung der Landessynode am 13. Mai 2011 in der Brunnenkirche Hofgeismar Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen Predigttext: 1. Petrus 5, 1 4 Liebe Älteste, ein Predigttext geradezu für uns geschrieben! Sind wir doch alle miteinander Älteste, Presbyter, oder wie es im Griechischen heißt: presbyteroi, in ein Amt Gewählte oder Berufene, Verantwortungsträger in der Gemeinde, im Kirchenkreis, in der Landeskirche, und in der Regel allemal Dienstältere im Gegensatz zu den Jüngeren, den neoteroi, den Neulingen im Glauben, die im Anschluss an den Text, den ich uns vorgelesen habe, angesprochen werden. Liebe Älteste, mit dieser Anrede wird ebenso deutlich, dass es hier und heute Morgen zunächst einmal um unseren Dienst, um unseren Hirtendienst geht und nicht um den Hirtendienst Christi. Der hier die Ältesten anspricht stellt sich mit Ihnen auf eine Stufe. Als Mitältester spricht er sie an. Und ob er sich nun die Apostelwürde ausgeliehen hat oder selbst der Apostel ist, klar ist: Der hier so schreibt, weiß sich auf einer Ebene und in einem Auftrag mit uns: Wir haben Anteil am Zeugnis und am dienst Christi, wir sind wie er Hirten, die teilhaben am Dienst des Erzhirten, des guten Hirten Jesus Christus. Was für eine Aufgabe! Und was für eine Verheißung! Der Verfasser weiß sich in derselben Situation wie die Ältesten. Sie ist geprägt durch die Erfahrungen der Krise. Der 1. Petrusbrief ist an Christen in Kleinasien gerichtet, die unter Repressalien zu leiden haben. In den Versen vor unserem Predigttext ist von Verfolgung die Rede. Denen, die leiden, wird Trost und Mut zugesprochen. Christen in afrikanischen, in arabischen und in asiatischen Ländern lesen und hören unseren Predigttext mit andern Augen und Ohren. Deren Situation ist nicht

2 vergleichbar mit unserer. Doch auch wir erleben unsere Zeit als eine Zeit der Krise. Auch wir erleben als Christen eine Stimmung und einen Gegenwind, der neu ist für uns und mit dem wir noch nicht umzugehen gelernt haben. Unsere Gegenwart ist geprägt durch Erfahrungen der Krise. Steht sie damit auch in besonderer Weise unter der Verheißung, nämlich die unvergängliche Krone der Herrlichkeit zu empfangen, wenn erscheinen wird der Erzhirte? Krisenzeiten sind Zeiten der Versuchung. So sieht der Verfasser des 1. Petrusbriefes drei große Versuchungen, die aber wenn sie erfolgreich bearbeitet werden - große Chancen für den Aufbau der Gemeinde sein können. Drei Versuchungen oder drei Bewährungsproben, an denen sich entscheidet, ob es uns gelingt in der Krise unserer Aufgabe gerecht zu werden, mit Jesus Christus gute Hirten für andere zu sein. Die erste Versuchung: Sich aus Zwang für die Gemeinde einzusetzen. Weil man eigentlich müsste und sollte! Aus einem schlechten Gewissen heraus, weil man doch die anderen nicht im Stich lassen kann. Wir kennen ein solches Engagement von uns selbst und von anderen, eine Haltung, die dem Glanz vergangener Zeiten verpflichtet ist. Einer muss doch die Tradition hoch halten. Wenn ich es nicht tue, wer dann! Vergangene Zeiten zu beschwören, das mag zwar dem einen oder der anderen helfen, sich zu motivieren. Aber das reicht nicht aus, um andere zu begeistern, um Menschen zu gewinnen und mitzunehmen auf den neuen Wegen. Nicht gezwungen, sondern freiwillig gefällt es Gott! Nicht als Pflichterfüllung, sondern mit Lust und Liebe, mit Freude am Tun, mit innerer Überzeugung, so könnt ihr etwas bewegen und verändern. Und wenn ihr es so nicht tun könnt, dann dürft ihr es auch lassen! Können sie das gut hören und aufnehmen, liebe Schwestern und Brüder. Oder gerät da zu viel ins Wanken? Nur noch mit Lust und Liebe arbeiten? Wo bleibt da die Pflicht? Und was ist mit dem, was liegen bleibt, wenn nur noch Lust und Liebe der Maßstab sind? Ich kann solche Einwände nur zu gut verstehen, sind es doch auch meine eigenen. Dennoch: Ich spüre hier eine große Freiheit, dem man müsste und man sollte zu entkommen, eine große Freiheit, Vergangenes, was hemmt und hindert, loszulassen und voll Vertrauen und mit Lust neue Wege zu gehen und Neues auszuprobieren. Nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt Wenn eure Arbeit für die Kirche nur noch eine Last ist, dann schüttelt diese Last, die euch

3 beschwert, ab: Werft sie weg! Und wenn ihr nicht wisst, wohin, dann lest weiter, Vers 7: Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. Die zweite Versuchung: Aus Gewinnsucht zu handeln, genauer gesagt aus schmutziger und schändlicher Gewinnsucht, um schändlichen Gewinns willen. Auch am Ende des ersten Jahrhunderts dürfte wohl kaum an materielle Bereicherung gedacht worden sein, eher daran, beim Dienst in der Gemeinde für sich selbst etwas herauszuschlagen an Anerkennung, Aufmerksamkeit und Beachtung. Auch das spielt bei all unserem Tun immer wieder eine Rolle. Das ist so und das können wir auch ruhig so stehen lassen. Wo es aber zur wichtigsten Motivation wird, widersprechen wir mit unserem Tun unserem Auftrag, von uns selbst weg und auf Christus hin zu weisen. Besser ihr handelt von Herzensgrund, wie Luther übersetzt. Mit einem großen und weiten Herzen und aus einem guten Willen heraus. Sehr von euch selbst ab und begegnet von der Sache Jesu begeistert den Menschen. So kann Zusammenarbeit gelingen. Wir kennen es doch aus dem Teamsport: Natürlich sind Taktik und Technik wichtig, aber wo das Herz nicht bei der Sache ist und der Teamgeist fehlt, da wird das Spiel schwer und krampfhaft und selbst der Erfolg macht keinen Spaß. Und die dritte Versuchung: Andere beherrschen und dominieren zu wollen. Sie äußert sich nicht nur in autoritärem Auftreten, sondern auch in dem Bemühen, alles unter Kontrolle zu haben, nur die eigene Frömmigkeit, nur die eigene Überzeugung gelten zu lassen. Vorbilder sollen die Ältesten durch ihre Arbeit werden. Vorbilder sind Menschen, an deren Leben und Tun das zu spüren ist, wofür sie eintreten, von wem sie geprägt und begeistert sind. Vorbilder lassen anderen die Freiheit, das zu übernehmen, was sie anspricht und überzeugt. Vorbilder im Glauben verlangen nicht, dass man sie nachahmt. Sie richten sich selbst auf Christus hin aus, so dass er durch sie hindurch scheinen und wirken kann. Sie werden für andere zum Licht der Welt, weil durch sie und in ihnen Christus, das Licht der Welt, aufleuchtet. Wir werden Vorbilder, wo unser Blick auf Christus, auf die Quelle des Lichtes, gerichtet bleibt.

4 Liebe Mitälteste, uns wird viel zugetraut! Wir sollen mitwirken am Hirtendienst Jesu Christi! Uns wird noch viel mehr zugesagt: Wir sollen teilhaben an der Herrlichkeit Jesu Christi! An uns und durch uns soll Gott sichtbar und spürbar werden: In einem Leben, das im Vertrauen verwurzelt ist, das auch in schweren Zeiten von einer tiefen Freude und Zufriedenheit erfüllt ist. Wir werden die Krone der Herrlichkeit empfangen. Einst in Gottes Herrlichkeit, aber nicht erst dort. Schon jetzt ist etwas von der Herrlichkeit Gottes in unserem Leben zu spüren, sie wirkt als Gotteskraft in uns und gibt uns die Freiheit, unsere Zwänge und unsere falschen Ansprüche hinter uns zu lassen. Wir können aufhören, dem Gestern nachzutrauern und uns für das Heute öffnen, wir können frei davon werden, bei dem, was wir tun, etwas für uns herausschlagen zu müssen. Wir können uns als Mitglied in einer großen Mannschaft sehen, können frei davon werden, anderen unsere Vorstellungen aufzudrängen, uns stattdessen immer wieder auf Gott hin ausrichten und so - ohne dass wir es selbst merken für andere zu Vorbildern werden. In uns kann sich etwas von Gottes Herrlichkeit spiegeln. Dazu, liebe Mitälteste, sind wir berufen, das ist uns zugesagt. Dazu werden wir befähigt und immer wieder gestärkt, wenn wir wie heute miteinander Abendmahl feiern. Das sollt ihr, Jesu Jünger nie vergessen: Wir sind, die wir von einem Brote essen, aus einem Kelche trinken, Jesu Glieder, Schwestern und Brüder. Bernd Böttner Propst des Sprengels Hauau der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck

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