Luna. Sondern nutzt die verbleibende Zeit mit dem Baby im Bauch ganz bewusst bis zum Abschied am Tag seiner Geburt. Schwangerschaft & Geburt
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- Johannes Günther
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1 Schwangerschaft & Geburt Text Nora Imlau Fotos AngelikA Zinzow Luna Alexandra ist im fünften Monat, als sie und ihr Freund Markus erfahren, dass ihr Ungeborenes außerhalb des Mutterleibs nicht überleben kann. Das Paar bricht die Schwangerschaft nicht ab. Sondern nutzt die verbleibende Zeit mit dem Baby im Bauch ganz bewusst bis zum Abschied am Tag seiner Geburt Der Abschied Handabdrücke von Mama, Papa und den großen Brüdern zieren Lunas Sarg. Bunte Blumen und Seifenblasen sollen allen zeigen: Luna war da, sie hat gelebt und viele Herzen berührt 82 ELTERN April 2012
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3 Schwangerschaft & Geburt Schweigend lässt der Arzt den Ultraschallkopf über Alexandras Bauch gleiten. Minutenlang geht es nun schon so. Wann zeigt er denn endlich mal das Gesicht?, fragt sich Alexandra, 35 Jahre alt und in der 21. Woche schwanger. Für sie ist es nach drei Jungs aus einer anderen Beziehung das vierte Kind, für ihren Freund Markus, 26, das erste. Wie haben sie sich gefreut, als der Test positiv war! Und gleich beschlossen: Auf diese ganze Pränataldiagnostik verzichten wir. Unser Baby darf kommen, wie es ist. Die Vorsorgeuntersuchungen übernimmt die Hebamme, die Alexandra auch schon bei der Hausgeburt ihres jüngsten Sohnes begleitet hat. Nur zu den drei Ultraschallterminen geht sie zum Frauenarzt. Der erste, in der elften Woche, ist wunderschön: Ein Mini-Baby mit süßer Stupsnase erscheint auf dem Bildschirm und winkt lebhaft. Alles gut, sagt der Arzt. Ein krankes Baby würde nicht so strampeln. Doch nun, beim zweiten Termin, blickt er beklommen auf: Was ich Ihnen zu sagen habe, ist nichts Schönes. Anecephalie. Den meisten werdenden Eltern muss der Arzt erst erklären, was diese Diagnose bedeutet. Doch als Krankenschwester weiß Alexandra es sofort: Das ist eine schwere Missbildung, die bei einem von 1000 Babys auftritt. Weil die Schädeldecke und Teile des Gehirns fehlen, sterben betroffene Kinder unter der Geburt oder kurz danach. Heilung unmöglich. Es tut mir sehr leid, sagt der Arzt. Und dass es aus medizinischer Sicht jetzt zwei Möglichkeiten gibt: die Schwangerschaft beenden, wie es die meisten werdenden Eltern bei einer solchen Diagnose tun. Oder: weiter schwanger sein und das Schicksal entscheiden lassen, wie lange das Ungeborene leben wird. Als ginge es gar nicht um sie, spricht Alexandra beide Alternativen mit dem Arzt durch. Schließlich bittet sie ihn darum, ihr die Fehlbildung zu zeigen. Markus dreht sich weg, er will nichts sehen. Alexandra aber schaut hin, bis sie das Fehlen der Schädeldecke ihres ungeborenen Babys erkennen kann. Dann kommen die Tränen. Bloß weg! Weg mit dem Kind, weg mit dem Bauch, weg mit dem Schmerz. Nur das kann Alexandra denken. Doch aus ihrer Arbeit in der Klinik weiß sie auch: Ein Schwangerschaftsabbruch im fünften Monat, das ist eine Geburt. Und trotz großzügiger Schmerzmittelgabe meist eine besonders lange und belastende. Der Körper einer Schwangeren spürt, dass es zu früh ist zum Gebären, und wehrt sich mit Macht gegen die künstlichen Wehen. Wie in Trance gehen Alexandra und Markus nach Hause. Der runde Bauch unter Alexandras T- Shirt. Die zarten Tritte aus seinem Inneren. Das Liebhaben und das Beschützen- Wollen. All das fühlt sich nicht anders an als vor der Diagnose. Auch wenn ihr Baby außerhalb des Mutterleibs keine Chance hat jetzt, in diesem Moment, lebt es. Und wie: Es dreht und wendet sich im Bauch, es strampelt mit den Beinen, manchmal hat es Schluckauf. Und wenn Ihr Baby darf bei ihnen bleiben, entscheiden Alexandra und Markus Markus seine Hand auf Alexandras Bauch legt, dann schmiegt es sich von der anderen Seite hinein. In der Klinik hatte man Alexandra und Markus gesagt, ihr Baby würde nichts sehen, nichts hören, nichts fühlen das ist die gängige Lehrmeinung über Ungeborene mit Anecephalie. Doch die Wirklichkeit ist komplizierter: Nicht bei jedem betroffenen Baby ist das Gehirn gleich stark geschädigt. Und so deutlich, wie ihr Baby auf sie reagiert, sind Alexandra und Markus überzeugt, dass es viel mitbekommt. Das macht die Vorstellung, sein kurzes Leben vorzeitig zu beenden, immer absurder. Ihr Baby darf bleiben, entscheiden Alexandra und Markus. Alexandra geht weiter zu ihrer Hebamme. Sie bestärkt Alexandra und Markus in ihrem Entschluss. Einen Monat nach der Diagnose erfahren sie: Ihr Baby ist ein Mädchen. Es soll Luna heißen. Wie die römische Mondgöttin. Den Namen haben Alexandra und Markus schon lange vor der Schwangerschaft ausgesucht, nun sprechen sie die Kleine im Bauch damit an. Jeden Abend, wenn Markus aus dem Büro kommt, nehmen er und Alexandra sich Zeit, die nur ihnen und Luna gehört. In der sie ihr kleines Mädchen durch die Bauchdecke hindurch streicheln und massieren, ihm Lieder vorsingen und Geschichten erzählen. Sie fotografieren den größer werdenden Bauch, Markus legt sein Ohr daran, um Lunas Herzschlag zu hören. Und wenn Alexandra schlafen geht, singt sie für Luna das alte Wiegenlied vom Mond, der hoch am Himmel über allen Menschen wacht. Doch so richtig es sich auch anfühlt, Luna in sich zu tragen: Die Schwangerschaft setzt Alexandra zu, sie muss viel liegen, hat Blutungen. Die Leidtragenden sind vor allem ihre drei Söhne. Julian, 11, ist in der Schule abgesackt, ihn quält die Angst, dass bei der Geburt nicht nur das Baby, sondern auch seine Mutter sterben könnte. Jonas, 7, und Johannes, 3, sitzen viel häufiger vorm Fernseher, als gut für sie ist, weil Alexandra keine Kraft hat, mit ihnen rauszugehen. Alexandra lässt die Jungs psychologisch betreuen und fragt sich, ob sie überhaupt das Recht habe, ihnen all das zuzumuten. Oder ob sie nicht besser einfach die Geburt jetzt hinter sich bringt, damit alle wieder zur Ruhe kommen können. Luna nimmt ihr die Entscheidung ab. Sieben Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin setzen die Wehen ein. Wie viel Angst hatte Alexandra vor diesem Augenblick: zu spüren, dass die Geburt beginnt und damit der Moment des Abschieds gekommen ist. Doch nun fühlt es sich richtig an. Die Wehen werden heftiger, die Hebamme macht sich auf den Weg. Es geht alles ganz schnell: Nach drei Stunden Wehen wird Luna geboren, direkt in die Hände ihres Papas. Erst schmatzt sie leise, dann schlägt sie die Augen auf: Sie lebt. Vorsichtig wickeln die Eltern ihre winzige Tochter in ein Handtuch und kuscheln sich mit ihr ins große Bett. Wunderschön sieht Luna aus. Und sie riecht so gut! Die Nase hat sie von Papa geerbt, die Augen von Mama. Zum Trinken an 84 ELTERN April 2012
4 ELTERNLIEBE An Lunas Grab fühlen sich Markus und Alexandra ihrer Tochter nah. Fast täglich erinnern sie sich hier an die kostbaren Stunden, die sie mit ihr hatten WEBTIPP Sie mussten etwas Ähnliches erleben? Tauschen Sie sich mit anderen betroffenen Familien in unserem Forum unter April 2012 ELTERN 85
5 Schwangerschaft & Geburt Loslassen Luna wird immer fehlen aber vor allem freuen sich ihre Eltern, sie kennengelernt zu haben Alexandra, die Mutter aus unserer Geschichte, beantwortet Fragen anderer betroffener Mütter und Väter unter der Brust ist Luna zu schwach, doch als Alexandra ein paar Tropfen Vormilch ausstreicht und ihr auf die Zunge gibt, schmatzt sie genüsslich. Die Verletzung an ihrem Kopf ist deutlich sichtbar, aber erschreckend sieht sie nicht aus. Deshalb dürfen die Kinder, die nun ins Schlafzimmer kommen, ihre kleine Schwester auch ohne Mützchen sehen. Die ganze Familie versammelt sich am Bett. Der kleine Johannes will dem Baby seine Lieblings-Spielkarte zeigen, Julian streichelt vorsichtig Lunas Hand. Auch der Vater von Alexandras drei großen Jungs und seine Freundin sind gekommen, um Luna zu begrüßen. Alexandra hat ihn bereits in der Schwangerschaft darum gebeten, Luna zu taufen, und so zeichnet er nun mit den Fingern vorsichtig ein Kreuz auf ihre Brust und spricht dazu ihren Taufspruch: Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und bringe dich an den Ort, den ich bereitet habe. Luna atmet schwer. Sie kämpft, doch Alexandra und Markus spüren, wie ihre Kräfte schwinden. Um Mitternacht schlägt die Kirchturmuhr, da zuckt sie zusammen und weint. Als Alexandra sie beruhigend streichelt, kuschelt sie sich an und wird wieder ganz still. Die drei großen Jungs sind schon eingeschlafen, als Alexandra für ihre kleine Tochter summt: Der Mond ist aufgegangen Luna schließt die Augen. Kurz darauf stirbt sie, den Kopf an Mamas Brust gelehnt, knapp drei Stunden nach ihrer Geburt. 36 Stunden dürfen Alexandra und Markus ihr totes Baby bei Drei kostbare Stunden Leben hat Luna ihren Eltern geschenkt sich zu Hause behalten, mehr erlaubt das Gesetz nicht. Zeit, die sie nutzen, um die Kleine hübsch anzuziehen, um Fotos zu machen und um sie den Geschwistern ein letztes Mal in den Arm zu legen. Gemeinsam verzieren sie Lunas Sarg mit bunten Handabdrücken. Dann kommen die Bestatterinnen. Lunas Fest. So nennen Alexandra und Markus die Beerdigung ihrer kleinen Tochter. Sie wünschen sich keine klassische Trauerfeier, sondern ein farbenfrohes Fest des Lebens mit vielen Kindern, Seifenblasen und bunten Ballons, die in den Himmel steigen. Denn schließlich hat Luna gelebt, trotz allem. Am Tag der Beerdigung ermuntern die Bestatterinnen Alexandra und Markus, ihre kleine Tochter noch einmal aus dem Sarg zu nehmen und sich von ihr zu verabschieden. Leicht wie eine Feder liegt Luna in Markus Armen, als er sie in der Herbstsonne über den Friedhof trägt, ihr die Sonne zeigt und die Blumen auf den Gräbern. Anschließend betten die Eltern ihre kleine Tochter für ihre große Reise. Luna fehlt. Und sie wird immer fehlen. Kein Waldspaziergang, bei dem Alexandra und Markus nicht daran denken, dass eigentlich ein kleines Mädchen im Tragetuch dabei sein sollte. Doch bei allem Schmerz sind Alexandra und Markus überzeugt: Für uns war es der richtige Weg. Viele Menschen, so hatte eine Freundin in ihrer Trauerkarte geschrieben, erfahren in einem ganzen langen Leben nicht so viel Liebe wie eure Luna in der kurzen Zeit, die sie mit euch hatte. 86 ELTERN April 2012
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B: bei mir war es ja die X, die hat schon lange probiert mich dahin zu kriegen, aber es hat eine Weile gedauert.
A: Ja, guten Tag und vielen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, das Interview mit mir zu machen. Es geht darum, dass viele schwerhörige Menschen die Tendenz haben sich zurück zu ziehen und es für uns
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